Ausländerrecht: Die Verkürzung der Aufenthaltserlaubnis bei Trennung der Ehegatten zulässig
Rechtsanwalt Tieben

Rechtsanwalt Helmer Tieben
Beratung unter:
Tel.: 0221 - 80187670

Ausländerrecht
Veröffentlicht:
Aktualisiert am:
von: Helmer Tieben

Verwaltungsgericht München, 22.02.2017, Az.: M 9 K 16.1135

Ehe berechtigt grundsätzlich zum Erhalt einer Aufenthaltserlaubnis

Nach § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG ist dem ausländischen Ehegatten eines Deutschen die Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Weitere Voraussetzung ist, dass sich der Ehegatte auf einfach Art und Weise auf Deutsch verständigen kann und volljährig ist. Eine weitere wesentliche Tatbestandsvoraussetzung des § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG ist, dass die Ehe tatsächlich besteht und praktiziert wird, demnach, dass die Ehegatten eine eheliche Lebensgemeinschaft innerhalb eines gemeinsamen Haushalts führen.

Was passiert mit der Aufenthaltserlaubnis nach der Trennung?

Was regelt aber das Ausländerrecht, wenn sich die Ehegatten trennen? Der Gültigkeitszeitraum der Aufenthaltserlaubnis kann gemäß § 7 Abs. 2 S. 1 AufenthG nachträglich verkürzt werden, sofern eine für die Erteilung, die Verlängerung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen ist. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn sich die Eheleute trennen (und damit ist nicht nur die Scheidung gemeint). Wenn die Ausländerbehörde also Kenntnis von der Trennung erlangt, ist sie normalerweise verpflichtet, dem nachgezogenen Ehegatten die Aufenthaltserlaubnis weg zu nehmen bzw. den Gültigkeitszeitraum der Aufenthaltserlaubnis zu verkürzen.

Im nachfolgend dargestellten Gerichtsverfahren klagte der Kläger gegen eine solche Verkürzung des Gültigkeitszeitraumes und er begehrte die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wegen einer ehelichen Lebensgemeinschaft oder wegen einer eheunabhängigen Aufenthaltserlaubnis (eigenständiges Aufenthaltsrecht, § 31 AufenthG).

Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens:

Getrennt lebender türkischer Ehemann klagt gegen Verkürzung seiner Aufenthaltserlaubnis

Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger und wendet sich mit der Klage gegen die Verkürzung der Geltungsdauer der ihm zum Zwecke der Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen erteilten Aufenthaltserlaubnis.

Der Kläger reiste im Jahr 2008 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte einen Asylantrag. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 15.02.2010 abgelehnt. Durch Beschluss des Bayerischen VGH vom 18.03213 wurde die Ablehnung bestätigt.

Am 16.05.2013 heiratete er seine Frau S. und lebte mit ihr in deren Wohnung. Der Kläger beantragte daraufhin eine Aufenthaltserlaubnis wegen Familiennachzug und erhielt diese am 19.11.2013 mit der Befristung zum 18.11.2014. Diese wurde sodann zweimal verlängert, letztmalig bis zum 18.11.2016 wegen dem Vorliegen einer ehelichen Gemeinschaft.

Im Jahr 2014 absolvierte der Kläger einen Alphabetisierungskurs und arbeitete vom 10.08.2015 bis zum 10.12.2015 als Verputzer. Weiteren Tätigkeiten ging der Kläger während der Ehe nicht nach. Das Ehepaar lebte vom Gehalt der Frau S. sowie von Leistungen nach dem SGB.

Nach der Trennung lebte der Ehemann bei seinem Bruder

Am 02.11.2015 meldete sich der Kläger in der Wohnung seines Bruder an, da das Paar sich im Mai 2015 (Erklärung gegenüber Jobcenter), am 17.10.2015 (Erklärung gegenüber der Polizei) oder am 02.11.2015 (Behördenakten) getrennt hatte.

Der Kläger unterließ es, einen Antrag auf Verlängerung der bis zum 16.11.2016 befristeten Aufenthaltserlaubnis oder einen Antrag auf Neuerteilung einer eheunabhängigen Aufenthaltserlaubnis zu stellen.

Die Ausländerbehörde verkürzt daraufhin die Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis

Mit Bescheid vom 02.02.2016 verkürzte die Beklagte die Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis nachträglich zeitlich auf den 10.02.2016 (Ziff. 1). Die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 31 AufenthG oder die Neuerteilung eines Aufenthaltstitels aus anderen Gründen wurde abgelehnt (Ziff. 2). Der Kläger wurde zum Verlassen des Bundesgebiets innerhalb von dreißig Tagen nach Vollziehbarkeit des Bescheids aufgefordert (Ziff. 3). Für den Fall der schuldhaften und erheblichen Überschreitung der Ausreisefrist wurde angedroht, dass ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für die Dauer von bis zu einem Jahr angeordnet werden könne (Ziff. 4). Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung in die Türkei oder einen anderen zur Rücknahme bereiten bzw. verpflichteten Staat angedroht (Ziff. 5).

Ehemann klagt gegen den behördlichen Bescheid und gegen die angedrohte Abschiebung

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Klage und beantragte die Aufhebung des Bescheides vom 02.02.2016, sowie die Erteilung/Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis.

Hierzu führte er aus, dass die Verkürzung der Geltungsdauer der zum Zwecke der ehelichen Lebensgemeinschaft erteilten Aufenthaltserlaubnis rechtswidrig sei, da die eheliche Lebensgemeinschaft nach kurzer Zeit wiederaufgenommen worden sei. Der Kläger wohne wieder in der gemeinsamen Wohnung und arbeite mittlerweile wieder als Verputzer.

Die Beklagte trug vor, dass ein Verlängerungsantrag oder ein Antrag auf Neuerteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht vorlägen.

Urteil des Verwaltungsgerichts München:

Gericht urteilt, dass die Klage bereits unzulässig sei, da der Ehemann vorher keinen Antrag gestellt habe

Die Klage habe keinen Erfolg. Sie sei bereits unzulässig, da der Kläger keinen Antrag auf Verlängerung oder Neuerteilung der Aufenthaltserlaubnis gestellt habe. Daher komme es auf die Verkürzung nicht an, da die Aufenthaltserlaubnis spätestens seit dem 18.11.2016 regulär abgelaufen sei. Einen Antrag habe er nicht gestellt, insbesondere wird dies dadurch untermauert, dass er den von der Beklagten ausgehändigten Antrag erst am Ende der mündlichen Verhandlung unterschrieben habe.

Auch sei die Klage unbegründet, da der Kläger keinen Aufenthaltszweck mehr verwirklicht

Darüber hinaus sei die Klage aber auch unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis, da der Beklagte seit Oktober 2015 nicht mehr in ehelicher Lebensgemeinschaft wohne. Aufgrund dessen lägen die Voraussetzungen für die Verkürzung nach § 7 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AufenthG vor. Für die Erteilung einer eheunabhängigen Aufenthaltserlaubnis fehle es bereits wie ausgeführt an einem bestimmten Antrag. Da eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 AufenthG immer nur für einen bestimmten Zweck erteilt wird, handele es sich bei den unterschiedlichen Arten von Aufenthaltserlaubnissen um eigenständige Regelungsgegenstände (BVerwG, Urt. v. 9.5.2009 – 1 C 11.08). Deshalb sei ein Antrag bei der zuständigen Behörde nötig, wenn anstelle eines Aufenthaltsrechts nach § 28 AufenthG ein eigenständiges Aufenthaltsrecht nach § 31 AufenthG begehrt werde.

Hiervon unabhängig sei auch, dass der Kläger nunmehr seit siebzehn Monaten, demnach seit dem 07.02.2016 eine Beschäftigung habe. Die Aufenthaltserlaubnis sei spätestens am 18.11.2016 und demnach vor Ablauf der Jahresfrist einer ordnungsgemäßen Beschäftigung, Art. 6 Abs. 1 1. Spiegelstrich ARBG 1/80, abgelaufen.

Daher sei die Klage abzuweisen.

Quelle: Verwaltungsgericht München

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

Wenn Sie rechtliche Beratung benötigen, rufen Sie uns unverbindlich unter der Rufnummer 0221 – 80187670 an oder schicken uns eine Email an info@mth-partner.de

Rechtsanwälte in Köln beraten und vertreten Mandanten bundesweit im Ausländerrecht

Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, wurden wir uns freuen, wenn Sie den Beitrag verlinken oder in einem sozialen Netzwerk teilen.

No Comments Yet.

Leave a comment