Ehegattennachzug zu Ausländern Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Ehegattennachzug zu Ausländern

  1. Ausländerrecht: Eine polnische Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zum Ehegattennachzug eines ukrainischen Staatsangehörigen

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    Verwaltungsgericht Stuttgart, 07.05.2014, Az.: 5 K 4470/13

    Oftmals versuchen ausländische Staatsangehörige ohne Visum oder mit dem Visum eines anderen EU-Staates nach Deutschland einzureisen, um dann hier einen deutschen Aufenthaltstitel zu beantragen.

    Bekommen die zuständigen Behörden davon Kenntnis, droht die Abschiebung, da Ausländer für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet grundsätzlich eines Aufenthaltstitels bedürfen. Um der Abschiebung zu entgehen, kann der ausländische Staatsangehörige dann versuchen, die Abschiebung mittels einer einstweiligen Anordnung zu verhindern.

    Denn das Gericht kann gemäß § 123 Abs. 1 VwGO schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte oder wenn eine Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

    Allerdings benötigt der Antragsteller dafür einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund.

    In dem oben genannten Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart hatte dieses im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes darüber zu entscheiden, ob die Abschiebung des ukrainischen Ehemannes einer Deutschen, welcher mit einer polnischen Aufenthaltserlaubnis nach Deutschland eingereist war, ausgesetzt werden musste.

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens:

    Antragsteller reiste aus der Ukraine ohne nationales Visum zu seiner deutschen Ehefrau

    Der Antragsteller war ukrainischer Staatsangehöriger und mit einer Deutschen verheiratet. Um bei seiner Ehefrau zu sein, war der Antragsteller ohne gültiges deutsches nationales Visum nach Deutschland eingereist und hatte in Deutschland einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gestellt. Trotz dieses Antrages sollte der Antragsteller, welcher lediglich im Besitz einer polnischen Aufenthaltserlaubnis war, kurzfristig aus Deutschland abgeschoben werden.

    Um nicht abgeschoben zu werden, wollte der Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes eine Fiktionswirkung feststellen lassen

    Um nicht abgeschoben zu werden, begehrte der Antragsteller daher im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beim Verwaltungsgericht Stuttgart als Hauptantrag die Feststellung einer Fiktionswirkung i.S.v. § 81 Abs. 3 S. 1 AufenthG, wonach sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde über die Aufenthaltserlaubnis als erlaubt gelten sollte.

    Im Hilfsantrag begehrte der Antragsteller die einstweilige Anordnung, dass die Antragsgegnerin vorläufig von jedweden Abschiebungsmaßnahmen absehen sollte.

    Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart

    Dass VG Stuttgart urteilte nun, dass beide Anträge keinen Erfolg haben, da sie in der Sache nicht begründet sind.

    Nach Ansicht des VG Stuttgart sei der Hauptantrag des Antragstellers bei sachdienlicher Auslegung darauf gerichtet, einstweilig nach § 123 Abs. 1 VwGO festzustellen, dass der Aufenthalt des Antragstellers als erlaubt gelte, bis die Ausländerbehörde über seinen Antrag vom 06.11.2013 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entschieden habe.

    Verwaltungsgericht Stuttgart sieht kein materiell-rechtlichen Anspruch des Antragstellers

    Für diese einstweilige Feststellung fehle es jedoch an einem Anordnungsanspruch. Ein Anordnungsanspruch würde nur vorliegen, wenn das mit Anordnung nach § 123 VwGO einstweilig zu sichernde oder zu regelnde Recht materiell-rechtlich bestehen würde. Der Antragsteller habe allerdings keinen Sachverhalt glaubhaft gemacht, bei dem sein Aufenthalt als erlaubt gelte, bis über seinen Aufenthaltserlaubnisantrag entschieden werden würde.

    Antragsteller sei ohne das erforderliche Visum eingereist

    Dem Antragsteller fehle nämlich das für seinen Aufenthalt erforderliche Visum. Nach § 4 Abs. 1 S. 1 AufenthG bedürften Ausländer für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet grundsätzlich eines Aufenthaltstitels.

    Für längerfristige Aufenthalte sei dabei grundsätzlich ein Visum für das Bundesgebiet (nationales Visum) erforderlich, welches vor der Einreise erteilt werde (§ 6 Abs. 3 S. 1 AufenthG). Der Aufenthalt des Antragstellers stelle einen längerfristigen Aufenthalt i.S.v. § 6 Abs. 3 S. 1 AufenthG dar, da er der Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis diene und dem damit zu ermöglichenden längerfristigen Bleibens im Bundesgebiet. Über das dafür nach §§ 4, 6 Abs. 3 S. 1 AufenthG erforderliche nationale Visum verfüge der Antragsteller nicht.

    Auch die polnische Aufenthaltserlaubnis führt zu keinem Aufenthaltsrecht in Deutschland

    Der Aufenthalt des Antragstellers im Bundesgebiet sei auch nicht aufgrund seiner polnischen Aufenthaltserlaubnis als rechtmäßig anzusehen.

    Zwar können nach Art. 21 SDÜ sich Drittausländer, die Inhaber eines gültigen, von einem der Mitgliedstaaten ausgestellten Aufenthaltstitels sind, grundsätzlich aufgrund dieses Dokuments und eines gültigen Reisedokuments bis zu 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen frei im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten bewegen.

    Davon sei der Aufenthalt des Antragstellers im Bundesgebiet vorliegend jedoch nicht gedeckt, da Art. 21 SDÜ trotz seines insoweit offenen Wortlauts keine Berechtigung zu einem von vornherein als Daueraufenthalt geplanten Aufenthalt begründen würde, sondern eben nur zu einem Aufenthalt, der höchstens 90 Tage dauern soll.

    Auch die Voraussetzungen für eine dem Hilfsantrag des Antragstellers entsprechende einstweilige Anordnung würden nicht vorliegen.

    Hilfsantrag auf Duldung scheitert ebenfalls

    Dieser Antrag sei unbegründet, weil ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht wurde. Ein solcher Anspruch könne sich nur aus den §§ 60, 60a AufenthG ergeben. Dass die Voraussetzungen dieser Normen vorliegen, sei aber weder aufgrund des Vortrags des Antragstellers noch sonst ersichtlich. Dies gelte auch im Hinblick auf die Ehe des Antragstellers mit einer Deutschen.

    Insoweit sei darauf hinzuweisen, dass grundsätzlich weder Art. 6 GG noch Art. 8 EMRK ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet begründen würden und dass es grundsätzlich mit dem Recht auf Ehe und Familie vereinbar sei, die Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft von der Beantragung eines Visums aus dem Ausland abhängig zu machen.

    Quelle: Verwaltungsgericht Stuttgart

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Ausländerrecht: Die Voraussetzung ausreichender Deutschkenntnisse beim Ehegattennachzug zu Deutschen ist eingeschränkt

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    Bundesverwaltungsgericht, 04.09.2012, Az.: 10 C 12.12

    Die Voraussetzungen des Ehegattennachzuges zu deutschen Staatsangehörigen oder zu ausländischen Staatsangehörigen sind immer wieder Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen.

    Wir haben daher bereits des Öfteren über relevante Gerichtsverfahren berichtet:

    Auswirkungen der rechtlichen Unsicherheit des Spracherfordernisses beim Ehegattennachzug zu Deutschen im vorläufigen Rechtsschutzverfahren

    Einfache Deutschkenntnisse beim Ehegattennachzug zu Ausländern verfassungskonform

    Ehegattennachzug unrechtmäßig bei ungesichertem Lebensunterhalt der Familie

    Kein Ehegattennachzug wegen falscher Angaben im Schengen-Visum

    In der oben genannten Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht nun entschieden, dass das gesetzliche Erfordernis des Nachweises deutscher Sprachkenntnisse beim Nachzug ausländischer Ehegatten zu Deutschen nur eingeschränkt gilt.

    Ablauf und Voraussetzungen Heiratsvisum und Ehegattennachzug

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens

    Afghanin hatte deutschen Staatsangehörigen geheiratet

    Die Klägerin in diesem Verfahren hatte die afghanische Staatsangehörigkeit. Sie heiratete einen im Jahre 1999 nach Deutschland eingereisten Landsmann, der neben der afghanischen auch im Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit war.

    Im Mai 2008 beantragte die Klägerin daher bei der Deutschen Botschaft in Kabul die Erteilung eines Visums zum Familiennachzug zu ihrem Ehemann.

    Botschaft hatte Visum abgelehnt wegen nicht vorhandener Sprachkenntnisse

    Diesen Antrag lehnte die Botschaft mit der Begründung ab, dass die Klägerin keine ausreichenden Sprachkenntnisse nachgewiesen habe. In diesem Zusammenhang hat die Klägerin vorgetragen, Analphabetin zu sein.

    Das dagegen zunächst angerufene Verwaltungsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach das Spracherfordernis beim Nachzug zu einem ausländischen Ehepartner mit dem Grundgesetz vereinbar sei (zur Entscheidung), auch auf den Ehegattennachzug zu einem Deutschen übertragbar sei.

    Verwaltungsgericht meinte, es sei dem Deutschen zumutbar die Ehe in Afghanistan zu führen

    Insofern sei es für das Verwaltungsgericht nicht erkennbar, warum es dem eingebürgerten Ehemann unzumutbar sein sollte, vorübergehend zur Führung der Ehe nach Afghanistan zurückzukehren.

    Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts

    Bundesverwaltungsgericht folgte der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht

    Das BVerwG folgte der Ansicht des Verwaltungsgerichtes nicht. Nach dem Aufenthaltsgesetz sei beim Ehegattennachzug zu einem Deutschen das für den Nachzug zu einem ausländischen Ehegatten geltende Spracherfordernis lediglich entsprechend anzuwenden (§ 28 Abs. 1 Satz 5 AufenthG i.V.m. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG).

    Zwar setze auch ein Anspruch auf Nachzug zu einem deutschen Ehepartner nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich voraus, dass der nachziehende Ehegatte bereits vor der Einreise über einfache Kenntnisse der deutschen Sprache verfüge (Zur Förderung der Integration, aber auch zur Verhinderung von Zwangsehen).

    Der Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG verpflichte aber zu einem schonenden Ausgleich dieser öffentlichen Interessen mit dem privaten Interesse der Betroffenen an einem ehelichen und familiären Zusammenleben im Bundesgebiet.

    Einem Deutschen könnte nicht zugemutet werden, die Ehe im Ausland zu führen

    Bei dieser Interessenabwägung falle ins Gewicht, dass von einem Deutschen grundsätzlich nicht verlangt werden dürfe, die Ehe im Ausland zu führen.

    Vielmehr gewähre ihm – anders als einem Ausländer – das Grundrecht des Art. 11 GG das Recht zum Aufenthalt in Deutschland.

    Somit sei eine verfassungskonforme Anwendung der gesetzlichen Regeln zum Spracherfordernis geboten.

    Ihre lediglich „entsprechende“ Anwendung gebiete daher, dass von dem ausländischen Ehepartner nur zumutbare Bemühungen zum Spracherwerb verlangt werden dürften, die den zeitlichen Rahmen von einem Jahr nicht überschreiten.

    Seien entsprechende Bemühungen im Herkunftsstaat zumutbarerweise nicht möglich oder führten sie innerhalb eines Jahres nicht zum Erfolg, sei dem ausländischen Ehegatten ein Einreisevisum zu erteilen.

    Die erforderlichen Sprachkenntnisse müssten dann allerdings nach der Einreise in Deutschland erworben werden, damit der Ehegatte eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland erwerben könne.

    Quelle: Bundesverwaltungsgericht

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  3. Ausländerrecht: Einfache Deutschkenntnisse beim Ehegattennachzug zu Ausländern verfassungskonform

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    Bundesverfassungsgericht, 25.03.2011, Az.: 2 BvR 1413/10

    § 30 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz – AufenthG) regelt den Ehegattennachzug zu Ausländern.

    Gem. § 30 kann der Ehegatte eines Ausländers grundsätzlich dann eine Aufenthaltserlaubnis beantragen, wenn

    • beide Ehegatten das 18. Lebensjahr vollendet haben
    • der Ehegatte sich auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann

    und wenn der Ausländer eine

    • Niederlassungserlaubnis
    • Daueraufenthalt-EG
    • Aufenthaltserlaubnis

    besitzt.
    Aufenthaltstitel_nach_dem_AufenthaltsG
    Gerade die in § 30 Abs. 1 Nr. 2 geregelte Voraussetzung, dass der Ehegatte sich zumindest in einfacher Art in deutscher Sprache verständigen kann, ist immer wieder Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen und politischer Diskussionen.

    Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift 30 zu § 30 AufenthG definiert in 30.1.2.1. die notwendigen sprachlichen Fähigkeiten wie folgt: „Kann vertraute, alltägliche Ausdrücke und ganz einfache Sätze verstehen und verwenden, die auf die Befriedigung konkreter Bedürfnisse zielen. Kann sich und andere vorstellen und anderen Leuten Fragen zu ihrer Person stellen – z. B. wo sie wohnen, was für Leute sie kennen oder was für Dinge sie haben – und kann auf Fragen dieser Art Antwort geben. Kann sich auf einfache Art verständigen, wenn die Gesprächspartnerinnen oder Gesprächspartner langsam und deutlich sprechen und bereit sind zu helfen.“

    Die oben genannte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hatte die Verfassungskonformität des § 30 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG zum Gegenstand.

    Die Beschwerdeführer in diesem Verfahren waren türkische Staatsangehörige die sich aufgrund der Ablehnung des Ehegattennachzugs in ihren Grundrechten aus Art. 6 Abs. 1 (Schutz von Ehe und Familie), Abs. 2 GG (freie Entfaltung der Persönlichkeit), Art. 3 GG (Gleichheitsgrundsatz) sowie Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) verletzt sahen.

    Sachverhalt: Die Beschwerdeführerin zu 1. war die Mutter der Beschwerdeführer 2. bis 6. Auf Grundlage des § 30 Abs. 1 AufenthG beantragte diese eine Aufenthaltserlaubnis. Da sie Analphabetin war, konnte sie die nach § 30 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG geforderten Sprachnachweise nicht beibringen und Ihr Antrag wurde durch die zuständige Behörde abgelehnt.

    Das zunächst angerufene Verwaltungsgericht und das Bundesverwaltungsgericht (Entscheidung: BVerwGE 136, 231) bestätigten die Entscheidung der Behörde.

    Daraufhin erhob die Beschwerdeführerin Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht wegen Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 und Art. 3 GG sowie Art. 8 EMRK. Darin machte sie geltend, dass der geforderte Sprachnachweis verfassungswidrig sei. Dies insbesondere deshalb, weil er weder für die Bekämpfung von Zwangsheiraten noch für die Integration der betroffenen Ausländer geeignet sei.

    Darüber hinaus seien die geforderten Sprachkenntnisse zu dürftig und damit ungeeignet, um die zuziehenden Ausländer auch nur ansatzweise zu den Kommunikationsleistungen zu befähigen, die zur Erreichung der vom Gesetzgeber verfolgten Ziele notwendig seien.

    Bundesverfassungsgericht: Indem das BVerfG die Beschwerde nicht zur Entscheidung annahm, erklärte die zweite Kammer des 2. Senats § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG mit dem Grundgesetz für vereinbar (Verfassungsbeschwerden bedürfen der Annahme zur Entscheidung. Gem. § 93a BVerfGG wird eine Verfassungbeschwerde nur dann angenommen, wenn ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt oder wenn die Annahme zur Durchsetzung der Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte angezeigt ist).

    Begründet wurde die Nichtannahmeentscheidung durch das BVerfG wie folgt:

    „Die nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erforderliche Verpflichtung des Ehegatten eines in Deutschland lebenden Ausländers, sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen zu können, verstößt nicht gegen Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 GG. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind die für die Entscheidung maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits geklärt (vgl. BVerfGE 76, 1; 80, 81; BVerfGK 13, 26). Die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen konkretisieren in nicht zu beanstandender Weise die dort entwickelten Grundsätze für den Nachweis deutscher Sprachkenntnisse gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG.“

    Quelle: Bundesverfassungsgericht

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  4. Ausländerrecht: Ehegattennachzug unrechtmäßig bei ungesichertem Lebensunterhalt der Familie

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    Bundesverwaltungsgericht, 16.11.2010, Az.: 1 C 20.09

    Beim Ehegattennachzug nach Deutschland ist grundsätzlich zwischen dem Ehegattennachzug zu deutschen ((§ 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ) und zu ausländischen Staatsangehörigen ((§ 30 AufenthG ) zu unterscheiden.

    Hat einer der Ehepartner die deutsche Staatsangehörigkeit, entfaltet Art. 6 GG gegenüber dem deutschen Staatsangehörigen eine besondere Schutzwirkung. Dabei soll es dem deutschen Staatsangehörigen grundsätzlich nicht verwehrt werden, die Ehe- und Familiengemeinschaft in Deutschland zu führen. Insofern ist auch die Sicherung des Lebensunterhaltes (§§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 2 Abs. 3 AufenthG) wegen des uneingeschränkten Aufenthaltsrechts von Deutschen im Bundesgebiet gemäß § 28 Abs. 1 S. 3 im Regelfall keine Voraussetzung für den Ehegattennachzug zu Deutschen.

    Der Ehegattennachzug zu ausländischen Staatsangehörigen ist nach § 30 AufenthG zu beurteilen. § 30 AufenthG setzt voraus, dass der Ausländer einen der in § 30 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a bis f AufenthG abschließend genannten Aufenthaltstitel besitzt und im Fall der Aufenthaltstitel nach § 30 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d bis f AufenthG die dort zusätzlich genannten Voraussetzungen erfüllt. Darüber hinaus muss grundsätzlich der Unterhaltsbedarf beider Eheleute sowie der mit ihnen zusammen lebenden minderjährigen Kinder gedeckt sein.
    Aufenthaltstitel_nach_dem_AufenthaltsG
    Einen Fall des Ehegattennachzuges zu einem ausländischen Staatsangehörigen und die damit zusammenhängende Frage des gesicherten Lebensunterhaltes hatte nun das Bundeverwaltungsgericht in dem oben genannten Urteil zu entscheiden.

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens:

    Türkischer Mann begehrt den Ehegattennachzug zu seiner in Deutschland lebenden Ehefrau

    Der Kläger, ein 37-jähriger türkischer Staatsangehöriger, erstrebte die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis als Ehegatte nach § 30 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Im Jahre 2002 hatte der Kläger eine in Deutschland lebende Türkin geheiratet, mit der er drei Kinder zeugte. 2005 reiste er mit einem Visum zum Familiennachzug nach Deutschland ein.

    Nachdem die ganze Familie Hartz4 bezog, lehnte die Ausländerbehörde die Aufenthaltserlaubnis ab

    Nachdem der Kläger für sich, seine Ehefrau und seinen jüngsten Sohn ab September 2006 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) bezogen hatte, versagte die Beklagte (Land Berlin) 2008 dem Kläger die beantragte Aufenthaltserlaubnis, da der Lebenunterhalt der Familie durch den Kläger nicht gesichert sei. Das Verwaltungsgericht Berlin hat die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen, das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat das beklagte Land dagegen zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis verpflichtet.

    Oberverwaltungsgericht sah nur Lebensunterhalt des nachziehenden Ausländers als relevant an

    Es war der Auffassung, dass es für die Sicherung des Lebensunterhalts genüge, wenn der Unterhaltsbedarf des nachziehenden Ausländers selbst gedeckt sei. Das sei hier der Fall, denn das Einkommen des Klägers reiche mittlerweile für seinen eigenen Bedarf aus, wenn auch nicht für den der Ehefrau und des minderjährigen Sohnes.

    Urteil des Bundesverwaltungsgerichts:

    Bunderverwaltungsgericht urteilt, dass alle Familienmitglieder versorgt werden müssen

    Das BVerwG folgte der Ansicht des Klägers und des OVG Berlin-Brandenburg in der oben genannten Entscheidung nicht. Nach Ansicht des BVerwG reiche es nicht aus, wenn der nachziehende Ehegatte mit seinen Einkünften bei isolierter Betrachtung zwar seinen eigenen Bedarf sicherstellen könnte, er für seinen Ehepartner und seine Kinder aber auf öffentliche Sozialleistungen angewiesen sei. Der Familiennachzug setze in der Regel voraus, dass nicht nur der Lebensunterhalt des nachziehenden Ausländers sondern auch der Lebensunterhalt der familiären Bedarfsgemeinschaft ohne Inanspruchnahme öffentlicher Sozialleistungen bestritten werden könne. Das sei hier nicht der Fall, da die Familie weiterhin Sozialleistungen nach dem SGB II beziehe.

    Quelle: Bundesverwaltungsgericht

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