Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes

  1. Arbeitsrecht: Führt das Unterlassen einer Sozialauswahl zur Unwirksamkeit der Kündigung?

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    Arbeitsgericht Köln, 14.11.2019, Az. 8 Ca 4564/19

    Geht es einem Unternehmen wirtschaftlich schlecht, kann es zur Ausgliederung gewisser Abteilungen kommen. Dies kommt insbesondere oft vor, wenn ein Unternehmen mit einem anderen fusioniert oder sonst von diesem übernommen wird. Kommt es im Rahmen einer solchen Fusion zu Massenentlassungen, besteht immer die Frage, wie die restlichen Arbeitsplätze verteilt werden. Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) enthält dabei einige Regelungen, wann eine Kündigung unwirksam wird. So darf sie nach § 1 I KSchG nicht sozial ungerechtfertigt sein. Aus Sicht des Unternehmens sollen jedoch im besten Fall nur die leistungsstärksten Mitarbeiter weiterbeschäftigt werden. Bei der sozialen Rechtfertigung ist allerdings nicht primär auf die Leistung abzustellen, sondern auf Kriterien wie Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Grad der Behinderung, Unterhaltspflichten (vergleiche § 1 III KSchG). Für das Unternehmen entsteht daher der Konflikt, die Leistungsträger behalten zu wollen aber auch die sozial besonders bedürftigen weiterbeschäftigen zu sollen. Die Leistungsstarken werden jedoch oftmals nicht zu den sozial Bedürftigsten gehören. In einer Sozialauswahl würde es daher vielen Leistungsträgern kündigen müssen. Daher hat der Gesetzgeber die Möglichkeit in § 1 III 2 KSchG geschaffen, die besonderen Leistungsträger aus der Sozialauswahl herauszunehmen. Es stellt sich dennoch die Frage, nach welchen Kriterien eine Herausnahme möglich ist.

    welche Kündigungsgründe gibt es

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    Im nachstehen Urteil hat das Arbeitsgericht Köln klargestellt, dass eine Sozialauswahl nicht vollkommen unterbleiben darf und nicht rein nach dem Leistungsprinzip entschieden werden darf. Ebenso muss eine Planung über die Neuverteilung von Aufgaben einer betriebsbedingten Kündigung vorausgehen. Es darf nicht erst gekündigt werden und dann geplant werden. Viel mehr muss sich aus einer Neuplanung von Aufgaben ergeben, dass eine Arbeitskraft nicht mehr benötigt wird und die Kündigung aufgrund dessen ausgesprochen werden.

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens:

    Arbeitgeberin hatte die Arbeitnehmerin aus betriebsbedingten Gründen gekündigt

    Im vorliegenden Fall streiten die Parteien über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung. Klägerin ist eine Arbeitnehmerin, Beklagte die Arbeitgeberin.

    Die Klägerin ist seit 1990 bei der Beklagten in Köln beschäftigt. Im Januar 2019 gibt die Arbeitgeberin bekannt, dass das Unternehmen von einem anderen übernommen werden soll und daher der Großteil aller Arbeitsplätze in Köln verloren gehen. Die meisten Arbeitsverhältnisse sollen zum 31.12.19 gekündigt werden, lediglich ein kleiner Teil soll darüber hinaus beschäftigt werden. Bezüglich der Abwicklung finden Verhandlungen mit dem Gesamtbetriebsrat zu einem Interessenausgleich und der Aufstellung eines Sozialplans statt. Die Verhandlungen enden erfolgreich im Mai 2019.

    Mit dem Gesamtbetriebsrat wurde ein Sozialplan und Interessenausgleich ausgearbeitet

    In den Regelungen zum Interessenausgleich wird festgehalten, welche Betriebsteile nicht geschlossen werden. Für die Mitarbeiter der restlichen Betriebsteile wird festgestellt, dass eine Beschäftigungsmöglichkeit dauerhaft entfällt und ab wann Kündigungen ausgesprochen werden dürfen. Ebenso wird festgelegt, nach welchen Kriterien eine Sozialauswahl der zu kündigenden Arbeitnehmer erfolgt. Kriterien sind unter anderem die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, der Grad der Behinderung und das Bestehen von Unterhaltsverpflichtungen. Es wird festgelegt, dass die Herausnahme von Arbeitnehmern aus der Sozialauswahl gem. § 1 III 2 KSchG weiterhin zulässig ist.

    Ebenso werden die Beteiligungsrechte der Betriebsräte geregelt. Jedoch unterschreibt der örtliche (Kölner) Betriebsrat den Interessenausgleich nicht. Außerdem ist in dem Interessenausgleich keine Namensliste iSd. § i V KSchG enthalten.

    Im Juni 2019 informiert die Beklagte den Betriebsrat und die Mitarbeiter über die Kündigungen. Außerdem leitet sie ein Konsultationsverfahren gegen den Gesamtbetriebsrat und den örtlichen Betriebsrat ein. Da der örtliche Betriebsrat erst am 28.06.19 Zeit hat, bricht die Beklagte das Verfahren wieder ab und beruft sich darauf, dass das Verfahren mit dem Gesamtbetriebsrat abgeschlossen sei. Dennoch wird der örtliche Betriebsrat am 19.06.2019 schriftlich angehört und ihm wird eine Namensliste der Arbeitnehmer übermittelt, die gekündigt werden sollen und derer die nicht gekündigt werden sollen. Außerdem wird mitgeteilt, dass zwischen den Mitarbeiter, die gekündigt werden sollen und denen, die nicht gekündigt werden sollen keine Sozialauswahl vorgenommen wird. Die Mitarbeiter, die nicht gekündigt werden sollen, sollen aufgrund besonderer Fähigkeiten und Kenntnisse weiterbeschäftigt werden. Die klagende Arbeitnehmerin gehört zu den gekündigten Mitarbeitern.

    Betriebsrat widersprichtd er Kündigung, da die fetsgelegte Frist nicht eingehalten wurde

    Daraufhin widerspricht der örtliche Betriebsrat der Kündigung der Klägerin, da die im Interessenausgleich festgelegte Drei-Wochen-Frist zwischen Unterrichtung des Betriebsrats und Kündigung nicht gewahrt ist. Ferner bestünde die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung.

    Ebenfalls im Juni 2019 meldet die Beklagte der Bundesagentur für Arbeit die Massenentlassung wegen Schließung des Kölner Standorts und beruft sich auf Abschluss des Konsultationsverfahrens.

    Die Arbeitnehmerin erhebt daraufhin Kündigungsschutzklage bezüglich der am 27.06.2019 ihr zugegangenen Kündigung.

    Sie führt für sich an, dass die Kündigung aufgrund des verfrühten Zugangs unwirksam sei. Die dreiwöchige Frist ab Information des Betriebsrats und der Mitarbeiter sei nicht eingehalten worden. Ferner sei die Anzeige der Massenentlassung bei der Arbeitsagentur unwirksam, da das Konsultationsverfahren mit dem Betriebsrat noch nicht abgeschlossen sei und damit die Voraussetzung des § 17 III 3 KSchG nicht erfüllt sei.

    Außerdem liege kein betriebliches Kündigungserfordernis vor, da der Beschäftigungsbedarf für die Klägerin nicht am 31.12.19 entfalle. Zumindest sei eine Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz im Unternehmen möglich.

    Die Arbeitgeberin hatte keine Sozialauswahl durchgeführt

    Zuletzt hätte die Arbeitgeberin auch eine Sozialauswahl mit den weiterbeschäftigten Mitarbeitern durchführen müssen, zumal sie selbst hätte weiterbeschäftigt werden müssen.

    Sie beantragt daher Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis mit der Arbeitgeberin nicht durch die Kündigung vom 27.06.2019 beendet wurde.

    Die Arbeitgeberin behauptet dagegen, dass die Kündigung der Arbeitnehmerin erst am 28.06.2019 zugegangen sei. Daher sei die dreiwöchige Frist gewahrt. Selbst wenn sie nicht gewahrt sein sollte, führe das jedoch nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung.

    Außerdem entfalle der Beschäftigungsbedarf aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung, ihre Abteilung zu schließen. Ferner sei auch keine Sozialauswahl durchzuführen gewesen, da allen vergleichbaren Mitarbeitern gekündigt wurde. Eine Beschäftigung der Klägerin über den 31.12.19 hinaus scheide aus, da diese nicht über hierfür erforderliche Kenntnisse verfüge. Eine Weiterbeschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz komme aus Mangel an Stellen nicht in Betracht.

    Auch ist sie der Meinung, dass das Konsultationsverfahren ordnungsgemäß abgeschlossen wurde, da der Gesamtbetriebsrat und nicht der örtliche Betriebsrat hierfür zuständig sei.

    Die Arbeitgeberin beantragt daher Abweisung der Klage.

    Urteil des Arbeitsgerichts Köln:

    Arbeitsgericht Köln sieht die Kündigung als unwirksam an, da nicht sozial gerechtfertigt

    Das Arbeitsgericht Köln gibt der Arbeitnehmerin Recht und erklärt die Kündigung für unwirksam. Es gibt der Klage statt, da die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt im Sinne des § 1 KSchG ist.

    Zunächst stellt es die Anwendbarkeit des KSchG fest, womit die Kündigung sozial gerechtfertigt sein muss.

    Anschließend führt es aus, dass weder die Voraussetzungen einer betrieblichen bedingten Kündigung vorliegen noch eine ordnungsgemäße Sozialauswahl nach § 1 III KSchG durchgeführt wurde.

    Bezüglich der Voraussetzungen einer betrieblich bedingten Kündigung führt es aus, dass grundsätzlich die Ausgliederung einer Abteilung eine solche Kündigung rechtfertigen kann. Es sei auch nicht Aufgabe des Gerichts, die Zweckmäßigkeit einer solchen Ausgliederung zu überprüfen, da dies eine unternehmerische Entscheidung ist. Das Gericht könne jedoch überprüfen, ob durch die unternehmerische Entscheidung der tatsächliche Beschäftigungsbedarf für die Arbeitnehmerin entfällt. Hierzu darf die Aufgabe der gekündigten Arbeitnehmerin nicht einfach auf andere Mitarbeiter übertragen werden, sodass diese mehrbelastet werden. Der Arbeitgeber müsse daher auflisten, welche Aufgaben der gekündigte Arbeitnehmer hatte und wie diese Aufgaben künftig auf andere Personen verteilt werden sollen. Dies muss nach § 1 KSchG bereits zum Kündigungszeitpunkt möglich sein, da die Kündigung aufgrund der unternehmerischen Entscheidung beruhen soll.

    Bei der Kündigung der Arbeitgeberin handele es sich um eine unzulässige Vorratskündigung

    Eine ausgesprochene „Vorratskündigung“, in deren Nachgang die Neuverteilung der Aufgaben als unternehmerische Entscheidung geplant wird, sei nicht zulässig. Solch eine Planung konnte die Arbeitgeberin allerdings nicht nachweisen. Vielmehr legt sie nach Auffassung des Gerichts den Schluss nahe, dass eine solche Planung erst im November 2019 stattfinden sollte und somit zum Zeitpunkt der Kündigung im Juni 2019 noch keine unternehmerische Entscheidung vorlag, die eine betriebsbedingte Kündigung rechtfertigen würde. Es wurde erst die Kündigung ausgesprochen und dann die unternehmerische Entscheidung konkretisiert, was gegen den Gesetzeswortlaut verstoße. Die „Vorratskündigung“ ist damit unwirksam.

    Auch die fehlende Sozialauswahl würde die Kündigung unwirksam werden lassen

    Des Weiteren sei die Kündigung unwirksam, da keine Sozialauswahl von der Arbeitgeberin durchgeführt wurde. Sie hätte nach Auffassung des Gerichts eine Sozialauswahl hinsichtlich der weiterbeschäftigten Mitarbeiter durchführen müssen. Dies gelte auch dann, wenn diese nur kurzzeitig länger beschäftigt werden. Denn auch die Auswahl, wer länger beschäftigt wird, habe nach sozialen Auswahlkriterien gemäß § 1 III KSchG zu erfolgen.

    Dies sei jedoch vorliegend nicht erfolgt, da die Arbeitgeberin allein nach Leistungskriterien und nicht nach sozialen Kriterien entschieden habe. Nach § 1 III 2 KSchG darf die Arbeitgeberin zwar besondere Leistungsträger aus der Sozialauswahl herausnehmen. Dies sei jedoch eine Ausnahme und nicht die gesetzliche Regel. Die Arbeitgeberin habe jedoch ausschließlich nach dem Leistungsprinzip entschieden und so gegen das Regel-Ausnahme Verhältnis verstoßen. So hat sie auch nicht dargelegt, aus welchen Gründen die Weiterbeschäftigten besondere Leistungsträger sind. Allein die pauschale Erklärung, diese hätten besondere Fähigkeiten und Kenntnisse reiche hierfür nicht ansatzweise aus. Die Anlage aus, der die Auswahl laut der Arbeitgeberin hervorgehen soll, weist das Gericht als unzureichend zurück. So sei sie zum einen aufgrund der viel zu geringen Schriftgröße unleserlich. Zum anderen sei sie auch inhaltlich unzureichend, da der Vermerk „Sonderaufgabe“ keine detaillierte Darlegung der besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten iSd. § 1 III 2 KSchG darstelle. So kommt das Gericht zu dem Schluss, dass keine ordnungsgemäße Sozialauswahl stattgefunden hat.

    Es prüft dennoch, ob die Kündigung dennoch aus anderen Gründen sozial gerechtfertigt erscheint. Hierzu stellt es jedoch fest, dass die Beklagten keine besonderen Gründe vorgetragen hat. Dass die Arbeitnehmerin wie von der Beklagten behauptet auch mit Sozialauswahl gekündigt worden wäre, überzeugt das Gericht nicht. Es hält dies nicht für ersichtlich. Viel mehr hält es für wahrscheinlich, dass die Beklagte nur die Leistungsträger weiterbeschäftigen wollte. Dass diese nach ihren Sozialdaten schützenswerter gewesen wären, vermag das Gericht nicht zu erkennen.

    Somit sei eine Sozialauswahl völlig unterblieben, da sie nicht nach den Kriterien des § 1 III KSchG oder nach dem im Interessenausgleich Vereinbarten stattgefunden hat.

    Dies führt dazu, dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt und damit unwirksam ist.

    Auch verringerte Anforderungen an die Sozialauswahl nach § 1 V KSchG vermag das Gericht nicht zu bejahen, da der Interessensausgleich eine vorausgesetzte Namensliste nicht enthalte.

    Daher stellt das Gericht ausdrücklich fest, dass soziale Gesichtspunkte zwingend zu berücksichtigen gewesen wären, was durch das Unterbleiben zu einer evident unwirksamen Kündigung führt.

    Es gibt damit der Arbeitgeberin recht, die Kündigung ist unwirksam.

    Quelle: Arbeitsgericht Köln

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Arbeitsrecht: Anspruch des Arbeitnehmers auf Beschäftigung nach unwirksamer Kündigung

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    Landesarbeitsgericht Köln, 11.07.2019, Az. 6 Sa 663/18

    Ist die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses unwirksam, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung und somit auch auf seinen Lohn. Ist er nun über den Zeitpunkt der unwirksamen Kündigung hinaus krankgeschrieben, muss er erst wieder ab dem Zeitpunkt der Genesung anfangen zu Arbeiten. Er hat dann aber auch einen Anspruch darauf zu arbeiten. Grundsätzlich gilt außerdem, dass der Arbeitgeber dann die Arbeit seiner Arbeitnehmer auch annehmen muss, da er sonst in Annahmeverzug nach den §§ 293 ff. BGB gerät. Annahmeverzug bedeutet, dass der Arbeitgeber seiner Pflicht nicht rechtzeitig nachkommt, die Arbeit seiner Arbeitnehmer anzunehmen. Hierzu müssen diese ihre Arbeit dem Arbeitgeber nach § 294 BGB auch tatsächlich anbieten. Tun sie das nicht, gerät der Arbeitgeber nicht in Verzug. Ist der Arbeitgeber nicht in Verzug, kommen dem Arbeitnehmer gewisse Begünstigungen (wie z.B. Lohnfortzahlung ohne Arbeit) nicht in Betracht. Wird ein Arbeitnehmer nach einer Krankheit wieder gesund, muss sein Arbeitnehmer die Arbeit also auch wieder annehmen.

    Was jedoch, wenn er seinem Arbeitgeber nicht mitteilt, wieder gesund zu sein, dieser also nichts von der Wiedergenesung seines Arbeitnehmers weiß? Hat der Arbeitnehmer dann trotzdem einen Lohnanspruch, obwohl er nicht arbeitet?

    welche Kündigungsgründe gibt es

    Im nachstehenden Urteil stellt das Landesarbeitsgericht Köln (LAG Köln) klar, dass der Arbeitgeber dem wiedergenesenen Arbeitnehmer Arbeit zuweisen muss, um nicht in Annahmeverzug zu geraten. Der Arbeitnehmer muss selbst nicht wieder seine Arbeit anbieten. Dies gilt erst recht, wenn er durch eine Kündigungsschutzklage sein Recht auf Weiterbeschäftigung eingeklagt hat und so seine Arbeitswilligkeit zum Ausdruck bringt.

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens:

    Im vorliegenden Fall streiten die Parteien über den Lohnanspruch einer Arbeitnehmerin. Klägerin ist die Arbeitnehmerin, Beklagte ihre Arbeitgeberin.

    Arbeitnehmerin meldete ihrer Genesung nicht dem Arbeitgeber

    Die Arbeitnehmerin ist seit 1989 bei ihrer Arbeitgeberin beschäftigt, ihr wird jedoch im Oktober 2014 zum 31.05.2015 gekündigt. Am 08.11.2014 wird die Arbeitnehmerin bis zum 07.06.2015 krankgeschrieben. Sie klagt gegen die Kündigung und bekommt recht, sodass die Kündigung unwirksam wird. Am Tag nach dem Ende ihrer Krankschreibung (08.06.2015) meldet sie ihrer Arbeitgeberin nicht, wieder arbeitsfähig zu sein. Sie erhält vom 08.06.2015 bis zum 14.04.2016 Arbeitslosengeld und arbeitet vom 15.04.2016 bis zum 31.08.2014 bei einem anderen Arbeitgeber. Im September 2016 hat sie gar keinen Verdienst, ab Oktober fängt sie eine andere Arbeit an.

    Arbeitnehmerin verklagt Arbeitgeber auf Zahlung

    Sie klagt nun vor dem Arbeitsgericht Aachen gegen ihre ursprüngliche Arbeitgeberin und fordert Zahlung von Entgelt für den Zeitraum von Juni 2015 bis einschließlich September 2016, abzüglich des Zwischenverdienstes von anderen Arbeitgebern und des Arbeitslosengeldes. Sie begründet dies damit, dass sie ab dem 08.06.2015 wieder arbeitsbereit gewesen sei und die Arbeitnehmerin ihre Arbeit nicht angenommen habe. Die Arbeitgeberin sei somit in Annahmeverzug geraten, auch ohne ein explizites Melden der Arbeitsfähigkeit. Sie fordert insgesamt ca. 12.500 € abzüglich des Arbeitslosengeldes iHv. Ca.5.500 €.

    Die Arbeitgeberin beantragt Abweisung der Klage, da die Arbeitgeberin ihre Arbeitsfähigkeit nicht gemeldet habe, was sie hätte tun müssen. Sie argumentiert damit, dass sie eine Leistung der Arbeitnehmerin nicht annehmen könne, wenn sie nichts von der Arbeitsfähigkeit weiß. Dass die Arbeitnehmerin im September 2016 nicht gearbeitet habe, stelle ein böswilliges Unterlassen anderweitigen Verdienstes im Sinne des § 615 S. 2 BGB dar.

    Arbeitsgericht Aachen verurteilte Arbeitgeberin zur Zahlung

    Das Arbeitsgericht Aachen gibt der Klage überwiegend statt und verurteilt die Arbeitgeberin zur Zahlung von knapp 11.700 € für den Zeitraum vom 08.06.2015 bis zum 31.08.2016. Für den September 2016 nimmt es ein böswilliges Unterlassen anderweitigen Verdienstes an, weshalb die Arbeitgeberin nach § 615 S. 2 BGB nicht zahlen braucht.

    Hiergegen legt die Arbeitgeberin beim LAG Köln Berufung ein, da sie das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen für rechtsfehlerhaft hält. Sie ist weiterhin der Meinung, dass die Arbeitnehmerin nach einer unwirksamen Kündigung ausnahmsweise ein ausdrückliches Leistungsangebot hätte abgeben müssen. Nach dem Grundgedanken des § 615 S. 2 BGB sei die Nichtanzeige der Wiedergenesung als ein böswilliges Unterlassen zu verstehen. Sollte dies nicht gelten, hätte jedenfalls eine solche Mitteilung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben erfolgen müssen. Sie beantragt daher, das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

    Arbeitgeberin reicht Berufung ein

    Die Arbeitnehmerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

    Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln:

    Das LAG Köln hält die Entscheidung des Arbeitsgerichts Aachen für richtig und weist die Berufung ab. Es erläutert ausführlich, weshalb das Recht richtig angewendet wurde.

    Zunächst arbeitet es hierzu heraus, dass die Arbeitsleistung eine Fixschuld ist und aufgrund der Arbeitsunfähigkeit gemäß § 275 I BGB objektiv unmöglich geworden ist. Danach hätte die Arbeitnehmerin grundsätzlich wegen § 326 I BGB keinen Anspruch.

    Aus den §§ 611a II, 615 S. 1, 293 ff. BGB ergebe sich jedoch vom Grundsatz abweichend, dass der Anspruch der Abreitnehmerin für den Zeitraum vom 08.06.2015 bis zum 31.08.2016 besteht, da die Arbeitgeberin in Annahmeverzug geraten ist.

    In der Zeit vom 01.06.2015 bis zum 07.06.2015 bestehe dieser Anspruch aufgrund der Arbeitsunfähigkeit der Arbeitnehmerin noch nicht. Die Arbeitgeberin kommt wegen § 297 BGB nicht in Verzug, da sie für ein Unvermögen der Arbeitnehmerin nicht verantwortlich gemacht werden soll.

    Allerdings ist sie ab dem 08.06.2015, also ab der Wiedergenesung der Arbeitnehmerin, in Annahmeverzug geraten. So gerate die Arbeitgeberin gem. § 293 BGB in Verzug, wenn sie die ihr angebotene Leistung nicht annimmt. Zwar hätte die Arbeitgeberin grundsätzlich hierzu nach § 294 BGB ihre Leistung anbieten müssen, also am 08.06.2015 auf der Arbeit erscheinen müssen. Dies hat sie nicht getan.

    Nach § 296 BGB ist ein solches Angebot der Arbeitnehmerin jedoch ausnahmsweise entbehrlich, wenn zur Erbringung der Arbeitsleistung eine Handlung der Arbeitgeberin erforderlich ist und für diese Handlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist. Solch eine nach einer Zeit im Kalender bestimmte Handlung ist für die Arbeitgeberin die Zuweisung der Arbeitnehmerin zu einem Arbeitsplatz und die Zurverfügungstellung von Arbeitsmaterialien. Diese notwendigen Handlungen hätte sie ab dem 01.06.2015 (als am Tag nach der unwirksamen Kündigung) vornehmen müssen. Dass die Arbeitnehmerin erst ab dem 08.06.2015 wieder arbeiten konnte, ändere daran nichts.

    Der Verzug tritt damit am 08.06.2015 ein. Die Arbeitnehmerin musste nach Auffassung des Gerichts auch nicht auf das Ende ihrer Arbeitsunfähigkeit hinweisen. Der objektive Wiedereintritt der Leistungsfähigkeit reiche bei einem unwirksam gekündigten Arbeitsverhältnis aus. Die §§ 296, 297 BGB stellt nicht auf die Kenntnis der Arbeitgeberin von der Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmerin ab.

    Arbeitnehmerin habe durch die Kündigungsschutzklage ihre Arbeitsbereitschaft gezeigt

    Außerdem hat die Arbeitnehmerin durch Erhebung der Kündigungsschutzklage ihre Arbeitsbereitschaft zum Ausdruck gebracht, da sie die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses wollte. Das Gericht entscheidet, dass bei eindeutig bestehender Leistungsbereitschaft die tatsächlich bestehende Leistungsfähigkeit nicht angezeigt werden muss. Somit hätte die Arbeitgeberin der Arbeitnehmerin von sich aus Arbeit zuweisen müssen. Dies tat sie nicht und geriet deshalb in Annahmeverzug. Das LAG Köln schließt sich damit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts an (BAG v. 19.04.1990 – 2 AZR 591/89 – BAGE 65, 98-105) und verweist explizit darauf, keinen Bedarf an einer Abweichung von dieser Rechtsprechung zu sehen.

    Somit muss die Arbeitgeberin der Arbeitnehmerin ein Entgelt für die Zeit vom 08.06.2015 bis zum 31.08.2016 in Höhe von knapp 11.700 € abzüglich des Arbeitslosengeldes zahlen.

    Quelle: Landesarbeitsgericht Köln

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  3. Arbeitsrecht: Auch ein schwerer Arbeitsunfall lässt eine Kündigung in der Probezeit nicht treuwidrig werden

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    Arbeitsgericht Solingen, 10.05.2012, Az.: 2 Ca 198/12

    Soll eine Kündigungschutzklage beim Arbeitsgericht eingereicht werden, muss zunächst geprüft werden, ob das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist. Dies richtet sich einerseits nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers und andererseits nach der Größe des Betriebes.

    Die zweite Voraussetzung ist insbesondere deshalb in das Kündigungsschutzgesetz aufgenommen worden, damit Kleinbetriebe von den strengen Vorgaben des Kündigungsschutzgesetzes ausgenommen werden.

    Gem. § 23 Abs. 1 KSchG handelt es sich bei Kleinbetrieben um solche Betriebe, die in der Regel nur zehn oder weniger Arbeitnehmer beschäftigen.

    Allerdings sind auch Arbeitnehmer in Kleinbetrieben oder in der Probezeit nicht der Willkür ihres Arbeitgebers schutzlos ausgeliefert.

    Das Bundesverfassungsgericht hat sich mit seiner Entscheidung vom 27.01.1998 – 1 BvL 15/87 (NZA 1998, 469ff.) zur Verfassungsmäßigkeit der Kleinbetriebsklausel des § 23 KSchG dahingehend geäußert, dass ein Arbeitnehmer auch im Kleinbetrieb und außerhalb der Anwendbarkeit des KSchG gegen Kündigungen nicht schutzlos ist, er vielmehr durch die zivilrechtlichen Generalklauseln vor sitten- oder treuwidrigen Kündigungen geschützt ist.

    Aus Art. 12 GG lasse sich nach dem BVerfG ein Schutz vor Verlust des Arbeitsverhältnisses durch private Disposition ableiten.

    Sittenwidrig ist eine Kündigung nach der Rechtsprechung des BAG, wenn der kündigende Arbeitgeber ein verwerfliches Motiv hat (z. B. Rachsucht oder Vergeltung), oder wenn die Kündigung des Arbeitsvertrags aus anderen Gründen dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden im Sinne des § 138 BGB widerspricht.

    Eine treuwidrige Kündigung des Arbeitsvertrags kann insbesondere dann vorliegen, wenn bei der Kündigung das Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme durch den Arbeitgeber verletzt wurde.

    So nimmt die Rechtsprechung eine treuwidrige Kündigung z. B. dann an, wenn der Arbeitgeber zunächst von einer Kündigung absieht und bei dem Arbeitnehmer das Vertrauen erweckt, er würde weiterbeschäftigt, den Arbeitnehmer dann aber doch in einem zeitlich engen Zusammenhang kündigt (BAG, 25.11.1982, Az.: 2 AZR 21/81; BAG, 25.02.1988, Az.: 2 AZR 500/87); ArbG Hamburg, 11.05.1992, Az.: 21 Ca 8/92).

    welche Kündigungsgründe gibt es

    In der oben genannten Entscheidung hatte das Arbeitsgericht Solingen darüber zu entscheiden, ob die Kündigung eines Arbeitnehmers in der Probezeit (und damit außerhalb der Anwendbarkeit des Kündigungschutzgesetzes) treuwidrig deswegen war, weil dieser während der kurzen Zeit seiner Anstellung einen Arbeitsunfall erlitten hatte und somit ein enger Zusammenhang zwischen Unfall und Kündigung bestand.

    Sollten Sie ein arbeitsrechtliches Problem haben oder Partei eines Kündigungsstreites sein, unterstützen wir Sie gerne. Rufen Sie uns an, damit wir Ihnen ein Angebot unterbreiten können. Senden Sie uns entweder eine Email an info@mth-partner.de oder wählen Sie 0221 – 80187670.

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens

    Kläger hatte bei einem Arbeitsunfall in der Probezeit 4 Finger verloren

    Der Kläger war bei der Beklagten als Industriemechaniker tätig. Seine Bruttomonatsvergütung lag bei etwa € 2.000,–. Der Kläger war 42 Jahre alt, ein Betriebsrat war bei der Beklagten nicht eingerichtet.

    Der Kläger, der zunächst einige Tage im Rahmen eines Leiharbeitsverhältnisses für die Beklagte tätig gewesen war, hatte schließlich einen befristeten Arbeitsvertrag vom 19. September 2011 bis einschließlich 18. September 2012 bei der Beklagten in der sogenannten Scherenendmontage erhalten.

    Nach Ablauf von etwa zwei Monaten erlitt der Kläger einen äußerst schweren und tragischen Arbeitsunfall, bei dem ihm von der rechten Hand vier Finger abgetrennt wurden.

    Drei der vier Finger konnten an die Hand angefügt werden, dem Kläger fehlte allerdings dauerhaft der Zeigefinger. Wie es im Einzelnen zu diesem folgenschweren Arbeitsunfall kam, war zwischen den Parteien streitig, wobei der Kläger in diesem Zusammenhang aufgrund des Schockereignisses teilweise unter Erinnerungslücken litt.

    Der Unfall wurde seitens der Beklagten unverzüglich der Berufsgenossenschaft gemeldet, die seit der Unfallmeldung Ermittlungen über den Unfallhergang durchführe, welche bislang zu keinem Abschluss gelangt waren. Der Kläger seinerseits hatte Strafanzeige „gegen unbekannt“ erstattet.

    Trotzdem kündigte die Arbeitgeberin dem Kläger innerhalb der vertragliche vereinbarten Probezeit

    Zwischen den Parteien war im Arbeitsvertrag unter § 2 vereinbart worden, dass die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses als Probezeit galten, so dass während der vereinbarten Probezeit das Arbeitsverhältnis von beiden Seiten mit einer Frist von zwei Wochen gemäß § 622 Abs. 3 BGB gekündigt werden konnte.

    Am 25. Januar 2012, das heißt noch innerhalb der Wartezeit und gut zwei Monate nach dem Unfallereignis, stellte die Beklagte dem Kläger die Kündigung zum 09. Februar 2012 zu.

    Gegen die Kündigung reichte der Kläger Kündigungsschutzklage ein

    Gegen diese Kündigung klagte der Kläger mit der Begründung, dass die Kündigung aufgrund des zeitlichen Zusammenhanges mit dem Unfall treuwidrig erfolgt sei.

    Urteil des Arbeitsgerichts Solingen

    Das Arbeitsgericht Solingen folgte der Ansicht des Klägers nicht.

    Das Arbeitsgericht Solingen sah die Kündigung nicht als sittenwidrig an

    Die Kündigung verstoße nicht gegen § 138 BGB, da sie zunächst einmal nicht sittenwidrig erfolgt sei.

    Sittenwidrig wäre sie nur dann gewesen, wenn sie auf einem verwerflichen Motiv der Beklagten beruht hätte, etwa auf Rachsucht oder wenn sie sonst dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden Menschen widersprechen würde (BAG, 14.2..2004, 9 AZR 23/04).

    Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Die Beklagte habe die Kündigung gut zwei Monate nach dem erlittenen Arbeitsunfall ausgesprochen.

    Arbeitgeberin hatte argumentiert, dass der Kläger nicht teamfähig gewesen sei

    Die Beklagte habe sich zur Begründung darauf berufen, dass sich der Kläger bereits in den ersten zwei Monaten des Arbeitsverhältniseses als nicht teamfähig erwiesen habe.

    Die Beklagte sei insoweit bereits im November, also noch vor dem Arbeitsunfall, zur der Probezeitkündigung entschlossen gewesen. Lediglich der schreckliche Arbeitsunfall habe dazu geführt, dass der Kläger zunächst mit der Kündigung verschont worden war.

    Insofern sei der Kläger auch seiner Darlegungs- und Beweislast nicht nachgekommen und habe keine Tatsachen dargelegt, wonach das Motiv der Beklagten als sittenwidrig erscheine.

    Auch sei die Kündigung nicht treuwidrig gemäß § 242 BGB erfolgt. Bei einer Kündigung, auf die wegen Nichterfüllung der Wartezeit das Kündigungsschutzgesetz (noch) keine Anwendung findet, knüpfen der zweite und der sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts an Artikel 2 Abs. 2 GG an, in dessen Lichte § 242 BGB auszulegen und anzuwenden sei.

    Kündigung sei ebenfalls nicht treuwidrig

    Danach habe der Arbeitnehmer auch außerhalb des Geltungsbereiches des Kündigungsschutzgesetzes Anspruch auf Schutz vor einer treuwidrigen Kündigung.

    Der dadurch vermittelte Schutz dürfe allerdings nicht dazu führen, dass außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes dem Arbeitgeber praktisch die dem Kündigungsschutzgesetz vorgegebenen Maßstäbe der Sozialwidrigkeit auferlegt würden (LAG Baden-Württemberg, 05.07.2011, 22 SA 11/11).

    Eine Kündigung sei insofern nicht schon deshalb treuwidrig, weil sie im Zusammenhang mit einer Arbeitsunfähigkeit oder einem Arbeitsunfall ausgesprochen werde (LAG Schleswig-Holstein, 27.05.2009, 3 Sa 74/09).

    Quelle: Arbeitsgericht Solingen

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  4. Arbeitsrecht: Unwirksamkeit der Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers in der Probezeit

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    Arbeitsgericht Düsseldorf, 20.12.2011, Az.: 7 Ca 7251/11

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    Die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes richtet sich zum Einen nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers und zum Anderen nach der Größe des Betriebes.

    a) Dauer der Betriebszugehörigkeit

    Gem. § 1 Abs. 1 KSchG genießen Arbeitnehmer nur dann Schutz nach dem KSchG, wenn sie sie in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate tätig waren:

    § 1 Abs. 1 KSchG:

    Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

    b) Betriebsgröße

    Weiter Voraussetzung für die Anwendbarkeit des KSchG ist die Betriebsgröße, da Kleinbetriebe nach dem Willen des Gesetzgebers nicht unter das Kündigungsschutzgesetz fallen sollen.

    Gem. § 23 Abs. 1 KSchG handelt es sich bei Kleinbetrieben um solche Betriebe, die in der Regel nur zehn oder weniger Arbeitnehmer beschäftigen.

    Für Arbeitsverhältnisse, die vor dem 01. Januar 2004 begonnen haben, gilt allerdings noch die Grenze von in der Regel fünf beschäftigten Arbeitnehmern.

    § 23 Abs. 1 KSchG:

    Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden.

    In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

    Aber auch wenn das KSchG aufgrund der Größe des jeweiligen Betriebes oder der Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers nicht anwendbar ist, ist der Arbeitnehmer allerdings nicht der Willkür des Arbeitgebers ausgesetzt.

    Die Kündigung kann insofern gegen § 242 BGB verstoßen und damit nichtig sein, wenn der Arbeitgeber während der Probezeit das Kündigungsrecht sitten- oder treuwidrig ausgeübt hat.

    Für die Bestimmung des Inhalts und der Grenzen eines Kündigungsschutzes außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes ist dabei die Bedeutung grundrechtlicher Schutzpflichten zu beachten.

    Im Rahmen der Generalklauseln (§§ 242, 138 BGB) ist auch der objektive Gehalt der Grundrechte, hier vor allem Art. 12 Abs. 1 GG (Grundrecht der Berufsfreiheit), zu beachten.

    Maßgeblich sind dabei die Umstände des Einzelfalls. In sachlicher Hinsicht geht es darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen, z.B. vor Diskriminierungen iSv. Art. 3 Abs. 3 GG.

    Das gilt auch für Kündigungen innerhalb der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG.

    Zu den typischen Tatbeständen einer treuwidrigen Kündigung zählen Rechtsmissbrauch und Diskriminierungen. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen derjenigen Tatsachen, aus denen sich die Treuwidrigkeit ergibt, liegt dann beim Arbeitnehmer.

    In der oben genannten Entscheidung des Arbeitsgericht Düsseldorf hatte dieses nun darüber zu entscheiden, ob einem schwerbehinderten Verwaltungsfachangestellten innerhalb der Probezeit gekündigt werden durfte, weil der Arbeitgeber der Ansicht war, dass die Durchführung der Ausbildung nur unter unverhältnismäßigem Aufwand ermöglicht werden konnte.

    Sollten Sie ein arbeitsrechtliches Problem haben oder Partei eines Kündigungsstreites sein, unterstützen wir Sie gerne. Rufen Sie uns an, damit wir Ihnen ein Angebot unterbreiten können. Senden Sie uns entweder eine Email an info@mth-partner.de oder wählen Sie 0221 – 80187670.

    Sachverhalt:
    Der Kläger begann am 01.08.2010 bei der beklagten Stadt eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten in der Fachrichtung Kommunalverwaltung.

    Er war als schwerbehinderter Mensch anerkannt und hatte dies der beklagten Stadt bei Abschluss des Ausbildungsverhältnisses auch mitgeteilt.

    Innerhalb der vereinbarten Probezeit von drei Monaten kündigte die beklagte Stadt mit Zustimmung von Schwerbehindertenvertretung und Personalrat am 27.10.2010 das Ausbildungsverhältnis.

    Die Stadt war nach Einholung eines Gutachtens durch das Gesundheitsamt der Ansicht, dass der Kläger aufgrund seiner Behinderung ohne ständige Begleitung und Anleitung durch einen Sonderpädagogen nicht in der Lage sei, die Ausbildung erfolgreich abzuschließen.

    Ein solcher Aufwand sei für die Stadt aber unverhältnismäßig.

    Der Kläger hingegen war der Ansicht, dass ihm rechtlich unzulässig wegen seiner Behinderung gekündigt worden sei, da er die Ausbildung mit einer Arbeitsassistenz bzw. einem Jobcoaching erfolgreich habe abschließen können.

    Arbeitsgericht Düsseldorf: Das Arbeitsgericht Düsseldorf folgte der Ansicht des Klägers, gab der Kündigungsschutzklage statt und verurteilte die Stadt, den Kläger vorläufig weiter zu beschäftigen.

    Nach Ansicht des Arbeitsgerichts sei die Kündigung wegen Verstoßes gegen § 242 BGB (Treu und Glauben) unwirksam, weil der Kläger durch die Kündigung wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert worden sei.

    Der Diskriminierungsschutz des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes käme bei Kündigungen außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes über die zivilrechtliche Generalklausel des § 242 BGB zur Anwendung.

    Dem Kläger sei wegen seiner Behinderung gekündigt worden. Die beklagte Stadt habe in der Beweisaufnahme nicht dargelegt, dass sie sämtliche erforderlichen und ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen habe, um dem Kläger die erfolgreiche Durchführung der Ausbildung zu ermöglichen.

    Zwar käme eine dauerhafte Betreuung durch einen Sonderpädagogen aus Kostengründen nicht in Betracht.

    Möglich wären aber ein Jobcoaching bzw. ein Arbeitstraining gewesen, die kostenneutral mittels Finanzierung durch die Bundesagentur für Arbeit hätten durchgeführt werden können.

    Gegen das Urteil hat die beklagte Stadt Berufung eingelegt.

    Quelle: Arbeitsgericht Düsseldorf

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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