Arbeitsrecht: Keine fristlose Kündigung wegen mehrmaliger Erledigung privater Angelegenheiten
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Arbeitsrecht
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von: Helmer Tieben

Arbeitsgericht Paderborn, 21.07.2010, Az.: 2 CA 423/10

Gemäß § 626 BGB kann das Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Gerade die Entscheidung, ob dem Arbeitgeber das Abwarten der Kündigungsfrist zugemutet werden kann, ist häufig Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen. So kam das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein in seiner Entscheidung vom 04.03.2009 (Az.: 3 Sa 410/08) zu dem Schluss, dass die fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers, der sich der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz schuldig gemacht hatte, rechtswidrig war, weil dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zugemutet werden konnte. Begründet wurde dies durch das LAG Schleswig-Holstein mit der langen Betriebszugehörigkeit (über 15 Jahre) des Arbeitnehmers und dem Fehlen von handgreiflichen Übergriffen am Arbeitsplatz.

Einen weiteren Fall der Wirksamkeit einer ordentlichen und außerordentlichen Kündigung hatte nun das Arbeitsgericht Paderborn in dem oben genannten Urteil zu entscheiden.

Sachverhalt: Der Kläger (Arbeitnehmer) war seit über 19 Jahren bei der Beklagten (Arbeitgeberin) als Bauhofmitarbeiter beschäftigt. Im Jahre 2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger krankheitsbedingt. Gegen die Kündigung erhob der Kläger bei dem Arbeitsgericht Paderborn Kündigungsschutzklage. Mit Urteil im Jahre 2008 wies das Arbeitsgericht Paderborn die Klage ab. Auf die Berufung des Klägers hin, änderte das Landesarbeitsgericht Hamm das Urteil des Arbeitsgerichts Paderborn ab und gab der Klage statt (Az.: 17 Sa 531/08). Der Kläger wurde daraufhin bei der Beklagten vertragsgemäß weiterbeschäftigt.

Nachdem der Kläger anschließend bereits wegen eines anderen Vorfalls durch die Beklagte abgemahnt wurde, verhielt sich dieser nach Ansicht der Beklagten in zwei weiteren Fällen vertragswidrig (Aufsuchen des Hauses einer Freundin und Aufsuchen einer Bank während der Arbeitszeit).

Im April 2010 kündigte die Beklagte dem Kläger daraufhin außerordentlich. Diese Kündigung griff der Kläger mit der Kündigungsschutzklage an.

Arbeitsgericht Paderborn: Nach Ansicht des Arbeitsgerichts Paderborn fehlte es am Vorliegen eines wichtigen Grundes zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 626 Abs. 1 BGB. Das mehrmalige Erledigen privater Angelegenheiten während der Arbeitszeit und die Nichtausführung von Arbeitsleistungen seien zwar nicht generell ungeeignet, einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB zu bilden da dadurch nicht nur die Arbeitspflicht sondern auch das zwischen den Parteien bestehende Vertrauensverhältnis verletzt werde. Das Verhalten des Klägers sei aber nicht so gewichtig, dass die Einhaltung der einschlägigen Kündigungsfrist nicht zumutbar sei. Insofern sei die außerordentliche Kündigung ungerechtfertigt.

Quelle: Arbeitsgericht Paderborn

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