Inhaltskontrolle bei Gewerbemietverträgen Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
Rechtsanwalt Tieben

Rechtsanwalt Helmer Tieben
Beratung unter:
Tel.: 0221 - 80187670

Tag Archive: Inhaltskontrolle bei Gewerbemietverträgen

  1. Mietrecht: Vermieter muss Post auch nach Ende des Mietverhältnisses an Mieter weiterleiten.

    Leave a Comment

    Landgericht Darmstadt, 30.12.2013, Az.: 25 T 138/13

    Viele Vermieter meinen, dass sie gegenüber ihrem ehemaligen Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses keinerlei Sorgfalt mehr schulden. Insbesondere wenn sich die Parteien im Streit getrennt haben, kommt es dahingehend oftmals zu Differenzen zwischen Mieter und Vermieter.

    Allerdings können nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) einzelne Verpflichtungen des Vermieters auch nach Vertragsbeendigung weiter Bestand haben. Dies wurde bereits oft höchstrichterlich bestätigt.

    Solche nachvertraglichen Pflichten können im Einzelfall zum Beispiel aus den folgenden Umständen ergeben:

    • Eigenart des beendeten Mietvertrags (z.B. Geschäftsraum- oder Wohnraummiete),
    • besondere Mieterbelange (z.B. Gesundheitsgefährdung),
    • Gefahr im Verzug durch drohenden Schaden für den ehemaligen Mieter.

    Welche Pflichten haben Mieter und Vermieter?

    In dem oben genannten Fall des Landgerichts Darmstadt hatte dieses darüber zu entscheiden, ob der Vermieter verpflichtet war, Geschäftspost an den ehemaligen Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses weiterzuleiten.

    Sachverhalt des Gerichtsverfahrens

    Mieterin war eine Anwaltskanzlei

    Die Antragstellerin war bis zum 31.03.2013 gewerbliche Mieterin der der Antragsgegnerin gehörenden Geschäftsräume und betrieb dort eine Anwalts- und Notarkanzlei.

    Am 28.03.2013 zog die Antragstellerin aus den Geschäftsräumen aus und übergab der Antragsgegnerin alle Schlüssel einschließlich der Briefkastenschlüssel. Das neue Büro der Antragstellerin befand sich rund 400 m von den ehemaligen Mieträumen entfernt.

    Vermieter teilt im September mit, dass Post im April angekommen sei

    Mit Mail vom Samstag, dem 21.9.2013 (19:22 Uhr) teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass sie anlässlich der Übergabe der Räume an die neuen Mieter Geschäftspost aus dem April 2013 für die Antragstellerin in dem Briefkasten der Gewerbeeinheit vorgefunden habe; eine Foto der vorgefundenen Post war der Mail beigefügt.

    Weiter schrieb sie: „Ich habe aus bekannten Gründen wahrlich keine Veranlassung mehr, Ihnen gegenüber in irgendeiner Weise hilfsbereit zu sein. Dennoch informiere ich Sie über meinen „Fund“.

    Vermieter gibt Post trotz Aufforderung nicht heraus

    Am Vormittag des folgenden Dienstag, dem 24.9.2013, bemühten sich Mitarbeiter der Antragstellerin mehrfach vergeblich durch persönliche Vorsprache um Aushändigung der Post. Mit Schreiben vom 25.9.2013 forderte die Antragstellerin die Antragsgegnerin zur Herausgabe der Schriftstücke bis 18 Uhr am gleichen Tage auf, die Antragsgegnerin reagierte jedoch nur per Mail mit der Aufforderung an die Antragstellerin, sie nicht mehr zu belästigen.

    Ehemalige Mieterin beantragt im Eilverfahren Herausgabe der Post

    Mit Schriftsatz vom 26.9.2013, am gleichen Tag beim Amtsgericht Darmstadt eingegangen, beantragte die Antragstellerin daher, der Antragsgegnerin im Wege der Einstweiligen Verfügung die Herausgabe der dort noch eingegangenen Postsendungen aufzugeben. Die Einstweilige Verfügung wurde antragsgemäß am gleichen Tage erlassen.

    Die Antragsgegnerin erhob mit Schriftsatz vom 29.9.12013 Widerspruch und verwies darauf, dass sie nicht mehr im Besitz der von ihr vorgefundenen Sendungen sei, da sie diese schon am 23.9.2013 in einen „öffentlichen Briefkasten“ geworfen habe.

    Nach Herausgabe der Post nimmt die Mieterin den Antrag auf Eilverfahren zurück

    Die Antragstellerin nahm daraufhin den Antrag auf Erlass der Einstweiligen Verfügung zurück.

    Vermieterin wehrt sich gegen die Kostenentscheidung

    Mit Beschluss vom 8.11.2013 erlegte das Amtsgericht allerdings die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin auf. Dieser Beschluss wurde dem Bevollmächtigten der Antragsgegnerin am 13.11.2013 zugestellt. Mit einem am 25.11.2013 eingegangenen Schriftsatz erhob die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde und führt aus, es habe sowohl an einem Verfügungsanspruch als auch an einem Verfügungsgrund gefehlt.

    Entscheidung des Landgerichts Darmstadt

    Das LG Darmstadt urteilte nun, dass der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens zu Recht auferlegt worden waren und sowohl ein Verfügungsanspruch als auch ein Verfügungsgrund bestanden hätte.

    Landgericht Darmstadt entscheidet, dass Vermieterin zur Weiterleitung verpflichtet sei

    Die Antragsgegnerin sei verpflichtet gewesen, die von ihr vorgefundene Geschäftspost an die Antragstellerin auszuhändigen. Diese Pflicht ergebe sich gem. § 242 BGB nach Treu und Glauben als nachwirkende Pflicht aus dem beendeten Mietvertrag.

    Dabei handelt es sich um nachvertragliche Pflichten des Vermieters

    Es sei sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur anerkannt, dass den Vermieter als nachwirkende vertragliche Nebenpflichten Obhuts- und Aufbewahrungspflichten hinsichtlich von nicht offensichtlich wertlosen Gegenständen und Einrichtungen treffe, die der Mieter bei seinem Auszug zurücklasse.

    Das Ausmaß der Pflichten hänge insofern davon ab, ob der Mieter den Besitz der Mietsache freiwillig aufgegeben und dabei die Gegenstände zurückgelassen habe oder ob sich der Vermieter den Besitz an der Mietsache durch verbotene Eigenmacht bzw. im Wege der (vermeintlichen) Selbsthilfe wieder verschafft und dabei die Gegenstände vorgefunden habe.

    Nichts anderes könne für Postsendungen gelten, die für den Mieter bestimmt seien und nach dessen Auszug in den Gewahrsam des Vermieters gerieten. Auch hier sei der Vermieter aufgrund der nachwirkenden vertraglichen Obhuts- und Aufbewahrungspflichten nicht berechtigt, sich dieser Sendungen einfach zu entledigen. Dies habe jedenfalls dann zu gelten, wenn es sich – wie hier – nicht nur um unwichtige Werbesendungen, sondern ersichtlich um wichtige Geschäftspost für ein Anwalts- und Notarbüro handele.

    Quelle: Landgericht Darmstadt

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

    Wenn Sie rechtliche Beratung benötigen, rufen Sie uns unverbindlich unter der Rufnummer 0221 – 80187670 an oder schicken uns eine Email an info@mth-partner.de

    Rechtsanwälte in Köln beraten und vertreten Sie im Mietrecht.

  2. Mietrecht: Die Prüfung mietvertraglicher Klauseln über Schönheitsreparaturen im Gewerbemietrecht

    Leave a Comment

    Bundesgerichtshof, 12.03.2014, Az.: XII ZR 108/13

    Der Vermieter ist grundsätzlich dazu verpflichtet, dem Mieter den Mietgegenstand im vertragsgemäßen Zustand zu überlassen und während der Mietzeit auch in diesem Zustand zu erhalten. Erhaltung im vertragsgemäßen Zustand umfasst alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um dem Mieter während der gesamten Mietzeit den vertragsgemäßen Gebrauch zu ermöglichen.

    Darunter fallen insbesondere die sog. Schönheitsreparaturen, d. h. Maßnahmen zur Beseitigung von durch den vertragsgemäßen Gebrauch entstandenen Mängeln. Diese werden nahezu in allen Formularmietverträgen auf die Mieter übertragen.

    Ob diese Übertragung wirksam war, kann bei solchen Verträgen im Rahmen der AGB-Kontrolle ermittelt werden.  Die Unwirksamkeit einer Klausel bezüglich Schönheitsreparaturen kann zur Unwirksamkeit anderer Klausel führen. Zu beachten ist, dass bei Verträgen über gewerblich genutzte Räume gem. § 310 Abs. 1 BGB Besonderheiten gelten.

    Unterlässt der Mieter die Durchführung der wirksam vereinbarten Schönheitsreparaturen, dann steht dem Vermieter ein Erfüllungs- und ggf. ein Schadensersatzanspruch gegen diesen zu.

    In dem oben genannten Urteil hatte sich der Bundesgerichtshof im Rahmen der Revision mit der Auslegung und Wirksamkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinsichtlich der Schönheitsreparaturen zu beschäftigen.

    Sachverhalt: Die Klägerin hatte von der Beklagten Geschäftsräume in einem Gewerbeobjekt gemietet. In dem von der Beklagten gestellten Formularvertrag war unter anderem Folgendes vereinbart:

    § 5 Nr. 2) Der vertragsgemäße Zustand besteht, wenn die Räume im Erd- und Untergeschoss renoviert (Glasfaser weiß) sind.

    § 7 Nr. 3) Der Mieter ist verpflichtet, die Schönheitsreparaturen in einem angemessenen Turnus auszuführen. Im Hinblick auf das Gewerbe des Mieters gehen die Parteien davon aus, dass alle drei Jahre Renovierungsbedürftigkeit eintreten kann. …

    § 12 Nr. 1) Bei Beendigung des Mietverhältnisses ist das Mietobjekt in bezugsfertigem Zustand und mit sämtlichen – auch vom Mieter selbst beschaffenen – Schlüsseln zurückzugeben.

    Nachdem das Mietverhältnis von den Parteien einvernehmlich zum 31.12.2010 beendet worden war, zog die Klägerin, die während der mehr als fünfjährigen Mietdauer keine Schönheitsreparaturen durchgeführt hatte, aus den Mieträumen aus. Aufgrund eines Versehens zahlte sie noch die Miete für Januar 2011 an die Beklagte.

    Mit der Klage begehrte die Klägerin Rückzahlung der für Januar 2011 geleisteten Miete sowie Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten und Herausgabe einer der Beklagten überlassenen Originalmietbürgschaftsurkunde.

    Gegen die Zahlungsansprüche hatte die Beklagte die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen in Höhe von 5.736 €, welche Kosten für Malerarbeiten in Höhe von 3.416 € (netto) beinhaltete, erklärt.

    Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben. Auf die gegen die Verurteilung zur Zahlung gerichtete Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die landgerichtliche Entscheidung abgeändert und die Klage insoweit abgewiesen. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der zugelassenen Revision.

    Bundesgerichtshof: Der BGH folgte der Auffassung des Berufungsgerichts. Die Klage sei zu Recht abgewiesen worden, da der Beklagten gegen die Klägerin ein Schadensersatzanspruch nach §§ 280 Abs. 1 und 2, 281 Abs. 1 BGB wegen nicht durchgeführter Schönheitsreparaturen jedenfalls in Höhe der Klageforderung zustünde, mit der sie wirksam die Aufrechnung erklärt habe.

    Die Verpflichtung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen sei durch § 7 Nr. 3 des Mietvertrages wirksam auf die Klägerin übertragen worden. Durch diese Klausel sei die Klägerin auch unter Berücksichtigung der weiteren Regelung in § 12 Nr. 1 des Mietvertrages nicht unangemessen benachteiligt i. S. v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.

    Nach der gesetzlichen Regelung des § 535 Abs. 1 S. 1 BGB obliege zwar die Verpflichtung, das Mietobjekt während der gesamten Vertragszeit in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten, generell dem Vermieter. Die mietvertragliche Praxis weiche allerdings, insbesondere in Formularverträgen, seit langem von diesem gesetzlichen Leitbild ab, indem die Schönheitsreparaturen regelmäßig auf dem Mieter verlagert würden. Solche grundsätzlich zulässige Abänderung dispositiver gesetzlicher Regelung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen finde ihre Grenzen in der Vorschriften der §§ 305 ff. BGB.

    Die Klauselverbote der §§ 308, 309 BGB seien hier gem. § 310 Abs. 1 S. 1 BGB nicht anwendbar, da die Regelungen im Rahmen eines gewerblichen Mietvertrags gegenüber einem Unternehmer verwendet worden seien. Somit sei die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB durchzuführen.

    Danach könne eine Allgemeine Geschäftsbedingung unwirksam sein, wenn sie sich noch weiter als im Rahmen der mietrechtlichen Praxis erforderlich vom gesetzlichen Leitbild entferne und zu einer unangemessenen Verschärfung der vertraglichen Verpflichtungen zur Lasten des Mieters führe. Bei Schönheitsreparaturen sei dies dann der Fall, wenn die Renovierungspflichten über den tatsächlichen Renovierungsbedarf hinausgehen würden und dem Mieter eine höhere Instandhaltungsverpflichtung auferlegen würden, als sie den Vermieter ohne solche vertragliche Klausel treffen würde.

    Die Regelungen des Mietvertrags hielten  der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB jedoch stand.

    § 7 Nr.3 des Mietvertrags sei dahingehend auszulegen, dass die Klägerin zwar zu einer regelmäßigen Renovierung der Mieträume verpflichtet sein sollte, die Mietvertragsparteien die Erforderlichkeit von Schönheitsreparaturen jedoch zusätzlich von einem tatsächlich vorhandenen Bedarf abhängig machen wollten.

    Die Klägerin sei auch nicht durch die Übertragung der Schönheitsreparaturen deshalb unangemessen benachteiligt, weil sie zusätzlich durch § 12 Nr. 1 des Mietvertrags verpflichtet sei, bei Beendigung des Mietverhältnisses das Mietobjekt in bezugsfertigem Zustand zurückzugeben.

    Um diese Verpflichtung zu erfüllen, müsse der Mieter die Mieträume grundsätzlich nicht umfassend renovieren. Ausreichend sei es vielmehr, wenn er die Mieträume in einem Erhaltungszustand zurückgebe, die es dem Vermieter ermöglicht hätten, einem neuen Mieter die Räume in einem bezugsgeeigneten und vertragsgemäßen Zustand zu überlassen.

    Aus § 12 Nr. 1 i. V .m. § 5 Nr. 2 des Mietvertrags ergebe sich auch keine vom tatsächlichen Zustand der Räume unabhängige Verpflichtung zur Endrenovierung in Form eines Neuanstrichs der Wände. Die Regelungen des Vertrages seien in der Gesamtschau der für die Auslegung maßgeblichen Umstände dahingehend zu verstehen, dass der Mieter die Schönheitsreparaturen nur bei Bedarf auszuführen habe und hierfür weder ein fester Intervall bestehe noch die zwingende Notwendigkeit, die Mieträume beim Auszug frisch zu renovieren.

    Die Mieterin habe während der Nutzung der Räume keine Schönheitsreparaturen durchgeführt. Die Mieträume seien  im Zeitpunkt der Rückgabe  jedenfalls hinsichtlich des Anstrichs in einem renovierungsbedürftigen Zustand gewesen. Die Klägerin sei daher verpflichtet gewesen, den erforderlichen Wandanstrich vorzunehmen.

    Quelle: Bundesgerichtshof

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

    Wenn Sie rechtliche Beratung benötigen, rufen Sie uns unverbindlich unter der Rufnummer 0221 – 80187670 an oder schicken uns eine Email an info@mth-partner.de

    Rechtsanwälte in Köln beraten und vertreten Sie im Mietrecht.