§ 31 AufenthG Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: § 31 AufenthG

  1. Ausländerrecht: Eigenständiges Aufenthaltsrecht nach § 31 AufenthG bei Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft türkischer Staatsangehöriger

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    Verwaltungsgerichtshof München, 14.09.2017, Az.: 10 ZB 17.925

    Die Aufenthaltserlaubnis ist nach § 7 AufenthG ein befristeter Aufenthaltstitel. Sie wird zu verschiedenen Aufenthaltszwecken erteilt. In begründeten Fällen kann eine Aufenthaltserlaubnis auch für einen von diesem Gesetz nicht vorgesehenen Aufenthaltszweck erteilt werden.

    Nach § 7 Abs. 2 AufenthG ist die Aufenthaltserlaubnis unter Berücksichtigung des beabsichtigten Aufenthaltszwecks zu befristen. Ist eine für die Erteilung, die Verlängerung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen, so kann die Frist auch nachträglich verkürzt werden.

    Die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG wird im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr verlängert, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat oder der Ausländer gestorben ist, während die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet bestand und der Ausländer bis dahin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU war, es sei denn, er konnte die Verlängerung aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht rechtzeitig beantragen. Für türkische Staatsangehörige gilt § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG gemäß der Stand-still Klausel in Art 13 ARB / 80 nach wie vor in der Fassung bis zum 30.06.2011, sodass  die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens zwei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden haben muss.

    Der vorliegende Beschluss setzt sich zum einen mit  den Voraussetzungen des rechtmäßigen zweijährigen Bestands und dessen maßgeblicher Berechnungsbeginn auseinander. Zum anderen weist das Gericht darauf hin, dass eine nachträgliche Verkürzung der Frist nach § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG in einem selbständigen Anfechtungsantrag geltend gemacht werden kann, also unabhängig von einem wie hier gestellten Verpflichtungsantrag auf ein eheunabhängiges Aufenthaltsrecht nach § 31 AufenthG.

    Sachverhalt: Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er besaß eine verlängerte Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug für den Zeitraum vom 19. November 2014 bis 18. November 2016, welche durch die Beklagte mit Bescheid vom 2. Februar 2016 für die Geltungsdauer nachträglich auf den 10. Februar 2016 verkürzte sowie die „ Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 31 AufenthG oder die Neuerteilung eines Aufenthaltstitels aus anderen Gründen“ ablehnte. Zusätzlich drohte die Beklagte die mit einer Ausreiseaufforderung unter Fristsetzung verbundene Abschiebung an.

    Die am 16. Mai 2013  geschlossene Ehe des Klägers und seiner Ehefrau war (spätestens) zum Oktober 2015 beendet worden. Gegen den Bescheid erhob der Kläger erfolglos Klage vor dem Verwaltungsgericht München.

    Das Verwaltungsgericht hielt die „Verpflichtungsklage auf Erteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis unter Aufhebung des Bescheids vom 2. Februar 2016“  schon für unzulässig, da der Kläger keinen Verlängerungsantrag gestellt habe. Es käme dabei zunächst nicht auf die im Bescheid vorgenommene Verkürzung der Geltungsdauer an und somit sei die Aufenthaltserlaubnis „regulär am 18. November 2016 abgelaufen“. Weiterhin führt das Verwaltungsgericht aus, dass ungeachtet dessen die Klage auch deshalb unbegründet sei, da nach der Trennung der Eheleute vermutlich im Oktober 2015 der Aufenthaltszweck entfallen sei und damit die Voraussetzungen für eine Verkürzung nach § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG vorlägen. Um ein eheunabhängiges Aufenthaltsrecht nach § 31 AufenthG zu erhalten, sei zunächst ein entsprechender Antrag bei der zuständigen Behörde zu stellen, sodass es daher nicht auf den Umstand ankomme, dass für den Kläger als türkischen Staatsangehörigen eine zweijährige Ehebestandsdauer ausreichend sein könne.

    Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger seine in erster Instanz erfolglose Klage gegen den Bescheid vom 2. Februar 2016 weiter.

    Der  Kläger trat der Begründung  des Verwaltungsgerichts im Zulassungsantrag  entgegen und trug vor, dass das Gericht darüber irrte, dass er keinen Antrag auf Verlängerung seines Aufenthaltstitels gestellt habe. Denn durch die in Ziffer 2. des streitgegenständlichen Bescheids tenorierte Ablehnung eines Aufenthaltsrechts nach § 31 AufenthG und den Ausführungen des Bescheides in seinen Gründen dazu, würde dies schon bewiesen. Damit läge ein zulässiger Verpflichtungsantrag vor, der auch begründet sei. Zudem trug er vor, dass das Urteil verkenne, dass für türkische Staatsangehörige infolge der Stand-still-Klausel in Art. 13 ARB 1/80 weiterhin § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG in seiner bis 30. Juni 2011 geltenden Fassung anzuwenden sei, wonach die eheliche Lebensgemeinschaft (nur) seit mindestens zwei – und nicht drei – Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden haben müsse. Dies sei für den Kläger erfüllt, da die am 16. Mai 2013 bis Oktober 2015 geschlossene Ehe mehr als zwei Jahre rechtmäßig geführt worden sei.

    Verwaltungsgerichtshof  München: Der Antrag auf Zulassung der Berufung sei zulässig aber unbegründet.

    Der Antrag auf Zulassung der Berufung sei unbegründet, da sich aus dem Vorbringen im Zulassungsantrag nach der rechtlichen Überprüfung durch den Senat weder die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; 1.) ergäben, noch die behauptete Abweichung von einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vorläge (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO; 2.).

    Das Vorbringen des Klägers rechtfertige keine andere Entscheidung als die angegriffene Klageabweisung.

    Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestünden dann, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte.

    Zwar habe das Verwaltungsgericht die Zulässigkeit des Verpflichtungsantrags zu Unrecht verneint, die Abweisung der Klage (Anfechtungs- und Verpflichtungsantrag) sei jedoch im Ergebnis als zu Recht erfolgt.

    Der Verwaltungsgerichtshof führt in den Beschlussgründen aus, dass das Zulassungsvorbringen des Klägers nicht die Abweisung der Klage hinsichtlich des Anfechtungsantrags (Aufhebung der nachträglichen Befristung) beanstande, mit dem sich die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils nicht ausdrücklich auseinandersetzen, obwohl hierzu Anlass bestanden habe. Denn in der vorliegenden Situation könne der Anfechtungsantrag unabhängig von einem zugleich gestellten Verpflichtungsantrag beurteilt werden. Dazu bedürfe es nämlich  keiner inzidenten Prüfung der Frage, ob bereits ein eheunabhängiges Aufenthaltsrecht nach § 31 AufenthG entstanden sei, im Rahmen der Entscheidung über die Verkürzung der Frist nach § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG. Mangels entsprechender Darlegung im Zulassungsverfahren sei daher davon auszugehen, dass der Kläger die Rechtmäßigkeit der Nr. 1 des angefochtenen Bescheides nicht weiter bestreitet. Zur Begründung führt der Verwaltungsgerichtshof aus, der Kläger habe nämlich nicht in Abrede gestellt, dass in dem von der Beklagten festgesetzten Zeitpunkt des Ablaufs der Geltungsdauer und damit des Erlöschens der Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug (10. Februar 2016; vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) eine eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr bestanden habe und damit die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG entfallen wären.

    Der selbständig verfolgte (Verpflichtungs-)Antrag, mit dem der Kläger sinngemäß begehrte, seine Aufenthaltserlaubnis wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG (in der bis 30.6.2011 geltenden Fassung) ab dem Zeitpunkt des Erlöschens der vorangegangenen ehebezogenen Aufenthaltserlaubnis zu verlängern,  sei aber zulässig. Denn die Beklagte habe die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG im Bescheid geprüft und mit umfänglicher Begründung in Nr. 2 des Tenors abgelehnt hat.  Das Fehlen eines förmlicher Antrag des Klägers zum damaligen Zeitpunkt hinderte die Beklagte damit nicht an der Annahme eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses, da sie in den Gründen ihres Bescheids das Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 31 Abs. 1, 2AufenthG auch aus Gründen der Verfahrensökonomie prüfte und verneinte, obgleich dies rechtlich nicht zwingend erforderlich war.

    Daher sei es nicht mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar, die Möglichkeit einer entsprechenden Klage zu verneinen, da sonst die Ablehnung eines Aufenthaltsrechts in Bestandskraft erwachse, weil kein (vor Erlass des Bescheids gestellter) wirksamer Antrag vorliege. Dieser sei außerdem spätestens in konkludenter Form durch die entsprechende Stellung eines Klageantrags im Schriftsatz vom 7. März 2016 nachholt worden.

    Im Ergebnis hält der Verwaltungsgerichtshof daher den vom Kläger gestellten Verpflichtungsantrag für zulässig und prüfte die allein streitgegenständliche und von der Beklagten bestrittene Rechtsbehauptung des Klägers, er besitze schon seit 10. Februar 2016 ein eheunabhängiges Aufenthaltsrecht.

    Es bestünden jedoch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Abweisung der Klage (als unbegründet), da der Kläger die Voraussetzungen selbst des § 31 Abs. 1 Satz 1 AufenthG a.F. nicht erfülle.

    Für türkische Arbeitnehmer sei zwar die Verlängerung der Mindestdauer des Bestehens einer ehelichen Lebensgemeinschaft zum 1. Juli 2011 von zwei auf drei Jahre wegen der in Art. 13 ARB 1/80 enthaltenen stand-still-Klausel nicht anwendbar, jedoch erfülle der Kläger auch nicht die Voraussetzungen der bis zum 30. Juni 2011 gültigen, für ihn günstigeren Fassung des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG.

    Voraussetzung sei nämlich, dass die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens zwei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden habe. Dazu bedürfe es aber grundsätzlich den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis.

    Diese habe der Kläger erstmals am 18. November 2013 gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG zum Zusammenleben mit seiner deutschen Ehefrau für die Dauer von zunächst einem Jahr erhalten, sodass der rechtmäßige Aufenthalt des Klägers ab diesem Zeitpunkt begann. Mit der zuvor bestehenden Aufenthaltsgestattungen bzw. Grenzübertrittsbescheinigungen, könne ein rechtmäßiger Bestand der ehelichen Lebensgemeinschaft im Sinn von § 31 AufenthG nicht begründet werden.

    Ab dem Ende der ehelichen Lebensgemeinschaft im Oktober 2015 seien damit die kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG a.F. – eheliches Zusammenleben für die Dauer von mindestens zwei Jahren und rechtmäßiger Aufenthalt in dieser Zeit – nicht erfüllt worden. Die eheliche Lebensgemeinschaft habe mindestens bis 18. November 2015 bestehen müssen um die Voraussetzung zu erfüllen. Darauf ging die Zulassungsbegründung nicht ein.

    Ebenfalls greife die Divergenzrüge nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht durch.

    Denn um den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO zu genügen, müsse  einerseits dargelegt werden, mit welchem Rechtssatz das Verwaltungsgericht von einem in der Rechtsprechung der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte aufgestellten Rechtssatz abgewichen sein soll und andererseits müsse das Beruhen des angefochtenen Urteils auf der dargelegten Abweichung behauptet werden. Jedenfalls am letztgenannten Tatbestandsmerkmal fehle es,  da die  Voraussetzungen der erforderlichen durchgängigen Rechtmäßigkeit des Aufenthalts während der zwei Jahre schon nicht erfüllt seien.

    Quelle: Verwaltungsgerichtshof München

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  2. Ausländerrecht: Voraussetzung des dreijährigen Bestandes der Ehe zum Erwerb eines eigenständigen Aufenthaltsrechtes gilt auch für Altfälle.

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    Bundesverwaltungsgericht, 10.12.2013, Az.: BVerwG 1 C 1.13

    Bis zum 30.06.2011 musste gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG die Ehe zwischen einem Ausländer und einem Deutschen mindestens zwei Jahre bestanden haben, bis der ausländische Staatsangehörige gem. § 31 AufenthG nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft ein eigenständiges Aufenthaltsrecht beantragen konnte.

    Zum 01.07.2011 wurde diese Mindestdauer von zwei Jahren dann auf drei Jahre erhöht. Zielsetzung dieser Gesetzesänderung war laut Gesetzgeber insbesondere die Bekämpfung der Zwangsheirat.

    Rechtliche Unsicherheit bestand allerdings immer dann, wenn ein Ausländer nach altem Recht zwar die Voraussetzungen für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erfüllt hatte, den Antrag auf Erteilung des selbstständigen Aufenthaltsrechtes aber erst nach Inkrafttreten der Neuregelung zum 01.07.2011 gestellt hatte.

    In dem oben genannten Fall hatte das Bundesverwaltungsgericht genau über einen solchen Sachverhalt zu entscheiden.

    Sachverhalt: Der aus Syrien stammende Kläger war im Jahre 2000 mit einem Visum für ein Studium in die Bundesrepublik Deutschland eingereist.

    Der ihm für diese Ausbildung erteilte Aufenthaltstitel wurde zuletzt bis März 2009 verlängert.

    Am 04.03.2009 heiratete er eine deutsche Staatsangehörige und erhielt eine Aufenthaltserlaubnis zur Familienzusammenführung, die nach Verlängerung eine Geltungsdauer bis zum 12.05.2012 hatte.

    Im Mai 2011 trennten sich die Eheleute; im September 2011 beantragte der Kläger eine eheunabhängige Aufenthaltserlaubnis.

    Diesen Antrag lehnte die beklagte Ausländerbehörde mit der Begründung ab, dass die eheliche Lebensgemeinschaft des Klägers nicht mindestens drei Jahre bestanden habe.

    Die bis zum 30.06.2011 geltende Vorschrift, wonach schon eine Bestandsdauer von zwei Jahren ausreichend sei, sei auf den Kläger nicht mehr anwendbar.

    Das daraufhin angerufene Verwaltungsgericht folgte der Ansicht der beklagten Ausländerbehörde und sprach dem Kläger ebenfalls ein eigenständiges Aufenthaltsrecht ab.

    Bundesverwaltungsgericht: Gegen diese Entscheidung des Verwaltungsgerichts wandte sich der Kläger mit der Revision zum Bundesverwaltungsgericht. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte ebenfalls die Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

    Gem. § 31 Abs. 1 AufenthG könne ein Ausländer, der in Deutschland in ehelicher Lebensgemeinschaft gelebt habe, eine vom Fortbestand dieser Lebensgemeinschaft unabhängige Aufenthaltserlaubnis für die Dauer eines Jahres im Anschluss an den auf die Ehe bezogenen Aufenthaltstitel beanspruchen.

    Voraussetzung hierfür sei nach dem bis Juni 2011 geltenden Recht gewesen, dass die eheliche Gemeinschaft mindestens zwei Jahre lang bestanden hatte.

    Mit Wirkung vom 01.07.2011 sei diese Mindestbestandsdauer auf drei Jahre erhöht worden; eine ausdrückliche Übergangsvorschrift zur Regelung von Altfällen gäbe es nicht.

    Diese aktuelle Fassung der Vorschrift sei auch für den Kläger maßgeblich. Zwar hätten die Eheleute ihre eheliche Lebensgemeinschaft nach etwas mehr als zwei Jahren noch unter der Geltung des alten Rechts beendet; zu diesem Zeitpunkt wäre eine eheunabhängige Aufenthaltserlaubnis nach der Altfassung noch in Betracht gekommen.

    Der Anspruch auf eine solche eigenständige Aufenthaltserlaubnis entstünde allerdings nicht automatisch, sondern erst mit Antragstellung.

    Da der Kläger erst nach Inkrafttreten der für ihn ungünstigeren Gesetzesfassung einen entsprechenden Antrag gestellt habe, habe er keinen Anspruch auf ein eigenständiges Aufenthaltsrecht.

    Dies sei auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden, insbesondere im Hinblick auf das Rückwirkungsverbot und den Grundsatz des Vertrauensschutzes.

    Im Übrigen würde das Gesetz für problematische Einzelfälle in § 31 Abs. 2 AufenthG eine Härtefallregelung enthalten.

    Quelle: Bundesverwaltungsgericht

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  3. Ausländerrecht: Gerichtsentscheidung zum eigenständigen Aufenthaltsrecht des Ehegatten

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    Verwaltungsgericht Karlsruhe, Beschluss vom 23.01.2012, 6 K 6/12

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    Das eigenständige Aufenthaltsrecht für Ehegatten ist in § 31 AufenthG geregelt.

    Gem. § 31 Abs. 1 AufenthG wird die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzuges unabhängiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr verlängert, wenn

    1. Die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens 3 Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat oder

    2. der Ausländer gestorben ist, während die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet bestand

    und der Ausländer bis dahin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG war, es sei denn, er konnte die Verlängerung aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht rechtzeitig beantragen.

    Nach § 31 Abs. 2 AufenthG ist von der Voraussetzung des dreijährigen rechtmäßigen Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft abzusehen, soweit es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen.

    Mit dieser Ausnahmeregelung soll insbesondere solchen Ehegatten dennoch eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, die Opfer von häuslicher Gewalt geworden sind oder die sich in einer schwierigen Lage befinden würden, sollten Sie gezwungen sein, in ihr Heimatland zurück zu kehren.

    Aufenthaltstitel_nach_dem_AufenthaltsG

    Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatte nun in dem oben genannten Eilverfahren darüber zu entscheiden, ob eine Staatsbürgerin aus Bosnien-Herzegowina ein Recht auf Erteilung/Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis als eigenständiges Aufenthaltsrecht hatte.

    Sachverhalt: Die Antragstellerin hatte im September 2008 die Ehe mit einem deutschen Staatsangehörigen in Bosnien Herzegowina geschlossen und lebte seit November 2008 in der BRD.

    Nach der sich im Eilverfahren darstellenden Sachlage bestand die eheliche Lebensgemeinschaft mit ihrem Ehemann seit Juli 2011 nicht mehr.

    Anträge auf Erteilung/Verlängerung der Aufenthaltserlaubnisse wurden durch die zuständige Ausländerbehörde abgelehnt und die Abschiebung angedroht.

    Daraufhin machte die Antragstellerin im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes geltend, aufgrund der Dauer ihrer Ehe im Bundesgebiet nach der vor dem 01.07.2001 geltenden Gesetzeslage ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erworben zu haben.

    Jedenfalls lag nach Ansicht der Antragstellerin eine besondere Härte vor, die eine Ausnahme rechtfertige.

    VG Karlsruhe: Das Verwaltungsgericht Karlsruhe sah keine Veranlassung, die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Antragstellerinnen gegen die Ablehnung ihrer Anträge auf Erteilung/Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnisse anzuordnen.

    Nach Ansicht des Gerichts habe die Antragstellerin aller Voraussicht nach keinen Anspruch auf Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG i. V. m. § 28 Abs. 2 S. 2 AufenthG, wonach die Aufenthaltserlaubnis eines ausländischen Ehegatten eines Deutschen verlängert wird, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.

    Denn eine eheliche Lebensgemeinschaft könne nur dann angenommen werden, wenn außer dem formalen rechtlichen Band der Ehe auch eine tatsächliche Eheverbundenheit zwischen den Ehegatten bestehe oder in einem überschaubaren Zeitraum wiederhergestellt werde.

    Von einer solchen tatsächlichen Verbundenheit der Antragstellerin mit ihrem Ehemann bzw. von einer nur vorübergehenden Unterbrechung des Zusammenlebens könne seit dem Auszug des Ehemannes aus der gemeinsamen Wohnung im Juli 2011 nicht mehr ausgegangen werden.

    Des Weiteren ergebe sich ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auch nicht aus den §§ 28 Abs. 3 AufenthG, § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG in der zum 01.07.2011 geänderten Fassung.

    Danach sei im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr zu verlängern, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden habe und der Deutsche bis dahin seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatte.

    Nach der sich im vorliegenden Eilverfahren darstellenden Sachlage habe die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden.

    Auch sei der Anspruch der Antragstellerin mangels Übergangsregelung nicht an § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG in der bis zum 30.06.2011 geltenden Fassung zu messen, wonach es ausreichend war, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens zwei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden habe.

    Ebenso sei im Fall der Antragstellerin keine besondere Härte i. S. d. § 31 Abs. 2 S. 1 AufenthG i. V. m. Abs. 2 S. 2 AufenthG anzunehmen, so dass von der Voraussetzung des dreijährigen rechtmäßigen Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG abzusehen sei.

    Eine besondere Härte läge nach Ansicht des Gerichts dann vor, wenn dem Ehegatten wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenen Rückkehrverpflichtung eine besondere Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange drohe (1. Alternative) oder wenn dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar sei (2. Alternative).

    Entgegen der Auffassung der Antragstellerin genügten für sich genommen nicht ihre persönliche Betroffenheit durch die Trennung von ihren Ehegatten, der Verlust ihrer Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet und die mit einer Rückkehr nach Bosnien-Herzegowina verbundenen wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten.

    Derartige Umstände seien ihrem Gewicht nach vergleichbar mit denjenigen, die eine Vielzahl von Ausländern in dieser Situation treffen, insbesondere auch Staatsangehörige aus Bosnien-Herzegowina.

    Quelle: Verwaltungsgericht Karlsruhe

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  4. Ausländerrecht: Einfache Deutschkenntnisse beim Ehegattennachzug zu Ausländern verfassungskonform

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    Bundesverfassungsgericht, 25.03.2011, Az.: 2 BvR 1413/10

    § 30 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz – AufenthG) regelt den Ehegattennachzug zu Ausländern.

    Gem. § 30 kann der Ehegatte eines Ausländers grundsätzlich dann eine Aufenthaltserlaubnis beantragen, wenn

    • beide Ehegatten das 18. Lebensjahr vollendet haben
    • der Ehegatte sich auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann

    und wenn der Ausländer eine

    • Niederlassungserlaubnis
    • Daueraufenthalt-EG
    • Aufenthaltserlaubnis

    besitzt.
    Aufenthaltstitel_nach_dem_AufenthaltsG
    Gerade die in § 30 Abs. 1 Nr. 2 geregelte Voraussetzung, dass der Ehegatte sich zumindest in einfacher Art in deutscher Sprache verständigen kann, ist immer wieder Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen und politischer Diskussionen.

    Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift 30 zu § 30 AufenthG definiert in 30.1.2.1. die notwendigen sprachlichen Fähigkeiten wie folgt: „Kann vertraute, alltägliche Ausdrücke und ganz einfache Sätze verstehen und verwenden, die auf die Befriedigung konkreter Bedürfnisse zielen. Kann sich und andere vorstellen und anderen Leuten Fragen zu ihrer Person stellen – z. B. wo sie wohnen, was für Leute sie kennen oder was für Dinge sie haben – und kann auf Fragen dieser Art Antwort geben. Kann sich auf einfache Art verständigen, wenn die Gesprächspartnerinnen oder Gesprächspartner langsam und deutlich sprechen und bereit sind zu helfen.“

    Die oben genannte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hatte die Verfassungskonformität des § 30 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG zum Gegenstand.

    Die Beschwerdeführer in diesem Verfahren waren türkische Staatsangehörige die sich aufgrund der Ablehnung des Ehegattennachzugs in ihren Grundrechten aus Art. 6 Abs. 1 (Schutz von Ehe und Familie), Abs. 2 GG (freie Entfaltung der Persönlichkeit), Art. 3 GG (Gleichheitsgrundsatz) sowie Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) verletzt sahen.

    Sachverhalt: Die Beschwerdeführerin zu 1. war die Mutter der Beschwerdeführer 2. bis 6. Auf Grundlage des § 30 Abs. 1 AufenthG beantragte diese eine Aufenthaltserlaubnis. Da sie Analphabetin war, konnte sie die nach § 30 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG geforderten Sprachnachweise nicht beibringen und Ihr Antrag wurde durch die zuständige Behörde abgelehnt.

    Das zunächst angerufene Verwaltungsgericht und das Bundesverwaltungsgericht (Entscheidung: BVerwGE 136, 231) bestätigten die Entscheidung der Behörde.

    Daraufhin erhob die Beschwerdeführerin Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht wegen Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 und Art. 3 GG sowie Art. 8 EMRK. Darin machte sie geltend, dass der geforderte Sprachnachweis verfassungswidrig sei. Dies insbesondere deshalb, weil er weder für die Bekämpfung von Zwangsheiraten noch für die Integration der betroffenen Ausländer geeignet sei.

    Darüber hinaus seien die geforderten Sprachkenntnisse zu dürftig und damit ungeeignet, um die zuziehenden Ausländer auch nur ansatzweise zu den Kommunikationsleistungen zu befähigen, die zur Erreichung der vom Gesetzgeber verfolgten Ziele notwendig seien.

    Bundesverfassungsgericht: Indem das BVerfG die Beschwerde nicht zur Entscheidung annahm, erklärte die zweite Kammer des 2. Senats § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG mit dem Grundgesetz für vereinbar (Verfassungsbeschwerden bedürfen der Annahme zur Entscheidung. Gem. § 93a BVerfGG wird eine Verfassungbeschwerde nur dann angenommen, wenn ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt oder wenn die Annahme zur Durchsetzung der Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte angezeigt ist).

    Begründet wurde die Nichtannahmeentscheidung durch das BVerfG wie folgt:

    „Die nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erforderliche Verpflichtung des Ehegatten eines in Deutschland lebenden Ausländers, sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen zu können, verstößt nicht gegen Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 GG. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind die für die Entscheidung maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits geklärt (vgl. BVerfGE 76, 1; 80, 81; BVerfGK 13, 26). Die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen konkretisieren in nicht zu beanstandender Weise die dort entwickelten Grundsätze für den Nachweis deutscher Sprachkenntnisse gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG.“

    Quelle: Bundesverfassungsgericht

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