Rechtsanwalt in Köln für Aufenthaltserlaubnis Archive - Seite 2 von 4 - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Rechtsanwalt in Köln für Aufenthaltserlaubnis

  1. Ausländerrecht: Die Aufenthaltserlaubnis muss das assoziationsrechtliche Recht des Daueraufenthaltes eindeutig erkennen lassen

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    Bundesverwaltungsgericht, 22.05.2012, Az.: BVerwG 1 C 6.11

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    Nach dem 1963 abgeschlossenen Assoziierungsabkommen EWG – Türkei erwerben türkische Arbeitnehmer durch die Beschäftigung in einem Mitgliedstaat im Zuge einer stufenweisen Verfestigung nach insgesamt vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung einen unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt und ein entsprechendes Aufenthaltsrecht (Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80).

    Art. 7 ARB 1/80 wiederum privilegiert Familienangehörige eines dem regulären Arbeitsmarkt angehörenden türkischen Arbeitnehmers.

    In dem oben genannten Urteil des BVerwG hatte das BVerwG nun darüber zu entscheiden, ob in Deutschland lebenden Familienangehörigen eines türkischen Arbeitnehmer, welchen nach dem Assoziationsrecht EWG/Türkei ein Daueraufenthaltsrecht zusteht, eine Niederlassungserlaubnis beanspruchen können, wenn sie nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt ohne öffentliche Mittel zu sichern.

    Sachverhalt: Die Klägerin war eine 35jährige Tochter eines türkischen Arbeitnehmers und lebte seit 1990 in Deutschland.

    Ihr stand gem. Art. 7 Satz 1, 2. Spiegelstrich des Beschlusses 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei (ARB 1/80) ein Daueraufenthaltsrecht in Deutschland zu, welches nur unter sehr engen Voraussetzungen erlöschen kann.

    Die Ausländerbehörde hat ihr eine auf jeweils höchstens drei Jahre befristete Aufenthaltserlaubnis ausgestellt und diese auch regelmäßig verlängert.

    Die Klägerin beantragte die Erteilung einer (unbefristeten) Niederlassungserlaubnis. Dieses Ansinnen lehnte die Ausländerbehörde ab, weil die Familie ihren Lebensunterhalt überwiegend aus öffentlichen Mitteln bestritt.
    Auch vor dem Verwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht blieb die Klage erfolglos.

    Bundesverwaltungsgericht: Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte die Urteile der Vorinstanzen. Gleichzeitig sprach das BVerwG aus, dass der Wunsch der Klägerin, ihr Daueraufenthaltsrecht nach außen erkennbar bescheinigt zu erhalten, berechtigt sei.

    Die bisher übliche Form und Bescheinigung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 4 Abs. 5 AufenthG genüge den Anforderungen des Assoziationsrechts insofern nicht.

    Vielmehr müsse eine Aufenthaltserlaubnis, die ein assoziationsrechtliches Daueraufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1, 2. Spiegelstrich ARB 1/80 bescheinige, eine Gültigkeitsdauer von wenigstens fünf Jahren aufweisen.

    Darüber hinaus müsse sie eindeutig erkennen lassen, dass ihr ein assoziationsrechtliches Daueraufenthaltsrecht zu Grunde liege.

    Nur mit diesen Angaben könnten die betroffenen Ausländer im Rechtsverkehr das ihnen zustehende Daueraufenthaltsrecht auf einfache und praxisgerechte Weise dokumentieren.

    Quelle: Bundesverwaltungsgericht

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Ausländerrecht: Bei Wechsel eines Studienganges kann gem. § 16 Abs. 2 AufenthG die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zu Studiumszwecken versagt werden.

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    Verwaltungsgericht Freiburg, 28.03.2012, Az.: 4 K 333/12

    Aktualisierung: September 2021

    Der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung ist in Kapitel 2 Abschnitt 3 des Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz) geregelt.

    § 16a Abs.1 regelt die Aufenthaltserlaubnis zur betrieblichen Aus- und Weiterbildung während § 16a Abs. 2 AufenthG die Aufenthaltserlaubnis zur schulischen Berufsausbildung zum Regelungsgegenstand hat.

    § 16b AufenthG wiederum regelt die Aufenthalte zur Durchführung eines Vollzeit- und eines Teilzeitstudiums.

    Das Studium des Ausländers ist nur an den dort genannten Hochschulen zulässig. Dies sind

    – die staatliche Hochschule, die staatlich anerkannte Hochschule (Universität, Kunsthochschule, Fachhochschule),
    – eine vergleichbare Ausbildungseinrichtung (Beispiel: Berufsakademie).

    Oftmals finden ausländische Studenten schon während des Studiums eine gutbezahlte Arbeit in Deutschland und begehren dann eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Erwerbstätigkeit (Zweckwechsel).

    Diesem Begehren steht allerdings in den meisten Fällen § 16b Abs. 4 AufenthG entgegen. Während eines Studienaufenthalts darf eine Aufenthaltserlaubnis für einen anderen Aufenthaltszweck nur zum Zweck einer qualifizierten Berufsausbildung, der Ausübung einer Beschäftigung als Fachkraft, der Ausübung einer Beschäftigung mit ausgeprägten berufspraktischen Kenntnissen nach § 19c Absatz 2 oder in Fällen eines gesetzlichen Anspruchs erteilt werden.

    Auch dem Wechsel des Studiengangs kann § 16b Abs. 4 AufenthG entgegenstehen. Dieser Studiengangwechsel kann darüber hinaus auch durch § 16b Abs. 2 Satz 4 AufenthG beschränkt sein.

    § 16b Abs. 2 Satz 4 AufenthG bestimmt nämlich, dass die Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Studiums nur dann verlängert werden kann, wenn der Aufenthaltszweck noch nicht erreicht ist und in einem angemessenen Zeitraum noch erreicht werden kann.

    Wenn ein Studienfachwechsel also zu einer Überschreitung des für das Studium angemessenen Zeitraums führt, kann die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis durch die Ausländerbehörde auch gem. § 16b Abs. 2 Satz 4 AufenthG versagt werden.

    In der oben genannten Entscheidung hatte das Verwaltungsgericht Freiburg im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes darüber zu entscheiden, ob der angestrebte Studiengangwechsel eines Studenten einen Wechsel des Aufenthaltszwecks darstellt und ob die Annahme eines Ausnahmefalls vom Regelversagungsgrund gegeben ist.

    Bitte beachten: Das Urteil bezieht sich noch auf die alte Rechtslage, kann aber ebenfalls für den neuen § 16b AufenthG gelten.

    Sachverhalt des Gerichtsurteils

    Antragsteller studierte zuerst erfolglos Jura

    Der Antragsteller hatte in Deutschland mit einer Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken mehrere Semester Jura studiert und das Studium bisher nicht erfolgreich abschließen können.

    Zwischen dem 30.11.2009 und dem 13.08.2010 hatte der Antragsteller einen ununterbrochenen Aufenthalt in der Republik Guinea. Einen fristgerechten Antrag auf Verlängerung der Wiedereinreisefrist stellte der Antragsteller nicht.

    Nach einem Auslandsaufenthalt will der Antragsteller Islamwissenschaften studieren

    Nach Wiedereinreise am 13.08.2010 stellte der Antragsteller dann am 15.09.2010 einen Antrag auf Verlängerung bzw. Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Studiums der Islamwissenschaft.

    Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg

    Das VG Freiburg wies den Antrag des Antragstellers auf einstweiligen Rechtsschutz ab. Denn nach § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG setze die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zunächst voraus, dass der Antragsteller mit einem erforderlichen Visum eingereist sei.

    Durch den überlangen Auslandsaufenthalt war die Aufenthaltserlaubnis erloschen

    Durch den achtmonatigen Aufenthalt des Antragstellers in der der Republik Guinea, sei die ursprüngliche Aufenthaltserlaubnis, die seine Wiedereinreise ggf. hätte gestatten können, gem. § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG erloschen.

    Außerdem stellt der Wechsel des Studienganges einen Zweckwechsel dar

    Der Wechsel des Studiengangs von der Rechtswissenschaft zu der Islamwissenschaft und Geschichte stelle darüber hinaus voraussichtlich einen Wechsel des Aufenthaltszwecks im Sinne von § 16 Abs. 2 S. 1 AufenthG dar.

    Eine Ausnahme ist nicht ersichtlich, da kein atypischer Geschehensablauf vorliege

    Auch sei für die Annahme eines Ausnahmefalls vom Regelversagungsgrund des § 16 Abs. 2 S. 1 AufenthG aller Voraussicht nach kein Raum, weil das Nichterreichen des ursprünglich angestrebten Studienziels keinen atypischen Geschehensablauf darstelle.

    Nach dem Regelversagungsgrund des § 16 Abs. 2 Satz 1 AufenthG solle während des Aufenthalts nach § 16 Abs. 1 oder 1a AufenthG in der Regel keine Aufenthaltserlaubnis für einen anderen Aufenthaltszweck erteilt oder verlängert werden, sofern nicht ein gesetzlicher Anspruch besteht.

    Der vom Antragsteller vorgenommene Wechsel des Studiengangs von Rechtswissenschaft zu Islamwissenschaft und Geschichte stelle einen Wechsel des Aufenthaltszwecks im Sinne von § 16 Abs. 2 Satz 1 AufenthG dar, zumal der Antragsteller das ursprüngliche Studium der Rechtswissenschaft voraussichtlich wegen der Aussichtslosigkeit, es erfolgreich abzuschließen, abgebrochen habe und ihm die bisherigen Studienleistungen nicht angerechnet werden könnten.

    Auch für die Annahme eines Ausnahmefalls vom Regelversagungsgrund des § 16 Abs. 2 Satz 1 AufenthG sei im Fall des Antragstellers sehr wahrscheinlich kein Raum, weil das Nichterreichen des ursprünglich angestrebten Studienziels keinen atypischen Geschehensablauf darstelle.

    Auch aus der Regelung in Nr. 16.2.5 der VV-AufenthG, wonach ein Fachrichtungswechsel ausnahmsweise möglich sein soll, wenn die Gesamtstudiendauer zehn Jahre nicht überschreitet, könne sich keine Ausnahme vom Regelversagungsgrund des § 16 Abs. 2 AufenthG ergeben.

    Quelle: Verwaltungsgericht Freiburg

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  3. Ausländerrecht: Auswirkungen der rechtlichen Unsicherheit des Spracherfordernisses beim Ehegattennachzug zu Deutschen im vorläufigen Rechtsschutzverfahren

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    Verwaltungsgericht Oldenburg, 10.05.2012, Az.: 11 B 3223/12

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    Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen abgelehnt und die Abschiebung angedroht, kann gegen diesen Verwaltungsakt Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht eingelegt werden.

    Grundsätzlich haben eingelegte Rechtsbehelfe im Verwaltungsrecht aufschiebende Wirkung, wie sich aus § 80 I S.1 VwGO ergibt.

    Aufschiebende Wirkung bedeutet, dass die Behörde die von ihr erlassene Verfügung so lange nicht vollstrecken kann, wie über den eingelegten Rechtsbehelf noch nicht entschieden wurde.

    Bei einigen Verwaltungsakten können die eingelegten Rechtsbehelfe allerdings schon von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung entfalten bzw. kann die Behörde den sofortigen Vollzug des Verwaltungsaktes anordnen.

    Auch können die Länder gem. § 80 Abs. 2 S. 2 VwGO bestimmen, dass Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

    Bei der Androhung der Abschiebung handelt es sich um eine Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung i.S.v. § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO.

    In Ländern, die von der Ermächtigung in § 80 Abs. 2 S. 2 VwGO Gebrauch gemacht haben, müssen betroffene Ausländer somit jederzeit mit der Vollziehung der Abschiebung rechnen, obwohl ein Rechtsbehelf gegen die Ablehnung und die Androhung der Abschiebung eingelegt
    wurde.

    In diesen Fällen können betroffene Ausländer allerdings beantragen, dass die aufschiebende Wirkung gem. § 80 Abs. 5 VwGO im vorläufigen Rechtsschutzverfahren wieder hergestellt wird.

    In diesem vorläufigen Rechtsschutzverfahren prüft das Gericht dann überschlägig die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs um den Ausländer vor den negativen Folgen einer schnellen Vollziehung des Verwaltungsaktes zu schützen.

    Aufenthaltstitel_nach_dem_AufenthaltsG

    In der oben genannten Entscheidung des VG Oldenburg begehrte eine Ukrainerin erfolgreich gem. § 80 Abs. 5 VwGO, dass die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen einen Bescheid der Ausländerbehörde, mit welchem ihr Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen abgelehnt und die Abschiebung in die Ukraine angedroht wurde, wiederherzustellen.

    Dabei prüfte das Verwaltungsgericht Oldenburg insbesondere, ob die fehlenden Deutschkenntnisse der Antragstellerin den Nachzug zu ihrem Ehemann verhindern würden.

    Sachverhalt: Die Antragstellerin beantragte den Familiennachzug zu ihrem deutschen Ehemann bei der zuständigen Ausländerbehörde. Diesen hatte sie im Februar 2012 in Dänemark geheiratet.

    Die Antragstellerin war in der Lage, ihren Lebensunterhalt zu sichern, ihre Identität war geklärt und die Passpflicht erfüllt.

    Allerdings konnte sie sich nicht zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen (§§ 28 Abs. 1 Satz 5, 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG).

    Verwaltungsgericht Oldenburg: Das VG Oldenburg gab der Antragstellerin Recht und urteilte, dass das Interesse der Antragstellerin vorläufig in der Bundesrepublik Deutschland verbleiben zu dürfen das öffentliche Interesse an einer baldigen Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde.

    Nach Ansicht des VG Oldenburg sei zwar in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zunächst geklärt gewesen, dass das für den Familiennachzug erforderliche Spracherfordernis mit höherrangigem Recht, insbesondere mit Art. 7 Abs. 2 der Familiennachzugsrichtlinie 2003/86/EG des Rates vereinbar sei.

    An dieser Vereinbarkeit seien jedoch neuerdings berechtigte Zweifel entstanden.

    So habe das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 28. Oktober 2011 – 1 C 9.10 – InfAuslR 2012, 59) im Rahmen einer Kostenentscheidung nach Erledigung des Rechtsstreits die Auffassung vertreten, dass die Frage, ob das Spracherfordernis gegen die genannte Bestimmung der Familiennachzugsrichtlinie verstoße, zweifelhaft geworden sei und bei Fortführung des Verfahrens dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Klärung hätte vorgelegt werden müssen.

    Dabei sei auf eine Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 4. Mai 2011 gegenüber dem Europäischen Gerichtshof im Verfahren C-155/11 PPU verwiesen worden.

    Hierin werde unter Berücksichtigung des Wortlauts des Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/86 EG, des systematischen Zusammenhangs mit Abs. 1 der Bestimmung, der Zielsetzung der Richtlinie und des Art. 8 EMRK, wonach der Familiennachzug nicht unangemessen erschwert werden dürfe, die auch nach Meinung des Verwaltungsgerichts Oldenburg gut nachvollziehbare Auffassung vertreten, dass eine Verweigerung der Einreise und des Aufenthalts nicht wegen einer nicht bestandenen Eingliederungsprüfung im Ausland erfolgen dürfe.

    Vielmehr erlaube Art. 7 Abs. 2 der Familiennachzugsrichtlinie lediglich, Integrationsmaßnahmen nach der Aufenthaltsgewährung zu fordern.

    Das angeführte Verfahren beim Europäischen Gerichtshof sei mit Beschluss vom 10. Juni 2011 ohne Entscheidung zur Sache beendet worden, weil sich der zu Grunde liegende Rechtstreit in der Hauptsache erledigt hatte.

    Die mithin ungeklärte Rechtsfrage könne wegen ihrer Schwierigkeit und weitreichenden Bedeutung nicht in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren geklärt werden, sondern bedürfe einer sorgfältigen Beurteilung im Hauptsacheverfahren, in dem auch eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV in Erwägung zu ziehen sei.

    Auch könne nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes Oldenburg die aufgeworfene europarechtliche Frage hier nicht deshalb unbeantwortet bleiben, weil die Familiennachzugsrichtlinie nach ihrem Art. 1 nur für den Nachzug zu Drittstaatsangehörigen gelte, nicht aber für die hier angestrebte Familienzusammenführung mit einem deutschen Staatsangehörigen.

    Denn durch die in § 28 Abs. 1 Satz 5 AufenthG angeordnete entsprechende Anwendung des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG habe der Gesetzgeber die Bestimmungen für den Nachzug zu Deutschen von dem Bestand der Regelungen über den Nachzug zu Drittstaatsangehörigen abhängig gemacht.

    Dass die Antragstellerin nicht mit dem gem. § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG erforderlichen nationalen deutschen Visum eingereist sei, wäre unschädlich, wenn die Antragstellerin das Spracherfordernis nach § 28 Abs. 1 Satz 5 AufenthG nicht erfüllen müsste.

    Denn nach § 39 Nr. 6 AufenthV könne ein Ausländer einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet einholen, wenn er einen von einem anderen Schengen-Staat ausgestellten Aufenthaltstitel besäße und auf Grund dieses Aufenthaltstitels berechtigt sei, sich im Bundesgebiet aufzuhalten, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erfüllt wären.

    Alle sonstigen gesetzlichen und regelhaften Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG würde die Antragstellerin erfüllen, so dass diese dann zwingend zu erteilen wäre.

    Nach den nicht zweifelhaften Angaben der Antragstellerin, die auch von dem Antragsgegner nicht in Frage gestellt worden seien, sei sie bei Beantragung der Aufenthaltserlaubnis im Besitz eines nationalen polnischen Visums der Kategorie D gewesen.

    Dieses Visum stelle einen Aufenthaltstitel im Sinne des § 39 Nr. 6 AufenthV dar und berechtige nach Art. 21 Abs. 2 a des Schengener Durchführungsabkommens zum Aufenthalt in den anderen Schengen-Staaten für die Dauer von insgesamt drei Monaten und sei nicht wie nach der vorherigen Regelung in Art. 18 Satz 2 SDÜ lediglich einem Schengen-Visum, welches der speziellen Regelung des § 39 Nr. 3 AufenthV unterfalle, gleichgestellt.

    Wäre das Spracherfordernis unwirksam, müsse nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Oldenburg auch davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG bereits bei der Einreise und damit während der Berechtigung, sich auf Grund des polnischen Visums in Deutschland aufzuhalten, erfüllt waren.

    Da der Ausgang des Rechtsstreits somit derzeit nicht sicher zu beurteilen sei, überwiege bei der erforderlichen Abwägung der betroffenen Belange das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin, da eine gleichwohl durchgeführte Aufenthaltsbeendigung nur schwer wieder rückgängig gemacht werden könnte.

    Quelle: Verwaltungsgericht Oldenburg

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  4. Ausländerrecht: Gerichtsentscheidung zum eigenständigen Aufenthaltsrecht des Ehegatten

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    Verwaltungsgericht Karlsruhe, Beschluss vom 23.01.2012, 6 K 6/12

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    Das eigenständige Aufenthaltsrecht für Ehegatten ist in § 31 AufenthG geregelt.

    Gem. § 31 Abs. 1 AufenthG wird die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzuges unabhängiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr verlängert, wenn

    1. Die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens 3 Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat oder

    2. der Ausländer gestorben ist, während die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet bestand

    und der Ausländer bis dahin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG war, es sei denn, er konnte die Verlängerung aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht rechtzeitig beantragen.

    Nach § 31 Abs. 2 AufenthG ist von der Voraussetzung des dreijährigen rechtmäßigen Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft abzusehen, soweit es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen.

    Mit dieser Ausnahmeregelung soll insbesondere solchen Ehegatten dennoch eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, die Opfer von häuslicher Gewalt geworden sind oder die sich in einer schwierigen Lage befinden würden, sollten Sie gezwungen sein, in ihr Heimatland zurück zu kehren.

    Aufenthaltstitel_nach_dem_AufenthaltsG

    Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatte nun in dem oben genannten Eilverfahren darüber zu entscheiden, ob eine Staatsbürgerin aus Bosnien-Herzegowina ein Recht auf Erteilung/Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis als eigenständiges Aufenthaltsrecht hatte.

    Sachverhalt: Die Antragstellerin hatte im September 2008 die Ehe mit einem deutschen Staatsangehörigen in Bosnien Herzegowina geschlossen und lebte seit November 2008 in der BRD.

    Nach der sich im Eilverfahren darstellenden Sachlage bestand die eheliche Lebensgemeinschaft mit ihrem Ehemann seit Juli 2011 nicht mehr.

    Anträge auf Erteilung/Verlängerung der Aufenthaltserlaubnisse wurden durch die zuständige Ausländerbehörde abgelehnt und die Abschiebung angedroht.

    Daraufhin machte die Antragstellerin im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes geltend, aufgrund der Dauer ihrer Ehe im Bundesgebiet nach der vor dem 01.07.2001 geltenden Gesetzeslage ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erworben zu haben.

    Jedenfalls lag nach Ansicht der Antragstellerin eine besondere Härte vor, die eine Ausnahme rechtfertige.

    VG Karlsruhe: Das Verwaltungsgericht Karlsruhe sah keine Veranlassung, die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Antragstellerinnen gegen die Ablehnung ihrer Anträge auf Erteilung/Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnisse anzuordnen.

    Nach Ansicht des Gerichts habe die Antragstellerin aller Voraussicht nach keinen Anspruch auf Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG i. V. m. § 28 Abs. 2 S. 2 AufenthG, wonach die Aufenthaltserlaubnis eines ausländischen Ehegatten eines Deutschen verlängert wird, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.

    Denn eine eheliche Lebensgemeinschaft könne nur dann angenommen werden, wenn außer dem formalen rechtlichen Band der Ehe auch eine tatsächliche Eheverbundenheit zwischen den Ehegatten bestehe oder in einem überschaubaren Zeitraum wiederhergestellt werde.

    Von einer solchen tatsächlichen Verbundenheit der Antragstellerin mit ihrem Ehemann bzw. von einer nur vorübergehenden Unterbrechung des Zusammenlebens könne seit dem Auszug des Ehemannes aus der gemeinsamen Wohnung im Juli 2011 nicht mehr ausgegangen werden.

    Des Weiteren ergebe sich ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auch nicht aus den §§ 28 Abs. 3 AufenthG, § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG in der zum 01.07.2011 geänderten Fassung.

    Danach sei im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr zu verlängern, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden habe und der Deutsche bis dahin seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hatte.

    Nach der sich im vorliegenden Eilverfahren darstellenden Sachlage habe die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden.

    Auch sei der Anspruch der Antragstellerin mangels Übergangsregelung nicht an § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG in der bis zum 30.06.2011 geltenden Fassung zu messen, wonach es ausreichend war, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens zwei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden habe.

    Ebenso sei im Fall der Antragstellerin keine besondere Härte i. S. d. § 31 Abs. 2 S. 1 AufenthG i. V. m. Abs. 2 S. 2 AufenthG anzunehmen, so dass von der Voraussetzung des dreijährigen rechtmäßigen Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG abzusehen sei.

    Eine besondere Härte läge nach Ansicht des Gerichts dann vor, wenn dem Ehegatten wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenen Rückkehrverpflichtung eine besondere Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange drohe (1. Alternative) oder wenn dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar sei (2. Alternative).

    Entgegen der Auffassung der Antragstellerin genügten für sich genommen nicht ihre persönliche Betroffenheit durch die Trennung von ihren Ehegatten, der Verlust ihrer Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet und die mit einer Rückkehr nach Bosnien-Herzegowina verbundenen wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten.

    Derartige Umstände seien ihrem Gewicht nach vergleichbar mit denjenigen, die eine Vielzahl von Ausländern in dieser Situation treffen, insbesondere auch Staatsangehörige aus Bosnien-Herzegowina.

    Quelle: Verwaltungsgericht Karlsruhe

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