§ 23 Abs. 1 KSchG Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: § 23 Abs. 1 KSchG

  1. Arbeitsrecht: Zur Frage der Diskriminierung aufgrund der Kündigung einer Arbeitnehmerin während der Schwangerschaft

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    Bundesarbeitsgericht, 17.10.2013, Az.: 8 AZR 742/12

    Schwangere Arbeitnehmer unterstehen in Deutschland dem Sonderkündigungsschutz.

    Dafür ist insbesondere das Mutterschutzgesetz zuständig. Das Mutterschutzgesetz hat die Aufgabe, werdende Mütter und insbesondere natürlich auch die ungeborenen Kinder vor Gesundheitsschädigungen am Arbeitsplatz, finanziellen Einbußen oder vor der Kündigung des Arbeitsplatzes während der Schwangerschaft zu schützen.

    Sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer hält das Mutterschutzgesetz daher besondere Pflichten vor.

    Der Arbeitgeber ist zum Beispiel verpflichtet, der zuständigen Aufsichtsbehörde (staatliche Arbeitsschutz- oder Gewerbeaufsichtsämter) die Schwangerschaft der Arbeitnehmerin mitzuteilen und deren Arbeitsplatz so einzurichten, dass sie vor Gefahren für Leben und Gesundheit ausreichend geschützt ist.

    Die werdende Mutter wiederum sollte Ihre Schwangerschaft dem Arbeitgeber mitteilen, sobald diese hiervon Erkenntnis erlangt. Zwar besteht keine Rechtspflicht, dies sofort zu tun. Um finanzielle Nachteile des Arbeitgebers und daraus resultierende Regressansprüche dessen zu verhindern, sollte dies allerdings zeitnah geschehen.

    Um Nachweisprobleme (zum Beispiel im Rahmen eines eventuell zu führenden Kündigungsschutzverfahrens) zu vermeiden, sollte die Anzeige der Schwangerschaft schriftlich mitgeteilt erfolgen und man sollte darauf bestehen, dass das der Empfang der Schwangerschaftsanzeige von dem Arbeitgeber quittiert wird.

    Als Beweis sollte die Bestätigung des Frauenarztes mit dem darin vermerkten Geburtstermin an den Arbeitgeber vermittelt werden.

    Die Anzeige der Schwangerschaft lässt den Sonderkündigungsschutz auch dann noch entstehen, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis bereits gekündigt hat. Dies soll Schwangere davor schützen, dass der Arbeitgeber Wind von der Schwangerschaft bekommt und einer Schwangerschaftsanzeige mit der Kündigung zuvor kommen möchte. Allerdings sind dabei bestimmte Fristen zu beachten.

    In der oben genannten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hatte dieses darüber zu entscheiden, ob ein Arbeitgeber eine Entschädigung von drei Bruttomonatsgehältern zu zahlen hatte, weil sich die Klägerin aufgrund des Streits über eine Kündigung während ihrer Schwangerschaft wegen ihres Geschlechts diskriminiert sah.

    Sachverhalt: Die Beklagte hatte als Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis mit der klagenden Arbeitnehmerin fristgemäß in der Probezeit gekündigt. Binnen einer Woche machte die Klägerin unter Vorlage einer entsprechenden ärztlichen Bescheinigung geltend, bei Zugang der Kündigung schwanger gewesen zu sein.

    Sie forderte die Beklagte daher auf, innerhalb einer weiteren Woche mitzuteilen, dass sie an der Kündigung „nicht festhalte“, damit eine Klage vermieden werden könne. Dieser Aufforderung kam die Beklagte zunächst nicht nach.

    Nachdem der Betriebsarzt einen Monat später sowohl die Schwangerschaft als auch ein zwischenzeitlich ausgesprochenes Beschäftigungsverbot bestätigt hatte, erklärte die Beklagte nach Wochen eine „Rücknahme“ der Kündigung.

    Die Klägerin lehnte in der Folgezeit jedoch eine außergerichtliche Einigung ab. Schließlich gab die Beklagte vor dem Arbeitsgericht eine Anerkenntnis-Erklärung ab, worauf die Unwirksamkeit ihrer Kündigung festgestellt wurde.

    Bundesarbeitsgericht: Wie in der Vorinstanzen hatte die Klage auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern wegen Benachteiligung aufgrund des Geschlechts auch vor dem Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg.

    Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts konnte die Kündigung schon deswegen keine Benachteiligung der Klägerin aufgrund ihres weiblichen Geschlechts sein, weil die Arbeitgeberin bei der Erklärung der Kündigung keine Information über die Schwangerschaft der Klägerin gehabt hatte.

    Die verlangte Rücknahme der Kündigung sei rechtstechnisch nicht möglich gewesen, über die Notwendigkeit einer einvernehmlichen Verständigung der Parteien habe sich die Klägerin nicht hinreichend informiert gezeigt.

    Ein Streit darüber, ob die besonderen Anspruchsvoraussetzungen des § 11 MuSchG auf Zahlung von Mutterschutzlohn vorlägen, sei für sich genommen nicht schon deswegen eine Diskriminierung, weil nur Frauen diesen besonderen Anspruch geltend machen könnten.

    Quelle: Bundesarbeitsgericht

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Arbeitsrecht: Unwirksamkeit der Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers in der Probezeit

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    Arbeitsgericht Düsseldorf, 20.12.2011, Az.: 7 Ca 7251/11

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    Die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes richtet sich zum Einen nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers und zum Anderen nach der Größe des Betriebes.

    a) Dauer der Betriebszugehörigkeit

    Gem. § 1 Abs. 1 KSchG genießen Arbeitnehmer nur dann Schutz nach dem KSchG, wenn sie sie in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate tätig waren:

    § 1 Abs. 1 KSchG:

    Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

    b) Betriebsgröße

    Weiter Voraussetzung für die Anwendbarkeit des KSchG ist die Betriebsgröße, da Kleinbetriebe nach dem Willen des Gesetzgebers nicht unter das Kündigungsschutzgesetz fallen sollen.

    Gem. § 23 Abs. 1 KSchG handelt es sich bei Kleinbetrieben um solche Betriebe, die in der Regel nur zehn oder weniger Arbeitnehmer beschäftigen.

    Für Arbeitsverhältnisse, die vor dem 01. Januar 2004 begonnen haben, gilt allerdings noch die Grenze von in der Regel fünf beschäftigten Arbeitnehmern.

    § 23 Abs. 1 KSchG:

    Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden.

    In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

    Aber auch wenn das KSchG aufgrund der Größe des jeweiligen Betriebes oder der Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers nicht anwendbar ist, ist der Arbeitnehmer allerdings nicht der Willkür des Arbeitgebers ausgesetzt.

    Die Kündigung kann insofern gegen § 242 BGB verstoßen und damit nichtig sein, wenn der Arbeitgeber während der Probezeit das Kündigungsrecht sitten- oder treuwidrig ausgeübt hat.

    Für die Bestimmung des Inhalts und der Grenzen eines Kündigungsschutzes außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes ist dabei die Bedeutung grundrechtlicher Schutzpflichten zu beachten.

    Im Rahmen der Generalklauseln (§§ 242, 138 BGB) ist auch der objektive Gehalt der Grundrechte, hier vor allem Art. 12 Abs. 1 GG (Grundrecht der Berufsfreiheit), zu beachten.

    Maßgeblich sind dabei die Umstände des Einzelfalls. In sachlicher Hinsicht geht es darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen, z.B. vor Diskriminierungen iSv. Art. 3 Abs. 3 GG.

    Das gilt auch für Kündigungen innerhalb der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG.

    Zu den typischen Tatbeständen einer treuwidrigen Kündigung zählen Rechtsmissbrauch und Diskriminierungen. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen derjenigen Tatsachen, aus denen sich die Treuwidrigkeit ergibt, liegt dann beim Arbeitnehmer.

    In der oben genannten Entscheidung des Arbeitsgericht Düsseldorf hatte dieses nun darüber zu entscheiden, ob einem schwerbehinderten Verwaltungsfachangestellten innerhalb der Probezeit gekündigt werden durfte, weil der Arbeitgeber der Ansicht war, dass die Durchführung der Ausbildung nur unter unverhältnismäßigem Aufwand ermöglicht werden konnte.

    Sollten Sie ein arbeitsrechtliches Problem haben oder Partei eines Kündigungsstreites sein, unterstützen wir Sie gerne. Rufen Sie uns an, damit wir Ihnen ein Angebot unterbreiten können. Senden Sie uns entweder eine Email an info@mth-partner.de oder wählen Sie 0221 – 80187670.

    Sachverhalt:
    Der Kläger begann am 01.08.2010 bei der beklagten Stadt eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten in der Fachrichtung Kommunalverwaltung.

    Er war als schwerbehinderter Mensch anerkannt und hatte dies der beklagten Stadt bei Abschluss des Ausbildungsverhältnisses auch mitgeteilt.

    Innerhalb der vereinbarten Probezeit von drei Monaten kündigte die beklagte Stadt mit Zustimmung von Schwerbehindertenvertretung und Personalrat am 27.10.2010 das Ausbildungsverhältnis.

    Die Stadt war nach Einholung eines Gutachtens durch das Gesundheitsamt der Ansicht, dass der Kläger aufgrund seiner Behinderung ohne ständige Begleitung und Anleitung durch einen Sonderpädagogen nicht in der Lage sei, die Ausbildung erfolgreich abzuschließen.

    Ein solcher Aufwand sei für die Stadt aber unverhältnismäßig.

    Der Kläger hingegen war der Ansicht, dass ihm rechtlich unzulässig wegen seiner Behinderung gekündigt worden sei, da er die Ausbildung mit einer Arbeitsassistenz bzw. einem Jobcoaching erfolgreich habe abschließen können.

    Arbeitsgericht Düsseldorf: Das Arbeitsgericht Düsseldorf folgte der Ansicht des Klägers, gab der Kündigungsschutzklage statt und verurteilte die Stadt, den Kläger vorläufig weiter zu beschäftigen.

    Nach Ansicht des Arbeitsgerichts sei die Kündigung wegen Verstoßes gegen § 242 BGB (Treu und Glauben) unwirksam, weil der Kläger durch die Kündigung wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert worden sei.

    Der Diskriminierungsschutz des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes käme bei Kündigungen außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes über die zivilrechtliche Generalklausel des § 242 BGB zur Anwendung.

    Dem Kläger sei wegen seiner Behinderung gekündigt worden. Die beklagte Stadt habe in der Beweisaufnahme nicht dargelegt, dass sie sämtliche erforderlichen und ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen habe, um dem Kläger die erfolgreiche Durchführung der Ausbildung zu ermöglichen.

    Zwar käme eine dauerhafte Betreuung durch einen Sonderpädagogen aus Kostengründen nicht in Betracht.

    Möglich wären aber ein Jobcoaching bzw. ein Arbeitstraining gewesen, die kostenneutral mittels Finanzierung durch die Bundesagentur für Arbeit hätten durchgeführt werden können.

    Gegen das Urteil hat die beklagte Stadt Berufung eingelegt.

    Quelle: Arbeitsgericht Düsseldorf

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  3. Gesellschaftsrecht: Die Geltung des KSchG kann im Geschäftsführer-Anstellungsvertrag mit der GmbH vereinbart werden

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    Bundesgerichtshof, 10. 5. 2010 Az.: II ZR 70/ 09

    Von der Bestellung des Geschäftsführers einer GmbH ist sein Anstellungsverhältnis streng zu unterscheiden.

    Während mit der Bestellung die spezifischen organschaftlichen Rechte und Pflichten sowie die Vertretungsmacht begründet werden, regelt das Anstellungsverhältnis die persönlichen Beziehungen des Geschäftsführers zur Gesellschaft, insbesondere die Vergütungs-, Tantiemen- oder Urlaubsansprüche.

    In der Regel ist der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag als Dienstvertrag über eine Geschäftsbesorgung gemäß §§ 611, 675 BGB zu qualifizieren und somit nicht als Arbeitsvertrag.

    Der Geschäftsführer Anstellungsvertrag kann auch im Gesellschaftsvertrag verarbeitet sein, er ist dann unechter Satzungsbestandteil (§ 3 GmbHG).

    Wie die Bestellung und Abberufung, fallen der Abschluss und die Kündigung des Dienstvertrages in die Kompetenz der Gesellschafterversammlung (Annexkompetenz über den Wortlaut des § 46 Nr. 5 GmbHG).

    Die Kompetenz betrifft sowohl die Willensbildung wie auch den Abschluss des Rechtsgeschäfts, so dass also diesbezügliche Erklärungen für die Gesellschaft, die anders als durch Gesellschafterbeschluss zustande kommen, unwirksam sind (NJW 1991, 1680, NZG 2000, 983).

    Da der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag kein Arbeitsvertrag ist, sind arbeitsrechtliche Schutzvorschriften gerade nicht anwendbar. Dies gilt insbesondere für das KSchG, das BUrlG, das SGB IX oder das ArbZG.

    In dem Anstellungsvertrag des Geschäftsführers einer GmbH kann allerdings vereinbart werden, dass die materiellen Regeln des Kündigungsschutzgesetzes zu Gunsten des Geschäftsführers gelten sollen.

    In der oben genannten Entscheidung hatte sich der Geschäftsführer einer GmbH in dem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag mit der GmbH die Geltung des Kündigungsschutzgesetzes garantieren lassen und war nach Meinungsverschiedenheiten durch die GmbH fristlos gekündigt worden.

    Er war der Ansicht, dass die Kündigung aufgrund der Geltung des Kündigungsschutzgesetzes unwirksam war.

    Sachverhalt: Der Kläger (Geschäftsführer) schloss im Mai 2004 mit einer Schwestergesellschaft der Beklagten einen Geschäftsführerdienstvertrag, welcher später im Einvernehmen mit allen Beteiligten von der Beklagten übernommen wurde.

    In diesem Geschäftsführerdienstvertrag vereinbarten die Parteien folgende Regelung:

    „Der Vertrag wird auf unbestimmte Dauer geschlossen.

    Der Vertrag kann nur mit einer Kündigungsfrist von neun Monaten zum Quartalsende gekündigt werden. Für den Geschäftsführer gilt dieselbe Kündigungsfrist.

    Für die Kündigung gelten im Übrigen zugunsten des Geschäftsführers die Bestimmungen des deutschen Kündigungsschutzrechtes für Angestellte. Das Recht zur fristlosen Kündigung des Vertrages aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschriften bleibt unberührt.“

    Nach einigen Unstimmigkeiten im Zusammenhang mit der Bestellung eines Mitgeschäftsführers, berief die Beklagte den Kläger als Geschäftsführer ab und erklärte die fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung des Anstellungsvertrages und Widerrief die Pensionszusage.

    Später focht die Beklagte den Geschäftsführerdienstvertrag und die Pensionszusage wegen arglistiger Täuschung erneut an, kündigte wiederum die Verträge fristlos, hilfsweise fristgerecht, und widerrief nochmals die Pensionszusage.

    Der Kläger begehrte anschließend vor dem Landgericht die Feststellung, dass das Anstellungsverhältnis und die Pensionszusage durch die Erklärungen der Beklagten nicht aufgelöst worden waren. Das Landgericht gab der Klage statt.

    Auf die Anschlussberufung der Beklagten wies das Oberlandesgericht das Feststellungsbegehren, soweit es auf den Fortbestand des Anstellungsverhältnisses einschließlich der Pensionszusage über den 31. März 2007 hinaus gerichtet war, ab und hob die Entscheidung des Landgerichts auf.

    Bundesgerichtshof: Daraufhin verfolgte der Kläger die Feststellungsklage im Umfang der Zurückweisung vor dem BGH weiter. Der BGH schloss sich der Ansicht des Klägers an.

    Denn im Gegensatz zum OLG bejahte der BGH die Möglichkeit der wirksamen Einbeziehung der materiellen Kündigungsschutzregelungen des § 1 KSchG in den Geschäftsführer-Anstellungsvertrag.

    Der Anstellungsvertrag des Geschäftsführers einer GmbH sei ein auf die Geschäftsbesorgung durch Ausübung des Geschäftsführeramtes gerichteter freier Dienstvertrag der nachrangig zum gesellschaftsrechtlichen Organverhältnis diejenigen Rechtsbeziehungen zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft regele, welche nicht bereits durch die organschaftliche Stellung des Geschäftsführers vorgegeben seien.

    Grundsätzlich würden die die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes mangels Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses keine Anwendung finden. Dies werde durch die gesetzliche Regelung in § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG bestätigt, welche im Wege einer negativen Fiktion die Unanwendbarkeit der allgemeinen Kündigungsschutzbestimmungen im ersten Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes für Organvertreter einer juristischen Person unabhängig von der konkreten Ausgestaltung des Anstellungsverhältnisses im Einzelfall anordne.

    Die rechtliche Einstufung des Geschäftsführeranstellungsvertrages als freier Dienstvertrag schließe es aber nicht aus, dass die Parteien in Ausübung ihrer privatautonomen Gestaltungsfreiheit die entsprechende Geltung arbeitsrechtlicher Normen vereinbaren und auf diese Weise deren Regelungsgehalt zum Vertragsinhalt machen.

    Wegen der Nachrangigkeit des Anstellungsverhältnisses gegenüber der Organstellung dürften solche dienstvertraglichen Abreden allerdings nicht in die gesetzliche oder statutarische Ausgestaltung des Organverhältnisses eingreifen.

    Der vertragliche Gestaltungsspielraum der Parteien werde daher durch die zwingenden Anforderungen begrenzt, welche sich im Interesse einer Gewährleistung der Funktionstüchtigkeit der Gesellschaft aus dem Organverhältnis ergeben.

    Entgegen der Auffassung des OLG werde diese Grenze privatautonomer Gestaltung durch die Vereinbarung über die entsprechende Geltung der materiellen Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes nicht überschritten.

    Da Organ- und Anstellungsverhältnis nach dem der Regelung des § 38 Abs. 1 GmbHG zu entnehmenden Trennungsgrundsatz in ihrem Bestand unabhängig voneinander seien, werde die Bestellungs- und Abberufungsfreiheit der Gesellschafterversammlung durch die Einschränkung der Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrages nämlich nur mittelbar berührt.

    Quelle: Bundesgerichtshof

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