Erbrecht: Ausgleichsanspruch des aufgrund Pflichtteils in Anspruch genommenen Erben verjährt in 30 Jahren
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Erbrecht
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von: Helmer Tieben

OLG Oldenburg, 05.05.2009, Az.: 12 U 3/09

Das Pflichtteilsrecht ist in den §§ 2303 – 2338 BGB geregelt und garantiert allen Abkömmlingen, den Eltern sowie dem Ehegatten bzw. dem eingetragenen Lebenspartner des Erblassers, dass sie auch dann am Nachlass beteiligt werden, wenn sie durch Verfügung von Todes des Erblassers von ihrer gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen wurden.

Zweck des Pflichtteilsrechts ist somit der Schutz des gesetzlichen Erbrechts vor den Wirkungen der Testierfreiheit. Voraussetzung des Pflichtteilanspruches ist der Ausschluss des Berechtigten von der gesetzlichen Erbfolge durch Verfügung von Todes wegen.

Zur Berechnung des Pflichtteils wird die Quote des gesetzlichen Erbteils bei gesetzlicher Erbfolge herangezogen. Die Hälfte dessen entspricht dann dem Pflichtteil (§ 2303 Abs. 1 S. 2 BGB).

Bei der Berechnung ist allerdings § 2310 S. 1 BGB zu beachten, wonach bei der Feststellung des für die Berechnung des Pflichtteils maßgebenden Erbteils diejenigen mitgezählt werden, welche durch letztwillige Verfügung von der Erbfolge ausgeschlossen sind oder die Erbschaft ausgeschlagen haben oder für erbunwürdig erklärt worden sind.

Für den anzusetzenden Nachlasswert ist der Bestand und Wert des Nachlasses zur Zeit des Erbfalls maßgeblich (§ 2311 Abs. 1 BGB), welcher gem. § 2311 Abs. 2 BGB auch durch Schätzung ermittelt werden kann.

Zur Ermittlung des Nachlasswertes werden Verbindlichkeiten wie Erblasserschulden und Erbfallschulden abgezogen, § 2313 BGB.

Wird nur ein Erbe durch den Pflichtteilsberechtigten in Anspruch genommen, kann der Erbe gem. den §§ 2058, 426 Abs. 1 BGB von den anderen Erben anteiligen Ausgleich für die Zahlung des Pflichtteils an den Pflichtteilsberechtigten verlangen.

Denn gem. § 2058 BGB haften die Erben für die gemeinschaftlichen Nachlassverbindlichkeiten als Gesamtschuldner.

Eine Entscheidung des OLG Oldenburg vom 05.05.2009 befasste sich mit der Frage, ob der durch den Pflichtteilsberechtigten in Anspruch genommene Erbe auch noch zehn Jahre nach dem Erbfall den anteiligen Ausgleich von den anderen Erben verlangen konnte.

Sachverhalt: Die Erblasserin verstarb im Jahr 1999 und hinterließ ihrer Tochter und ihren beiden Enkeln 300.000 Euro. Nach Aufteilung des Nachlasses forderte ein weiterer Sohn der Erblasserin seinen Pflichtteil in Höhe von etwa 66.000 EUR von dem Kläger.

Der Kläger wurde daraufhin in einem anderen Rechtsstreit zur Auszahlung des Pflichtteils verurteilt.
Weitere vier Jahre später verlangte der Kläger von seiner Schwester anteiligen Ausgleich für den an den Sohn der Erblasserin gezahlten Pflichtteil. Die Schwester berief sich hingegen auf Verjährung

OLG Oldenburg: Das mit der Berufung angerufene OLG Oldenburg gab dem Kläger Recht und urteilte, dass es sich bei dem Ausgleichsanspruch eines Miterben aus §§ 2058, 426 Abs. 1 BGB um einen erbrechtlich begründeten Anspruch handele, der gemäß § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB der 30jährigen Verjährungsfrist unterläge.

§ 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB sei insofern dahin zu verstehen, dass mit ´erbrechtlichen Ansprüchen´ alle Ansprüche gemeint seien, die sich ´aus´ dem mit ´Erbrecht´ überschriebenen Buch 5 des Bürgerlichen Gesetzbuches ergeben.

Gerade für die aus § 2058 BGB folgenden Ansprüche aus dem Gesamtschuldverhältnis der Miterben gelte, dass die ´maßgeblichen´ erbrechtlichen Verhältnisse möglicherweise erst geraume Zeit nach dem Erbfall – und damit nach Ablauf einer dreijährigen Verjährungsfrist aus § 195 BGB – abschließend geklärt werden können.

Erlange beispielsweise ein Pflichtteilsberechtigter erst mehr als drei Jahre nach dem Erbfall und nach Verteilung des Nachlasses Kenntnis von seiner Berechtigung und mache er seinen nach § 2332 Abs. 1 BGB noch unverjährten Pflichtteilsanspruch lediglich gegen einen der Erben geltend, so seien die erbrechtlichen Verhältnisse entgegen der Annahme der Erben bei Verteilung des Nachlasses noch nicht geklärt.

Dem in Anspruch genommenen Miterben müsse aber auch in diesem Falle die Möglichkeit offen stehen, von den weiteren nach § 2058 BGB gesamtschuldnerisch mithaftenden Erben einen Ausgleich zu erlangen.

Quelle: OLG Oldenburg

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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