Abmahnung im Mietrecht Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Abmahnung im Mietrecht

  1. Mietrecht: Mieterin verweigert Anbringung von Feuermeldern und Instandsetzung – Kündigung

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    Amtsgerichts Gießen, Urteil v. 19.01.2021, Aktenzeichen 39 C 114/20

    Der Vermieter verklagte seine Mieterin auf Räumung und Herausgabe der Wohnung sowie auf die Erstattung der durch sie verursachten Rechtsanwaltsgebühren.

    Welche Pflichten haben Mieter und Vermieter?

    Sachverhalt

    Zwingende Notwendigkeit der Anbringung von Feuermeldern

    Der Vermieter wollte in einem neu erworbenen Mietobjekt Rauchmelder nachrüsten, in Räumen, in denen bisher keine Rauchmelder waren. Somit schlug der Vermieter seiner Mieterin in einem Schreiben zwei Termine zur Nachrüstung vor. Darauf reagierte die Mieterin nicht.

    Rechtsanwalt des Vermieters spricht Abmahnung aus

    Daraufhin wandte sich der Vermieter an einen Rechtsanwalt, der ein Schreiben aufsetze, in dem er die Mieterin anmahnte wegen der Nichtgestattung des Einbaus der Rauchmelder, sowie der Nichtanzeige von Mängeln im Mietobjekt, da das Fenster auf dem Dachboden undicht sei. Die Mieterin lagerte zudem auf dem Dachboden und in zwei Kellerräumen Altgegenstände und Trödel aus ihrem ehemaligen Geschäftshandel. Auch diese Lagerung mahnte der Anwalt, sowie das Herumstehen vieler verschiedener Gegenstände im Eingangsbereich und im Hof. In der Mahnung wurden drei Termine  zur Anbringung der Rauchmelder sowie der Reparatur des Dachgeschossfensters vorgeschlagen. Zudem wurde eine Frist gesetzt, bis wann die Gegenstände im Hof und Eingangsbereich zu entfernen seien. Ein Hinweis auf erneutes vertragswidriges Verhalten und deren Konsequenzen hinsichtlich einer Kündigung des Mietverhältnisses wurden ebenfalls ausgesprochen. Zudem müssten auch die Baustellenstützen im Keller, die Kellertreppe und die Hauselektrik erneuert werden. Wozu eine Aufforderung zur Nennung weiterer Termine durch die Mieterin erbeten wurde.

    Mieterin verweigert Anbringung von Feuermeldern und Instandsetzungsarbeiten

    Die Mieterin wandte sich an eine Mieterverein. Dieser verfasste eine Antwort auf die Mahnung des Vermieters. In diesem Schreiben wurde das Anbringen der Rauchmelder als nicht erforderlich gesehen, da sich in jedem Raum ein Rauchmelder befindet. Zudem handele es sich bei dem Fenster auf dem Dachboden um einen Raum, der nicht beheizt wird und somit sei keine Entstehung von Schimmelspuren möglich. Die Erforderlichkeit der Erneuerungsarbeit in dem Keller, sowie der Hauselektrik wären seitens der Mieterin  auch nicht nötig.

    Vermieter kündigt fristlos

    Daraufhin kündigte der Vermieter seine Mieterin fristlos mit Auslauffrist bis zur Mitte des nächsten Monats mit der Begründung des Nichtnachkommens wichtiger Pflichten, wie z.B. der Vereinbarung eines Termins zur Bekämpfung des Schimmels oder auch zur Vorbeugung möglicher Schäden am Mauerwerk des Hauses. Zudem wies der Anwalt des Vermieters nochmals auf die Abmahnung und die dort beschriebenen Konsequenzen hinsichtlich vertragswidrigem Verhalten hin. Eine Räumung und Herausgabe innerhalb der von der Klägerseite gesetzten Frist erfolgte nicht. Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis, nachdem die Mieterin nicht reagierte, nochmals mit der bereits genannten Begründung.

    Vermieter verklagt Mieterin auf Räumung und Herausgabe der Mietwohnung

    Der Vermieter behauptet, aufgrund der Undichtigkeit des Dachgeschossfensters wären nur deutliche Schimmel bzw. Feuchtigkeitsspuren an der Wand erkennbar. Zudem handelt es sich bei den nötigen Erneuerungsarbeiten des Kellers um die Gewährleistung eines belastbaren und stabilen Kellers, mithin seien die Aufstellung neuer Stützen von hoher Bedeutung sowie die Reparatur, der nicht verkehrssicheren Treppe. Die Überprüfung der Hauselektronik sei gesetzlich vorgeschrieben. Zudem sei das Haus zum Wohnen gedacht und nicht zur Lagerung von Gegenständen.  Das Haus sei überall mit Kartons zugestellt, welche sogar den Zutritt zu Mietobjekt und einzelner Räumlichkeiten erschweren würden, wovon der Vermieter durch den Bezirksschornsteinfeger hingewiesen worden sei. Somit verklagte der Vermieter seine Mieterin auf Räumung und Herausgabe des Mietobjekts und der Übernahme der ihm entstandenen Kosten durch seine rechtliche Vertretung.

    Die Mieterin beantragt die Klage abzuweisen mit der Begründung, dass die Kündigung unwirksam sei. Der Keller sei durch eine stabilen Stahlträger gestützt, der bereits seit 75 Jahren dort steht. Die Sanierung des Kellers sei mithin nicht erforderlich. Zudem wären auf dem Dachboden, bei dem es sich nicht um einen Wohnraum handle, das Fenster dicht und es würde nur Kondenswasser an der Wand hinunterfließen und es wären keine erkennbaren Spuren von Feuchtigkeit ersichtlich. Die Elektrik des Hauses sei vollkommen ausreichend und würde keine Gefahr darstellen. Und durch die Kartons, die sich im Haus befinden würden, bestünde keine Behinderung der Zugänglichkeit des Mietobjekts oder einzelner Räumlichkeiten.

    Urteil des Amtsgerichts Gießen

    Das Amtsgericht Gießen wies die Klage des Vermieters ab.

    Die Abweisung der Klage erfolgte mit der Begründung, dass die Nennung der Gründe in dem ersten Kündigungsschreiben nicht vollständig gewesen seien, sowie keine wichtigen Gründe im Sinne einer fristlosen Kündigung vorlegen. Alle Ausführungen zu dem Zustand des Kellers und dessen möglicher Instabilität und die damit verbundene Gefahr seien nicht zu berücksichtigen.

    Verletzung des Anzeige- und Obhutspflicht

    Die Nichtanzeige des behaupteten Mängel am Dachfenster würden keinen Kündigungsgrund darstellen. Die Sorgfaltspflicht umfasse zwar eine Anzeigepflicht, jedoch erst bei einem Vorliegen der Gefährdung der Mietsache. Eine Verletzung der Anzeige- und Obhutspflicht liege somit nicht vor. Ein Mangel des Fensters sei nicht ersichtlich. Ein Sachverständiger habe sich die Wasserflecken angeschaut und es seien kein Schimmel oder daraus resultierende Bauschäden feststellbar. Die Bauart des Fensters führe lediglich zu Kondensatbildung und damit zu Wasserablaufspuren. Demnach liege kein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung in der Nichtanzeige eines nicht vorhandenen Mangels vor.

    Die Lagerung von Gegenständen und Kartons durch die Mieterin sei nicht ausreichend als Begründung der fristlosen Kündigung. Einem Mieter stehe es absolut frei, das von ihm gemietete Mietobjekt bzw. die Fläche zu nutzen, wie er möchte. Das Verhalten des Mieters müsste Pflichtwidrigkeit zu Grunde liegen und die Lagerung müsste den Hausfriedens stören oder die Substanz des Mietobjekts angreifen. Die Mieterin wohne alleine in dem Mietobjekt und das Herumstehen von Kartons könne nicht die Substanz des Hauses angreifen. Somit sei das Zustellen der Wohnung einem Mieter vollkommen freigestellt. Eine gewerbliche Nutzung der Wohnfläche stelle auch keine Grund zur fristlosen Kündigung dar.

    Fehlende Mitwirkung des Mieters

    Die fehlende Mitwirkung der Mieterin rechtfertige somit keine außerordentliche Kündigung. Eine Kündigung des Vermieters wegen einer Verletzung vertraglicher Duldungspflichten durch den Mieter stelle zwar einen Grund dar. Dieser sei vorliegend jedoch nicht ersichtlich, da die Mieterin die Rauchmelder bereits vorher installiert habe, dies wohl auch kommuniziert worden sei und die Terminvorgabe der Termine, die der Mieterin genannt wurden, nicht einmal eine fünftägige Vorlaufsfrist beinhaltet hätten. Somit sei eine Bereitschaft der Mieterin nach der Ansicht des Gerichts ersichtlich. Zudem sei eine konkrete Gefährdung des Gebäudes auch nicht ersichtlich.

    Die darauffolgende erneute Kündigung sei aufgrund der bereits genannten Gründe, die nicht in dem Schreiben enthalten waren, unwirksam.

    Der Vermieter habe somit keinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe des Mietobjekts. Die Erstattung der vorgerichtlichen Kosten teile das Schicksal der Hauptforderung.

    Quelle: Amtsgericht Gießen

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie macht es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Mietrecht: Vor der fristlosen Kündigung muss meistens zunächst abgemahnt werden.

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    Amtsgericht Köln, 11.02.2016, Az.: 203 C 466/15

    Nicht nur der Vermieter, sondern auch der Mieter kann das Mietverhältnis fristlos kündigen. Gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 kann der Mieter fristlos kündigen, wenn ihm der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird.

    Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die Wohnung in erheblichen Maße mit Ungeziefer befallen ist, wenn eine behördliche Nutzung nicht erteilt wird, so dass der Mieter die gewerblichen Räume nicht nutzen kann, oder wenn für eine sehr lange Zeit von einer benachbarten Großbaustelle erhebliche Beeinträchtigungen für ausgehen.

    Allerdings ist zu beachten, dass in den allermeisten Fällen der Vermieter durch den Mieter vor der fristlosen Kündigung ordnungsgemäß abgemahnt und zur Beseitigung der Gebrauchsstörung aufgefordert werden muss.

    In dem hier besprochenen Fall des Amtsgerichts Köln hatte dieses über die fristlose Kündigung von Mietern zu entscheiden, welche den Vermieter vor der Kündigung kein einziges Mal abgemahnt hatten.

    Sachverhalt: Gegenstand dieses Rechtsstreits war die Zahlung von rückständigen Mieten in Höhe von EUR 880,00 für die Monate Mai bis August 2015 aus § 535 Abs. 2 BGB. Kläger in dem Rechtsstreit war der Vermieter, die Beklagten waren die Mieter.

    In § 8 bzw. 9 des zwischen den Parteien am 03.11.2014 vereinbarten Mietvertrages war vereinbart worden, dass der Kläger den gemieteten Raum für einen vorher festgelegten, sich nicht wiederholenden Termin, betreten bzw. für seine Rückenschule nutzen dürfe. Des Weiteren war dort vereinbart, dass der Raum den Beklagten ab dem 01.03.2015 gänzlich zur Verfügung zu stellen sei und nicht mehr wie bis dahin einer zweimal wöchentlich durch eine aktuelle Mitmieterin genutzt werden dürfe.

    Im Januar 2015 soll der Kläger dann das Türschloss zum Gebäude/Raum ausgetauscht und es zunächst versäumt haben, den Beklagten den neuen Schlüssel zur Verfügung zu stellen, so dass die Beklagte zu 1 vor verschlossener Tür gestanden habe.

    Ohne den Kläger wegen dieser Mietvertragsverletzungen abzumahnen, kündigten die Beklagten daraufhin das Mietverhältnis mit dem Kläger fristlos und zogen aus der Objekt aus.

    Daraufhin verklagte der Kläger die Beklagten und forderte Miete für die Monate Mai bis August 2015, da nach seiner Meinung das Mietverhältnis durch die fristlose Kündigung der Beklagten nicht beendet worden sei.

    Amtsgericht Köln: Dieser Ansicht folgte das AG Köln und urteilte, dass das Mietverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 27.04 2015 nicht beendet worden sei.

    Nach §§ 543 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB könne der Mieter dem Vermieter das Mietverhältnis kündigen, wenn ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden könne. Insbesondere, wenn dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen werde. Die Kündigung sei nach § 543 Abs. 3 S.1 BGB jedoch erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig.

    Eine Abhilfefrist bzw. Abmahnung müsse dabei den zu beseitigen Mangel bzw. das pflichtwidrige Verhalten, das abgestellt werden solle, hinreichend konkret benennen und müsse erkennen lassen, dass die weitere vertragliche Zusammenarbeit auf dem Spiel stünde, wenn der Mangel nicht beseitigt bzw. das pflichtwidrige Verhalten nicht abgestellt werde (BGH, NJW 2012, 53, 54,  Blank, in: Schmidt-Futterer, § 541 Rn. 5 und § 543 Rn. 30 jeweils m.w.N.). Die Beklagten hätten den Kläger insofern überhaupt nicht abgemahnt, so dass die fristlose Kündigung das Mietverhältnis nicht beendet habe.

    Quelle: Amtsgericht Köln

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  3. Mietrecht: Die ordentliche Kündigung eines ansonsten vertragstreuen Mieters kann auch bei erheblichen Zahlungsverzuges rechtsmissbräuchlich sein.

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    Landgericht Berlin, 4.10.2013, Az.: 63 S 421/12

    Gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB kann der Vermieter ein Mietverhältnis fristlos kündigen, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Errichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete ist oder ein einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Errichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.

    Die Kündigung ist allerdings ausgeschlossen, wenn der Vermieter vor dem Zugang der Kündigung befriedigt wird. Bei Wohnraumverhältnissen ist eine Heilung der Kündigung auch nach deren Zugang möglich. Dieser Fall ist in § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB geregelt.

    Danach wird die Kündigung unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs befriedigt wird.

    Der Vermieter kann allerdings die Verletzung der Zahlungspflicht als Anlass für eine ordentliche Kündigung i. S. v. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB nehmen. Die Pflichtverletzung müsste jedoch erheblich sein. Dies ist dann der Fall, wenn die Rechte und Belange des Vermieters nicht nur geringfügig beeinträchtigt sind. Dabei sind die Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen.

    In dem oben genannten Urteil beschäftigte sich das Landgericht Berlin im Rahmen einer Räumungsklage mit der Frage der Wirksamkeit der wegen Zahlungsverzuges ausgesprochenen Kündigung.

    Sachverhalt: Der klagende Vermieter wollte durch die Räumungsklage den säumigen Mieter aus der vermieteten Wohnung klagen.

    Der Beklagte befand sich im Zahlungsverzug von insgesamt 1.519,44 Euro und somit mit mehr als zwei Monatsmieten. Dieser Betrag setzte sich zu einen aus den Mietrückständen und zum anderen aus der Nachzahlung, die aufgrund eines in einem früheren Prozess geschlossenen Vergleichs zu erbringen war, zusammen.

    Aufgrund des Zahlungsverzuges kündigte der Kläger das Mietverhältnis ohne vorherige Abmahnung fristlos, hilfsweise unter Einhaltung einer ordentlichen Kündigungsfrist.

    Wenige Tage nach Zugang der Kündigung beglich der Beklagte den vollständigen Rückstand. Dennoch erhob der Kläger die Räumungsklage.

    Landgericht Berlin: Das Gericht wies die Klage ab. Die fristlose Kündigung sei wegen Zahlungsverzugs gem. § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 b) BGB jedenfalls nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB aufgrund erfolgten Zahlung des gesamten geltend gemachten Rückstands in Höhe von 1.519,44 EUR unwirksam geworden.

    Auch die ordentliche Kündigung sah das Gericht als nicht begründet an. Zwar habe in dem Verhalten des Beklagten eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung i.S.v. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB gelegen, soweit er zumindest den im vor dem Landgericht Berlin geschlossenen Prozessvergleich der Parteien vom 12.08.2011 dort vereinbarten Betrag von 564,31 EUR zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung nicht beglichen habe.

    Denn im Falle des Zahlungsverzugs genüge zum Vorliegen der objektiven tatbestandlichen Voraussetzungen des § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB ein Mietrückstand von mehr als einer Monatsmiete und eine Verzugsdauer von mehr als einem Monat, was beides hier gegeben sei.

    Dahin stehen könne, ob diese Pflichtverletzung des Beklagten in hinreichendem Maße erheblich schuldhaft verursacht sei.

    Bei der ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses wegen schuldhafter nicht unerheblicher Pflichtverletzung des Mieters bestehe für eine vorherige Abmahnung grundsätzlich kein Bedarf.

    Allerdings könne der Abmahnung für die Kündigung nach § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB ausnahmsweise insofern Bedeutung zukommen, als erst ihre Missachtung durch den Mieter dessen Pflichtverletzung das erforderliche Gewicht verleihe, etwa weil vorher nur ein schlichtes Versehen des Mieters vorgelegen hat oder eine Duldung des Vermieters zu vermuten war; zwar mache dies die Abmahnung nicht zu einer zusätzlichen Voraussetzung der ordentlichen Kündigung, es sei aber ein Gesichtspunkt bei der Prüfung, ob eine schuldhafte nicht unerhebliche Pflichtverletzung des Mieters vorliege.

    Da in vorliegendem Fall zwar der aus dem Wortlaut des Vergleichstextes deutlich ersichtliche Teilbetrag von 564,31 EUR als fällige Summe dem Beklagten unmittelbar als von ihm zu zahlender Rückstand ersichtlich sein müsse, entlaste ihn seine Behauptung, der vormalige Prozessbevollmächtigte habe ihn über die Höhe des geschuldeten Betrags nicht informiert, nicht, zumal er bei Abschluss des Vergleichs persönlich anwesend gewesen sei.

    Jedoch setze sich der gesamte, der Kündigung zugrunde liegende Rückstand aus weiteren Einzelbeträgen zusammen. Der sich rechnerisch hieraus ergebende Gesamtrückstand habe zur Zeit der Kündigung demgemäß aus einer Summe von Einzelbeträgen bestanden, so dass im Sinne der zuvor dargestellten Ausführungen bei der Beurteilung des Gewichts der Pflichtverletzung des Beklagten durchaus in die Waagschale zu werfen sei, dass eine vorherige Abmahnung unter Darstellung einer Berechnung der geschuldeten Rückstände im Einzelnen ihn unverzüglich veranlasst hätte, nicht nur das Ausmaß des bereits entstandenen Zahlungsverzugs zu erkennen, sondern diesen auch umgehend auszugleichen und hierdurch sofort zu vertragsgemäßem Verhalten zurückzukehren.

    Zwar übersteige der aufgelaufene Rückstand zwei Monatsmieten und rechtfertige den Ausspruch der fristlosen Kündigung. Der Beklagte habe jedoch wenige Tage nach Zugang der Kündigung den rückständigen Betrag vollständig beglichen. Überdies bestünde das Mietverhältnis der Parteien seit 1989 und der Beklagte habe sich im Hinblick auf seine Zahlungsverpflichtungen stets vertragstreu verhalten, so dass die nachträgliche Zahlung des Beklagten zu seinen Gunsten in der Weise berücksichtigt werden könne, dass sie sein vorheriges Fehlverhalten jedenfalls in einem milderen Licht erscheinen lasse.

    Quelle: Landgericht Berlin

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  4. Mietrecht: Vor einer fristlosen Kündigung muss der Mieter deutlich darauf hingewiesen werden, welche Verhaltensweisen vom Vermieter nicht mehr geduldet werden

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    Amtsgericht Freiburg, 01.10.2013, Az.: 53 C 1059/13

    Ein Mietverhältnis kann u.a. durch eine Kündigung oder einen Aufhebungsvertrag beendet werden. Das vertragswidrige Verhalten eines Mieters kann zu eine fristlosen Kündigung führen.

    Bei einer fristlosen Kündigung sind die Voraussetzungen der §§ 543 und 569 BGB zu beachten. Der Vermieter muss allerdings den Mieter, bevor dieser mit der fristlosen Kündigung wegen eines Vertragsverstoßes rechnen muss, darauf hinweisen, welche Verhaltensweisen nicht mehr geduldet werden.

    Das heißt, dass, der Vermieter jedes vertragswidrige Verhalten konkret bezeichnen und abmahnen muss, um später erfolgreich fristlos kündigen zu können.

    Mit der Wirksamkeit eines Aufhebungsvertrages und einer außerordentlichen Kündigung setzte sich das Amtsgericht Freiburg in dem oben genannten Urteil im Rahmen einer Räumungsklage auseinander.

    Sachverhalt: Die klagenden Vermieter verlangten die Räumung und Herausgabe einer Mietwohnung. Der Anspruch wurde auf eine Räumungsvereinbarung gestützt.

    Die Räumungsvereinbarung wurde in der Wohnung der beklagten Mieterin unterzeichnet. Zu diesem Zwecke suchten einer der Kläger, ein Berater der Kläger sowie ihr Anwalt die Beklagte nach vorheriger Anmeldung in ihrer Wohnung auf. Kurz darauf erklärte die Beklagte, sie ziehe die Vereinbarung zurück.

    Hilfsweise stützten die Kläger ihren Räumungsanspruch auf eine fristlose Kündigung.

    Diese Kündigung beruhte darauf, dass die Beklagte die Miete zu spät bezahlt habe bzw. die Nebenkostenabrechnung in Raten bezahlt habe, ohne dass es eine entsprechende Vereinbarung gegeben habe.

    In der Kündigungserklärung wurde allerdings nicht auf die ratenweise Ausgleichung der Nebenkostenabrechnung Bezug genommen.

    Amtsgericht Freiburg: Das AG Freiburg hielt die Räumungsklage für zulässig, aber unbegründet. Ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung ergebe sich nicht aus der Räumungsvereinbarung.

    Die Beklagte habe ihre zustimmende Willenserklärung gem. §§ 312, 355 I BGB wirksam widerrufen. Insofern sei § 312 BGB, welcher das Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften statuiert, anwendbar. Es handele sich den Umständen nach um ein typisches Haustürgeschäft. Die Beklagte sei durch mündliche Verhandlungen in ihrer Privatwohnung zum Abschluss des Geschäftes bestimmt worden.

    Das Mietverhältnis sei auch nicht durch die Kündigung beendet worden. Die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung gem. §§ 543 I, 569 BGB hätten nicht vorgelegen.

    Gem. § 569 IV BGB seien die zu Kündigung führenden wichtigen Gründe in dem Kündigungsschreiben anzugeben; nicht angegebene Gründe seien nicht zu berücksichtigen.

    Insofern komme es nicht darauf an, ob die Beklagte aufgrund der entsprechenden widerspruchslosen Duldung auf Klägerseite berechtigt sei, ihre Nebenkostennachzahlungen in Raten abzutragen. Abgesehen davon, dass sich aus der Ratenzahlung ergebe, dass eine Zahlungsverweigerung nicht vorliege, sei auf die Nebenkosten in der Kündigungserklärung nicht Bezug genommen worden.

    Wer seine Miete unpünktlich zahle, begehe grundsätzlich eine Vertragsverletzung, die auch bei längerer Duldung nicht zu einer Änderung der Fälligkeit führe.

    Ein die fristlose Kündigung begründender Tatbestand im Sinne von § 543 I S. 2 BGB liege jedoch erst dann vor, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfall, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar sei.

    Die unpünktliche Mietzahlung müsse allerdings nachhaltig sein. Dies könne – bei sieben Überschreitungen der Zahlungsfrist innerhalb eines Jahres, wie im Kündigungsschreiben angegeben – bejaht werden.

    Vor den dargelegten, unpünktlichen Zahlungen sei die Beklagte nicht abgemahnt worden.

    Ein Mieter müsse, bevor er mit der fristlosen Kündigung wegen eines Vertragsverstoßes rechnen muss, deutlich darauf hingewiesen werden, welche Verhaltensweise vom Vermieter nicht mehr geduldet werden sollen.

    Wenn die Beklagte an mehreren Terminen die Miete um einige Tage zu spät gezahlt habe, dies jedoch nicht ausdrücklich gerügt worden sei, könne ihr nicht später unter Hinweis auf Mahnungen gekündigt werden, welche sich darauf bezogen, dass sie 10,00 € zu wenig bezahlt habe.

    Die verspäteten Mietzahlungen würden auch keine ordentliche Kündigung gem. § 573 II Nr. 1 BGB begründen. Auch in Bezug auf die Voraussetzungen der fristgerechten Kündigung sei die Vertragsverletzung nicht so erheblich, dass die Fortsetzung des Mietverhältnisses den Klägern unzumutbar wäre.

    Quelle: Amtsgericht Freiburg

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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