Arbeitsrecht: Geschlechtsbezogene Stellenanzeige verstößt gegen § 7 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes („AGG“)
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Arbeitsrecht
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von: Helmer Tieben

Oberlandesgericht Karlsruhe, 13.09.2011, Az.: 17 U 99/10

Gem. § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes („AGG“) sollen Benachteiligungen aufgrund von personenbezogenen Merkmalen wie der „Rasse“, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Herkunft ausschlossen werden.

In den §§ 6-18 AGG ist der Schutz der Beschäftigten vor Benachteiligung normiert. Dieser arbeitsrechtliche Abschnitt des AGG gilt sowohl für Arbeitnehmer und Auszubildende, aber auch für Stellenbewerber.

Gem. § 7 (1) AGG dürfen derart Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 AGG genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

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Das oben genannte Urteil des OLG Karlsruhe hatte sich mit der Frage zu beschäftigen, ob eine nur auf männliche Stellenbewerber zugeschnittene Stellenanzeige für den Job eines Geschäftsführers, eine Benachteiligung i. S. d. §§ 7 Abs. 1 i. V. m. 1 AGG darstellt.

Sachverhalt: Die Beklagte war ein mittelständisches Unternehmen. Im Auftrag des Unternehmens gab eine Rechtsanwaltskanzlei in einer Zeitungsanzeige nacheinander zwei Stellenanzeigen mit dem folgenden Inhalt auf:

„Geschäftsführer im Mandantenauftrag zum nächstmöglichen Eintrittstermin gesucht für mittelständisches … Unternehmen mit Sitz im Raum Karlsruhe. Fähigkeiten in Akquisition sowie Finanz- und Rechnungswesen sind erforderlich, Erfahrungen in Führungspositionen erwünscht. Frühere Tätigkeiten in der Branche nicht notwendig…“

Nachdem Ihre Bewerbung keine Berücksichtigung fand, meldete die auch als Rechtsanwältin zugelassene Bewerberin (Klägerin) Entschädigungsansprüche in Höhe von 25.000,00 EUR bei dem ausschreibenden Unternehmen an. Diese Ansprüche wies das LG Karlsruhe zunächst als unbegründet zurück.

Oberlandesgericht Karlsruhe: Die Berufung der Klägerin zum OLG Karlsruhe hingegen hatte teilweise Erfolg, mit der Folge, dass der Klägerin 13.000,00 Euro zugesprochen wurde.

Nach Ansicht des OLG habe die Stellenausschreibung gegen das Benachteiligungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (§ 7 AGG) verstoßen.

Aufgrund dieses Verbotes dürfe nicht spezifisch nach nur männlichen oder nur weiblichen Kandidaten gesucht werden.

Geschlechtsneutral sei eine Ausschreibung insofern nur dann formuliert, wenn sie sich in ihrer gesamten Ausdrucksweise sowohl an Frauen als auch an Männer richte.

Dem sei jedenfalls dann Rechnung getragen, wenn die Berufsbezeichnung in männlicher und weiblicher Form verwendet oder ein geschlechtsneutraler Oberbegriff gewählt werde.

Diesen Vorgaben werde durch nur dann genüge getan, wenn in der Stellenanzeige eine Ergänzung durch die Zusätze „/in“ oder durch „m/w“ verwendet worden wäre.

Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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2 Comments

  • Wenn ich beispielsweise nur Männer oder nur Frauen suche, z.B. als Security/Babysitter, was ja zu 99,9% von einem Mann/Frau besetzt wird, ist es sinnlos die Zeit der Bewerber und HR-Mitarbeiter zu verschwenden, wenn eine letztendliche Entscheidung eher beim Arbeitgeber liegt und höchstwahrscheinlich wie für die vorherigen Beispiele geschlechtsbezogen fällt, aber nicht in direkterweise ausgesprochen werden darf. Es soll aber eine Illusion entstehen, als ob die Position für beide Geschlechte gleich verfügbar wäre und deswegen muss man „mitspielen“, um diesem 0,01% „gerecht“ zu werden, obwohl es einem gesunden Menschenverstand widerspricht. Wegen 0,01% öffnet sich aber die Lücke für leistungslose Profite in hohen Summen beim gerichtlichen Verklagen und Appellieren zur Diskreditierung der Gleichbehandlung. So eine Art Profite sind schädlich für die Wirtschaft, zeigen die falschen Signale im Leistungserbringen und sind eher destabilisierend als fruchtbar.

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