Beleidigung Kündigung Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Beleidigung Kündigung

  1. Mietrecht: Beleidigung der Vermieterseite als „talentfreie Abrissbirne“ berechtigt nicht grundsätzlich zur fristlosen Kündigung

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    Amtsgericht Charlottenburg, 30.01.2015, Az.: 216 C 461/14

    Grundsätzlich gilt, dass Beleidigungen, üble Nachrede und Bedrohungen des Vermieters durch den Mieter Vertragsverletzungen darstellen, welche zur außerordentlichen und/oder ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses führen können.

    Bei jeder Kündigung ist allerdings vorab zu prüfen, ob die Vertragsverletzungen des Mieters einen gewissen Schweregrad erreichen und die Würdigung der Gesamtumstände zu dem Ergebnis führt, dass die Fortsetzung des Mietvertrags unzumutbar ist.

    Welche Rechte bei Störung des Hausfriedens

    In dem hier besprochenen Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg, hatte der Mieter Mitarbeiter der Vermieterin zwar unstreitig beleidigt, da diese Beleidigungen aber minder schwer waren und den Beleidigungen zudem ein Sachverhalt vorausgegangen war, bei welchem auch die Vermieterin schuldhaft gehandelt hatte, waren die ausgesprochenen Kündigungen dennoch unwirksam.

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens:

    Die Klägerin war Vermieterin, die Beklagten Mieter einer Mietswohnung in einem Mehrfamilienhaus.

    Mieter bezeichneten Verwalter als faul

    Am 19.08.2014 bezeichneten die Beklagten den bei der Klägerin angestellten und für ihre Wohnanlage zuständigen Objektbetreuer in einem an die Klägerin gerichtetem Faxschreiben als „faul“.

    Auf Facebook bezeichneten die Miete die Vermieterin als taltentfreie Abrissbirne

    Von einer von der Klägerin unterhaltenen Homepage führt ein Link zu einer Facebook-Seite, auf der Mieter der Klägerin Bewertungen abgeben konnten. Auf der Facebook-Seite befanden sich zahlreiche, zum Teil heftige Beschwerden anderer Mieter. Nach einem Telefonat mit einer Mitarbeiterin der Klägerin bezeichneten die Beklagten diese Mitarbeiterin der Klägerin auf der Facebook-Seite als „talentfreie Abrissbirne“.

    Vermieterin kündigte fristlos, hilfsweise fristgemäß

    Mit Schreiben vom 01.09.2014 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis mit den Beklagten daraufhin fristlos und hilfsweise ordentlich und reichte, als die Beklagten die Wohnung nicht räumten, Räumungsklage beim Amtsgericht Charlottenburg ein.

    Die Beklagten behaupten, sie hätten trotz ihrer – unstreitigen – mehrmaligen Beschwerden wegen des von einer Gartenanlage ausgehenden Lärms keine Tätigkeiten des Objektbetreuers vor Ort feststellen können. Zudem hätte die Mitarbeiterin der Klägerin sie vor dem Facebook-Eintrag in einem emotional aufgeladenen Telefongespräch angeschrien.

    Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg:

    Das Amtsgericht Charlottenburg urteilte nun, dass die Klägerin von den Beklagten die Herausgabe der Wohnung dennoch nicht verlangen könne, da das streitgegenständliche Mietverhältnis weder durch die fristlose noch die hilfsweise ordentliche Kündigung beendet worden sei.

    Amtsgericht sah Beleidigungen als nicht erheblich genug an

    Weder die Bezeichnung der Mitarbeiterin der Klägerin als „talentfreie Abrissbirne“ noch die Bezeichnung des Objektbetreuers als „faul“ habe die Klägerin dazu berechtigt, das Mietverhältnis fristlos gemäß §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB zu kündigen.

    Nach § 543 Abs. 1 BGB könne jede Vertragspartei das Mietverhältnis außerordentlich fristlos kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

    Ein solcher würde vorliegen, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden könne.

    Dies sei nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB insbesondere dann der Fall, wenn der Mieter die Rechte des Vermieters dadurch in erheblichem Maße verletzen würde, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährden würde.

    Eine Beleidigung sei eine Straftat und könne insoweit ebenfalls ein zur Kündigung berechtigender wichtiger Grund sein, wenn sie gegenüber dem Vertragspartner, verübt werde. Sie sei der Angriff auf die Ehre eines anderen durch Kundgabe der Nichtachtung oder Missachtung, wobei eine bloße Unhöflichkeit aber nicht genügen würde.

    Vorliegend könne das Gericht letztlich offen lassen, ob die beiden Bezeichnungen der Mitarbeiter der Klägerin den Tatbestand der Beleidigung gemäß § 185 StGB erfüllen würden. Denn jedenfalls wären sie im Spektrum der denkbaren Beleidigungen als eher weniger schwerwiegend einzuschätzen.

    Vermieterin hätte vorher abmahnen müssen

    Daher wäre vorliegend eine vorherige Abmahnung erforderlich gewesen. Bestünde der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so sei die Kündigung nach § 543 Abs. 3 BGB grundsätzlich erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gelte nicht, wenn die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen gerechtfertigt sei, § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BGB.

    Hierbei sei anerkannt, dass dies bei schweren Beleidigungen regelmäßig gegeben sei. Etwas anderes gelte jedoch im Fall von einmaligen Beleidigungen, die für sich betrachtet kein besonderes Gewicht hätten und sich die Unzumutbarkeit erst aus deren Wiederholung ergebe.

    Hier handele es sich zwar um zwei einzelne Äußerungen über verschiedene Personen gegenüber verschiedenen Adressaten. Letztlich stünden beide Äußerungen aber in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang und würden auch auf denselben Sachverhalt zurückgehen, nämlich den von den Beklagten als sehr störend empfundenen Lärm von der Gartenanlage.

    Die Bezeichnung „faul“ habe dabei zudem einen – von Seiten der Beklagten als zutreffend empfundenen und von der Klägerin bestrittenen – Tatsachenkern. Auch würde die Bezeichnung „talentfreie Abrissbirne“ letztlich nicht hauptsächlich auf eine Herabwürdigung oder auf die Kundgabe der Missachtung der Mitarbeiterin zurückgehen; auch in dieser Äußerungen würde ein – von den Beklagten als wahr empfundener – Zusammenhang mit einem tatsächlichen Vorgang stehen, dem Gespräch mit der Mitarbeiterin.

    Das Gericht würde dabei nicht verkennen, dass entsprechende Äußerungen grundsätzlich durchaus zu einer fristlosen Kündigung berechtigen könnten; im vorliegenden Fall würde eine Fortführung des Vertragsverhältnisses aber erst bei einer Wiederholung ähnlicher Äußerungen nach einer vorherigen Abmahnung unzumutbar sein.

    Das Mietverhältnis sei auch nicht aufgrund der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung beendet worden. Die Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung würden nicht vorliegen.

    Gemäß § 573 Abs. 1 Satz 1 könne der Vermieter nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses habe. Ein solches berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses würde insbesondere vorliegen, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt habe (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB).

    Der Kündigungstatbestand des § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB würde zudem ein schuldhaftes Verhalten der Vermieter voraussetzen, wobei das Maß des Verschuldens in enger Beziehung zum Erheblichkeitskriterium stünde.

    Somit läge keine erhebliche Pflichtverletzung der Mieter vor

    Eine entsprechende schuldhafte, nicht unerhebliche Pflichtverletzung würde hier ebenfalls nicht vorliegen.

    Ausgehend davon, dass die Bezeichnungen allenfalls Beleidigungen im unteren Spektrum der denkbaren Beleidigungen darstellen würden, würden die Äußerungen der Beklagten keine „nicht unerhebliche“ Pflichtverletzung darstellen.

    Zu berücksichtigen sei dabei zum einen wiederum, dass den Äußerungen – zwischen den Parteien dem Grunde nach unstreitige und von den Beklagten als sehr störend empfundene – Lärmbelästigungen vorausgegangen seien.

    Zum anderen hätten die Beklagten im Hinblick auf die zahlreichen, zum Teil in sehr heftigem Ton geführten, Beschwerden auf der Facebook-Seite der Klägerin davon ausgehen dürfen, dass die Klägerin entsprechende Äußerungen nicht als kündigungsrelevant ansehen würde. Dies gelte umso mehr, als sich zumindest eine von den Beklagten zitierten Äußerungen auch auf einen konkreten Mitarbeiter der Klägerin beziehen würde.

    Quelle: Amtsgericht Charlottenburg

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Arbeitsrecht: Bei Mobbing durch Kollegen oder Vorgesetzte kann ein Schmerzensgeldanspruch des Arbeitnehmers bestehen.

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    Arbeitsgericht Siegburg, 11.10.2012, Az.: 1 Ca 1310/12

    Der Begriff „Mobbing“ wird in der heutigen Arbeitswelt immer häufiger Inhalt außergerichtlicher und gerichtlicher Auseinandersetzungen.

    Das Bundesarbeitsgericht definiert Mobbing als das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte.

    Dabei werde Mobbing durch Streßsituationen am Arbeitsplatz, deren Ursachen u.a. in einer Über- oder Unterforderung einzelner Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen, in der Arbeitsorganisation oder im Verhalten von Vorgesetzten liegen können, begünstigt.

    Besondere Schwierigkeiten bereitet vor allem das Erkennen von Mobbing, die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Betroffenen sowie die Abgrenzung von Mobbing gegenüber sozial anerkannten Verhaltensweisen am Arbeitsplatz.

    Insbesondere auch die Dokumentation des Mobbings durch den Arbeitnehmer mittels eines sogenannten Mobbingtagebuchs bedeutet für die betroffenen Arbeitnehmer eine weitere Belastung, ist aber unbedingt notwendig.

    Der oben genannte Fall des Arbeitsgerichtes Siegburg ist besonders geeignet, darzustellen, wie ein Arbeitnehmer durch systematisches Diskriminieren mittels kleinerer scheinbar unbedeutender Handlungen in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt wird.

    Sachverhalt des Gerichtsverfahrens:

    Schwerbehinderter Kläger war bei der Beklagten als Task Manager beschäftigt

    Der im Jahre 1950 geborene, verheiratete Kläger, der ausgebildeter Industriekaufmann war, einen anerkannten Grad der Behinderung von 30 hatte und einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt war, war seit dem 01.01.1992 bei der Beklagten zu 1), einem Informationstechnologieunternehmen mit über 60 Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen, zu einem Bruttomonatsverdienst von zuletzt rund 3.500,00 Euro beschäftigt.

    Der Arbeitsvertrag des Klägers sah in § 13 vor, dass alle Ansprüche aus dem Dienstvertrag innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Fälligkeit geltend zu machen und nach Ablauf der Frist ausgeschlossen seien.

    Seit 1994 bekleidete der Kläger die Position des Bereichsleiters Softwareservice, bis die Beklagte 2003/2004 zum Zwecke der Kosteneinsparung eine allgemeine Umstrukturierung durchführte, die zum Wegfall der Hierarchieebene der Bereichsleiter geführt hatte.

    Seit dem 01.01.2005 war der Kläger als Task Manager Informations-Technologie tätig. Aufgabe eines solchen Task Managers Informations-Technologie war das tägliche Ausfüllen so genannte LEAs (Leistungsabrechnungen), in der die Abwesenheits- und Anwesenheitszeiten sowie die während der Arbeitszeit erledigten Aufgaben mit Angabe der jeweils benötigten Zeit eingetragen wurden. Diese LEAs wurden monatlich ausgewertet.

    Seit 2006 kam es zwischen dem Kläger und seinem unmittelbaren Vorgesetzten, dem Zeugen W, bzw. dem  Beklagten zu 2) mehrfach zu Gesprächen, in denen der Kläger darauf hingewiesen hatte, dass er nicht ausgelastet sei und um weitere Aufgaben bat. Ende 2006 wurde der Kläger stellvertretender Vorsitzender des seinerzeit bei der Beklagten gebildeten Betriebsrates.

    Wegen mangelhafter Auslastung war der Kläger unzufrieden und bat um Zuweisung von Arbeit

    Am 06.11.2009 hatte zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2) ein Gespräch stattgefunden, in dem der Kläger wieder vorgebracht hatte, zu wenig bis gar keine Arbeitsaufgaben zu haben und um Zuweisung von Arbeit gebeten hatte. In diesem Gespräch hatte der Beklagte zu 2) die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung angeboten und den Kläger aufgefordert, seine Vorstellung über eine von der Beklagten zu zahlende Abfindung zu äußern.

    Daraufhin hatte der Kläger auf der Grundlage des bis zu seiner Verrentung zu beanspruchenden Gehaltes einen Abfindungsbetrag errechnet und einen Betrag von jedenfalls über 150.000,00 Euro genannt. Daraufhin hatte der Beklagte zu 2) eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.05.2010 angeboten, Freistellung bis zum Beendigungszeitpunkt unter Fortzahlung der Vergütung und Zahlung einer Abfindung von 20.000,00 Euro. Dieses Angebot hatte der Kläger abgelehnt. Vom 09.11. bis zum 31.12.2009 war der Kläger daraufhin arbeitsunfähig krankgeschrieben.

    Nach gescheiterten Abfindungsverhandlungen fing das Mobbing an

    Am 04.01.2010 wurde der Kläger durch den Beklagte zu 2) aufgefordert, Tagesberichte abzugeben, worauf der Kläger dem Beklagten zu 2) per E-Mail vom selben Tage mitteilte:

    „Hallo Herr R   ,

    hier der Tagesplan vom 04.01.2009:

    –         Emails aus November/Dezember aufgearbeitet

    –         Gespräch mit BR-Vositzende Frau L  

    –         Einweisung SLKT für Lips

    –         Lösung gesucht für die aufgelaufenen Problem-Emails vom D und den J (ProAbis)

    Mit freundlichen Grüßen

    Darauf hatte der Beklagte zu 2) mit einer nachrichtlich auch an seine Sekretärin und den Vorgesetzen des Klägers versandte E-Mail vom selben Tage mitgeteilt:

    „Sehr geehrter Herr V,

    dies ist nach meiner Definition kein Tagesbericht sondern eine Aufzählung von Stichworten. Ich bitte Sie ab morgen meinen Anweisungen nachzukommen.

    Ich habe Sie heute um 14.00 Uhr gebeten, Ihren  Bericht vor Verlassen des Hauses bei Frau S   abzugeben und nicht, ein Stichwortverzeichnis per Email an mich zu senden.

    Sollten Sie sich wiederholt meinen Anweisungen widersetzen, sehe ich gezwungen, Ihnen eine Abmahnung zu übermitteln.

    Ihren direkten Vorgesetzten sowie Frau S   erlaube ich mir mittels einer Kopie dieser Mail zu informieren.

    Und übrigens: Unterlassen Sie bitte zukünftig eine eher „kumpelhafte“ Anrede in Ihrem Schriftverkehr an mich.

    Mit freundlichen Grüßen…“

    Vom 05.01.2010 bis 29.10.2010 erstellte der Kläger Tagesberichte.

    Nachdem die Ehefrau des Klägers Ende Januar 2010 erfahren hatte, auf welchen Zeitraum ihr Arbeitgeber die Betriebsferien festgelegt hatte, stellten der Kläger und sein Kollege M, der schulpflichtige Kinder hatte und in den Sommerferien mit seiner Familie sein Heimatland P besuchte, fest, dass sie in den ersten drei Augustwochen Urlaub nehmen wollten.

    Der Kläger bat deshalb seinen Vorgesetzten, den Zeugen W, mit E-Mail vom 25.01.2010 um Benennung eines Vertreters. Der Zeuge W antwortete, er könne keinen Vertreter nennen, der Kläger und sein Kollege müssten den Urlaub so miteinander abstimmen, dass immer einer von beiden anwesend sei. Nach Absprache mit den betreffenden Kollegen schlug der Kläger daraufhin vor, auf eine Woche Urlaub im August zu verzichten und die Kollegin E und den Kollegen Sch., die mit dieser Regelung einverstanden waren, an der notwendigen Vertretung zu beteiligen. Die Beklagte lehnte den Urlaubsantrag des Klägers ab und genehmigte den Antrag des Mitarbeiters M.

    Am 05.02.2010 erhielt der Kläger von dem Mitarbeiter Se. eine nachrichtlich auch dem Zeugen W und einem weiteren Mitarbeiter der Beklagten gesandte E-Mail zu dem Betreff „Sortierung EDV-Schrott“:

    „Guten Tag Herr V,

    bevor Sie Zeiten auf 603 „Administration“ schreiben übernehmen Sie bitte folgende Arbeitsaufgabe:

    Im Lager stehen ca. 5 Gitterpaletten mit EDV-Schrott.

    Dieser Schrott muss:

    –         in Gitterpaletten nach Komponenten sortiert werden (Monitoren, Drucker, PC-Systeme, Kabel USV etc.),

    –         TFT-Monitore sind auf Funktion zu prüfen – ggf. sind diese Geräte noch als Wartungsgeräte verwendbar,

    –         die Festplatten sind aus den Systemen auszubauen und separat zu lagern,

    –         die Anzahl der Komponenten sind zu dokumentieren.

    Bitte nach Fertigstellung eine Info an Heinz R und mich.

    Mit freundlichem Gruß

    Vom 08.02.2010 bis zum 04.08.2010 war der Kläger arbeitsunfähig krankgeschrieben. Er nahm in dieser Zeit an einer vierwöchigen Rehabilitationsmaßnahme teil und wurde u. A. wegen einer mittelgradigen depressiven Episode behandelt. Unter dem 19.07.2010 informierte der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Beklagten zu 2) darüber, dass der Kläger die Rehabilitationsmaßnahme am 04.08.2010 beenden würde. Der Kläger wurde am 04.08.2010 aus der Maßnahme als arbeitsfähig entlassen mit der Empfehlung, eine psychotherapeutische Behandlung fortzusetzen. Nachdem die Beklagte seinen Antrag, ihm im Anschluss an die Rehabilitationsmaßnahme Schonurlaub zu bewilligen, abgelehnt hatte, erwirkte der Kläger am 05.08.2010 eine einstweilige Verfügung der erkennenden Kammer, mit der der Beklagten aufgegeben wurde, ihm zu gestatten, in der Zeit vom 05.08. bis 01.09.2010 der Arbeit fernzubleiben.

    Nachdem der Kläger länger krankgeschrieben war, fand er seinen Arbeitsplatz verändert vor

    Als der Kläger am 02.09.2010 seine Arbeit bei der Beklagten zu 1) wieder antrat, stellte er fest, dass an dem Arbeitsplatz, an dem er bis dato gearbeitet hatte, ein Auszubildender saß und für ihn ein Arbeitsplatz am Fenster dergestalt eingerichtet worden war, dass er mit dem Rücken zu dem/den Kollegen im Zimmer saß, auf einen Parkplatz sah und für ihn im Gegensatz zu seinen Kollegen ein Stuhl ohne Armlehnen vorgesehen war.

    Am 06.09.2010 wurde der Kläger, nachdem er kurz zuvor die Toilette aufgesucht hatte,  in das Büro des Beklagten zu 2) gebeten, wo Letzterer ihn darauf hinwies, er, der Kläger, habe die Toilette unsauber hinterlassen.

    Am 09.09.2010 fand in dem Besprechungsraum der Beklagten, dessen Wände jedenfalls an zwei Seiten vollständig verglast waren und der deshalb vom Flur aus einsichtig war,  in Anwesenheit der Klägers und seines Prozessbevollmächtigten, des Beklagten zu 2), des Zeugen W, der Sekretärin des Beklagten zu 2) und des Betriebsratsmitglieds Frau Schi, ein BEM-Gespräch statt, das der Beklagte zu 2) abbrach, indem er vorzeitig die Gesprächsrunde verließ und dem Zeugen W die Gesprächsführung überließ. Nach der Darstellung der Beklagten erfolgte der vorzeitige Abbruch, weil der Prozessbevollmächtigte des Klägers alle Gesprächsteilnehmer auf absolute Verschwiegenheit über die Diskussionsinhalte habe verpflichten wollen, was – so die Beklagten – eine sinnvolle Wiedereingliederung verunmöglicht hätte.

    Auf eine E-Mail  vom 17.09.2010, mit der der Kläger an die Übermittlung des Protokolls über das BEM-Gespräch vom 09.09.2010 an seinen Prozessbevollmächtigten erinnert hatte, antwortete die Sekretärin des Beklagten zu 2) mit einer nachrichtlich an den Beklagten zu 2) übersandten E-Mail:

    „Sehr geehrter Herr V   ,

    zur Erinnerung:

    Das Gespräch vom 9. September 2010 diente nicht dem „Betrieblichen Eingliederungsmanagement“. Aus diesem Grund wird es auch kein Protokoll geben.

    Mit freundlichen Grüßen

    Am 03.11.2010 fand unter Beteiligung des Mitarbeiters P vom Integrationsfachdienst in dem Besprechungsraum der Beklagten zu 1) ein BEM-Gespräch statt. Als Ergebnis wurde vereinbart, dass der Zeuge W einen Einarbeitungsplan für den Kläger erstellen sollte, der die zukünftigen Tätigkeiten umschreiben und eine konkrete Zielvereinbarung enthalten sollte. Kurze Zeit nach Beendigung des Gesprächs wurde der Kläger in das Büro des Zeugen W gebeten, wo der Mitarbeiter S ihn aufforderte, den EDV-Schrott zu sortieren. Der Kläger lehnte die Erledigung dieser Aufgabe mit dem Hinweis ab, dazu bräuchte er Schutzkleidung, vielleicht laufe Öl oder Flüssigkeit aus dem Gerät, außerdem müsse er von seinem Prozessbevollmächtigten prüfen lassen, ob er arbeitsvertraglich zu solch einer Tätigkeit verpflichtet sei. Etwa eine Stunde später teilte der Zeuge W dem Kläger einen schriftlichen Vermerk mit, der verschiedene vom Kläger bis zum 30.11.2010 zu erledigende Aufgaben aufführte und in dem es am Ende hieß:

    „4. Datenschutzkonforme Sortierung der zu vernichtenden IT-Systeme nach vorheriger Anleitung. (Auftrag wurde Herrn V bereits schon einmal erteilt aber bisher noch nicht erledigt). Die ggfl. erforderliche Arbeitskleidung wird von C gestellt.

    Die Zumutbarkeit dieser Aufgaben will Herr V noch anwaltlich prüfen lassen.

    Durch die Aussage von Herrn V, dass er sich bei dieser Arbeit vor eventuelle auslaufendem Öl schützen müsse, und er außerdem nicht wisse, wie eine Festplatte aussehe, sehen wir diese Tätigkeit als dringend notwendige zusätzliche Qualifizierungsmaßnahme.

    Die Aufgaben aus den Punkten 2. und 4. sind bis zum 30.11.2010 zu erledigen…“

    Am 11.11.2010 forderte der Zeuge Se den Kläger auf, die Sortierung gemäß dem Punkt 4. des Vermerks vom 03.11.2010 zu erledigen. Am 13.11.2010 erfolgte eine erneute Aufforderung dazu durch den Beklagten zu 2). Seit dem 14.11.2010 ist der Kläger arbeitsunfähig erkrankt.

    Am 19.01.2011 informierte der Kläger die Beklagte zu 1) um 10.08 Uhr, am 02.02.2011 um 12.21 Uhr über seine fortbestehende Arbeitsunfähigkeit.

    Mit Schreiben vom 02.02.2011 erteilte die Beklagte zu 1) dem Kläger eine Abmahnung mit der Begründung, er habe am 19.01. und 02.02.2011 gegen die Verpflichtung verstoßen, eine Verhinderung bis um 9.00 Uhr mitzuteilen.

    Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 11.04.2011 beschwerte sich der Kläger bei dem Vorstand der F-Stiftung über das Verhalten der Beklagten und bat um Hilfe.

    Schlussendlich wird bei dem Kläger eine posttraumatische Belastungsstörung attestiert

    In dem vom Psychologischen Dienst der Agentur für Arbeit erstellten Gutachten der Diplompsychologin K   vom 13.01.2012 heißt es u. A., dem Kläger sei psychologischerseits dringend von einer Wiederaufnahme einer Tätigkeit bei der Beklagten zu 1) abgeraten worden, es liege bei ihm eine drohende psychische Behinderung vor. Im Rahmen eines Antrags auf Kostenübernahme für eine Psychotherapie diagnostizierte Dr. med. S am 13.03.2012 beim Kläger eine posttraumatische Belastungsstörung.

    Am 20.04.2012 reichte der Kläger daraufhin Klage beim Arbeitsgericht Siegburg wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts ein.

    Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg:

    Arbeitsgericht sieht Schmerzensgeldanspruch des Arbeitnehmers als gerechtfertigt an

    Das Arbeitsgericht Siegburg folgte der Ansicht des Klägers und urteilte, dass dieser gemäß § 823 Abs.1 BGB und § 823 Abs.2 BGB in Verbindung mit Art. 1, 2 GG und § 253 Abs.2 BGB gegen die Beklagten als Gesamtschuldner (§ 840 BGB) einen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts habe. Die Beklagte zu 1) hafte nach § 31 BGB für das deliktische Handeln ihres Geschäftsführers.

    Eine einen Schadensersatz- bzw. Schmerzensgeldanspruch begründende Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Arbeitsnehmers liege vor, wenn unerwünschte Verhaltensweisen gegeben seien, welche bezwecken oder bewirken, dass die Würde des Arbeitnehmers verletzt und ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen werde.

    Dies entspriche der in § 3 Abs.3 AGG erfolgten Definition des Begriffs „Belästigung“, welche eine Benachteiligung im Sinne des § 1 AGG darstelle. Da ein Umfeld grundsätzlich nicht durch ein einmaliges, sondern durch ein fortdauerndes Verhalten geschaffen werde, seien alle Handlungen bzw. Verhaltensweisen, die dem systematischen Prozess der Schaffung eines bestimmten Umfeldes zuzuordnen seien, in die Betrachtung mit einzubeziehen.

    Demzufolge dürften einzelne zurückliegende Handlungen/Verhaltensweisen bei der Beurteilung nicht unberücksichtigt gelassen werden. Festzustellen sei, ob der in Anspruch Genommene in den vom Kläger genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers i. S. des § 823 Abs.1 BGB, ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs.2 BGB verletzt oder eine sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB begangen habe.

    In diesem Zusammenhang sei zu beachten, dass es Fälle gebe, in denen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen oder Verhaltensweisen seiner Arbeitskollegen, Vorgesetzten oder seines Arbeitgebers für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen würden, jedoch die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen zu einer Vertrags- oder Rechtsgutsverletzung führe, weil deren Zusammenfassung auf Grund der ihnen zu Grunde liegenden Systematik und Zielrichtung zu einer Beeinträchtigung eines geschützten Rechts des Arbeitnehmers führe (BAG NZA-RR 2011, 378 m.w.N.).

    Arbeitgeber hat aufgrund des Arbeitsvertrages Rücksichtnahmepflichten

    Gemäß § 241 Abs.2 BGB würden jeder Vertragspartei aus einem Schuldverhältnis nicht nur Leistungs-, sondern auch Verhaltenspflichten zur Rücksichtnahme und zum Schutz der Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils erwachsen.

    Dies würde auch die Herabwürdigung und Missachtung eines Arbeitnehmers verbieten. Dieser habe gegen seinen Arbeitgeber daher Anspruch darauf, dass auf sein Wohl und seine berechtigten Interessen Rücksicht genommen werde, dass er vor Gesundheitsgefahren, auch psychischer Art, geschützt werde, und dass er keinem Verhalten ausgesetzt werde, das bezweckt oder bewirkt, dass seine Würde verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen werde. Der Arbeitgeber sei in diesem Zusammenhang insbesondere auch zum Schutz der Gesundheit und des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers verpflichtet (BAG a.a.O. m.w.N.).

    Das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers wurde verletzt

    Das allgemeine Persönlichkeitsrecht sei das Recht des Einzelnen auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlichkeit. Zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gehöre auch der so genannte Ehrenschutz, der auf den Schutz gegen unwahre Behauptungen und gegen herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen und die Wahrung des sozialen Geltungsanspruchs gerichtet sei. Es umfasse damit auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung durch andere (BAG a.a.O.).

    Der Schmerzensgeldanspruch setze neben einem rechtswidrigen und schuldhaften Eingriff in das Persönlichkeitsrecht voraus, dass die Schwere des Eingriffs nach Grad des Verschuldens, Art und Schwere der Beeinträchtigung sowie Anlass und Beweggrund des Handelns eine Genugtuung erfordere und die Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden könne (BAG NZA 1985, 811).

    Hier ergebe die Gesamtschau der von dem Beklagten von 2) begangenen oder ihm zuzurechnenden unerwünschten Handlungen, dass eine Rechtsverletzung vorliege, weil die Handlungen systematisch die Ausgrenzung des Klägers bewirkten, ihm suggerierten, er sei fachlich und persönlich ungeeignet bzw. minderwertig, und seine Würde angreifen würden.

    Dabei unterstelle die Kammer zugunsten der Beklagten die Tatsachenbehauptungen als richtig, dass der Kläger nicht weiterbildungswillig gewesen sei und im 24-Stunden-Dienst den schlechtesten Lösungs-Quotienten gehabt habe. Was seine PC-Kenntnisse anginge, habe der Kläger gegenüber der Diplom-Psychologin K selbst angegeben, dass sie veraltet seien.

    Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer vorsätzlich unterbeschäftigt

    Die Beklagte sei nach dem  Arbeitsvertrag verpflichtet gewesen, den Kläger vertragsgerecht zu beschäftigen. Wenn es dazu der Wahrnehmung von Fortbildungsveranstaltungen bedurft habe und der Kläger einer Weiterbildung – aus welchen Gründen auch immer – ablehnend gegenüber gestanden habe, wäre es die Verpflichtung der Beklagten und damit des Beklagten zu 2) gewesen, von dem Kläger die Wahrnehmung der Fortbildungsangebote zu verlangen, statt es zu unterlassen, ihm in ausreichendem Maß vertragsgerechte Arbeitsaufgaben zuzuweisen.

    Soweit die Beklagten geltend machen würden, für den Beklagten zu 2) sei weder aus den LEA-Aufzeichnungen noch aus den vom Kläger geforderten Tagesberichten erkennbar gewesen, dass der Kläger zu wenig Arbeit bekomme, sei ihr Vortrag widersprüchlich und damit unbeachtlich, denn sie würden andererseits vortragen, die Anweisung vom  05.02.2010 sei „in dem krampfhaften Bemühen“ erfolgt, für den Kläger „eine sinnvolle Beschäftigung“ zu finden. Bei lebensnaher Betrachtung könne im Übrigen nicht angenommen werden, dass ein Arbeitnehmer sich, wie es der Kläger schon nach dem Vortrag der Beklagten immer wieder seit Jahren getan habe, über zu wenig Arbeit beklagt, wenn er auch nur annähernd ausgelastet sei.

    Die Anweisung, Tagesberichte zu erstellen, sei ebenfalls als Teil des rechtsverletzenden Handelns zu werten, denn es sei nicht ersichtlich, welche Informationen den Tagesberichten hätten entnommen werden können, die nicht bereits aus den LEA-Aufzeichnungen hervorgehen würden. Im Übrigen habe sich der Kammer der sachliche Gehalt dieser Anweisung nicht erschließen können: Arbeitszeitaufschreibungen seien sinnvoll, wenn es um die Feststellung ginge, wie viel Zeit ein Arbeitnehmer zur Erfüllung von Arbeitsaufgaben benötige bzw. ob und in welchem Umfang Mehrarbeit anfalle. Zur Feststellung, dass ein Arbeitnehmer nicht ausreichend beschäftigt werde, würden sie allenfalls dann geeignet erscheinen, wenn der Arbeitnehmer angeben würde, ausgelastet oder sogar überlastet zu sein, obwohl das nach Einschätzung des Arbeitgebers (etwa aufgrund von Erfahrungs- oder Vergleichswerten) zweifelhaft erscheine.

    Der Umgang mit dem Urlaubsantrag des Klägers war feindselig

    Die Diktion in der E-Mail des Beklagten zu 2) und der Umgang mit dem Urlaubsantrag des Klägers hinsichtlich des Jahresurlaubs 2010 würden von einer feindseligen Haltung des Beklagten zu 2) dem Kläger gegenüber zeugen. Wenngleich die Ermessensentscheidung an sich, dem Urlaubsantrag des Mitarbeiters M. stattzugeben, im Ergebnis nicht zu beanstanden sei, würde auffallen, dass die Beklagten noch im Rechtsstreit zur Begründung ihrer Entscheidung auf den formalen Gesichtspunkt abstellen würden, dass der Urlaubsantrag des Klägers erst am 04.02.2010 und damit drei Tage nach dem des Mitarbeiters M. eingegangen sei, obwohl  der Kläger seinen Urlaubswunsch bereits am 25.01.2010 mitgeteilt und zugleich auf den Urlaubswunsch seines Kollegen und die sich ergebende Vertretungsproblematik hingewiesen hätte, und das Motiv des Klägers für seinen Urlaubswunsch, nämlich den Urlaub mit seiner auf die Betriebsferien angewiesene Ehefrau zu verbringen, überhaupt nicht berücksichtigen würden. Das Bemühen des Klägers, mit seinen Kollegen einen Kompromiss zu erarbeiten, sei von den Beklagten noch heute als Hartnäckigkeit gewertet worden.

    Mit E-Mail vom 05.02.2010 sei der Kläger angewiesen worden, EDV-Schrott zu sortieren. Das sei entgegen der von der Beklagten in der Klageerwiderung (Bl. 74 d.A.) geäußerten Auffassung nicht das (falsche) Verständnis, das der Kläger von dem Inhalt der E-Mail habe, sondern der eindeutige, nicht auslegungsbedürftige Inhalt der Anweisung, denn die E-Mail sei bereits im Betreff mit „Sortierung EDV-Schrott“ überschrieben worden. Auch inhaltlich würde es in der E-Mail im Wesentlichen darum gehen, den Kläger anzuweisen, zu entsorgende PC-Komponenten zum Zwecke der Entsorgung zu sortieren. Schon nach dem Vortrag der Beklagten seien vor Februar 2010 lediglich tageweise in einem kurzen Zeitraum im Jahre 2008 zwei ihrer Task Manager IT  mit einer solchen Aufgabe befasst gewesen. Diese Anweisung habe beim Kläger, der bis 2008 Bereichsleiter IT gewesen war, den Eindruck erwecken müssen, dass sein Arbeitgeber ihn für nichts anderes mehr verwenden könne als für das Sortieren von EDV-Schrott.

    Als rechtsverletzend und auf die Ausgrenzung des Klägers abzielend sei außerdem zu werten, dass der Arbeitsplatz des Klägers bei seiner Rückkehr im September 2010 von einem Auszubildenden besetzt gewesen sei und dem Kläger ein Arbeitsplatz zugewiesen worden sei, von dem aus er auf einen Parkplatz schauen,  mit dem Rücken zu dem anderen/den anderen Arbeitskollegen sitzen musste, dass für ihn ein Bürostuhl ohne Armlehnen vorgesehen worden war und zunächst kein PC installiert worden war.

    Der Hinweis des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer habe die Toilette unsauber hinterlassen, war herabwürdigend

    Herabwürdigend sei der Hinweis des Beklagten zu 2) vom 08.09.2010 gewesen, der Kläger habe die Toilette unsauber hinterlassen. Dabei sei unerheblich, ob auch die Aufforderung erfolgt sei, die Toilette zu putzen, und ob die  Toilette tatsächlich unsauber gewesen war. Die Kammer habe bewusst auf eine weitere Aufklärung dieses Sachverhaltes verzichtet, nachdem der Beklagte zu 2) im Kammertermin vom19.07.2010 erklärt habe, dass die Toilette mit einer automatischen Spülung ausgestattet war und die Toilette nach der Benutzung durch den Kläger sehr unsauber gewesen sei.

    Die Kammer halte in diesem Zusammenhang dafür, dass das Taktgefühl in unserem Kulturkreis es den meisten Menschen verbieten würde, einen Mann von mehr als 60 Jahren auf einen solchen Faux-Pas aufmerksam zu machen. Dass der Beklagte zu 2) es sich und dem Kläger nicht ersparen habe können – die Behauptung der Beklagten als wahr unterstellt -, zeuge von Feindseligkeit. In diesen Zusammenhang würden auch die Zurechtweisungen vom 09.09.2010 (Aufforderung zum Unterlassen des Türknallens) und 21.09.2010 (Aufforderung, den Tagesbericht auf die rechte Schreibtischseite zu legen) gehören. Der betreffende Tatsachenvortrag des Klägers sei nicht bestritten und damit nach § 138 Abs.3 ZPO als zugestanden zu werten.

    Mit der Versagung des Schonurlaubs im Anschluss an die Rehabilitationsmaßnahme würden die Beklagten das Recht des Klägers aus § 7 Abs.1 S.2 BUrlG, mit dem Abbruch des BEM-Gesprächs vom 09.09.2010 den Anspruch nach § 84  Abs.2 SGB IX verletzen. Entgegen der Auffassung des Beklagten zu 2) sei nachvollziehbar, dass der Kläger sich für dieses Gespräch einen weniger einsichtigen Besprechungsraum gewünscht habe und dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers um Diskretion über den Gesprächsinhalt gebeten habe.

    Letzteres verstünde sich von selbst, würde es doch in einem solchen Gespräch um eine  persönliche Angelegenheit des Arbeitnehmers gehen. Demgegenüber erschließe sich nicht, weshalb die gebotene Diskretion die Wiedereingliederung hätte unmöglich machen können. In krassem Widerspruch zu seinem vorangegangenen Tun und seinem Vortrag im  vorliegenden Rechtsstreit  negiere der Beklagte zu 2) in der von ihm veranlassten E-Mail seiner Sekretärin vom 17.09.2010 dem Kläger gegenüber, dass es sich bei dem Gespräch vom 09.09.2010 um ein BEM-Gespräch gehandelt habe, und bringe damit einmal mehr zum Ausdruck, dass er die Belange des Klägers nicht achte.

    Der Beklagte zu 2) habe nicht nur keinerlei Anstrengung unternommen, dem Kläger eine Wiedereingliederung zu ermöglichen, mit seinem Insistieren auf der Erledigung der Aufgabe „Sortieren von EDV-Schrott“ trotz der vom Kläger deutlich geäußerten Instabilität und gesundheitlichen Beeinträchtigung, habe er am 13.11.2010 eine weitere Eskalationsstufe beschritten. Auch der diesbezügliche Tatsachenvortrag des Klägers sei nicht bestritten und deshalb gemäß § 138 Abs.3 ZPO als zugestanden zu werten.

    Die ebenfalls nach § 138 Abs.3 ZPO unstreitigen Verhaltensweisen des Zeugen W vom 27.10.2010 (Aufforderung, die Zeitung in der Mittagspause nicht mehr am Arbeitsplatz zu lesen) und vom 03.11.2010 (schriftlicher Vermerk über die vom Kläger zu erledigenden Aufgaben im  Anschluss an das zweite BEM-Gespräch mit der sarkastischen Formulierung, die Tätigkeit werde als dringend notwendige zusätzliche Qualifizierungsmaßnahme angesehen) sowie die Äußerungen des Zeugen Se. würden zeigen, dass aufgrund der maßgeblich vom Beklagten zu 2) ausgehenden Ausgrenzung des Klägers am Ende im Betrieb der Beklagten auch bei dem Vorgesetzten und anderen Mitarbeitern der Beklagten zu 1) eine dem Kläger gegenüber feindselige Haltung vorgeherrscht habe.

    Insgesamt liegt in dem Verhalten des Arbeitgebers eine vorsätzliche Verletzung des Persönlichkeitsrechts

    Nach alledem liege eine von den Beklagten zu verantwortende erhebliche Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers vor, die vom Beklagten zu 2) vorsätzlich begangen worden sei. Die Art und Schwere der Beeinträchtigung und das Motiv des Handelns würden eine Genugtuung durch die Verurteilung zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes erfordern.

    Im Hinblick auf die Höhe des Schmerzensgeldes sei zunächst davon auszugehen, dass die die den Schmerzensgeldanspruch auslösende Handlungskette im Sinne eines systematischen Handels nicht vor Anfang 2010 begonnen habe. Die vor diesem Zeitpunkt vom Kläger geschilderte Verhaltensweise wie die Unterbeschäftigung für sich genommen, das (angebliche) unsachliche Verhalten des Beklagten zu 2) auf einer Betriebsratssitzung, das Streitgespräch im November 2009 seien noch als nicht rechtsverletzende Handlungen innerhalb üblicher Arbeitsplatzkonflikte zu werten.

    Die Kammer habe außerdem nicht außer Acht gelassen, dass nach den eigenen Angaben des Klägers gegenüber der Diplom-Psychologin K. eine beiderseitige Antipathie (zwischen ihm und dem Beklagten zu 2)) mitursächlich für die Zuspitzung des Arbeitsplatzkonflikts gewesen war. Zugunsten des Klägers sei aber zu berücksichtigen, dass sich die Handlungen des Beklagten zu 2) über einen langen Zeitraum von mehreren Monaten gezogen hätten und mit der klaren Missachtung sogar eindeutiger gesetzlicher Ansprüche des Klägers und subtiler bis offener Herabwürdigung einhergegangen seien.

    Der Anspruch des Klägers sei nicht nach § 13 des Arbeitsvertrages der Parteien verfallen. Zwar würden einzelvertragliche Ausschlussfristen, nach der „alle Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag/Dienstvertrag“ verfallen, auch Ansprüche wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts erfassen (BAG NZA 2007, 1154), doch sei die  vorliegend vereinbarte   Ausschlussfrist, da sie weniger als drei Monate betrage, gemäß § 307 Abs.1 S.1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam ( BAG NZA 2008, 699). Der Arbeitsvertrag der Parteien sei unstreitig ein Formulararbeitsvertrag, auf den die §§ 305 ff. BGB anwendbar seien.

    Quelle: Arbeitsgericht Siegburg

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  3. Arbeitsrecht: Bei Freigabe einer Tätigkeit nach § 35 Abs. 2 InsO geht die Passivlegitimation für eine Kündigungsschutzklage wieder auf den Unternehmer über

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    Bundesarbeitsgericht,  21.11.2013, Az.:  6 AZR 979/11

    Im Rahmen jeder Klage müssen beide Parteien, also sowohl der Kläger als auch der Beklagte, die jeweilige Sachlegitimation der jeweils anderen Partei  feststellen und beachten.

    Die Sachlegitimation bezeichnet die materiell-rechtliche Inhaberschaft der jeweiligen Partei hinsichtlich des im Rahmen der Klage geltend gemachten Rechts.

    Die Sachlegitimation des Klägers wird als Aktivlegitimation bezeichnet, da der Kläger im Rahmen der Klage die „aktive“ Rolle spielt. Die Sachlegitimation des Beklagten wird als Passivlegitimation bezeichnet, da der Beklagte hier die „passive“ Rolle einnimmt.

    In bestimmten Fällen kann es für den Kläger allerdings schwierig sein, die Aktivlegitimation des Beklagten und damit den richtigen Adressat für die Klage festzustellen.

    Eine solche Konstellation kann zum Beispiel bei der Einreichung einer Kündigungsschutzklage gegen ein Unternehmen gegeben sein, wenn über das Vermögen des Unternehmens die Insolvenz eröffnet wurde.

    Grundsätzlich hat die Insolvenzeröffnung zwar erst einmal keinen Einfluss auf die Fortgeltung des allgemeinen Arbeitsrechts.

    Gem. § 108 Abs. 1 InsO bleiben der Bestand und der Inhalt des Arbeitsverhältnisses unberührt.

    Gem. § 80 Abs. 1 InsO übernimmt jedoch der Insolvenzverwalter mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft Gesetzes die Arbeitgeberfunktion.

    Die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis gehen somit auf den Insolvenzverwalter über, so dass eine Kündigungsschutzklage dann grundsätzlich gegen den Insolvenzverwalter in seiner Eigenschaft als Partei kraft Amtes zu richten ist, und zwar auch dann, wenn die Kündigung noch vom Insolvenzschuldner, also dem insolventen Unternehmen, erklärt wurde.

    In dem oben genannten Fall des Bundesarbeitsgerichts hatte dieses darüber zu entscheiden, ob der Insolvenzverwalter der richtige Adressat der Kündigungsschutzklage war, obwohl dieser die von dem insolventen Einzelunternehmer ausgeübte selbständige Tätigkeit nach § 35 Abs. 2 InsO aus der Insolvenzmasse freigeben und wieder an diesen zurückgegeben hatte.

    Sachverhalt: Der Kläger im Rahmen dieser Kündigungsschutzklage war seit dem 06.05.2010 beim Schuldner, der als Einzelunternehmer einen Kurier- und Kleinsttransportbetrieb führte, als Kraftfahrer beschäftigt.

    Am 15.05.2010 kündigte der Schuldner das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich. Fünf Tage später, also am 20.05.2010 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.

    Einen Tag später erklärte der Beklagte gegenüber dem Schuldner, dass er die von ihm ausgeübte selbständige Tätigkeit nach § 35 Abs. 2 InsO aus der Insolvenzmasse freigebe.

    Am 01.06.2010 reichte der Kläger Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht ein und wollte damit gegenüber dem Insolvenzverwalter festgestellt wissen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht fristlos, sondern ordentlich beendet worden war.

    Das zunächst angerufene Arbeitsgericht gab der Klage statt. Das Landesarbeitsgericht wies die Klage ab und ließ die Revision zu.

    Bundesarbeitsgericht: Das BAG urteilte entsprechend dem Landesarbeitsgericht, dass der Insolvenzverwalter nicht die entsprechende Passivlegitimation für die Kündigungsschutzklage gehabt habe.

    Zwar sei die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gem. § 80 Abs. 1 InsO mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft Gesetzes zunächst auf den Insolvenzverwalter übergegangen, da der Schuldner (der Einzelunternehmer) aber nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine selbständige Tätigkeit ausgeübt habe und der Insolvenzverwalter diese nach § 35 Abs. 2 InsO aus der Insolvenzmasse freigegeben habe, sei die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis mit Wirksamwerden der Freigabeerklärung auch über die zu diesem Zeitpunkt bereits begründeten Arbeitsverhältnisse wieder an den Schuldner zurück gegangen.

    Ab diesem Zeitpunkt sei dann wieder der Schuldner und nicht mehr der Insolvenzverwalter für eine Kündigungsschutzklage passiv legitimiert gewesen.

    Quelle: Bundesarbeitsgericht

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  4. Arbeitsrecht: Eine Verdachtskündigung ist nur bei der Erfüllung strenger Voraussetzungen möglich

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    Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 17.02.2012, Az.: 17 Sa 252/11

    Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist (fristlose Kündigung) gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

    Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung im Rahmen einer Kündigungsschutzklage somit in zwei Stufen zu prüfen.

    1. Zunächst ist zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, d.h. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist.

    2. In der zweiten Stufe bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile – jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – zumutbar ist oder nicht.

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    Insbesondere bei einer Verdachtskündigung ist allerdings eine besondere Vorgehensweise des Arbeitgebers nötig, damit die fristlose Kündigung wirksam wird.

    Eine Verdachtskündigung liegt vor, wenn demArbeitnehmer wegen des Verdachts auf eine im Betrieb begangene Verfehlung gekündigt wurde.

    In den allermeisten Fällen geht es dabei um Diebstahl oder Unterschlagung.

    In dem oben genannten Urteil stritten sich die Parteien über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung, hilfsweise fristgerechten Kündigung mit einer Auslauffrist zum 31.12.2010 wegen Unterschlagung bzw. des dringenden Verdachts einer Unterschlagung.

    Sollten Sie ein arbeitsrechtliches Problem haben oder Partei eines Kündigungsstreites sein, unterstützen wir Sie gerne. Rufen Sie uns an, damit wir Ihnen ein Angebot unterbreiten können. Senden Sie uns entweder eine Email an info@mth-partner.de oder wählen Sie 0221 – 80187670.

    Sachverhalt: Der 1972 geborene verheiratete und einem Kind unterhaltspflichtige Kläger war seit dem 01.09.1997 bei der Beklagten zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 3.239,70 € unter Anderem als Kassenführer beschäftigt.

    Bei der beklagten Arbeitgeberin bestand hinsichtlich des vom Kläger zu führenden Kassenbuches die Geschäftsanweisung, dass für jeden Geldein- und ausgang der Kasse durch den Kassenführer eine Quittung auszustellen sei.

    Im Rahmen der Kündigung warf die Beklagte dem Kläger vor, von einem Kunden 14,99 € entgegengenommen zu haben, diesem darüber aber keine Quittung erteilt und den Betrag für sich einbehalten zu haben.

    In einer darauf folgenden Anhörung wies die Beklagte den Kläger auf die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung aufgrund des Vorfalls hin. Weiterhin erfolgte eine Anhörung des Betriebsrates.

    Mit Schreiben vom 15.06.2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise außerordentlich unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist von sechs Monaten zum Quartalsende zum 31.12.2010.

    Gegen die Kündigung legte der Kläger Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht ein.

    Das Arbeitsgericht folgte der Ansicht des Klägers und führte im Wesentlichen aus, dass der Kläger als Wahlbewerber den Sonderkündigungsschutz nach § 15 Abs. 3 S. 2 KSchG genieße würde und deswegen nur aus wichtigem Grund gekündigt werden könne.

    Die Beklagte habe aber die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund nicht darlegen können.

    Gegen das Urteil legte die Beklagte Berufung beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf ein.

    Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Auch das LAG Düsseldorf folgte der Ansicht des klagenden Arbeitnehmers. Das Arbeitsverhältnis der Parteien sei weder durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 15.06.2010 noch durch die hilfsweise ausgesprochene fristlose Kündigung mit sozialer Auslauffrist bis zum 31.12.2010 beendet worden.

    Die Beklagte habe die Kündigung auf eine Unterschlagung, hilfsweise den Verdacht einer Unterschlagung gestützt. Die Voraussetzungen für eine Tatkündigung hätten aber nicht vorgelegen.

    Die Beklagte habe nicht ausreichend dargelegt, dass sich der Kläger am 01.06.2010 einen zwischen 8:45 Uhr und 9:00 Uhr kassierten Betrag von 14,99 € zugeeignet hatte, da keine Person benannt worden sei, die gesehen habe, dass der Kläger einen solchen Betrag eingesteckt habe.

    Die Kündigung sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Verdachtskündigung wirksam erfolgt.

    Zwar könne nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch der Verdacht einer strafbaren Handlung einen eigenständigen Kündigungsgrund darstellen.

    Eine Verdachtskündigung könne aber nur gerechtfertigt sein, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen würden, die Verdachtsmomente geeignet seien, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen habe, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben habe.

    Der Verdacht müsse auf konkrete Tatsachen gestützt sein. Für die kündigungsrechtliche Beurteilung der Pflichtverletzung sei die strafrechtliche Bewertung nicht maßgebend.

    Ein Vermögensdelikt zum Nachteil des Arbeitgebers sei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts regelmäßig geeignet, eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund zu rechtfertigen, selbst wenn es nur um geringe Werte ginge.

    Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze habe die Beklagte aber keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen, die den dringenden Verdacht begründen würden, dass sich der Kläger den Geldbetrag in Höhe von 14,99 € rechtswidrig zugeeignet habe.

    Quelle: Landesarbeitsgericht Düsseldorf

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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