Arbeitsrecht: Regelmäßige Zahlung eines „freiwilligen“ Weihnachtsgeldes kann einforderbaren Anspruch begründen
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Arbeitsrecht
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von: Helmer Tieben

Bundesarbeitsgericht, 21.04.2010, Az: 10 AZR 163/09

Wenn Zuwendungen an Arbeitnehmer nicht vertraglich geregelt sind (z. B. im Arbeitsvertrag oder durch Betriebsvereinbarung), können aus freiwilligen Leistungen des Arbeitgebers unter Umständen einforderbare Ansprüche werden.

Der Jurist spricht dann von einer betrieblichen Übung. Betriebliche Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden.

Das Verhalten wird dann als Vertragsangebot des Arbeitgebers gewertet, das von den Arbeitnehmern i. d. R. gem. § 151 BGB (Annahme ohne Erklärung gegenüber dem Antragenden) angenommen wird. Demgemäß entsteht ein vertragliches Schuldverhältnis mit Ansprüchen des Arbeitnehmers auf die üblich gewordenen Leistungen, durch das der Arbeitsvertrag inhaltlich geändert wird.

Gerade bei Weihnachtsgeldzahlungen ist es oftmals üblich, dass Arbeitgeber in guten Jahren zunächst Zahlungen ohne vertraglich geregelte Rechtsgrundlage leisten und dann in schlechten Jahren diese Zahlungen einstellen. Dann kann es leicht zu gerichtlichen Auseinandersetzungen über die ausbleibende Zahlung kommen.

Aufgrund des aktuellen Bezuges möchten wir daher auf das oben genannte Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 21.04.2010 hinweisen, welches sich mit diesem Thema beschäftigte.

Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens

Klägerin war als Ehefrau des Geschäftsführers von dessen GmbH gekündigt worden

Die Klägerin (Arbeitnehmerin) war etwa zehn Jahre bei der Beklagten (Arbeitgeberin) beschäftigt. Die Klägerin war die Ehefrau des Geschäftsführers der Beklagten. Gegenüber den Mitarbeitern der Beklagten war die Klägerin die „Chefin“ und erledigte über die Buchhaltungsarbeiten hinaus weitere Leitungsaufgaben. Das Arbeitsverhältnis wurde nach arbeitgeberseitiger Kündigung, die nach Scheitern der Ehe insbesondere mit einem Vertrauensverlust begründet worden war, durch einen gerichtlichen Vergleich beendet.

In den Vorjahren hatte die Klägerin einen Jahresbonus erhalten, im letzten Jahr nicht

In den Jahren 1998 und 1999 hatte die Klägerin von ihrem Ehemann einen Teil von dessen Jahresbonus erhalten. Für die Kalenderjahre 2000 bis 2006 zahlte die Beklagte ausweislich der Gehaltsabrechnungen jeweils zusammen mit dem Dezembergehalt einen „Jahresbonus“ an die Klägerin. Für das Jahr 2007 hatte die Klägerin keinen Jahresbonus erhalten.

Klägerin beruft sich auf betriebliche Übung

Die Klägerin war demgemäß der Ansicht, dass ihr auch für das Jahr 2007 ein Jahresbonus zustehe. Der Anspruch hierauf sei konkludent vereinbart worden. Es habe eine betriebliche Übung bestanden. Dabei müsse insbesondere berücksichtigt werden, dass sie im Gegensatz zu den übrigen Angestellten keinen Freiwilligkeitsvorbehalt unterzeichnet habe. Der Jahresbonus stelle auch keine in jedem Jahr nach „Gutdünken“ gewährte Leistung der Beklagten dar. Vielmehr habe er regelmäßig ca. 45 % ihres Jahresgehalts entsprochen und sei zuletzt gleichgeblieben.

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab und das Landesarbeitsgericht wies die Berufung zurück. Mit der Revision verfolgte die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Bundesarbeitsgericht bestätigt Rechtsansicht der Klägerin

Das Bundesarbeitsgericht folgte der Ansicht der Klägerin. Aus dem tatsächlichen Verhalten der Beklagten im Zusammenhang mit den behaupteten Äußerungen des Gesellschafters habe die Abgabe eines Angebotes gefolgert werden müssen, welches die Klägerin durch schlüssiges Verhalten angenommen habe (§ 151 BGB). Das Landesarbeitsgericht habe insofern die Möglichkeit der Auslegung einer Zusage dem Grunde nach übergangen und damit die §§ 133, 157 BGB verletzt. Es habe rechtsfehlerhaft einen individualrechtlichen Anspruch schon deshalb verneint, weil die Zahlung nicht in einer bestimmten Höhe zugesagt worden sei. Es sei aber gerade typisch für einen Bonusanspruch, dass dieser abhängig von verschiedenen Komponenten sei, wie zB dem Betriebsergebnis und/oder einer persönlichen Leistung, und daher schwanke. Somit erscheine es ohne Weiteres möglich, dass aufgrund der jährlichen Zahlungen in Verbindung mit dem tatsächlichen Verhalten der Beklagten die Annahme der Klägerin gerechtfertigt gewesen sei, die Beklagte wolle sich hinsichtlich der Bonuszahlungen in irgendeiner Weise auf Dauer binden.

Quelle: Bundesarbeitsgericht

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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