Beleidigung von Kollegen fristlose Kündigung Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Beleidigung von Kollegen fristlose Kündigung

  1. Arbeitsrecht: Außerordentliche Kündigung wegen Bedrohung des Vorgesetzten des Arbeitnehmers.

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    Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 08.06.2017, Az.: 11 Sa 823/16

    Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Für die Beurteilung, ob ein wichtiger Grund gegeben ist, muss auf objektive Kriterien abgestellt werden. Demnach müssen die Arbeitsgerichte bei Einreichung einer Kündigungsschutzklage klären, ob bei objektiver Beurteilung eine Unzumutbarkeit zum Zeitpunkt des Ausspruchs einer Kündigung gegeben war. Eine außerordentliche Kündigung ist unter anderem gerechtfertigt, wenn ein personen-, verhaltens- oder betriebsbedingter Grund vorliegt und der Ausspruch der Kündigung nicht unverhältnismäßig ist. Grundsätzlich kann eine Bedrohung des Arbeitgebers oder einer ihr zugeordneten Person oder Mobbing als wichtiger Grund angenommen werden. Jedoch ist bei jeder Beurteilung eine Einzelfallbeurteilung vorzunehmen.

    welche Kündigungsgründe gibt es

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens:

    Arbeitnehmer wurde immer wieder durch die Arbeitgeberin abgemahnt

    Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung. Der Kläger war seit dem 03.10.1988 für das beklagte Land tätig. Im Zeitraum von 2004 bis 2013 wurde der Kläger mehrfach abgemahnt, u.a. wegen Nichtbefolgens dienstlicher Anweisungen, Verletzung der Treuepflicht, Arbeitsverweisung sowie Beleidigung von Vorgesetzten und Kollegen. Seit Juli 2014 ist der Kläger arbeitsunfähig erkrankt.

    Durch das Amtsgericht Düsseldorf wurde der Kläger wegen der Anfertigung von Wahlplakaten auf dienstlichen Kopiergeräten unter Vortäuschung einer entsprechenden Berechtigung und trotz Kenntnis der Unzulässigkeit im Jahr 2012 rechtskräftig verurteilt.

    In einem Telefonat bedroht der Arbeitnehmer seinen Vorgesetzten „Ich stech dich ab“

    Am 19.12.2014 um 20:50 Uhr ereignete sich ein streitiges Telefonat zwischen dem Kläger und dem Verwaltungsleiter C. In diesem von einer etwa 3,5 km von der Wohnung des Klägers entfernten Telefonzelle geführten Telefonat soll der Kläger den Verwaltungsleiter mit den Worten „Ich stech‘ Dich ab!“ bedroht haben. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf leitete daraufhin aufgrund der Strafanzeige durch den Verwaltungsleiter C. ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger ein. Polizeibeamte trafen den Kläger um 1:05 zu einer Gefährderansprache in seiner Wohnung an.

    Das beklagte Land beantragte am 30.12.2014 beim zuständigen Integrationsamt die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien und vorsorglich zur außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist. Zur beabsichtigten Kündigung wurde am 06.01.2015 der beim Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen gebildete Personalrat angehört. Sowohl das zuständige Integrationsamt als auch der Personalrat erhoben keine Einwände gegen die beabsichtigte Kündigung.

    Arbeitgeberin kündigt fristlos und hilfsweise fristgemäß wegen Bedrohung

    Das beklagte Land kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 13.01.2015 außerordentlich, vorsorglich zugleich außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 30.06.2015 und äußerst vorsorglich zum nächstzulässigen Termin.

    Gegen diese Kündigung wurde vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf Klage erhoben. Der Kläger vertritt die Ansicht dass er prozessunfähig sei und dass die außerordentliche Kündigung auch mangels Vorliegens eines wichtigen Grundes rechtsunwirksam sei.

    Zur Prozessunfähigkeit wurde in einem fachärztlichen psychiatrischen Gutachten festgestellt, der Kläger zeige sich durch den Vorwurf des Betrugs wegen der Anfertigung der Wahlplakate auf dienstlichen Kopiergeräten „zunehmend unter Druck, so dass die Intensität der Zwänge und damit seiner Angst auch vor Arbeitsplatzverlust über Monate weiter zugenommen haben – und zwar in einem solchen Ausmaß, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass in, den Probanden belastenden, Situationen Entscheidungen nicht mehr auf der Basis vernünftiger Erwägungen erfolgen“. Des Weiteren „kann nicht ausgeschlossen werden, dass der zum Tatzeitpunkt anzunehmende Schweregrad der Zwangserkrankung dazu geführt hat, dass die Steuerungsfähigkeit des Herrn G. zumindest erheblich vermindert, wenn nicht sogar aufgehoben war.“

    Arbeitsgericht Düsseldorf sieht Kündigung als wirksam an

    Der Kläger hat behauptet, er habe den Verwaltungsleiter C. nie privat angerufen und demnach auch nicht telefonisch bedroht. Laut dem Arbeitsgericht Düsseldorf sei es dem Kläger möglich gewesen, den Telefonanruf am 19.12.2014 zu tätigen, da die Telefonzelle nur 3,5 km von der Wohnung des Klägers entfernt liege. Die Zeugen C., G. und P wurden durch das Arbeitsgericht Düsseldorf vernommen. An der Glaubwürdigkeit des Zeugen C., der vom Kläger mit den Worten „Ich stech“ dich ab!“ bedroht wurde, zweifelte das Arbeitsgericht nicht. Eine derartige ernsthafte und nachhaltige Bedrohung des Vorgesetzte, Verwaltungsleiters C., habe nachhaltig die betriebliche Ordnung im Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen gestört. Diese Bedrohung habe nämlich nicht nur eine erhebliche Belastung des Verhältnisses zwischen dem Kläger und dem Verwaltungsleiter C. zur Folge gehabt. Vielmehr wirke sie sich auch negativ auf das Verhältnis zwischen dem Kläger und weiteren Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen aus. Demzufolge sei es auch nicht relevant, dass im fachärztlich psychiatrischen Gutachten festgestellt wurde, dass die Steuerungsfähigkeit des Klägers erheblich vermindert oder gar aufgehoben sei. Denn es würden besondere Umstände vorliegen, die auch im Fall eines schuldlosen Verhaltens des Klägers eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien rechtfertigen würden.

    Einer Abmahnung habe es auch nicht bedurft, da der Verstoß so schwer wiege dass eine Hinnahme desselben ausgeschlossen gewesen sei.

    Gegen das vom Arbeitsgericht Düsseldorf ergangene Urteil legte der Kläger beim LAG Düsseldorf Berufung ein. In seiner Begründung rügte er neben der Verletzung materiellen Rechts auch formelle Verfahrensgrundsätze. Er führt unter anderem an, dass eine Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes vorliegt, da die ehrenamtlichen Richter zwischen der Sitzung vom 16.04.2015 und der letzten mündlichen Verhandlung vom 15.08.2016 gewechselt hätten.

    Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf:

    Berufungsgericht bestätigt Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf

    Die Klage sei zulässig, in der Sache aber unbegründet. Das Arbeitsgericht habe richtig entschieden, dass die außerordentliche Kündigung vom 13.01.2015 das Arbeitsverhältnis der Parteien mit sofortiger Wirkung beendet habe.

    Entgegen der von dem Kläger vertretenen Auffassung habe das Arbeitsgericht nicht gegen den gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG und § 355 Abs. 1 ZPO geltenden Unmittelbarkeitsgrundsatz verstoßen, denn gemäß VI. 6. Satz 1 des Geschäftsverteilungsplanes für den richterlichen Dienst des Arbeitsgerichts Düsseldorf seien die Kammertermine, in denen streitige Verhandlungen stattgefunden haben, immer unter Beteiligung des ehrenamtlichen Richters Grauert und der ehrenamtlichen Richterin Günther erfolgt. Einzig bei den Verkündungsterminen am 16.04.2015 sowie am 20.08.2015 waren besagte Richter nicht anwesend. Da bei diesen beiden Terminen lediglich der von den ehrenamtlichen Richtern Grauer und Günther unterzeichnete Beschluss verkündet wurde, war ihre Anwesenheit nicht erforderlich.

    Im Weiteren sei durch das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt worden, dass der Kläger nach § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. den §§ 51 Abs. 1 und 52 ZPO prozessfähig gewesen sei.

    Bedrohung rechtfertige sowohl außerordentliche als auch ordentliche Kündigung

    Die Entscheidung der Vorinstanz sei auch in materieller Hinsicht rechtmäßig ergangen. Die ernsthafte und nachhaltige Bedrohung des Arbeitgebers, seiner Vertreter und Repräsentanten oder von Arbeitskollegen stelle einen erheblichen Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine vertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme gemäß § 241 Abs. 2 BGB dar und sei „an sich“ geeignet, eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB zu rechtfertigen.

    Das Arbeitsgericht habe mit sorgfältiger Begründung festgestellt, dass der Kläger den Verwaltungsleiter C. am 19.12.2015 telefonisch mit den Worten „Ich stech dich ab!“ bedroht habe. Fehler im Beweisaufnahmeverfahren sehe das LAG Düsseldorf nicht, seien durch den Kläger mit der Berufung auch nicht vorgebracht worden.

    Auch das LAG Düsseldorf zweifele nicht an der Glaubhaftigkeit des Zeugen C. Die bemerkenswert gute Erinnerung des Zeugen erkläre sich auch daraus, dass es für ihn ein einzigartiges und beeindruckendes Telefonat gewesen sei. Im Anschluss habe er sich schriftlich die wesentlichen Punkte des Anrufers notiert und Strafanzeige erstattet. C. habe auch wesentliche Erinnerungslücken nicht verschwiegen, was zeige, dass er keine vorschnelle Aussage zu Lasten des Klägers abgeben wollte, sondern das Telefonat nur aus seinem Erinnerungsvermögen schildern wollte.

    Für die Glaubwürdigkeit des Zeugen würde auch sprechen, dass er kein Motiv habe, den Kläger unberechtigterweise zu belasten. Denn durch solch ein Verhalten hätte der Zeuge seine Position als Verwaltungsleiter des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen gefährden können. Es habe auch keine zusätzlichen aktuellen Spannungen zwischen dem Zeugen C. und dem Kläger geben können, da sie keinen unmittelbaren Kontakt gehabt hätten.

    Dem Kläger sei es auch möglich gewesen, zum Zeitpunkt des Telefonats in besagter Telefonzelle zu führen. Die Nähe der Telefonzelle zu seiner Wohnung sei ausreichend um gegen 20:50 Uhr das Telefonat zu führen und anschließend in die Wohnung zurückzukehren, wo seine spätere Anwesenheit bezeugt werden könne.

    Kläger habe widersprüchliche Angaben in der Verhandlung gemacht

    Auch die Berufungskammer teile die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass die Einlassungen des Klägers im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens nicht glaubhaft seien. Der Kläger hätte nicht glaubhaft darstellen können, wie er erstmals in der öffentlichen Sitzung vom 26.03.2015 überwiegend auf die Minute genau das Geschehen ohne Zuhilfenahme von z.B. schriftlichen Aufzeichnungen schildern konnte. Demgegenüber könne der Kläger auch nicht seine widersprüchlichen Aussagen zum Geschehen am Abend begründen.

    Auch die Glaubwürdigkeit der Zeugen P. und G. sei vom Arbeitsgericht zutreffend als nicht glaubwürdig festgestellt worden, da sie zum Einen mit den Einlassungen des Klägers nicht übereinstimmen, aber auch die Aussagen der beiden Zeugen selbst in wesentlichen Punkten nicht übereinstimmen.

    Das LAG Düsseldorf teile die Feststellung des Arbeitsgerichts Düsseldorf, dass selbst ein schuldloses Handeln des Klägers für eine außerordentliche Kündigung ausreiche. Auch eine Abmahnung sei nicht erforderlich gewesen und die Interessenabwägung hätte nicht zugunsten des Klägers ausfallen können.

    Das beklagte Land habe gemäß § 626 Abs. 2 BGB die erforderliche Zweiwochenfrist eingehalten und den Personalrat ordnungsgemäß im Sinne von § 74 Abs. 2 Satz 1 und 2 LPVG NRW beteiligt habe.

    Daher sei die außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB wirksam. Die Berufung sei daher abzuweisen gewesen.

    Quelle: Landesarbeitsgericht Düsseldorf

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Arbeitsrecht: Beleidigung des Vorgesetzten als Kollegenschwein berechtigt nicht zur Kündigung.

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    Landesarbeitsgericht Köln, 07.05.2014, Az.: 11 Sa 905/13

    Beleidigungen gegenüber dem Arbeitgeber, Kollegen oder Vorgesetzten können den Arbeitgeber zur ordentlichen Kündigung auch ohne vorangegangene Abmahnung berechtigen.

    Wenn es sich um grobe Beleidigungen handelt, können diese sogar eine außerordentliche (fristlose) Kündigung rechtfertigen. Dies gilt ebenso für Bedrohungen gegenüber dem Arbeitgeber, Kollegen oder von Vorgesetzten.

    Zu beachten ist aber, dass immer die jeweiligen Umstände des Einzelfalls maßgeblich sind. Werden die Beleidigungen durch den Arbeitnehmer zum Beispiel im Rahmen einer Auseinandersetzung getätigt, bei der der Arbeitgeber sich selbst eines unwürdigen Verhaltens schuldig gemacht hat, kann es durchaus sein, dass eine Beleidigung durch den Arbeitnehmer nicht zu einer Kündigung berechtigt.

    welche Kündigungsgründe gibt es

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

    In dem hier besprochenen Fall des Landesarbeitsgerichts hatte der Arbeitnehmer einen Vorgesetzten in einem Wiedereingliederungsgespräch als Kollegenschwein bezeichnet und war daraufhin gekündigt worden.

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens

    Kläger war schwerbehindert und wollte in ein anderes Team versetzt werden

    Der am 07.01.1956 geborene Kläger, ledig, schwerbehindert mit einem Grad von 30%, war seit Oktober 2007 für die Beklagte, welche etwa 1.500 Arbeitnehmer beschäftigt, als technischer Angestellter tätig und wurde am Prüfstand eingesetzt.

    Der Kläger litt unter gesundheitlichen Problemen, die er auf die Arbeitsbedingungen am Prüfstand zurückführte. Ab dem 25.10.2012 war der Kläger fortlaufend arbeitsunfähig erkrankt.

    Als ihm die Versetzung verwehrt wurde, nannte er seinen Teamleiter ein Kollegenschwein

    Auf Einladung der Beklagten fand dann am 04.02.2013 ein Wiedereingliederungsgespräch mit dem Kläger statt. Der Kläger strebte in dem Wiedereingliederungsgespräch erfolglos die Versetzung in anderes Team an. Er gab an, dass er seinen Vorgesetzten, den Teamleiter B, nicht akzeptiere und nannte ihn ein „Kollegenschwein“. Nachdem der Kläger sich mit dem Betriebsratsmitglied R beraten hatte, stimmte er am Ende des Eingliederungsgesprächs dem Wiedereingliederungsplan der Beklagten und damit der Beschäftigung im bisherigen Team zu.

    Daraufhin wurde der Kläger fristlos und hilfsweise fristgemäß gekündigt

    Die Beklagte hörte den Betriebsrat mit einem auf den 14.02.2013 datierten Schreiben wegen der beabsichtigten außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers an. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe den Teamleiter B in dem Wiedereingliederungsgespräch wiederholt in ehrverletzender Weise als Kollegenschwein bezeichnet. Daraufhin meldete der Betriebsrat unter dem 13.02.2013 Bedenken gegen die außerordentliche Kündigung an und legte Widerspruch gegen die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ein. Dennoch kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 15.02.2013 fristlos, hilfsweise fristgerecht.

    Arbeitsgericht verurteilte den Betrieb zur Weiterbeschäftigung – Betrieb reicht Berufung ein

    Das zunächst angerufene Arbeitsgericht gab der durch den Kläger eingereichten Kündigungsschutzklage mit Urteil vom 10.10.2013 statt und verurteilte die Beklagte zur Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens. Gegen dieses Urteil reichte die Beklagte Berufung zum Landesarbeitsgericht Köln ein.

    Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln

    Das Landesarbeitsgericht folgte erneut der Ansicht des Klägers und wies auch die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Köln ab.

    Die Kündigung vom 15.02.2013 habe das Arbeitsverhältnis der Parteien weder fristlos gemäß § 626 Abs. 1 BGB noch ordentlich (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG) zum 30.06.2013 aufgelöst, denn die Kündigungen hätten sich als unverhältnismäßig erwiesen und würden einer Interessenabwägung aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls nicht standhalten.

    Berufungsgericht sieht ebenfalls keinen ausreichenden Kündigungsgrund

    Für eine verhaltensbedingte Kündigung würden solche, im Verhalten des Arbeitnehmers liegenden Umstände genügen, die bei verständiger Würdigung in Abwägung der Interessen der Vertragsparteien zumindest die Kündigung als billigenswert und angemessen erscheinen lassen. Als verhaltensbedingter Grund sei insbesondere eine schuldhafte, vorwerfbare und rechts- oder vertragswidrige Pflichtverletzung aus dem Arbeitsverhältnis geeignet. Es würden Umstände genügen, die aus Sicht eines ruhig und verständig urteilenden Arbeitgebers die Kündigung als angemessene Reaktion auf das Fehlverhalten des Arbeitnehmers erscheinen lassen (BAG, Urt. v. 17.01.2008- 2 AZR 536/06 – m. w. N.). Grobe Beleidigungen des Arbeitgebers, seiner Vertreter und Repräsentanten oder von Arbeitskollegen würden einen erheblichen Verstoß des Arbeitnehmers gegen die vertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme darstellen (§ 241 Abs. 2 BGB) und seien „an sich“ geeignet, sogar eine außerordentliche fristlose Kündigung zu rechtfertigen (BAG, Urt. v. 07.07.2011 – 2 AZR 355/10 – m. w. N.).

    Nach dem Prognoseprinzip würde die Beleidigung für eine Kündigung nicht ausreichen

    Jedoch kenne das Gesetz keine absoluten Kündigungsgründe, vielmehr sei jeder Einzelfall gesondert zu beurteilen. Die Berechtigung einer verhaltensbedingten Kündigung sei nicht daran zu messen, ob sie als Sanktion für den in Rede stehenden Vertragsverstoß angemessen sei. Im Kündigungsrecht gelte nicht das Sanktionsprinzip, sondern das Prognoseprinzip. Eine verhaltensbedingte Kündigung sei gerechtfertigt, wenn eine störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten sei und künftigen Pflichtverstößen nur durch die Beendigung der Vertragsbeziehung begegnet werden könne (BAG, Urt. v. 10.06.2010 – 2 AZR 541/09 – m. w. N.).

    Das wiederum sei nicht der Fall, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen – wie etwa eine Abmahnung – von Seiten des Arbeitgebers geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken. Beruhe die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, sei grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden könne. Einer Abmahnung bedürfe es nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar sei, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten stünde, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handeln würde, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen sei. Zudem sei bei der verhaltensbedingten Kündigung stets eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen, wobei das Interesse des Arbeitnehmers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses dem Beendigungsinteresse des Arbeitgebers gegenüberzustellen sei (BAG, Urt. v. 11.07.2013 – 2 AZR 994/12 – m. w. N.).

    Der Kläger habe seinen Arbeitskollegen B durch die Bezeichnung „Kollegenschwein“ grob beleidigt und damit erheblich gegen seine vertragliche Rücksichtnahmepflicht verstoßen. Das werde auch nicht vom Kläger in Zweifel gezogen. Die erhebliche Ehrverletzung des Teamleiters müsse von der Beklagten auch nicht sanktionslos hingenommen werden.

    Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit hätte nur eine Abmahnung erfolgen dürfen

    Jedoch habe das Arbeitsgericht mit zutreffender Begründung bereits darauf hingewiesen, dass eine Abmahnung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine geeignete und angemessene Reaktion der Beklagten gewesen wäre. Da es sich bei der Beleidigung um ein steuerbares Verhalten handele, sei grundsätzlich davon auszugehen, dass das zukünftige Verhalten des Klägers durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden könne. Die Beklagte habe nicht dargelegt, dass eine Verhaltensänderung – z. B. mangels Einsichtsfähigkeit – nicht zu erwarten sei. Es handele sich auch nicht um eine solch schwere Pflichtverletzung, die den vorherigen Ausspruch einer Abmahnung entbehrlich gemacht habe.

    Quelle: Landesarbeitsgericht Köln

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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