Gesetz über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Gesetz über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge

  1. Ausländerrecht: Wohnsitzbeschränkende Auflage für unter dem HumHAG eingereiste jüdische Emigranten ist unwirksam.

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    Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 12.01.2012, 2 L 151/10

    Insbesondere unter dem mittlerweile aufgehobenen Gesetz über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge (HumHAG) bildeten Kontingentflüchtlinge in Deutschland eine besonders privilegierte Sondergruppe unter den Ausländern, da sie

    – nach der Aufnahme in Deutschland eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erhielten (§ 1 III HumHAG),

    – die Rechtsstellung von Flüchtlingen sowie

    – besonderen Ausweisungsschutz genossen.

    So wurde jüdischen Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion die Einreise als Kontingentflüchtling ermöglicht, da nach einem Beschluss der Innenministerkonferenz vom 09.01.1991 das HumHAG auf diese entsprechende Anwendung fand.

    Zum 01.01.2005 trat das HumHAG durch Artikel 15 Abs. 3 Nr. 3 des Zuwanderungsgesetzes außer Kraft, so dass ab diesem Zeitpunkt die rechtliche Grundlage für die Aufnahme einschließlich des Verfahrens für die Antragstellung, Einreise und Verteilung der jüdischen Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion entfiel.

    Seit dem 01.01.2005 (Außerkrafttreten des Kontingentflüchtlingsgesetzes) dient daher § 23 Abs. 2 AufenthG i. V. m. dem neuen Beschluss der Innenministerkonferenz als Rechtsgrundlage für die weitergehende Aufnahme jüdischer Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion.

    Nach der neuen Rechtsgrundlage können solche Personen aufgenommen werden,

    – die nach staatlichen, vor 1990 ausgestellten Personenstandsurkunden selbst jüdischer Nationalität sind oder von mindestens einem jüdischen Elternteil abstammen,

    – von denen erwartet werden kann, dass sie zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht dauerhaft auf Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII angewiesen sind (eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts) (diese Prognose wird für den selbst aufnahmeberechtigten Antragsteller abgegeben, bezieht aber auch das familiäre Umfeld ein),

    – die über Grundkenntnisse der deutschen Sprache (Prüfungszeugnis A 1) verfügen (dabei können Härtefälle, die ein Absehen von diesem Erfordernis möglich machen, geltend gemacht werden),

    – die sich zu keiner anderen als der jüdischen Religionsgemeinschaft bekennen und

    – die den Nachweis erbringen, dass die Möglichkeit zu einer Aufnahme in einer jüdischen Gemeinde im Bundesgebiet besteht (dieser Nachweis erfolgt durch gutachterliche Stellungnahme der Zentralen Wohlfahrtsstelle der Juden in Frankfurt. Die Union der Progressiven Juden wird in dieses Verfahren eingebunden und kann im Rahmen dieses Verfahrens eine Stellungnahme abgeben).

    Personen, die diese Voraussetzungen erfüllen, ist gem. § 23 Abs. 2 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis oder eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen.

    Gem. § 23 Abs. 2 S. 4 AufenthG kann eine erteilte Niederlassungserlaubnis mit einer wohnsitzbeschränkenden Auflage versehen werden.

    Das OVG des Landes Sachsen-Anhalt hatte in der oben genannten Entscheidung nun darüber zu richten, ob jüdischen Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion, denen in entsprechender Anwendung von § 1 Abs. 3 HumHAG, unbefristete Aufenthaltserlaubnisse erteilt worden waren, welche gemäß § 101 Abs. 1 S. 2 AufenthG als Niederlassungserlaubnisse fortgelten, ebenfalls wohnsitzbeschränkende Auflagen erteilt werden durften.

    Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt

    Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-verneinte diese Möglichkeit und bestätigte damit ein entsprechendes Urteil des Verwaltungsgerichts Halle, gegen das die Stadt Halle (Saale) Berufung eingelegt hatte.

    Nach Ansicht des OVG unterfiele dieser Personenkreis zwar nicht dem Schutz der Regelungen der Genfer Flüchtlingskonvention, welche u. a. Freizügigkeit gewährleistet, weil die Aufnahme jüdischer Emigranten aus der Sowjetunion nicht den Zweck gehabt habe, einer Verfolgungssituation oder einem Flüchtlingsschicksal durch eine politische Lösung Rechnung zu tragen.

    Zwischen der Gruppe der Flüchtlinge und der Gruppe der jüdischen Einwanderer bestünden allerdings keine Unterschiede von solchem Gewicht, dass jüdische Emigranten in Bezug auf die Freizügigkeit anders behandelt werden dürften als Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention.

    Quelle: Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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