Winterdienstklausel im Mietvertrag Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Winterdienstklausel im Mietvertrag

  1. Mietrecht: Wird eine Pflicht zum Winterdienst in der Hausordnung wirksamer Bestandteil des Mietvertrags?

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    Amtsgericht Köln, 27.01.2011, Az. 210 C 107/10

    Der Eigentümer eines Hauses muss dafür sorgen, dass die Bürgersteige und Eingänge zu seinem Haus ohne Gefahr betreten werden können. Dies wird vor allem im Winter relevant, wenn Schnee und Eis liegen. Er muss für die Schneeräumung und das Streuen bei Glätte jedoch nicht unbedingt persönlich sorgen. Viel mehr kann er diese Pflicht auch auf andere, z.B. die Mieter übertragen. Der Eigentümer selbst muss dann nur noch kontrollieren, dass der Pflicht nachgekommen wird. Das Haftungsrisiko, etwa dass jemand ausrutscht und sich verletzt, trägt nach Übertragung der Pflicht jedoch der Mieter.

    Es kommt vor, dass die Pflicht zum Winterdienst nur allgemein in der Hausordnung niedergeschrieben ist.

    Im nachstehenden Urteil hat das Amtsgericht Köln (AG Köln) entschieden, dass eine Pflicht zum Winterdienst nicht Teil des Mietvertrags wird, wenn sie lediglich in der Hausordnung steht. Dies gilt erst recht, wenn sie unter der Überschrift „Reinigung und Pflege“ zu finden ist.

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens

    Kläger ist ein Mieter, Beklagter die Vermieterin.

    Im vorliegenden Fall streiten die Parteien um die Pflicht eines Mieters, Bürgersteige und Hauszugänge von Schnee und Eis freizuhalten und bei Glätte zu bestreuen.

    Der Mieter wohnt seit 1964 als Mieter in der Erdgeschosswohnung eines Kölner Hauses. Die Vermieterin tritt 2008 als neue Eigentümerin des Hauses in den bestehenden Mietvertrag ein. In dem Mietvertrag wird auf die Hausordnung Bezug genommen.

    In der Hausordnung war für die Erdgeschossmieter die Pflicht zur Schneeräumung festgelegt

    In dieser wiederum wird unter der Überschrift „Reinigung und Pflege“, in Ziffer 12 unter der Bezeichnung „Schnee und Eis“ eine Pflicht der Erdgeschossmieter festgelegt, nach der diese die Bürgersteige und Hauszugänge von Schnee und Eis freihalten und bei Glätte streuen müssen. Der Kläger kommt dieser Pflicht auch nach.

    Im Jahr 2009 teilt der Mieter der Vermieterin mit, dass er den Winterdienst aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht mehr übernehmen kann. Hierzu legt er ein ärztliches Artest vor, das Schneeräumen als eine akut bedrohliche Gefahr für den Mieter ausweist.

    Die Vermieterin teilt dem Mieter daraufhin mit, dass sie an der Verpflichtung des Mieters zum Winterdienst weiterhin festhalte.

    Mieter verklagte die Vermieterin auf Feststellung, dass er zum Winterdienst nicht verpflichtet sei

    Daraufhin klagt der Mieter und beantragt die Feststellung, seit seinem Schreiben an die Vermieterin nicht mehr verpflichtet zu sein, den Winterdienst durchzuführen. Er meint, dass die Regelung der Hausordnung nicht wirksam ist. Jedenfalls sei er aufgrund seines Alters und Gesundheitszustands von dem Dienst zu befreien.

    Die Vermieterin beantragt Abweisung der Klage.

    Urteil des Amtsgericht Köln

    Das Gericht sah die Winterdienstregelung als unwirksam an

    Das AG Köln gibt dem Mieter recht. Es hält die Klage für begründet, da die Regelung der Hausordnung nicht wirksam ist. Mit seinem Schreiben an die Vermieterin ist er von der Pflicht frei geworden.

    Nach Auffassung des Gerichts ist die Pflicht zur Durchführung des Winterdiensts unter der Überschrift „Reinigung und Pflege“ überraschend und somit nicht wirksamer Vertragsbestandteil geworden. Es stellt klar, dass sich dies nicht aus den Regelungen zur „AGB-Kontrolle“ (§§ 305 ff. BGB) ergibt, da diese 1964 noch nicht existierten.

    Die Winterdienstregelung sei überraschend und damit unwirksam

    Vielmehr nimmt es eine Unwirksamkeit an, da die Nennung der Pflicht zum Winterdienst unter der Überschrift „Reinigung und Pflege“ gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verstößt. Es verweist auf die heute entsprechend in § 305c BGB verankerte Regelung hin, nach der überraschende Bestimmungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht Vertragsbestandteil werden.

    Zudem stellt das Gericht klar, dass der Vermieter seine Pflicht zur Verkehrssicherung (also zum Räumen und Streuen des Bürgersteigs im Winter) grundsätzlich auf die Mieter übertragen darf. Geschieht dies, besteht für den Vermieter nur noch eine Kontrollpflicht. Der Mieter dagegen ist nach Übertragung der Pflicht, rechtlich voll verantwortlich und muss gegebenenfalls haften.

    Zur Wirksamkeit der Übertragung müsse diese eindeutig und klar im Mietvertrag geregelt sein

    Zur Übertragung dieser Pflicht zur Verkehrssicherung muss für den Mieter aber eindeutig und klar aus dem Mietvertrag hervorgehen, dass er diese Pflicht nun hat. Dies geht aus dem Verweis auf die Hausordnung, in der die Pflicht unter der Überschrift „Reinigung und Pflege“ festgeschrieben ist nicht klar hervor.

    Viel mehr hätte die Übertragung der Pflicht klar und eindeutig im Mietvertrag selbst vereinbart werden müssen. Dies begründet das Gericht mit dem hohen Haftungsrisiko für den Mieter, für dessen Übertragung die Hausordnung nicht der richtige Platz sei.

    Zuletzt erläutert es, dass die faktische Übernahme der Pflicht durch den Mieter in der Vergangenheit nichts an der Unwirksamkeit der Klausel ändert. Nur weil er den Winterdienst immer durchgeführt hat, muss er ihn nicht auch in der Zukunft durchführen. Durch das Schreiben an die Vermieterin hat er klargestellt, dass er den Winterdienst nicht mehr ausführen wird und seine faktische Übernahme der Pflicht beendet.

    Somit bekommt der Kläger recht, er muss den Winterdienst in Zukunft nicht mehr durchführen.

    Quelle: AG Köln

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Mietrecht: Schmerzensgeld bei Körperverletzung wegen mangelhafter Durchführung des Winterdienstes durch Vermieter

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    Oberlandesgericht Hamm, 21.12.2012, Az.: 9 U 38/12

    Die Räum- und Streupflicht betrifft grundsätzlich die Eigentümer der anliegenden Grundstücke. Dies ist jedenfalls immer dann der Fall, wenn die Gemeinde die ihr obliegende Räum- und Streupflicht in der Gemeindesatzung auf die Anlieger übertragen hat.

    Handelt es sich bei dem Anlieger um einen Vermieter, kann dieser die Streu- und Räumpflicht wiederum auf die Mieter übertragen.

     

    Diese Übertragung sollte in jedem Fall vertraglich festgelegt werden und es sollte konkret bezeichnet werden, wann und wie der einzelne Mieter zu räumen und/oder zu streuen hat. Des Weiteren sollten dem Mieter eventuelle Konsequenzen des Verstoßes  gegen seine Verpflichtung vor Augen geführt werden. Es genügt nicht, im Miethaus einen Aushang zur Streu- und Räumpflicht auszuhängen oder einen Informations- bzw. Aufforderungszettel in die Briefkästen der Mieter zu verteilen.

    Aber auch wenn der Vermieter die Räum- und Streupflicht auf den Mieter übertragen hat, ist er nicht vollkommen „raus“ aus der Verantwortung, da er zumindest überwachungspflichtig bleibt. Das heißt, der Vermieter hat die ordnungsgemäße Ausführung der Streu- und Räumpflichten regelmäßig zu kontrollieren.

    Um hier Beweispflichten in einem Rechtsstreit ordnungsgemäß nachkommen zu können, sollte dazu ein Protokoll geführt werden, in welches sowohl Datum, Zeit und Umfang der Kontrolle eingetragen wird.

    Beauftragt der Vermieter eine Hausverwaltung mit dem Winterdienst, ist diese sorgfältig auszuwählen, hinsichtlich des Winterdienstes gründlich anzuweisen und ebenfalls zu überwachen.

    In dem oben genannten Fall des Oberlandesgerichts Hamms hatte das Gericht darüber zu entscheiden, ob zwei Hausbesitzer einer Dame Schadenersatz und Schmerzensgeld zu zahlen hatten, weil sich diese bei einem Sturz auf dem Gehweg ihres Hauses einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen hatte.

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens:

    Klägerin war gefallen und musste Weihnachten im Krankenhaus verbringen

    Die Klägerin war um 9:40 Uhr an einem Wintertag vor die Haustür getreten. Am Übergang des Hausweges zum Bürgersteig wollte sie noch einmal umkehren, um ihrem Mann zuzuwinken und war dann gefallen. Durch den Sturz zog sich die Beklagte einen Oberschenkelhalsbruch zu und musste über die Weihnachtstage und den Jahreswechsel hinaus stationär im Krankenhaus behandelt werden.

    Danach musste sie sich einer längeren Rehabilitationsmaßnahme unterziehen und noch einige Male ambulant behandelt werden.

    In der ersten Instanz wurde der Beklagte zu EUR 10.000 Schmerzensgeld verurteilt

    Erstinstanzlich wurden die beklagten Hausbesitzer als Gesamtschuldner zu einer Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 10.000,00 € und zu materiellen Schadensersatzes in Höhe von 3.588,10 € nebst Zinsen verurteilt.

    Gegen dieses Urteil legten die Hausbesitzer Berufung zum Oberlandesgericht Hamm ein.

    Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm

    Im Berufungsverfahren verringerte das Gericht das Schmerzensgeld auf EUR 7.000

    Dieser Berufung folgte des OLG Hamm nur teilweise und verurteilte die Beklagten zu einer Zahlung auf Schmerzensgeld i. H. v. EUR 7000 wegen Verletzung der den Beklagten obliegenden Verkehrssicherungspflichten:

    Die Beweisaufnahme habe hier ergeben, dass es sich hier am Unfalltag nicht nur um vereinzelte Glättestellen gehandelt habe, sondern dass es insgesamt sehr glatt gewesen sei.

    Der Beklagte sei seiner Räum- und Streupflicht nicht nachgekommen

    Auch sei der Bereich der Sturzstelle in räumlicher Hinsicht von der Räum- und Streupflicht umfasst gewesen. Dies sei bei Gehflächen immer dann der Fall, soweit auf ihnen ein nicht unbedeutender Verkehr stattfinde oder sie verkehrswichtig seien (Palandt/Sprau, 71. Aufl., § 823 BGB Rn. 226).

    Auch in zeitlicher Hinsicht habe hier eine Räum- und Streupflicht bestanden. Der Beginn und das Ende der Räum- und Streupflicht sei ganz allgemein nach dem Einsetzen bzw. dem Ende der Gefährdung durch allgemeine Glätte bestimmen.

    Räum- und Streupflicht beginnt mit Einsetzen des Verkehrs (Alltag 7:00 Uhr und Wochenende 9:00 Uhr)

    Des Weiteren käme es auf die übliche Zeit des Verkehrs an. Die Räum- und Streupflicht beginne daher mit dem Einsetzen des Verkehrs, in der Regel genüge 7:00 Uhr, an Sonn- und Feiertagen 9:00 Uhr und um ca. 20:00 Uhr (Palandt/Sprau, 71. Aufl., § 823 BGB Rn. 227) ende diese wieder.

    Vom Umfang her müssten die Wege derart bestreut werden, dass sie von den Verkehrsteilnehmern ohne Gefahr benutzt werden könnten, wenn auch diese die erforderliche Sorgfalt anwenden würden.

    Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme stünde hier fest, dass entweder zu wenig Streumittel verwendet oder Bereich der Sturzstelle überhaupt nicht gestreut worden sei.

    Der Hauseigentümer habe die Räum- und Streupflicht auch nicht wirksam übertragen

    Auch hätten die beklagten Hauseigentümer die sie treffende Räum- und Streupflicht auch nicht wirksam übertragen.

    Zwar können die Verkehrssicherungspflichten nach der Rechtsprechung des BGH mit der Folge eigener Entlastung delegiert werden, so dass die Verantwortlichen nur noch Kontroll- und Überwachungspflichten hätten.

    Hier fehle es aber an einer solchen klaren Absprache, die eine Ausschaltung von Gefahren zuverlässig sicherstellen würde.

    Für eine Übertragung der Räum- und Streupflicht auf die Hausverwaltung bestünden hier keinerlei Anhaltspunkte. Auch sei keine mietvertragliche Regelung des Inhalts ersichtlich, dass alle Mieter des Hauses für die Erfüllung des Winterdienstes im Wechsel zuständig seien.

    Die Regelung in der Hausordnung würde zur Übertragung nicht genügen

    Zwar hätten die Beklagten einer Hausordnung vorgelegt, nach welcher es (nur) den Erdgeschossmietern oblegen hätte, den Winterdienst durchzuführen, gegen eine solche Regelung bestehen aber zum einen rechtliche Bedenken und zum Anderen sei dies vorliegend auch nicht so durchgeführt worden.

    Vielmehr sei seitens der Hausverwaltung ein sogenannter „Schneeplan“ aufgestellt worden, der eine Beteiligung aller Mieter am Winterdienst im täglichen Wechsel vorgesehen habe.

    Dieser Plan sei den Mietern durch Einwurf in den jeweiligen Briefkasten übermittelt worden.

    In Anbetracht dessen, dass mit den Mietern keine entsprechenden Vereinbarungen getroffen worden seien und dem „Schneeplan“ noch nicht einmal ein Anschreiben beigefügt war, sei die Streu- und Räumpflicht damit nicht wirksam auf die Mieter übertragen worden.

    Selbst bei wirksamer Übertragung hätte der Beklagte seine Überwachungspflicht verletzt

    Selbst wenn die Streu- und Räumpflichten hier wirksam auf die Mieter übertragen worden wären, würden die Beklagten wegen Verletzung der bei ihnen verbliebenen Überwachungspflicht haften, da aufgrund der Zeugenaussagen fest stünde, dass diese ebenfalls nicht durchgeführt worden war.

    Quelle: Oberlandesgericht Hamm

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