Formelle Voraussetzungen der Mieterhöhung Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Formelle Voraussetzungen der Mieterhöhung

  1. Mietrecht: Das Fernabsatzvertragsrecht ist auf Mieterhöhungsverlangen des Vermieters nicht anwendbar.

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    Landgericht Berlin, 14.09.2016, 18 S 357/15

    Die nächste Mieterhöhung kommt ganz bestimmt. Sehr viele Mietverträge laufen nämlich über Jahrzehnte, sodass der Vermieter den Mietzins anpassen kann, sobald sich die Miete im Laufe der Zeit in der Gegend verändert hat oder die Wohnung modernisiert worden ist.

    Eine Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 BGB) muss der Mieter üblicherweise zulassen. Aber das Gesetz schränkt es ein, um wieviel die Miete von dem Vermieter erhöht werden darf und gibt unter anderem eine Kappungsgrenze vor. Dies bedeutet, dass sich die Miete nicht innerhalb von drei Jahren mehr als um 20 Prozent erhöhen kann. In angespannten Wohnungsmärkten liegt die Grenze sogar bei 15 Prozent. Zusätzlich muss der Mieter nur alle 15 Monate eine Mieterhöhung dulden. Die Mieterhöhung des Vermieters muss sich also innerhalb dieser Grenzen bewegen.

    Bevor die Miete auf die ortsübliche Vergleichsmiete erhöht werden kann, muss der Vermieter seinem Mieter ein Mieterhöhungsschreiben in Textform zugehen lassen. Ein solches Schreiben kann hingegen nicht in Briefform, sondern auch als Fax oder anderweitig beim Mieter ankommen. Voraussetzung ist jedoch eine Begründung. In dem Mieterhöhungsschreiben muss dargelegt sein, warum sich die Miete in der Zukunft erhöht. Stützen kann sich der Vermieter beispielweise auf dem Mietspiegel, Auskünfte aus einer Mietdatenbank oder das Gutachten eines Sachverständigen.

    Sachverhalt: Im vorliegendem Fall hatte der Beklagte (Vermieter) die Miete für die von ihm vermietete Wohnung angehoben. Der Kläger (Mieter) reagierte zunächst nicht negativ auf die Mieterhöhung, sondern stimmte dieser zu und zahlte die erhöhte Miete. Nach einer gewissen Zeit klagte er jedoch und begehrte eine teilweise Rückzahlung von gezahlten Mietzins nach Widerruf seiner Zustimmung zur Mieterhöhung. Dabei berief er sich auf § 312c BGB.

    § 312c Fernabsatzverträge

    (1) Fernabsatzverträge sind Verträge, bei denen der Unternehmer oder eine in seinem Namen oder Auftrag handelnde Person und der Verbraucher für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwenden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt.

    (2) Fernkommunikationsmittel im Sinne dieses Gesetzes sind alle Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags eingesetzt werden können, ohne dass die Vertragsparteien gleichzeitig körperlich anwesend sind, wie Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, E-Mails, über den Mobilfunkdienst versendete Nachrichten (SMS) sowie Rundfunk und Telemedien.

    Das erstinstanzlich angerufene Amtsgericht wies die Klage des Mieters mit der Begründung ab, dass § 312c BGB auf Mietänderungsvereinbarungen nicht anwendbar sei.

    Dagegen legte der Kläger Berufung zum Landgericht Berlin ein.

    Landgericht Berlin: Das Landgericht Berlin folgte der Ansicht des Amtsgerichts und urteilte ebenfalls, dass § 312c BGB auf Mieterhöhungsverlangen nicht anwendbar sei. Zwar würden die Voraussetzungen des Tatbestandes der §§ 312ff. BGB dem Wortlaut nach vorliegen; §§ 312ff. BGB seien auf Mieterhöhungsverlangen nach §§ 558ff. BGB aber nicht anwendbar (so im Ergebnis auch das Amtsgericht unter Bezugnahme auf dort zitierte Literatur und wohl auch AG Gelsenkirchen, Urteil vom 27. April 2016, Az. 202 C 3/16 (WuM 2016, 360 f.), die allerdings das Vorliegen eines Fernabsatzvertrages verneinen).

    Bereits nach Sinn und Zweck sei § 312c BGB auf Mietänderungsvereinbarungen nach §§ 558ff. BGB nicht anzuwenden (vgl. hierzu Schmidt-Futterer-Blank, Mietrecht, 12. Auflage, vor § 535 BGB, Rn. 89ff., insbesondere Rn. 92 mit ausführlicher Begründung; Beuermann, Grundeigentum 2015, 561 f.; aA u.a. Pitz-Paal, Grundeigentum 2015, 556-560).

    Die Vorschrift, § 312 ff., sei nämlich auf den traditionellen Versandhandel sowie auf andere Handelsformen, insbesondere den Vertrieb von Waren über das Internet zugeschnitten. Bei der Wohnungsmiete hingegen sei die Situation ganz verschieden. Hier gebe nämlich der Vermieter als Unternehmer ein Angebot ab, welches von dem Mieter ausdrücklich oder konkludent angenommen werde.

    Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass der Vermieter nach den §§ 558 ff. BGB einen gesetzlichen Anspruch auf den Änderungsvertrag habe.

    Quelle: Landgericht Berlin

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Mietrecht: In einer Mieterhöhungserklärung nach dem WoBindG ist nur die Erhöhung selbst zu erläutern, nicht dagegen die Bildung der erhöhten Einzelmiete insgesamt.

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    Bundesgerichtshof, 04.12.2013, Az.: VIII ZR 32/13

    Mieterhöhungen für preisgebundenen Wohnraum richten sich nach § 10 Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG).

    Der  Vermieter kann gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1, 2 WoBindG die Miete durch schriftliche Erklärung erhöhen, wenn der Mieter nur zur Entrichtung eines geringeren als des nach dem Gesetz zulässigen Entgelts verpflichtet ist.

    Die Erklärung ist nur wirksam, wenn in ihr die Erhöhung berechnet und erläutert wird. Zusätzlich verlangt § 10 Abs. 1 Satz 3 WoBindG, dass der Berechnung der Kostenmiete eine Wirtschaftlichkeitsberechnung oder ein Auszug daraus beigefügt wird, der die Höhe der laufenden Aufwendungen erkennen lässt.

    Für Mieter einer öffentlich geförderten Wohnung bedeutet dies, dass die monatliche Miete unter Umständen auch rückwirkend erhöht werden kann (§ 10 Abs. 2 Satz 3 WoBindG).

    Daher stellt sich die Frage, ob an die Begründung einer Mieterhöhungserklärung weitere über den Wortlaut des § 10 I WoBindG hinausgehenden formalen Anforderungen zu stellen sind. Mit dieser Frage beschäftigte sich in dem oben genannten Urteil der Bundesgerichtshof.

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens

    Vermieterin hatte die Wohnungsmiete gemäß dem Wohnungsbindungsgesetz rückwirkend erhöht

    Die Kläger waren Mieter und die Beklagte Vermieterin eines öffentlich geförderten Einfamilienhauses. Die Parteien stritten über die Wirksamkeit der Mietererhöhungserklärung der Beklagten vom 26. Juli 2011, mit der diese die monatliche Nettomiete gem. § 10 WoBindG rückwirkend zum 1. Januar 2009 um 72,99 Euro erhöht hatte.

    Die Kläger zahlten die erhöhte Miete unter Vorbehalt, nachdem die Beklagte wegen der Nichtzahlung eine Kündigung des Mietverhältnisses angedroht hatte.

    Nachträglich forderten die Mieter die gezahlte Mieterhöhung wieder zurück und klagten diese ein

    Die für Januar 2009 bis Dezember 2011 geleisteten Beträge von insgesamt 2.627,64 € forderten die Kläger zurück. Das Amtsgericht Berlin-Schöneberg hat der darauf gerichteten Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht Berlin das Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Mit der Revision haben die Kläger ihr Klagebegehren weiter verfolgt.

    Revisionsurteil des Bundesgerichtshofes

    BGH sah Mieterhöhungsverlangen als wirksam an

    Der Bundesgerichtshof folgte der Ansicht des Landgerichts und wies die Revision der Kläger ab. Den Klägern stünde kein Anspruch auf Rückzahlung des für die Jahre 2009 bis 2011 unter Vorbehalt geleisteten Miterhöhungsbetrages von 2.627,64 zu, da die Mieterhöhungserklärung der Beklagten wirksam sei.

    Die Mieterhöhungserklärung erfülle die an eine Mieterhöhung nach § 10 Abs. 1 WoBindG zu stellenden Anforderungen. In dem Schreiben sei die Grundlage der Mieterhöhung, nämlich erhöhte Instandhaltungs- und Verwaltungspauschalen sowie höhere Darlehensaufwendungen, mitgeteilt und auf dieser Grundlage die Erhöhung der Durchschnittsmiete um 13,06 % berechnet worden.

    Bildung der Einzelmiete und Wohnwert der Wohnung müsse nicht immer erläutert werden

    Weitere Erläuterungen bezüglich der Bildung der Einzelmiete insgesamt sowie des Wohnwertes der einzelnen Wohnung, der nur zur Anfang der Vermietung gem. § 8a Abs. 5 WoBindG und nicht in jeder Mieterhöhungserklärung erläutert werden müsse, seien nicht erforderlich.

    Dies folge bereits aus dem Wortlaut des § 10 Abs. 1 Satz 2 WoBindG. Demnach sei nur die Erhöhung selbst zu erläutern und zu berechnen. Bei der Erläuterung der Mieterhöhung seien nach § 4 Abs. 7 Satz 2 NWV 1970 lediglich die Gründe anzugeben, aus denen sich die einzelnen Aufwendungen erhöht hätten, und die darauf entfallenden Beträge.

    Nur die Erhöhung müsse detailliert erläutert werden

    Die Regelung in § 10 Abs. 1 Satz 2 bis 4 WoBindG enthalte im Zusammenhang mit den sie ausfüllenden und ergänzenden Vorschriften eine bis ins Detail gehende Aufzählung der an der Mieterhöhungserklärung zu stellenden formalen Erfordernisse.

    Es bestünde keine Veranlassung zur Verschärfung dieser Anforderungen, zumal dem von einer Mietererhöhung nach § 10 Abs. 1 WoBindG betroffenen Mieter zur Klärung etwaiger Unklarheiten das an keine weiteren Voraussetzungen geknüpfte Auskunfts- und Einsichtsrecht nach § 8 Abs. 4 WoBindG, § 29 Abs. 1 NMV 1970 zustünde.

    Quelle: Bundesgerichtshof

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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