Geschäftsgrundlage des Mietvertrages Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
Rechtsanwalt Tieben

Rechtsanwalt Helmer Tieben
Beratung unter:
Tel.: 0221 - 80187670

Tag Archive: Geschäftsgrundlage des Mietvertrages

  1. Mietrecht: Zur Frage, welcher Zahlungsintervall gilt, wenn im Mietvertrag keiner festgelegt wurde.

    Leave a Comment

    Landgericht Berlin, 11.12.2014, Az.: 67 S 278/14

    Beim Abschluss von Verträgen sollten die beteiligten Parteien äußerste Vorsicht walten lassen, um von vornherein rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.

    Notwendig sind bei jedem Vertrag die sogenannten Essentialia Negotii, also die notwendigen Vertragsbestandteile. Fehlt einer oder mehrere dieser Bestandteile, kommt schon gar kein Vertrag zustande.

    Beim Mietvertrag sind die Essentialia Negotii die Vertragsparteien, das Mietobjekt, die Dauer der Überlassung sowie die Höhe des Entgelts.

    Um rechtlich einwandfreie Verträge zu schließen, sollten aber auch alle anderen Vertragsbestandteile sorgfältig abgefasst werden.

    In dem hier dargestellten Fall des Landgerichts Berlin hatten die Parteien in dem Mietvertrag nicht ausdrücklich geregelt, ob der Mietzins monatlich, vierteljährlich oder jährlich zu zahlen ist. Die Mieterin war der Ansicht, dass sie nur einmal jährlich EUR 680,00 zu zahlen hatte, während der Vermieter der Ansicht war, dass dieser Betrag monatlich gezahlt werden musste.

    Sachverhalt: Der klagende Vermieter hatte die beklagte Mieterin erstinstanzlich auf Räumung und Herausgabe einer in seinem Eigentum stehenden Wohnung sowie auf die Herausgabe von Wohnungsinventar, darunter ein Eiermann-Tisch, in Anspruch genommen.

    Hintergrund der Kündigung und der Räumungsklage war, dass die Beklagte den Mietzins in Höhe von EUR 680 nur jährlich zahlen wollte, weil in dem Mietvertrag von den Parteien keine Zahlungsintervalle wie „monatlich“ oder „vierteljährlich“ vereinbart worden waren.

    Der Kläger hingegen war der Ansicht, dass die Miete in Höhe von EUR 680,00 monatlich geschuldet war, auch wenn im Mietvertrag kein Zahlungsintervall festgelegt wurde.

    Das Amtsgericht folgte der Ansicht der Beklagten und wies die Klage mit der Begründung ab, dass der Mietvertrag mangels wirksamer Kündigung fortbestehen würde, weil kein zur Kündigung berechtigender Zahlungsverzug vorliegen würde.

    Landgericht Berlin: Das mit der Berufung angerufene Landgericht Berlin hingegen folgte der Ansicht des Klägers und verurteilte die Beklagte in zweiter Instanz zur Herausgabe und Räumung der Wohnung, da die Beklagte gemäß § 546 Abs. 1 BGB zur Räumung und Herausgabe verpflichtet sei.

    Zwar hätten die Parteien am 01.11.2009 unstreitig einen schriftlichen Mietvertrag über die streitgegenständlichen Räume geschlossen. Dieser Vertragsschluss sei auch wirksam erfolgt.

    Allerdings sei der Mietvertrag spätestens mit der durch Schriftsatz vom 08.05.2013 ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung durch den Kläger wirksam beendet worden.

    Dem Kläger habe nämlich gemäß § 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 b BGB ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Beendigung des Mietverhältnisses zur Seite gestanden, da sich die Beklagte in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckte, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug befunden habe, der die Miete für zwei Monate erreichte.

    Die Beklagte habe gemäß § 6 des Mietvertrages eine monatlichen Nettokaltmietzins von 680,00 EUR nebst einer ebenfalls monatlichen Betriebskostenpauschale von 200,00 EUR, mithin insgesamt 880,00 EUR geschuldet.

    Soweit die Beklagte geltend gemacht habe, der Nettokaltmietzins von 680,00 EUR sei mangels hinreichend eindeutiger vertraglicher Regelung lediglich jährlich geschuldet gewesen, sei dies fernliegend.

    Zwar hätten die Parteien die die Zahlungsintervalle näher bezeichnenden Formularvarianten „monatlich”, „vierteljährlich” und „jährlich” nicht ausdrücklich beschränkt, doch habe sich unter Zugrundelegung der Auslegungsparameter der §§ 133, 157 BGB bereits aus der für eine Jahresmiete fernliegenden Mietzinshöhe von lediglich 680,00 EUR, erst recht aber aus dem systematischen Zusammenhang mit der in § 6 Nr. 2 des Mietvertrages statuierten Pflicht zur Entrichtung einer monatlichen Betriebskostenpauschale eindeutig ergeben, dass auch der Nettokaltmietzins von 680,00 EUR monatlich zu leisten war.

    Davon ausgehend habe eine Anwendung der Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB zugunsten der Beklagten nicht in Betracht kommen können, da diese nicht nur den Streit über eine Auslegung, sondern auch nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden einen verbleibenden und nicht behebbaren Zweifel voraussetzen würde, der mindestens zwei Auslegungen als rechtlich vertretbar erscheinen lasse. Daran würde es hier fehlen.

    Die Beklagte habe sich bei Ausspruch und Zugang der Kündigung zumindest mit den gesamten Nettokaltmieten seit November 2009 bis März 2012 in Zahlungsrückstand befunden.

    Die Kündigung des Klägers sei somit wirksam gewesen und die Beklagte müsse die Wohnung räumen und herausgeben.

    Quelle: Landgericht Berlin

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

    Wenn Sie rechtliche Beratung benötigen, rufen Sie uns unverbindlich unter der Rufnummer 0221 – 80187670 an oder schicken uns eine Email an info@mth-partner.de

    Rechtsanwälte in Köln beraten und vertreten Sie im Mietrecht.

  2. Gewerbemietrecht: Das Fehlen einer behördlichen Konzession zum Betrieb einer Spielhalle kann zur Mietminderung auf null berechtigen.

    Leave a Comment

    Kammergericht Berlin, 14.07.2014, Az.: 8 U 140/13

    Hinsichtlich der Mangelhaftigkeit einer Mietsache ist grundsätzlich zwischen einem Sach- und einem Rechtsmangel zu unterscheiden.

    Öffentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse/Gebrauchsbeschränkungen, wie zum Beispiel das Fehlen einer behördlichen Genehmigung oder eine behördliche Nutzungsuntersagung, die dem vertragsgemäßen Gebrauch entgegenstehen, können einen Rechtsmangel der Mietsache i. S. d. § 536 BGB darstellen, wenn sie mit der Beschaffenheit der Mietsache zusammenhängen, nicht in persönlichen oder betrieblichen Umständen des Mieters ihre Ursache haben und mietvertraglich nichts Abweichendes vereinbart ist.

    Voraussetzung für die Annahme eines Rechtsmangels und einer damit zusammenhängenden Mietminderung ist allerdings, dass die fehlende Genehmigung eine Aufhebung oder erhebliche Beeinträchtigung der Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch zur Folge hat.

    Nachfolgend einige Beispiele für einen Rechtsmangel:

    – Fehlende Konzession zum Betrieb einer Gaststätte.

    – Verspätete Überlassung eines Lebensmittelmarkts durch Nachbarwiderspruch.

    – Nicht erteilte Konzession zum Betrieb einer Tanzgaststätte.

    In dem oben genannten Urteil des Kammergerichtes Berlin hatte dieses als Berufungsinstanz darüber zu entscheiden, ob die Untersagung der Umnutzung von vermieteten Gewerberäumen in eine Spielhalle eine mieterseitige Mietminderung auf Null und das Recht auf fristlose Kündigung durch den Vermieter zur Folge hatte.

    Sachverhalt des Gerichtsverfahrens:

    Vermieter in diesem Verfahren war der Kläger, die Mieter die Beklagten

    Der Kläger hatte an den Beklagten zum 15.05.2010 Räume zum Betrieb einer gewerblichen Spielothek/Sportsbar vermietet. Mit Bescheid vom 22.06.2010 sprach das Bezirksamt eine vorläufige Untersagung der Umnutzung der Gewerberäume in eine Spielhalle aus und wies mit Bescheid vom 04.04.2011 den Antrag auf Erlaubnis zum Betreiben einer Spielhalle zurück.

    Nachdem das Bezirksamt die Nutzung als Spielhalle untersagte, zahlte der Mieter nicht mehr

    Ab Mai 2011 erbrachte der Beklagte daraufhin keine Mietzahlungen mehr. Am 17.02.2012 erklärte der Kläger im Gegenzug die fristlose Kündigung des Mietvertrages wegen Zahlungsverzuges.

    Da der Mieter die Gewerberäume trotz Kündigung nicht räumte, klagte der Vermieter zunächst erstinstanzlich auf Räumung, Zahlung von Miete und fortlaufende Nutzungsentschädigung sowie Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten.

    Daraufhin klagte der Vermieter auf Räumung, Amtsgericht wies die Klage ab

    Diese Klage wurde durch das erstinstanzliche Gericht abgewiesen. Mit der Berufung zum Kammergericht Berlin verfolgte der Kläger seine erstinstanzlichen Anträge weiter.

    Urteil des Kammergerichts Berlin:

    Das Kammergericht Berlin urteilte nun in der oben genannten Entscheidung, dass die Berufung hinsichtlich eines Teils der Klage abzuweisen und hinsichtlich eines Teils begründet sei:

    Berufungsgericht wies Klage auf Mietzahlung ab, da Rechtsmangel vorgelegen habe

    Die Klage auf Mietzahlung für den Zeitraum ab Mai 2011 bis zur fristlosen Kündigung im Februar 2012 sei unbegründet gewesen.

    Die geschuldete Miete sei in diesem Zeitraum gemäß § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Null gemindert gewesen, da die Tauglichkeit der Räume zum vertragsgemäßen Gebrauch, nämlich zum Betrieb einer Spielothek/Sportsbar aufgehoben gewesen sei und somit ein Mangel der Mietsache vorgelegen habe.

    Zwar sei mit § 2 Nr. 3 des Mietvertrages zwischen den Parteien vertraglich vereinbart worden, dass der Mieter, also der Beklagte und Berufungsbeklagte das Risiko der behördlichen Erlaubnis trage, durch diese Regelung sei die Gewährleistung des Klägers allerdings nicht wirksam ausgeschlossen worden:

    Eine Formularklausel mit diesem Inhalt halte nämlich der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht stand, weil sie eine Haftung des Vermieters auch für den Fall ausschließe, dass die erforderliche behördliche Genehmigung für den vom Mieter vorgesehenen Gewerbebetrieb aus Gründen versagt werde, die ausschließlich auf der Beschaffenheit oder der Lage des Mietobjekts beruhen.

    Damit sei nach der Klausel im Falle der Verweigerung der Genehmigung nicht nur Gewährleistungsrechte des Mieters, sondern auch dessen Befugnis zur fristlosen Kündigung des Mietvertrages ausgeschlossen.

    Ein so weit gehender Haftungsausschluss würde den Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen und sei deshalb nach § 307 BGB unwirksam.

    § 307 BGB sei insofern auch anwendbar, da es sich bei § 2 Nr. 3 des Mietvertrages entgegen der Ansicht der Kläger eben nicht um eine individuell verhandelte Klausel, sondern um eine formularmäßig verwendete handele. Ein individuelles Aushandeln der Regelung zwischen den Vertragsparteien im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB habe das Gericht nicht feststellen können.

    Auch für die Argumentation des Klägers, es komme nur eine reduzierte Mietminderung in Betracht, weil der Beklagte spätestens auf den Ablehnungsbescheid der Behörde eine bauplanerisch konforme Nutzung hätte anstreben müssen, sei eine Rechtsgrundlage nicht erkennbar.

    Zwar dürfe, auch wenn die Gebrauchstauglichkeit zum vertragsgemäßen Zweck aufgehoben sei, nach Treu und Glauben ein (gewisser) Mietzins geschuldet gewesen sein, wenn der Beklagte die Räume gleichwohl genutzt haben sollte.

    Das Vorbringen des Klägers habe aber insoweit zu wenig Substanz. Die Einrichtung als Spielothek/Sportsbar erkläre sich aus dem geplanten Vorhaben und lasse nicht auf eine tatsächliche Nutzung schließen.

    Kläger könne aber für die Zeit ab der fristlosen Kündigung bis zur Räumung Nutzungsentschädigung verlangen

    Trotz der Mietminderung auf Null könne der Kläger aber zumindest für den Zeitraum ab Zugang seiner fristlosen Kündigung am 20.2.2012 bis zur Rückgabe der Mietsache am 20.3.2014 vom Beklagten gemäß § 546a BGB Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe der für vergleichbare Sachen ortsüblichen Miete von insgesamt 26.097,22 EUR beanspruchen, weil ihm der Beklagte die Mietsache rechtswidrig vorenthalten habe. Denn die fristlose Kündigung des Klägers vom 17.2.2012 sei wirksam gewesen.

    Zwar habe diese aufgrund der berechtigten Mietminderung auf Null nicht auf Zahlungsrückstand im Sinne von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB gestützt werden können, der Kläger sei aber gemäß § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB zur Kündigung wegen Fehlens der Geschäftsgrundlage zur fristlosen Kündigung berechtigt gewesen.

    Kläger konnte Rechte aus Störung der Geschäftsgrundlage herleiten

    Die Parteien hätten es bei Abschluss des Mietvertrages am 20.04.2010 für möglich gehalten, dass das Objekt als Spielhalle genutzt werden könne. Da diese Möglichkeit allerdings niemals bestanden habe, konnte der Kläger Rechte aus einer Störung der Geschäftsgrundlage herleiten, wenn ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet hätte werden können. So lag der Fall hier.

    Dass die Kündigung vom 17.02.2012 (wie auch die Kündigung vom 25.04.2012) auf Zahlungsverzug und nicht auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage gestützt worden sei, sei schon deshalb unschädlich, weil eine Begründung fristloser Kündigungen gemäß § 569 Abs. 4 BGB nur für Wohnraummietverhältnisse vorgeschrieben sei.

    Quelle: Kammergericht Berlin

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

    Wenn Sie rechtliche Beratung benötigen, rufen Sie uns unverbindlich unter der Rufnummer 0221 – 80187670 an oder schicken uns eine Email an info@mth-partner.de

    Rechtsanwälte in Köln beraten und vertreten Sie im Mietrecht.

  3. Mietrecht: Sittenwidrigkeit einer vereinbarten Miete im gewerblichen Mietrecht

    Leave a Comment

    Oberlandesgericht Düsseldorf, 17.12.2010, Az.: I-24 U 66/10

    Der Wucher ist in Deutschland in § 138 Abs. 2 BGB geregelt. Danach ist ein Rechtsgeschäft nichtig, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

    Da der Nachweis des Wuchers häufig an den hohen subjektiven Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 BGB scheitert, hat die Rechtsprechung das wucherähnliche Rechtsgeschäft entwickelt.

    Beim wucherähnlichen Geschäft muss neben dem objektiven Verstoß (auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung) ebenfalls eine subjektive Komponente hinzukommen (verwerfliche Gesinnung des begünstigten Vertragspartners).

    Insbesondere die Frage ob es sich bei Mietverträgen um wucherähnliche Rechtsgeschäfte handelt ist immer wieder Gegenstand von Gerichtsentscheidungen. So auch in dem oben genannten Fall.

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens

    Mieterin sah den Mietvertrag als Wucher an

    In diesem Fall wurde die Beklagte (Kommanditgesellschaft in der Teppichbodenbranche) im Rahmen eines Gewerbemietvertrages als Mieterin von Gewerberäumen auf Zahlung von ausstehenden Mietzins in Anspruch genommen.

    Außerdem minderte sie den Mietzins wegen Mängeln

    Nach Ansicht der Beklagten war

    – der Mietvertrag wegen des hohen Mietzinses ein wucherähnliches Rechtsgeschäft und damit nichtig,
    – die Geschäftsgrundlage des Mietvertrages wegen stark gesunkener Mieten weggefallen und
    – ein Mietminderungsrecht wegen Mietmängeln gegeben.

    Das zuvor angerufene Landgericht Duisburg (Az.: 6 O 182/09) hatte der Zahlungsklage der Vermieterin stattgegeben. Hiergegen richtete sich die Berufung der Beklagten.

    Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf

    Das OLG Düsseldorf folgte der Ansicht des LG Duisburg: Die Beklagte habe schon die objektive Seite eines wucherähnlichen Rechtsgeschäfts im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB nicht dargelegt.

    Ein solches liege regelmäßig vor, wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis stünden.

    Wucher wäre nur gegeben, wenn bei Vertragsschluss die durchschnittliche Miete um 100% überhöht gewesen wäre

    Ein auffälliges Missverhältnis werde regelmäßig bei einer Preisüberschreitung von rund 100% angenommen, im gewerblichen Mietrecht also dann, wenn der Wert der vereinbarten Geldleistung den verkehrsüblichen Mietwert eines vergleichbaren Mietgrundstücks um etwa das Doppelte überschreite.

    Es verstehe sich von selbst, dass diese Feststellung für den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses getroffen werden müsse.

    Denn nur bezogen auf diesen maßgeblichen Zeitpunkt, in dem sich der rechtsgeschäftliche Wille bildet und im folgenden Vertragsschluss niederschlage, könne das geschäftliche Gebaren eines Vertragspartners mit dem objektiven Sittengesetz kollidieren.

    Daraus folge, dass insbesondere bei sinkenden Mieten die den Mieter belastende Mietpreisentwicklung außer Betracht zu bleiben hätten.

    Die von der Beklagten angestellten Preisvergleiche bezögen sich aber nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sondern auf den Zeitpunkt der Klageerwiderung.

    Das Landgericht habe ferner auch die subjektive Seite eines wucherähnlichen Rechtsgeschäfts zutreffend verneint.

    Auch die subjektive Seite des Wuchers sei nicht erfüllt gewesen

    Diese sei dann erfüllt, wenn zum auffälligen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung weitere sittenwidrige Umstände hinzutreten würden, wie etwa eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten oder die Ausnutzung der Unerfahrenheit des Partners.

    Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen, insbesondere deshalb, da die Beklagte im Zeitpunkt der Vertragsübernahme

    • ein vollkaufmännisch geführtes Unternehmen und
    • eine mit Spezialwissen ausgestattete Kennerin in der Teppichbodenbranche war,
    • wegen (von ihr eingeräumter) fehlender Konkurrenz in Stadt eben nicht auf die umstrittene Gewerbehalle angewiesen gewesen sei und
    • sich mit Blick auf die Insolvenz ihrer Vertragsvorgängerin in einer relativ starken Verhandlungsposition befunden habe.

    Gegen ein wucherähnliches Rechtsgeschäft spreche im Übrigen auch, dass sich die Beklagte in Kenntnis der (angeblichen) Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts im Februar 2009 in Verhandlung mit der Klägerin auf eine Vertragsänderung (Herabsetzung der Miete, hinausgeschobene Fälligkeit, Umbauten) eingelassen habe.

    Auch hätten die nach der Behauptung der Beklagten seit dem Vertragsschluss erheblich gesunkenen Mieten nicht die Geschäftsgrundlage des Mietvertrags im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB beseitigt.

    Bei der Gewerberaummiete trage der Mieter das Geschäftsrisiko

    Denn gemäß § 537 Abs. 1 BGB trage bei der Gewerberaummiete grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko bezüglich der Mietsache. Dazu gehöre vor allem das Risiko, mit dem Mietobjekt Gewinne erzielen zu können.

    Erfülle sich die Gewinnerwartung des Mieters nicht, so verwirkliche sich damit ein typisches Risiko des gewerblichen Mieters. Danach falle es in den Verantwortungsbereich des Mieters, wenn auf der Grundlage struktureller Marktveränderungen nach Vertragsschluss eine Mietpreisentwicklung einsetze, die sich negativ auf seine Konkurrenzfähigkeit auswirken würde.

    Die Miete sei darüber hinaus auch nicht kraft Gesetzes (§ 536 Abs. 1 BGB) wegen eines Mangels der Mietsache gemindert.

    Dies scheitere gemäß § 536b S. 1 BGB bereits daran, dass der Geschäftsführer der Beklagten in der gleichen Funktion schon bei der insolvent gewordenen Vormieterin Kenntnis vom Zustand der Halle, insbesondere die fehlende Isolierung der Hallendecke und das damit in Verbindung stehende Beheizungsdefizit bei sehr kalter Witterung gehabt habe, ohne bei Vertragsschluss einen diesbezüglichen Vorbehalt zu erklären.

    Damit habe die Beklagte allfällige Gewährleistungsansprüche (§§ 536, 536a BGB) verloren.

    Quelle: Oberlandesgericht Düsseldorf

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

    Wenn Sie rechtliche Beratung benötigen, rufen Sie uns unverbindlich unter der Rufnummer 0221 – 80187670 an oder schicken uns eine Email an info@mth-partner.de

    Rechtsanwälte in Köln beraten und vertreten Mandanten im Mietrecht.