Antrag auf Verlängerung der Wiedereinreisefrist Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
Rechtsanwalt Tieben

Rechtsanwalt Helmer Tieben
Beratung unter:
Tel.: 0221 - 80187670

Tag Archive: Antrag auf Verlängerung der Wiedereinreisefrist

  1. Ausländerrecht: Verlässt ein türkischer Staatsangehöriger die BRD für längere Zeit, hat dies aufenthaltsrechtliche Konsequenzen

    Leave a Comment

    Bundesverwaltungsgericht, 25.03.2015, Az.: BVerwG 1 C 19.14

    Seit 1963 gibt es zwischen der Europäischen Union und der Türkei ein Abkommen, welches türkischen Staatsangehörigen wegen des angestrebten EU-Beitritts der Türkei zahlreiche Rechte zusichert.

    Danach darf sich insbesondere das Aufenthalts- und Beschäftigungsrecht für türkische Migranten nicht gegenüber dem Stand von 1980 verschlechtern.

    Trotz dieser weitergehenden Rechte ist es allerdings auch türkischen Staatsangehörigen verwehrt, ohne aufenthaltsrechtliche Konsequenzen das Bundesgebiet für längere Zeit zu verlassen.

    Grund dafür ist, dass dann, wenn das Bundesgebiet durch einen türkischen Staatsangehörigen längere Zeit verlassen wird, dies als Indizwirkung für die rechtsvernichtende Verlagerung des Lebensmittelpunkts gilt.

    In dem oben genannten Urteil hatte sich das Bundesverwaltungsgericht damit zu beschäftigen, ob die Ausländerbehörde einem Türken das Aufenthaltsrecht zu Recht versagt hatte, weil dieser das Bundesgebiet zuvor für eineinhalb Jahre verlassen hatte, um bei seiner Familie in der Türkei zu sein.

    Sachverhalt: Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger, reiste erstmalig im Juli 1988 in das Bundesgebiet zu seiner in Deutschland lebenden türkischen Ehefrau ein.

    Nachdem seine zweite Ehefrau Deutschland mit dem gemeinsamen Sohn nach einem erfolglosen Asylverfahren verlassen musste und auch kein Visum zum Familiennachzug erhielt, reiste der Kläger Anfang Oktober 2004 in die Türkei und hielt sich dort bis Ende März 2006 bei seiner Familie auf.

    Nachdem der Kläger nach dieser Zeit erneut in das Bundesgebiet eingereist war, stellte die Ausländerbehörde fest, dass der Kläger sein Aufenthaltsrecht aus Art. 7 ARB 1/80 durch den fast 18-monatigen Auslandsaufenthalt in der Türkei verloren hatte und drohte ihm die Abschiebung in die Türkei an.

    Das gegen diese Entscheidung zunächst angerufene Verwaltungsgericht folgte der Ansicht des Klägers und urteilte, dass die Entscheidung der Ausländerbehörde falsch sei. Dagegen reichte die Ausländerbehörde Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg ein.

    Dieses wiederum folgte der Ansicht der Ausländerbehörde mit der Begründung, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) das Aufenthaltsrecht erlöschen würde, wenn der Assoziationsberechtigte das Gebiet des Mitgliedstaates für einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe verlassen würde.

    Dabei sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zur Konkretisierung in zeitlicher Hinsicht nicht auf die Zweijahresfrist des Art. 16 Abs. 4 der Richtlinie 2004/38/EG (Unionsbürgerrichtlinie), sondern auf die für daueraufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige in Art. 9 Absatz 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/109/EG (Daueraufenthaltsrichtlinie) geregelte Frist von 12 aufeinanderfolgenden Monaten abzustellen.

    Bundesverwaltungsgericht: Gegen diese Entscheidung wendete sich der Kläger nun mit der Revision zum Bundesverwaltungsgericht. Dieses bestätigte ebenfalls die Ansicht des Berufungsgerichts und der Ausländerbehörde und wies die Revision des Klägers mit der folgenden Begründung zurück:

    Zur Konkretisierung des Zeitraumes, ab dem ein türkischer Staatsangehöriger sein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht zu verlieren droht, könne entgegen der Auffassung des Klägers nicht die Zweijahresfrist der Unionsbürgerrichtlinie herangezogen werden.

    Denn der EuGH betone im Zusammenhang mit der anderen Fallgruppe des Erlöschens assoziationsrechtlicher Aufenthaltsrechte nach Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80, dass das Assoziationsabkommen EWG – Türkei nur wirtschaftliche Zwecke verfolge (EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 – C-371/08 – Ziebell).

    Demgegenüber forme die Unionsbürgerrichtlinie über rein wirtschaftliche Zwecke hinaus die Unionsbürgerschaft mit ihren unmittelbar aus dem Vertrag erwachsenden elementaren Rechten der Unionsbürger aus, sich in jedem Mitgliedstaat frei zu bewegen und aufzuhalten.

    Mit dieser starken Rechtsstellung sei die eines assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen nicht vergleichbar. Daher liege es nahe, bei dieser Personengruppe die Maßstäbe der Daueraufenthaltsrichtlinie als unionsrechtlichen Bezugsrahmen nicht nur für die Bestimmung des Abschiebungsschutzes heranzuziehen.

    Für das Erlöschen nach einer Ausreise sei aber maßgeblich, ob der Betroffene das Bundesgebiet für einen nicht unerheblichen Zeitraum ohne berechtigte Gründe verlassen habe. Für die Konkretisierung dieses Erlöschensgrundes komme der  12-Monatsfrist des Art. 9 Abs. 1 Buchst c der Daueraufenthaltsrichtlinie eine gewichtige Indizwirkung für die rechtsvernichtende Verlagerung des Lebensmittelpunkts zu.

    So nachvollziehbar die Gründe des Klägers für seinen fast eineinhalbjährigen Aufenthalt bei seiner Familie in der Türkei erscheinen würden, würden sie sich doch aus dem Blickwinkel des Assoziationsrechts als nicht gerechtfertigt erweisen. Denn Art. 7 ARB 1/80 bezwecke die Förderung der dauerhaften Integration des Familienangehörigen durch Verschaffung eines autonomen Arbeits- und Aufenthaltsrechts im Aufnahmemitgliedstaat. Durch Aufgabe seines Lebensmittelpunktes im Bundesgebiet und den über einjährigen Auslandsaufenthalt habe der Kläger den erreichten Integrationszusammenhang jedoch selbst zerrissen.

    Quelle: Bundesverwaltungsgericht

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

    Wenn Sie rechtliche Beratung benötigen, rufen Sie uns unverbindlich unter der Rufnummer 0221 – 80187670 an oder schicken uns eine Email an info@mth-partner.de

    Rechtsanwälte in Köln beraten und vertreten Sie im Ausländerrecht.

  2. Ausländerrecht: Bei Wechsel eines Studienganges kann gem. § 16 Abs. 2 AufenthG die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zu Studiumszwecken versagt werden.

    Leave a Comment

    Verwaltungsgericht Freiburg, 28.03.2012, Az.: 4 K 333/12

    Aktualisierung: September 2021

    Der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung ist in Kapitel 2 Abschnitt 3 des Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz) geregelt.

    § 16a Abs.1 regelt die Aufenthaltserlaubnis zur betrieblichen Aus- und Weiterbildung während § 16a Abs. 2 AufenthG die Aufenthaltserlaubnis zur schulischen Berufsausbildung zum Regelungsgegenstand hat.

    § 16b AufenthG wiederum regelt die Aufenthalte zur Durchführung eines Vollzeit- und eines Teilzeitstudiums.

    Das Studium des Ausländers ist nur an den dort genannten Hochschulen zulässig. Dies sind

    – die staatliche Hochschule, die staatlich anerkannte Hochschule (Universität, Kunsthochschule, Fachhochschule),
    – eine vergleichbare Ausbildungseinrichtung (Beispiel: Berufsakademie).

    Oftmals finden ausländische Studenten schon während des Studiums eine gutbezahlte Arbeit in Deutschland und begehren dann eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Erwerbstätigkeit (Zweckwechsel).

    Diesem Begehren steht allerdings in den meisten Fällen § 16b Abs. 4 AufenthG entgegen. Während eines Studienaufenthalts darf eine Aufenthaltserlaubnis für einen anderen Aufenthaltszweck nur zum Zweck einer qualifizierten Berufsausbildung, der Ausübung einer Beschäftigung als Fachkraft, der Ausübung einer Beschäftigung mit ausgeprägten berufspraktischen Kenntnissen nach § 19c Absatz 2 oder in Fällen eines gesetzlichen Anspruchs erteilt werden.

    Auch dem Wechsel des Studiengangs kann § 16b Abs. 4 AufenthG entgegenstehen. Dieser Studiengangwechsel kann darüber hinaus auch durch § 16b Abs. 2 Satz 4 AufenthG beschränkt sein.

    § 16b Abs. 2 Satz 4 AufenthG bestimmt nämlich, dass die Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Studiums nur dann verlängert werden kann, wenn der Aufenthaltszweck noch nicht erreicht ist und in einem angemessenen Zeitraum noch erreicht werden kann.

    Wenn ein Studienfachwechsel also zu einer Überschreitung des für das Studium angemessenen Zeitraums führt, kann die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis durch die Ausländerbehörde auch gem. § 16b Abs. 2 Satz 4 AufenthG versagt werden.

    In der oben genannten Entscheidung hatte das Verwaltungsgericht Freiburg im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes darüber zu entscheiden, ob der angestrebte Studiengangwechsel eines Studenten einen Wechsel des Aufenthaltszwecks darstellt und ob die Annahme eines Ausnahmefalls vom Regelversagungsgrund gegeben ist.

    Bitte beachten: Das Urteil bezieht sich noch auf die alte Rechtslage, kann aber ebenfalls für den neuen § 16b AufenthG gelten.

    Sachverhalt des Gerichtsurteils

    Antragsteller studierte zuerst erfolglos Jura

    Der Antragsteller hatte in Deutschland mit einer Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken mehrere Semester Jura studiert und das Studium bisher nicht erfolgreich abschließen können.

    Zwischen dem 30.11.2009 und dem 13.08.2010 hatte der Antragsteller einen ununterbrochenen Aufenthalt in der Republik Guinea. Einen fristgerechten Antrag auf Verlängerung der Wiedereinreisefrist stellte der Antragsteller nicht.

    Nach einem Auslandsaufenthalt will der Antragsteller Islamwissenschaften studieren

    Nach Wiedereinreise am 13.08.2010 stellte der Antragsteller dann am 15.09.2010 einen Antrag auf Verlängerung bzw. Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Studiums der Islamwissenschaft.

    Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg

    Das VG Freiburg wies den Antrag des Antragstellers auf einstweiligen Rechtsschutz ab. Denn nach § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG setze die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zunächst voraus, dass der Antragsteller mit einem erforderlichen Visum eingereist sei.

    Durch den überlangen Auslandsaufenthalt war die Aufenthaltserlaubnis erloschen

    Durch den achtmonatigen Aufenthalt des Antragstellers in der der Republik Guinea, sei die ursprüngliche Aufenthaltserlaubnis, die seine Wiedereinreise ggf. hätte gestatten können, gem. § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG erloschen.

    Außerdem stellt der Wechsel des Studienganges einen Zweckwechsel dar

    Der Wechsel des Studiengangs von der Rechtswissenschaft zu der Islamwissenschaft und Geschichte stelle darüber hinaus voraussichtlich einen Wechsel des Aufenthaltszwecks im Sinne von § 16 Abs. 2 S. 1 AufenthG dar.

    Eine Ausnahme ist nicht ersichtlich, da kein atypischer Geschehensablauf vorliege

    Auch sei für die Annahme eines Ausnahmefalls vom Regelversagungsgrund des § 16 Abs. 2 S. 1 AufenthG aller Voraussicht nach kein Raum, weil das Nichterreichen des ursprünglich angestrebten Studienziels keinen atypischen Geschehensablauf darstelle.

    Nach dem Regelversagungsgrund des § 16 Abs. 2 Satz 1 AufenthG solle während des Aufenthalts nach § 16 Abs. 1 oder 1a AufenthG in der Regel keine Aufenthaltserlaubnis für einen anderen Aufenthaltszweck erteilt oder verlängert werden, sofern nicht ein gesetzlicher Anspruch besteht.

    Der vom Antragsteller vorgenommene Wechsel des Studiengangs von Rechtswissenschaft zu Islamwissenschaft und Geschichte stelle einen Wechsel des Aufenthaltszwecks im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 1 AufenthG dar, zumal der Antragsteller das ursprüngliche Studium der Rechtswissenschaft voraussichtlich wegen der Aussichtslosigkeit, es erfolgreich abzuschließen, abgebrochen habe und ihm die bisherigen Studienleistungen nicht angerechnet werden könnten.

    Auch für die Annahme eines Ausnahmefalls vom Regelversagungsgrund des § 16 Abs. 2 Satz 1 AufenthG sei im Fall des Antragstellers sehr wahrscheinlich kein Raum, weil das Nichterreichen des ursprünglich angestrebten Studienziels keinen atypischen Geschehensablauf darstelle.

    Auch aus der Regelung in Nr. 16.2.5 der VV-AufenthG, wonach ein Fachrichtungswechsel ausnahmsweise möglich sein soll, wenn die Gesamtstudiendauer zehn Jahre nicht überschreitet, könne sich keine Ausnahme vom Regelversagungsgrund des § 16 Abs. 2 AufenthG ergeben.

    Quelle: Verwaltungsgericht Freiburg

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

    Wenn Sie rechtliche Beratung benötigen, rufen Sie uns unverbindlich unter der Rufnummer 0221 – 80187670 an oder schicken uns eine Email an info@mth-partner.de


    Rechtsanwälte in Köln beraten Sie im Ausländerrecht.