Arbeitsrecht: Vergleich mit Zuständen im Dritten Reich rechtfertigt fristlose Kündigung
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Arbeitsrecht
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von: Helmer Tieben

Hessisches Landesarbeitsgericht, 04.09.2010, Az.: 3 Sa 243/10

Die Kündigung ist eine einseitige Erklärung, die das Arbeitsverhältnis für die Zukunft auflöst. Grundsätzlich können durch den Arbeitgeber ordentliche (fristgemäße) oder außerordentliche (fristlose) Kündigungen ausgesprochen werden.

Je nach Kündigungsgrund unterscheidet man weiterhin zwischen betriebsbedingten, verhaltensbedingten oder personenbedingten Kündigungen.

Bei einer betriebsbedingten Kündigung müssen dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen. Solche Erfordernisse sind zum Beispiel eine schlecht Auftragslage des Arbeitgebers, ein dauerhafter Umsatzrückgang oder eine Änderung der Produktionsverfahren durch den Arbeitgeber. Im Rahmen der betriebsbedingten Kündigung muss der Arbeitgeber eine sogenannte „Sozialauswahl“ treffen. Das heisst, er muss denjenigen Arbeitnehmer kündigen, der am wenigsten schutzwürdig ist. Dabei sind das Alter, die Länge der Betriebszugehörigkeit, Behinderungen oder Unterhaltspflichten der in Betracht kommenden Arbeitnehmer zu berücksichtigen.

Bei der personenbedingten Kündigung liegen die Kündigungsgründe in der Person des Arbeitnehmers. Der wichtigste Fall der personenbedingten Kündigung ist die Erkrankung des Arbeitnehmers. Allerdings sind auch hier strenge Anforderungen an die Kündigung zu stellen. Zum Beispiel ist bei einer Langzeiterkrankung eine negative Gesundheitsprognose erforderlich.

Die verhaltensbedingte Kündigung ist dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer durch sein Verhalten den Grund geliefert hat, ihn nicht mehr weiter beschäftigen zu wollen. Gründe für die verhaltensbedingte Kündigung sind zum Beispiel unentschuldigtes Fernbleiben von der Arbeit, Zuspätkommen, eigenmächtiger Urlaubsantritt, Tätlichkeiten, Beleidigungen etc. Bei der verhaltensbedingten Kündigung ist grundsätzlich durch den Arbeitgeber zu beachten, vorab ordnungsgemäße Abmahnungen auszusprechen.

welche Kündigungsgründe gibt es Arbeitnehmer Arbeitsverhältnis

 

In der oben genannten Entscheidung hatte das LAG Hessen über eine verhaltensbedingte Kündigung zu entscheiden. Der Arbeitnehmer hatte vor Gericht wortwörtlich erklärt: „Die Beklagte lügt wie gedruckt. Wie sie mit Menschen umgeht, da komme ich mir vor wie im Dritten Reich“

Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens

Im Arbeitsgerichtstermin verglich der Arbeitnehmer das Verhalten seiner Arbeitgeberin mit dem dritten Reich

Ein 47- jährige Fahrzeugführer hatte nach mehr als 30 -jähriger Beschäftigung gegen seinen Arbeitgeber wegen einer ihm ausgesprochenen Kündigung Klage erhoben. Im dem Kammertermin vor dem Arbeitsgericht äußerte er in Anwesenheit des Arbeitgebers und seiner Prozessbevollmächtigten: „Die Beklagte lügt wie gedruckt. Wie sie mit Menschen umgeht, da komme ich mir vor wie im Dritten Reich“.

Daraufhin kündigte diese erneut

Nachdem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wieder einstellen musste, kündigte der Arbeitgeber dem Mitarbeiter Ende Februar 2007 erneut fristlos aufgrund der gemachten Aussage. Nachdem der Arbeitnehmer in mit der erneut eingelegten Klage vor dem Arbeitsgericht scheiterte, legte er Berufung vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht ein.

Berufungsurteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts

Auch das LAG Hessen sah in dem Vergleich einen Grund für eine fristlose Kündigung

Das LAG Hessen hielt die Kündigung allerdings ebenfalls für wirksam. Eine solche grobe Beleidigung des Arbeitgebers und/oder seiner Vertreter oder Repräsentanten könnten eine außerordentliche fristlose Kündigung an sich rechtfertigen.

Das Grundrecht der Meinungsfreiheit werde regelmäßig zurücktreten müssen, wenn sich die Äußerungen als Angriff auf die Menschenwürde oder als eine Formalbeleidigung oder eine Schmähung darstellten. Der Vergleich betrieblicher Verhältnisse und Vorgehensweisen mit dem nationalsozialistischen Terrorsystem und erst recht mit den in Konzentrationslagern begangenen Verbrechen bilde in der Regel einen wichtigen Grund zur Kündigung.

Ein Vergleich mit den Methoden in der NS-Zeit sei grob beleidigend

Die Gleichsetzung noch so umstrittener betrieblicher Vorgänge und der Vergleich des Arbeitgebers oder der für ihn handelnden Menschen mit dem vom Nationalsozialismus begangenen Verbrechen und den Menschen, die diese Verbrechen begingen, stelle eine grobe Beleidigung der damit angesprochenen Personen und zugleich eine Verharmlosung des in der Zeit des Faschismus begangenen Unrechtes und eine Verhöhnung seiner Opfer dar. Mit einer solchen Äußerung werde regelmäßig unterstellt, dass die Mitarbeiter bei dem Arbeitgeber willfährigen Handlangern unter dem NS-Regimes gleichzusetzen sind. Der gekündigte Mitarbeiter habe auch die Chance vertan, seine Schmähkritik auf Hinweis des Kammervorsitzenden umgehend oder wenigstens später zurückzunehmen.

Für die Gesamtabwägung sei auch von Bedeutung gewesen, dass der Kläger bereits in einem früheren Rechtsstreit mit seinem Arbeitgeber im Jahre 2004 das Hessische Landesarbeitsgericht als „korrupt“ beschimpft und es als „schlimmer als die Kommunisten“ bezeichnet habe.

Quelle: Hessisches Landesarbeitsgericht

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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