Arbeitsrecht: Bundesarbeitsgericht zur Diskriminierung eines HIV-Infizierten Arbeitnehmers
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Arbeitsrecht
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von: Helmer Tieben

Bundesarbeitsgericht, 19.12.2013, Az.:  6 AZR 190/12

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), welches am 18. August 2006 in Kraft trat, soll neben dem Schutz verschiedener Rechtsgüter insbesondere auch Menschen mit einer Schwerbehinderung vor Benachteiligung schützen. Relevant wird dies insbesondere im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber am Arbeitsplatz.

Hier finden Sie eine Grafik zu den vom AGG geschützten Rechtsgütern:

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Die Definition von Behinderung findet sich im SGB IX. Gem. § 2 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.

Auch die symptomlose HIV-Infektion kann durch die zuständigen Behörden als Schwerbehinderung anerkannt werden. Zwar haben die Behörden mittlerweile auf die besseren Möglichkeiten  der Behandlung der HIV-Infektion reagiert, so dass die Voraussetzungen für die Erteilung von Schwerbehindertenausweises bei Vorliegen einer HIV-Infektion strenger geworden sind. Dennoch wird die HIV Infektion in den meisten Fällen als Schwerbehinderung anerkannt.

Dies hat zur Folge, dass die Kündigung eines Arbeitnehmers mit HIV-Infektion in den meisten Fällen diskriminierend nach dem AGG ist, wenn der Arbeitgeber durch angemessene Vorkehrungen den Einsatz des Arbeitnehmers trotz seiner Behinderung ermöglichen hätte können.

In dem oben genannten Fall des Bundesarbeitsgerichts hatte dieses über die Wirksamkeit der Kündigung eines HIV-infizierten Arbeitnehmers zu entscheiden.

Sachverhalt: Der an einer symptomlosen HIV-Infektion erkrankte Kläger wurde von der Beklagten, die intravenös verabreichte Arzneimittel zur Krebsbehandlung herstellt, im Jahr 2010 als Chemisch-Technischer Assistent für eine Tätigkeit in einem sogenannten Reinraum eingestellt.

Anlässlich seiner Einstellungsuntersuchung wenige Tage nach Beginn des Arbeitsverhältnisses wies der Kläger den Betriebsarzt auf seine HIV-Infektion hin.

Der Arzt äußerte daraufhin Bedenken gegen einen Einsatz des Klägers im Reinraumbereich und informierte die Beklagte nach Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht über die HIV-Infektion.

Noch am selben Tag kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich. Wegen seiner ansteckenden Krankheit könne sie den Kläger nach ihrem internen Regelwerk nicht einsetzen.

Daraufhin machte der Kläger seine Behinderung vor dem Arbeitsgericht und dem Landesarbeitsgericht geltend und argumentierte, dass die Kündigung unwirksam sei, weil sie ihn wegen seiner Behinderung diskriminiere.

Darüber hinaus verlangte er eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG in Höhe von drei Monatsgehältern wegen seines immateriellen Schadens. Beide Instanzen wiesen die Klage ab. Hiergegen legte der Kläger Revision zum Bundesarbeitsgericht ein.

Bundesarbeitsgericht: Das Bundesarbeitsgericht folgte der Ansicht der Vorinstanzen nicht, sondern verwies die Sache nach Aufhebung des Berufungsurteils an das Landesarbeitsgericht zurück.

Die Kündigung würde den Kläger unmittelbar i. S. d. § 3 Abs. 1 AGG benachteiligen, weil sie in untrennbarem Zusammenhang mit seiner Behinderung stünde.

Ob die Kündigung gleichwohl gerechtfertigt sei, stünde noch nicht fest. Das Landesarbeitsgericht müsse insofern noch aufklären, ob die Beklagte durch angemessene Vorkehrungen den Einsatz des Klägers in einem Reinraum hätte ermöglichen können.

Sei das nicht der Fall, sei die Kündigung wirksam. Ob dem Kläger eine Entschädigung zustünde, hinge davon ab, ob die Kündigung wirksam sei.

 Quelle: Bundesarbeitsgericht

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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