Rechtsanwalt in Köln für Einbürgerung Archive - Seite 3 von 4 - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Rechtsanwalt in Köln für Einbürgerung

  1. Ausländerrecht: Informationen über eingestellte Ermittlungsverfahren können der Einbürgerung entgegenstehen.

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    Bundesverwaltungsgericht, 20.03.2012, Az.: 5 C 1.11

    Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ist im Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) geregelt.

    Gem. § 3 des deutschen Staatsangehörigkeitsgesetzes kann die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt gem. § 4 StAG, durch Erklärung nach § 5 StAG, durch Annahme als Kind nach § 6 StAG, durch Ausstellung der Bescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 oder 2 des Bundesvertriebenengesetzes (§ 7), durch Überleitung als Deutscher ohne deutsche Staatsangehörigkeit im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes (§ 40a) oder für einen Ausländer durch Einbürgerung (§§ 8 bis 16, 40b und 40c). erworben werden.

    Hinsichtlich der Einbürgerung eines Ausländers unterscheidet man zwischen der Anspruchseinbürgerung und der Ermessenseinbürgerung.

    1.) Anspruchseinbürgerung
    Der Ausländer hat einen Anspruch auf Einbürgerung, wenn er
    1. seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,
    2. sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt,
    3. zum Zeitpunkt der Einbürgerung ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
    4. seinen Lebensunterhalt und den seiner unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II oder XII bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
    5. seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
    6. nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist,
    7. über ausreichende Deutschkenntnisse verfügt und
    8. Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung sowie der Lebensverhältnisse in Deutschland besitzt.

    2.) Ermessenseinbürgerung
    Auch wenn die oben genannten Voraussetzungen nicht sämtlich erfüllt sind, können die Behörden den Ausländer im Rahmen der Ermessenseinbürgerung einbürgern, wenn ein öffentliches Interesse an seiner Einbürgerung besteht und einige Mindestanforderungen erfüllt sind:
    • Der Ausländer oder sein Erziehungsberechtigter stellt einen Antrag.
    • Der Ausländer hat rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.
    • Der Ausländer darf nicht wegen einer Straftat verurteilt worden sein.
    • Der Ausländer hat eine Wohnung oder andere Unterkunft.
    • Der Ausländer kann sich und seine Angehörigen grundsätzlich aus eigener Erwerbstätigkeit oder aus seinem Vermögen versorgen.

    Anspruchseinbuergerung_Ermessenseinbuergerung

    Gem. § 11 StAG ist die Einbürgerung ausgeschlossen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder die durch die Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat.

    In dem oben genannten Urteil hatte das Bundesverwaltungsgericht nun darüber zu entscheiden, ob im Rahmen des Einbürgerungsverfahrens das Verhalten eines Ausländers berücksichtigt werden durfte, welches Gegenstand eines eingestellten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens war.

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens:

    Türkischer Kläger lebte seit 20 Jahren in Deutschland

    Der Kläger war türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit und lebte seit über zwanzig Jahren in Deutschland.

    Im Frühjahr 1989 leitete die Generalbundesanwaltschaft wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger ein.

    Im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens wurde dem Kläger vorgeworfen, für die als terroristische Vereinigung eingestufte Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) von 1988 bis Februar 1994 Pässe gefälscht zu haben.

    Nach Verdacht auf terroristische Aktivitäten stellt die Anwaltschaft das Verfahren ein

    Im August 1994 stellte die Generalbundesanwaltschaft das Verfahren allerdings wegen geringer Schuld ein.

    Den im Juli 1997 gestellten Einbürgerungsantrag lehnte die beklagte Stadt Köln gleichwohl mit der Begründung ab, der Kläger sei ein aktives hochrangiges Mitglied der PKK.

    Die gegen diese Entscheidung der Stadt Köln eingelegte Klage und Berufung blieben ohne Erfolg.

    Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht weisen Klage gegen den ablehnenden Einbürgerungsbescheid ab

    Das angerufene Oberverwaltungsgericht führte aus, dass die Einbürgerung kraft Gesetzes (§ 11 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 und 3 StAG) ausgeschlossen sei, weil der Kläger durch sein Verhalten extremistische Bestrebungen unterstützt habe.

    Des Weiteren habe er auch nicht glaubhaft gemacht, sich von der früheren Unterstützung der PKK abgewandt zu haben.

    Auch das Verwertungsverbot des Bundeszentralregistergesetzes (§ 51 Abs. 1 BZRG) stehe einer Berücksichtigung des früheren Verhaltens im Einbürgerungsverfahren nicht entgegen.

    Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts:

    Auch das BVerwG schloss sich der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts an und wies die Revision des Klägers zurück.

    Zwar sei das weit gefasste registerrechtliche Verwertungsverbot (des § 51 Abs. 1 BZRG) grundsätzlich auch bei der Entscheidung über einen Einbürgerungsantrag zu beachten und eine Ausnahme von diesem Verbot sei nur in den im Bundeszentralregistergesetz ausdrücklich geregelten Fällen zulässig (hier insbesondere des § 52 Abs. 1 Nr. 1 BZRG).

    Allerdings erstrecke sich das Verwertungsverbot von vornherein nur auf solche Taten, wegen deren der Ausländer – anders als hier – strafrechtlich verurteilt worden sei.

    Somit hindere die Einstellung eines Ermittlungsverfahrens die Verwertung der zugrunde liegenden Tat im Rahmen des Einbürgerungsverfahrens nicht.

    Quelle: Bundesverwaltungsgericht

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Ausländerrecht: Die Einbürgerung kann bei einer Verurteilung zu 120 Tagessätzen wegen gefährlicher Körperverletzung versagt werden.

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    Bundesverwaltungsgericht, 20.03.2012, Az.: 5 C 5.11

    Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ist im Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) geregelt.

    Gem. § 3 StAG wird die deutsche Staatsangehörigkeit erworben

    – durch Geburt gem. § 4 StAG,
    – durch Erklärung nach § 5 StAG,
    – durch Annahme als Kind nach § 6 StAG,
    – durch Ausstellung der Bescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 oder 2 des Bundesvertriebenengesetzes (§ 7),
    – durch Überleitung als Deutscher ohne deutsche Staatsangehörigkeit im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes (§ 40a),
    – oder für einen Ausländer durch Einbürgerung (§§ 8 bis 16, 40b und 40c).

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  3. Ausländerrecht: Ein Einbürgerungsanspruch kann trotz Sozialhilfebezug und mangelnder Deutschkenntnisse des Bewerbers bestehen

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    Verwaltungsgericht Stuttgart, 02.12.2011, Az.: 11 K 839/11

    Die deutsche Staatsangehörigkeit kann neben dem Erwerb durch die Geburt oder aufgrund eines gesetzlichen Erwerbstatbestandes durch Einbürgerung erworben werden.

    Die wesentlichen Rechtsgrundlagen über Erwerb und Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit enthält das Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) in der derzeit geltenden Fassung.

    Das Staatsangehörigkeitsgesetz unterscheidet grundsätzlich zwischen der Anspruchseinbürgerung (§ 10 StAG) und der Ermesseneinbürgerung (§§ 8, 9 StAG):

    Anspruchseinbuergerung_Ermessenseinbuergerung

    Im Rahmen der Anspruchseinbürgerung besteht ein Anspruch, wenn der Anspruchssteller seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,

        • 1. sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt,
        • 2. zum Zeitpunkt der Einbürgerung ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
        • 3. seinen Lebensunterhalt und den seiner unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II oder XII bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
        • 4. seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
        • 5. nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist,
        • 6. über ausreichende Deutschkenntnisse verfügt und
        • 7. Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung sowie der Lebensverhältnisse in Deutschland besitzt.

    Die Voraussetzungen der Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG entsprechen weitgehend denen einer Anspruchseinbürgerung.

    Allerdings setzt die Ermessenseinbürgerung darüber hinaus die Feststellung eines öffentlichen Interesses an der Einbürgerung voraus.

    Ehegatten oder Lebenspartner Deutscher sollen nach § 9 StAG unter den Voraussetzungen des § 8 eingebürgert werden, wenn sie einen rechtmäßigen und gewöhnlichen Inlandsaufenthalt von drei Jahren nachweisen und die eheliche Lebensgemeinschaft mit dem deutschen Ehegatten oder Lebenspartner mindestens seit zwei Jahren im Inland besteht (keine Scheinehe).

    Ansonsten gelten auch hier die allgemeinen Einbürgerungsvoraussetzungen.

    Das Verwaltungsgericht Stuttgart hatte nun in der oben genannten Entscheidung darüber zu richten, ob ein Einbürgerungsbewerber einen Anspruch auf Einbürgerung hat, auch wenn er über die von § 10 Abs. 1 Nr. 6 und Nr. 7 StAG geforderten ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache und der Rechts- und Gesellschaftsordnung in Deutschland nicht verfügt.

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens:

    Türkische Klägerin hatte wegen gesundheitlicher Probleme eine gesetzliche Betreuerin

    Die im Jahre 1949 geborene Klägerin war türkische Staatsangehörige und im Jahr 1991 in das Bundesgebiet eingereist.

    Nach Ankunft im Bundesgebiet beantragte sie Asyl und wurde mit Bescheid aus dem Jahre 1994 vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge als Asylberechtigte i. S. d. § 51 Abs.1 AuslG anerkannt.

    Seit 1994 war die Klägerin dann ebenfalls im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis.

    Mit Bescheid vom aus dem Jahre 2006 widerrief das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die mit Bescheid aus dem Jahre 1994 erfolgte Anerkennung der Klägerin als Asylberechtigte sowie die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen und stellte gleichzeitig fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht vorliegen.

    Ab dem Jahre 2010 wurde für die Klägerin eine ehrenamtliche gesetzliche Betreuerin bestellt, da das Betreuungsgericht im Rahmen einer Überprüfung festgestellt hatte, dass die Klägerin aufgrund einer psychischen Erkrankung und körperlichen Behinderung in Form eines apoplektischen Insult und zentraler Gehstörungen nicht in der Lage war, die dem Betreuer übertragenen Aufgabenkreise für sich selbst eigenverantwortlich zu besorgen.

    Zum Aufgabenkreis der Betreuerin gehörten unter Anderem auch die persönlichen Angelegenheiten, insbesondere auch die Vertretung bei und vor Gerichten, Behörden und sonstigen öffentlichen Einrichtungen.

    Das städtische Gesundheitsamt stellte bei der Klägerin ebenfalls einen Zustand nach apoplektischem Insult mit reflektierendem hirnorganischem Psychosyndrom, eine zentrale Gehstörung und primären Analphabetismus fest.

    Diese schwere geistige und körperliche Behinderung führe nach Ansicht des Gesundheitsamtes zur absoluten Geschäftsunfähigkeit im Sinne des BGB bei der Klägerin, da sich gravierende Einschränkungen hinsichtlich der Gedankenführung, der Urteils- und Kritikfähigkeit sowie des Einsichtsvermögens bei der Klägerin fänden.

    Klägerin beantragte durch die Betreuerin die Einbürgerung in den deutschen Staatsverband

    Anfang 2010 beantragte die Klägerin dann die Einbürgerung in den deutschen Staatsverband. Nach einer Auskunft aus dem Zentralregister gab es über die Klägerin keine Eintragung. Die Klägerin bezog gemeinsam mit ihrem Ehemann Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch.

    Mit Bescheid Anfang 2011 lehnte die Stadt Heilbronn den Antrag auf Einbürgerung ab und führte zur Begründung aus, dass aufgrund des Betreuungsverhältnisses davon auszugehen sei, dass die Klägerin handlungsunfähig i.S.d. § 80 AufenthG sei.

    Die Klägerin habe zwar die für die Einbürgerung notwendige Bekenntnis- und Loyalitätserklärung unterschrieben. Es werde jedoch bezweifelt, dass sie den Inhalt verstanden habe.

    Aufgrund der Handlungsunfähigkeit der Klägerin sei allerdings von den Voraussetzungen nach § 10 S. 1 Nr. 1 StAG (Bekenntnis- und Loyalitätserklärung) und § 10 S. 1 Nr. 7 StAG (Kenntnisse zur Rechts- und Gesellschaftsordnung) abzusehen.

    Einbürgerungsbehörde lehnt die Einbürgerung wegen fehlender Sprachkenntnisse ab

    Nicht abzusehen sei aber von der Voraussetzung des § 10 S. 1 Nr. 6 (ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache), welche bei der Klägerin ebenfalls nicht vorläge.

    So sei bereits in den Jahren 2003 und 2007 durch die Behörde festgestellt worden, dass die mündliche Verständigung mit der Klägerin sehr schwierig sei.

    Auch hätten die Klägerin und ihr Ehemann angegeben, in der Türkei keine Schule besucht zu haben.

    Im Jahre 2008 habe die Klägerin einen Schlaganfall erlitten und leide seitdem unter den Folgeerscheinungen.

    Bis zum Zeitpunkt des Schlaganfalls habe die Klägerin jedoch keine Fortschritte beim Erlernen der deutschen Sprache gemacht.

    Aufgrund der vorliegenden ärztlichen Atteste könne somit davon ausgegangen werden, dass die Klägerin wegen ihrer Erkrankung nicht an einem Deutschtest teilnehmen könne.

    Es sei jedoch auch nicht ersichtlich, dass sich die Klägerin in den Jahren davor hinreichend bemüht hätte, die deutsche Sprache zu erlernen.

    Daher könne sich die Klägerin nicht auf § 10 Abs. 6 StAG berufen, so dass die Einbürgerungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 StAG nicht erfüllt sei.

    Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin ebenfalls Anfang 2011 Widerspruch ein, nachdem Sie aufgrund der langen Fortdauer des Verfahrens bereits Untätigkeitsklage eingelegt hatte.

    Im Rahmen dieser Untätigkeitsklage beantragte die Klägerin dann, den Bescheid der Stadt Heilbronn aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie in den deutschen Staatsverband einzubürgern

    Hilfsweise beantragte die Klägerin, die Beklagte zu verpflichten, ihr eine Einbürgerungszusicherung zu erteilen.

    Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart:

    Das Verwaltungsgericht Stuttgart folgte der Ansicht der Klägerin und urteilte, dass der Bescheid der Stadt Heilbronn rechtswidrig sei und die Klägerin in ihren Rechten verletze.

    Dennoch habe die Klägerin nur einen Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung, ihrem Hilfsantrag folgend.

    Das VG Stuttgart führte aus, dass der geltend gemachte Anspruch auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband sich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung beurteile.

    Einer Anspruchseinbürgerung der Klägerin in den deutschen Staatsverband stünde zunächst die Vorschrift des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 StAG entgegen, wonach Voraussetzung der Einbürgerung sei, dass der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert.

    Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall, da sie im Besitz der türkischen Staatsangehörigkeit sei und türkische Staatsangehörige mit der Einbürgerung in den deutschen Staatsverband ihre bisherige Staatsangehörigkeit nicht automatisch verlören.

    Die Klägerin habe ihre türkische Staatsangehörigkeit bislang auch nicht aufgegeben.

    Auch lägen die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 S. 1 StAG, wonach von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 StAG abgesehen werde, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann, nicht vor.

    Das Gericht folgt dem Antrag der Klägerin auf Erteilung der Einbürgerungszusicherung

    Allerdings sei der von der Klägerin gestellte Hilfsantrag auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung zulässig und habe in der Sache Erfolg.

    Die Einbürgerungszusicherung sei eine dem allgemeinen Verfahrensrecht entlehntes Institut, welches in Einbürgerungsverfahren in ständiger Praxis auf Fälle drohender Mehrstaatigkeit angewandt werde.

    Zwar stünde die Erteilung einer Zusicherung grundsätzlich im Ermessen der Behörde.

    Dieses Ermessen reduziere sich aber auf eine Pflicht zur Erteilung einer Einbürgerungszusicherung, wenn die Durchsetzung eines Einbürgerungsanspruchs dadurch ermöglicht oder doch wesentlich erleichtert werde, dass der Einbürgerungsbewerber zum Zwecke der Aufgabe seiner bisherigen Staatsangehörigkeit eine solche Zusicherung erhalte.

    Auch die für die Einbürgerungszusicherung notwendigen sonstigen Voraussetzungen eines Einbürgerungsanspruchs würden vorliegen.

    Denn die Klägerin habe in der Sache – abgesehen vom Erfordernis der Aufgabe ihrer türkischen Staatsangehörigkeit – einen Einbürgerungsanspruch nach § 10 StAG.

    Die Inanspruchnahme von Hartz 4 habe die Klägerin nicht zu vertreten

    Entgegen der Ansicht der beklagten Behörde seien nämlich auch die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StAG erfüllt.

    Zwar bezöge die Klägerin seit jeher Leistungen nach dem SGB II. Deren Inanspruchnahme habe sie indes nicht zu vertreten.

    Zu Beginn ihres Aufenthalts im Bundesgebiet sei der Klägerin eine Arbeitsaufnahme wegen der Betreuung ihrer sechs Kinder unzumutbar gewesen.

    Aber auch mit fortschreitendem Alter der Kinder und der damit verbundenen verringerten Betreuungsbedürftigkeit sei der weiter bestehende Leistungsbezug nicht zu vertreten gewesen, da die Klägerin keinerlei Qualifikation für den Arbeitsmarkt habe vorweisen können und bei ihr damit ein objektiv vermittlungshemmendes Merkmal vorgelegen habe, eine zumutbare Beschäftigung zu finden.

    Die Klägerin sei schließlich Analphabetin und spreche die deutsche Sprache nicht.

    Dass für die Klägerin vor ihrem Schlaganfall eine irgendwie geartete Vermittlungsmöglichkeit auf dem deutschen Arbeitsmarkt bestanden habe, habe die Beklagte auch in der mündlichen Verhandlung nicht aufzuzeigen vermocht.

    Auch die fehlenden Sprachkenntnisse seien laut Gericht wegen der Krankheit unschädlich

    Hinsichtlich der fehlenden Deutschkenntnisse (§ 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 StAG) könne sich die Klägerin entgegen der Ansicht der Beklagten auf die Ausnahmevorschrift des § 10 Abs. 6 StAG berufen, da die Klägerin wegen ihrer Krankheit nicht mehr in der Lage sei, die geforderten Kenntnisse zu erwerben.

    Denn entgegen der Ansicht der Beklagten würde § 10 Abs. 6 StAG nicht darauf abstellen, ob sich ein Einbürgerungsbewerber die entsprechenden Kenntnisse der deutschen Sprache (bzw. der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland) in der Vergangenheit aneignen habe können.

    Maßgebend sei allein, ob der Einbürgerungsbewerber zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 und 7 StAG nicht mehr erfüllen könne.

    Quelle: Verwaltungsgericht Stuttgart

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  4. Ausländerrecht: Feststellung der Identität ist Voraussetzung der Einbürgerung

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    Bundesverwaltungsgericht, 01.09.2011, Az.: 5 C 27.10

    Gem. § 10 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) 2005 ist ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, auf Antrag einzubürgern, wenn er

    1. sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben oder die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Handlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,

    2. freizügigkeitsberechtigter Unionsbürger oder gleichgestellter Staatsangehöriger eines EWR-Staates ist oder eine Aufenthaltserlaubnis-EU oder eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als in den §§ 16, 17, 22, 23 Abs. 1, §§ 23a, 24 und 25 Abs. 3 und 4 des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt.

    3. den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann,

    4. seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert und

    5. nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist.

    In der neuen Fassung des § 10 Staatsangehörigkeitsgesetz ist wiederum bestimmt, dass ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach Maßgabe des § 80 des Aufenthaltsgesetzes oder gesetzlich vertreten ist, auf Antrag einzubürgern ist, wenn er

    1. sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die

    – gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder

    – eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder

    – durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,

    – oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,

    2. ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16, 17, 20, 22, 23 Abs. 1, §§ 23a, 24 und 25 Abs. 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,

    3. den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,

    4. seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,

    5. weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,

    6. über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt und

    7. über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt.

    Neben der Anspruchseinbürgerung gibt es ebenfalls noch die Ermessenseinbürgerung:

    Anspruchseinbuergerung_Ermessenseinbuergerung

    Das Bundesverwaltungsgericht hatte in der oben genannten Entscheidung nun darüber zu richten, ob es Voraussetzung für die Einbürgerung ist, dass die Identität des Antragstellers nachgewiesen werden kann.

    Sachverhalt: Die 1988 geborene und seit 1995 in Deutschland lebende Klägerin war Angehörige der Glaubensgruppe der Yeziden.
    Das Yezidentum ist eine religiöse Minderheit unter den mehrheitlich moslemischen Kurden deren Mitglieder in der Türkei ethnisch, politisch und religiös verfolgt werden.

    Wegen dieser Gruppenverfolgung wurde die Klägerin im Mai 1999 in Deutschland als Asylberechtigte in Deutschland anerkannt.

    Seit Juli 2004 besaß die Klägerin einen Reiseausweis für Flüchtlinge, in welchem der Vermerk eingetragen war: „Identität nicht nachgewiesen“.

    In dem letzten, im Jahre 2008 ausgestellten Reiseausweis, war vermerkt, dass die eingetragenen Personalien auf eigenen Angaben der Klägerin beruhten.

    Die Klägerin war seit Juni 1999 im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis, die als Niederlassungserlaubnis fort galt.

    Im September 2004 beantragte die Klägerin die Einbürgerung.

    Trotz wiederholter Aufforderungen der Einbürgerungsbehörden, ihre Identität durch einen Auszug aus dem Geburtseintrag der türkischen Standesamtsbehörde bzw. andere Identitätsnachweise vorzulegen, erklärte die Klägerin, dass sie diese Nachweise nicht beibringen könne.

    Aus diesem Grund lehnte der Oberbürgermeister als Beklagter den Antrag der Klägerin durch Bescheid ab.

    Mit der Klage machte die Klägerin unter Anderem geltend, dass es ihr als Asylberechtigte nicht zumutbar sei, mit dem türkischen Staat Kontakt wegen amtlicher Unterlagen aufzunehmen.

    Das Verwaltungsgericht Arnsberg wies die Klage ab, das Oberverwaltungsgericht Münster hingegen gab der Berufung der Klägerin statt und verpflichtete die Beklagte, die Klägerin in den deutschen Staatsverband einzubürgern.

    Bundesverwaltungsgericht: Das BVerwG hat in dem oben genannten Urteil die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

    Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts sei eine Klärung der Identität des Einbürgerungsbewerbers in der gesetzlichen Regelung (insbesondere des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und 5 StAG sowie der Ausschlussgründe nach § 11 StAG 2005) vorausgesetzt.

    Die verlässliche Prüfung wesentlicher Einbürgerungsvoraussetzungen sei sonst nicht möglich.

    Entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts sei die Einbürgerungsbehörde zu einer Identitätsprüfung nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet.

    Darüber hinaus wies das BVerwG darauf hin, dass die vorliegenden Reiseausweise der Klägerin weder abschließende noch andere Behörden bindende Identitätsfeststellungen enthielten.

    Somit werde das Oberverwaltungsgericht die Zumutbarkeit der von der Klägerin geforderten Mitwirkungshandlungen überprüfen und gegebenenfalls auch selbst weitere Ermittlungen anstellen müssen.

    Quelle: Bundesverwaltungsgericht

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