Angemessenheit von Kosten für Unterkunft und Heizung Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Angemessenheit von Kosten für Unterkunft und Heizung

  1. Wohnraummiete: Heizkostennachforderung bei unzulässiger Inklusivmietvereinbarung für die Heizkosten

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    Landgericht Potsdam, 17.07.2015, Az.: 13 S 72/14

    § 2 der Heizkostenverordnung bestimmt, dass außer bei Gebäuden mit nicht mehr als zwei Wohnungen, von denen eine der Vermieter selbst bewohnt, die Vorschriften dieser Verordnung rechtsgeschäftlichen Bestimmungen vorgehen. Entgegenstehende vertragliche Vereinbarungen sind jedoch nicht unwirksam, es kann sich nur keiner der Beteiligten auf sie berufen.

    Der Vorrang gilt auch dann, wenn die Parteien eine pauschale Abgeltung der Heizkosten vereinbart haben. Unerheblich ist, ob entgegenstehende Bestimmungen formularmäßig oder in einer Individualvereinbarung getroffen wurden.

    Eine Abrechnung, die auf der Basis vertraglicher, aber der HeizkostenV entgegen stehender Vereinbarungen erteilt wird, ist zwar wirksam und kann fällige Forderungen begründen. Sie hat jedoch als Rechtsfolge das Kürzungsrecht des § 12 Abs. 1:

    Soweit die Kosten der Versorgung mit Wärme oder Warmwasser entgegen den Vorschriften dieser Verordnung nicht verbrauchsabhängig abgerechnet werden, hat der Nutzer das Recht, bei der nicht verbrauchsabhängigen Abrechnung der Kosten den auf ihn entfallenden Anteil um 15 vom Hundert zu kürzen

    Der Mieter kann, wenn er das Kürzungsrecht nicht geltend gemacht hat, gezahlte Heizkosten nicht rückwirkend unter Berufung auf § 12 Abs. 1 HeizkostenV zurück fordern.

    Das Landgericht Potsdam musste sich in der nachstehenden Entscheidung zunächst damit befassen, ob eine solche vertragliche Vereinbarung vorlag. Es ging dabei von der mieterfreundlichsten Auslegung aus und nahm folglich eine Vereinbarung zur Inklusivmiete an. Eine solche steht jedoch im Widerspruch zu der Heizkostenverordnung. Das Gericht entschied jedoch, dass der Vermieter für die in der Vergangenheit angefallenen Heizkosten gegenüber dem Mieter keine Nachforderungen geltend machen könne, auch wenn eine vereinbarte Inklusivmiete für die Heizkosten nicht zulässig ist, weil die Regelungen der Verordnung über die verbrauchsabhängige Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten (HeizkostenV) dem entgegenstehen, und die Voraussetzungen des § 2 HeizkostenV nicht vorlägen. Er sei nur mit Wirkung für die Zukunft berechtigt, die Struktur des Mietvertrages der verbindlichen gesetzlichen Regelung der HeizkostenV anzupassen.

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens:

    Mietvertrag der Parteinen enthielt die Bestimmung, dass die Betriebskosten in der Miete enthalten sind

    Zwischen den Parteien besteht ein Mietverhältnis über die von der Beklagten bewohnten Wohnung.  In § 3 des Mietvertrages vom 01. April 1995 war vereinbart worden, dass die Miete 700,00 DM und die Nebenkosten 150,00 DM betragen. Das Wort „Heizkostenvorschuss“ neben dem Wort „Nebenkosten“ wurde durchgestrichen. Zudem beinhaltet der Vertrag folgende Formulierung: „Die Betriebskosten im Sinne des § 27 der Zweiten Berechnungsverordnung sind in der Miete enthalten.“ und „Die Nebenkosten werden in Form monatlicher Abschlagszahlungen erhoben und sind jährlich nach dem Stichtag vom … eines jeden Jahres mit dem Mieter abzurechnen. … Für die Heizkosten gilt die Regelung des § 5“.

    An anderer Stelle war vereinbart, dass Heizungs- und Warmwasserkosten nicht im Mietpreis enthalten sind

    In § 5 Ziff. 4 des Mietvertrages ist vereinbart: „Die Betriebskosten der Heizung und Warmwasserversorgung sind in dem vereinbarten Mietpreis nicht enthalten, sie werden vom Vermieter auf die daran angeschlossenen Wohnungen umgelegt.“

    Die Klägerin berechnete die Heiz- und Warmwasserkosten der Beklagten ohne Vorauszahlungen in Abzug zu bringen.

    So errechnete die Klägerin für das Jahr 2012 einen Zahlungsbetrag der Beklagten in Höhe von 1.572,01 € und erteilte ihnen am 23. Dezember 2011 eine Abrechnung. Sie forderte die Beklagte auf, den Betrag bis zum 20. Januar 2012 zu zahlen.  Die Beklagte zahlte jedoch nicht.

    Vermieterin verklagte Mieter auf Nachzahlung von Betriebskosten

    Die Klägerin beantragte in ihrer Klage vor dem Amtsgericht, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.572,01 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Januar 2012 zu zahlen. Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.

    Sie trug vor, es sei eine Pauschalmiete vereinbart, so dass auch die Heizkosten mit der Zahlung der Miete abgegolten und daher für eine Abrechnung kein Raum sei. Da das Haus lediglich über zwei Wohnungen verfügt und eine der Wohnungen vom Vermieter bewohnt wurde, sei nach § 2 HeizKostV diese nicht anwendbar.

    Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.572,01 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Januar 2012 zu zahlen.

    Gegen dieses Urteil wendete sich die Beklagte mit ihrer Berufung.

    Urteil des Landgericht Potsdam:

    Landgericht Potsdam sah keinen Zahlungsanspruch der Vermieterin

    Das Landgericht Postdam urteilte, dass die zulässige Berufung begründet sei , denn der Klägerin stehe gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf Zahlung des Nachforderungsbetrages in Höhe von 1.572,01 €, wie er in der von ihr erstellten streitgegenständlichen Heizkostenabrechnung für das Jahr 2010 ausgewiesen sei, zu.

    Dem schriftlichen Formularmietvertrag von 01.04.1995 sei zu  entnehmen, dass ein Inklusivmietzins vereinbart sei. Die Vereinbarung beinhalte, dass die Heizungskosten mit Zahlung des vereinbarten Mietzinses in Höhe von 700,00 DM/357,90 € abgegolten seien.

    Nach Ansicht des Landgerichts seien sämtliche Betriebskosten in der Miete enthalten

    Auch wenn die Klauseln des Vertrages nicht eindeutig seien, spreche für diese Auslegung die Formulierung in § 3 Ziffer 3 des Mietvertrages, wonach die Betriebskosten im Sinne des § 27 der Zweiten Berechnungsverordnung in der Miete enthalten seien. Folge dessen sei, dass nach Anlage 3 Ziffer 4 zur Zweiten Berechnungsverordnung hiervon auch die Heizungskosten erfasst sein würden.

    Zwar heiße es in § 5 des Formularmietvertrages, dass die Betriebskosten der Heizung und Warmwasserversorgung in dem vereinbarten Mietzins nicht enthalten seien und vom Vermieter auf die daran angeschlossenen Wohnungen umgelegt werden würden. Jedoch könne dem Vertrag keine Vereinbarung einer Vorauszahlung auf die Heizungskosten entnommen werden.

    Ein unter § 3 Ziffer 2 der Rubrik Nebenkosten zugefügter Klammerzusatz mit dem Begriff „Heizkostenvorschuss“,  sei durch X-Zeichen gestrichen worden.

    Somit bestünden gemäß § 305 c BGB Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen, die zu Lasten des Verwenders gingen. Daher sei zu Ungunsten der Klägerin als Rechtsnachfolgerin des ursprünglichen Vermieters von der Vereinbarung einer Inklusivmiete, bezogen auf die Heizkosten auszugehen.

    Zwar verstoße die Inklusivmiete gegen die Heizkostenverordnung, dennoch könne keine Nachzahlung verlangt werden

    Obwohl die Vereinbarung einer Inklusivmiete für die Heizkosten nicht zulässig gewesen sei, da die Regelungen der Verordnung über die verbrauchsabhängige Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten (HeizkV) entgegenstünden, könne die Klägerin die in der Vergangenheit angefallenen Heizkosten gegenüber der Beklagten nicht abrechnen.

    Die Klägerin sei nur mit Wirkung für die Zukunft berechtigt den Mietvertrag der verbindlichen gesetzlichen Regelung der HeizkV anzupassen, soweit die Vereinbarung der Inklusivmiete für die Betriebskostenart Heizkosten grundsätzlich unzulässig gewesen und die Ausnahmeregelung des § 2 HeizkV nicht zum Tragen gekommen sei.  Eine solche Anpassung sei bisher nicht erfolgt.

    Es stellten sich zwei Schranken bei der einseitigen Umgestaltung des Nutzungsvertrages. Zum einen müssten sie sich innerhalb der Grenzen halten, die die HeizkV für eine Kostenverteilung einräume.  Zum anderen seien die aus § 315 BGB herzuleitenden Grundsätze zu beachten, wonach eine möglichst vertragskongruente Anpassung zu erfolgen habe.

    Bei der Umstellung einer Inklusivmiete auf eine (Teil)inklusivmiete zuzüglich gesonderter Heizkostenanteil dürfe daher das Leistungsgefüge nicht zum Nachteil des Mieters verändert werden.

    Folglich müsse bei der Herausrechnung auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses über die Nutzung des Objektes abgestellt werden. Zu dieser Zeit wären die Parteien nämlich darüber einig gewesen, welche Leistung seitens des Nutzungsgebers durch die Gegenleistung des Nutzers abgegolten werden sollten. Außerdem sei dem Nutzungsgeber ein betriebswirtschaftlich vernünftiges Verhalten dahingehend zu unterstellen, dass er die Betriebskosten neben dem reinen Nutzungsentgelt im vollen Umfang in seine Kalkulation des Entgelts einbezogen habe.

    Es seien Heizkosten für das gesamte Gebäude umfangmäßig nach den Vorgaben der HeizkV zu ermitteln. Unter Berücksichtigung des § 315 BGB seien die Kosten auf die einzelnen Mieter zu verteilen. Die einzelnen Rechenschritte bei der Trennung zwischen (alter) Pauschalmiete und (neuer) Teil-Inklusivmiete seien vom Nutzungsgeber nachvollziehbar darzulegen.

    Sei es wie hier wegen des Wechsels auf Vermieterseite nicht möglich diese Berechnung anhand der Unterlagen des Nutzungsgebers vorzunehmen, sei der Heizkostenanteil für die genannten Zeitpunkte durch Sachverständige zu ermitteln.

    Quelle: Landgericht Potsdam

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  2. Sozialrecht: Keine starre Prüfung der Angemessenheit von Unterkunftskosten bei SGB II Bezug

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    Bundessozialgericht, 16.04.2013, Az.: B 14 AS 28/12 R

    Zu den im Rahmen des Arbeitslosengeldes II zu erbringenden Leistungen gehören auch solche für die Unterkunft und Heizung, die in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit sie angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II).

    Die Angemessenheit einer Wohnung wird durch die sogenannte Produkttheorie geprüft. Zur Prüfung der Angemessenheit zum Beispiel der Wohnung wird dabei das Produkt aus den folgenden Faktoren bestimmt:

    angemessene Wohnungsgröße x Nettoquadratmeterpreis (Kaltmiete)

    Die Kosten für die Unterkunft sind demzufolge dann angemessen, wenn sie das Produkt aus der angemessenen Wohnungsgröße in Quadratmetern und dem maximal angemessenen Mietzins je Quadratmeter nicht übersteigen.

    Wenn die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den angemessenen Umfang dennoch übersteigen, sind sie als Bedarf solange zu berücksichtigen, wie es dem alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

    In dem oben genannten Fall hatte das Bundessozialgericht darüber zu entscheiden, ob das beklagte Jobcenter die den angemessenen Bedarf übersteigenden Kosten für Unterkunft und Heizung zu erbringen hatte.

    Sachverhalt:  Die im Jahr 1982 geborene Klägerin zu 1 und ihr am 2002 geborener Sohn, der Kläger zu 2, bei dem ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen G, H, RF, Gl festgestellt worden waren, bewohnten in der strittigen Zeit eine 2,5 Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 60,99 m² in K.

    Pro Monat betrug die Grundmiete 322 Euro, hinzu kamen Vorauszahlungen für sonstige Nebenkosten von 22 Euro, Kaltwasser von 53 Euro, Heiz- und Warmwasserkosten von 80 Euro, die zum 1.11.2008 für Kaltwasser auf 61 Euro, Heiz- und Warmwasserkosten auf 92 Euro erhöht wurden (monatliche Aufwendungen insgesamt 477 bzw 497 Euro).

    Das beklagte Jobcenter teilte den Klägern in seinem Bescheid vom 20.02.2006 mit, dass Ihre Kosten unangemessen hoch seien und Ihnen insgesamt somit nur 405 Euro zustünden. Von Juli bis September 2006 leistet der Beklagte entsprechend diesem Bescheid.

    Von Juli 2007 bis Ende April 2008 lebte eine weitere Person (im Folgenden G) ebenfalls in der Wohnung, ohne mit den Klägern eine Bedarfsgemeinschaft zu bilden, und der Leistungsberechnung wurden dadurch die vollen, auf die Anteile der Kläger entfallenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zugrunde gelegt.

    Für Oktober 2008 bis März 2009 bewilligte der Beklagte monatliche Leistungen von 405 Euro für Unterkunft und Heizung an die Kläger. Nach der Anzeige der Vorauszahlungserhöhung zum 01.11.2008, lehnte der Beklagte mit weiterem Bescheid eine Übernahme der erhöhten Vorauszahlung ab.

    Nachdem G zum 01.12.2008 wieder in die Wohnung eingezogen war, berücksichtigte der Beklagte ab diesem Zeitpunkt wieder anteilig die vollen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung der Kläger. Für Oktober und November 2008 verblieb es jedoch bei den bewilligten Beiträgen. Für die Monate August und September  2009 legte der Beklagte diese Berechnung ebenfalls zugrunde.

    Durch das zunächst angerufene Sozialgericht wurde der Beklagte verurteilt, weitere Leistungen für die Kosten der Unterkunft zu zahlen. Die Heizkosten sollten demnach nur zu einem Teil übernommen werden. Mit ihrer Sprungrevision verfolgen die Kläger ihr Begehren vor dem Bundessozialgericht weiter.

    Bundessozialgericht: Das BSG folgte der Ansicht der Kläger zumindest teilweise und urteilte, dass die Beklagte zu weiteren Leistungen für Unterkunft und Heizung zu verurteilen sei.

    Rechtsgrundlage für den Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung seien § 19 Abs. 1 i. V. m.  § 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 22 Abs. 1, § 28 SGB II.

    Die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 2, der seine Bedarfe nicht aus eigenem Einkommen decken könne, hätten eine Bedarfsgemeinschaft gebildet (§ 7 Abs. 3 Nr. 1, 4 SGB II).

    Für den Oktober 2008 sei der Beklagte zu verurteilen, den Klägern weitere Leistungen in Höhe von 17,50 Euro für Oktober 2008 zu zahlen. Dieser Betrag folge aus ihren tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung von 477 Euro abzüglich der vom Beklagten bewilligten 405 Euro und den vom SG zugesprochenen weiteren 44,37 Euro sowie den Kosten der Warmwasserbereitung von 10,13 Euro.

    Die tatsächlichen Aufwendungen der Kläger für die Unterkunft und Heizung im Oktober 2008 seien der Berechnung ihrer Leistungen zugrunde zu legen, weil G erst Ende April 2008 – also keine sechs Monate vorher – aus der gemeinsamen und von den Klägern weiterhin bewohnten Wohnung ausgezogen sei.

    Die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II, nach der unangemessene Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung als Bedarf solange – in der Regel jedoch längstens für sechs Monate – zu berücksichtigen seien, wie es nicht möglich oder nicht zuzumuten sei, die Aufwendungen zu senken, greife auch bei Änderungen in der Bewohnerzahl, wie z. B dem Auszug eines Mitbewohners. Die Regelung solle bezwecken, dass eine leistungsberechtigte Person nicht sofort z. B bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit gezwungen sei, ihre bisherige Wohnung aufzugeben.

    Die 6-Monatsfrist sei jedoch kein starrer Zeitraum, vielmehr seien Abweichungen nach oben und nach unten zulässig. Dies sei dem Wortlaut der Vorschrift zu entnehmen. Gründe für ein Abweichen seien vorliegend jedoch weder von Amts wegen zu erkennen, noch von einem Beteiligten geltend gemacht worden.

    Aus den oben genannten Gründen sei die Beklagte verpflichtet, für August und September 2009 den Klägern weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von jeweils 7 Euro monatlich zu zahlen, da G zum 1.05.2009 wieder ausgezogen sei.

    Die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II richte sich nach dem jeweils abstrakt angemessene Bedarf, der nach der sog. Produkttheorie bestimmt wird.

    Demnach sei zunächst die angemessene Wohnungsgröße zu bestimmen. Alsdann sei der maßgebliche örtliche Vergleichsraum festzulegen und unter Berücksichtigung des angemessenen einfachen Wohnungsstandards festzustellen, welche Nettokaltmiete pro m² Wohnfläche für die angemessene Wohnungsgröße auf dem Wohnungsmarkt des maßgeblichen Vergleichsraums zu zahlen sei.

    Zu der so ermittelten Nettokaltmiete seien noch die kalten Betriebskosten hinzuzurechnen. Könne kein abstrakt angemessener Bedarf für die Unterkunft ermittelt werden, seien die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen, gedeckelt im Sinne einer Angemessenheitsgrenze nach oben für die Zeit vor dem 1.1.2009 durch die Tabellenwerte der rechten Spalte zu § 8 WoGG a. F. plus einem Sicherheitszuschlag von 10 %.

    Demzufolge betrage die abstrakt angemessene Wohnungsgröße für die Kläger 60 m². Diese sei weder wegen der Alleinerziehung der Klägerin zu 1 noch wegen der Behinderung des Klägers zu 2 zu erhöhen. Der abstrakt angemessene Unterkunftsbedarf der Kläger sei nach § 8 WoGG und einem Sicherheitszuschlag von 10 %  mit 379,50 Euro zutreffend ermittelt worden.

    Angesichts des Alters des Klägers zu 2 von sechs Jahren im strittigen November 2008 und seiner schweren Behinderung sowie der Alleinerziehung der Klägerin zu 1 seien hierzu jedoch Feststellungen notwendig. Gegen die konkrete Angemessenheit des niedrigeren, abstrakt angemessenen Unterkunftsbedarfs und die Zumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen könnten Gründe sprechen, die auch einem Umzug entgegenstünden wie Krankheit, Behinderung, Pflegebedürftigkeit, Rücksichtnahme auf schulpflichtige Kinder, Alleinerziehung. Solche Gründe sein vorliegend gegeben und müssen im Hinblick auf die konkrete Angemessenheit näher geprüft werden.

    Quelle: Bundessozialgericht

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