Internetrecht: Rechtliche Ausgestaltung des Vertrages über Suchmaschinenoptimierung (SEO-Vertrag)
Rechtsanwalt Tieben

Rechtsanwalt Helmer Tieben
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Wettbewerbsrecht
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von: Helmer Tieben

Aufgrund der wachsenden wirtschaftlichen Bedeutung des Internets sind in den letzten Jahren viele Agenturen entstanden, die sich hauptsächlich oder ausschließlich mit dem Bereich der Suchmaschinenoptimierung beschäftigen.

Die Suchmaschinenoptimierung („Search Engine Optimization“; „SEO“) ist ein Teilgebiet des Suchmaschinenmarketings. Im Rahmen der Suchmaschinenoptimierung versuchen spezialisierte Dienstleister die Webadresse („URL“) ihrer Kunden in den relevanten Suchergebnissen der jeweiligen Suchmaschinen möglichst weit oben zu platzieren. Ziel dieser Platzierung ist es, Produkte oder Dienstleistungen der jeweiligen Kunden besser zu vermarkten und damit verkaufen zu können.

Die Platzierung der jeweiligen Webseiten in den Ergebnissen der Suchmaschinen erfolgt durch Suchmaschinenalgorithmen. Die Suchmaschinenalgorithmen sind somit dazu programmiert worden, die bei der jeweiligen Suchmaschine angemeldeten Seiten („indexierte Seiten“) in Abhängigkeit von den eingegebenen Suchbegriffen („Keywords“) nach ihrer Relevanz zu ordnen.

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Durch ihre Arbeit versuchen Suchmaschinenoptimierer also die Relevanz der Webseiten ihrer Kunden in den Augen dieser Suchmaschinenalgorithmen zu erhöhen. Da die jeweiligen Suchmaschinenalgorithmen von Google & Co. allerdings zu den bestgehütetsten Geheimnissen der Branche gehören, kann die Suchmaschinenoptimierung nur im Wege des sogenannten „Reverse Engineering“ erfolgen.

Das heißt, dass über die Suchergebnisse für bestimmte Suchbegriffe und den Aufbau und die Verlinkung der bestplatzierten (und der schlechter platzierten) Webseiten auf die Verfahrensweise und die Bewertungsprinzipien der jeweiligen Suchalgorithmen geschlossen wird.

Um diese Auswertungsergebnisse dann für die jeweilige Webseite des Kunden anzuwenden, stehen dem SEO-Dienstleister insbesondere Maßnahmen der On-Site-Optimierung und der Off-Site-Optimierung zur Verfügung.

Zu der On-Site-Optimierung gehört die optimale Bestückung der relevanten Seiten mit den für den Kunden wichtigen Suchbegriffen oder Veränderungen und Fehlerbeseitigung am Quelltext der jeweiligen Seite, etc.

Zu der Off-Site-Optimierung gehört insbesondere der Backlinkaufbau. Das heisst, dass der SEO-Dienstleister die Webseite des Kunden mit möglichst vielen anderen Seiten verlinkt. Diese Backlinks erfüllen in den Augen der Suchmaschinenalgorithmen die Aufgabe von Empfehlungen, so dass viele Backlinks von möglichst guten und relevanten Seiten das Ranking der Kundenseite spürbar erhöhen können.

Man kann schon aus dieser Beschreibung der Arbeitsweise der SEO-Dienstleister herauslesen, dass diese Dienstleistung mit vielen Unwägbarkeiten und Risiken insbesondere für den SEO-Dienstleister verbunden ist. In fast jedem Gespräch mit Suchmaschinenoptimierern wird man daher grundsätzlich darauf hingewiesen, dass zwar alles versucht werde, das gewünschte Ergebnis zu liefern, eine Garantie für den Erfolg jedoch nicht gegeben werden könne.

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Aufgrund dieser Unwägbarkeiten muss sich jeder SEO-Dienstleister daher juristisch absichern, um bei einer Schlechtplatzierung der Webseite des Kunden nicht auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden.

I. Ausgestaltung des SEO-Vertrages als Dienstvertrag (§ 611 BGB) oder als Werkvertrag (§ 631 BGB)

Der SEO-Vertrag kann grundsätzlich als Dienstvertrag oder als Werkvertrag ausgestaltet werden.

Die Abgrenzung von Werkvertrag und Dienstvertrag ist dabei zumindest theoretisch einfach vorzunehmen: Beim Dienstvertrag wird die Tätigkeit als solche, beim Werkvertrag ein bestimmter Erfolg geschuldet.

Für den SEO-Dienstleister wird somit grundsätzlich die Ausgestaltung des jeweiligen Vertrages bzw. der AGBs als Dienstvertrag die attraktivere Variante sein, da der Dienstleister dann nur die Optimierungsmaßnahmen und nicht die Platzierung als solche schuldet. Sollten die Optimierungsmaßnahmen somit nicht zu dem gewünschten Erfolg führen, ist der Kunde dennoch verpflichtet, das vereinbarte Entgelt zu bezahlen. Der Vergütungsanspruch würde somit nur dann untergehen, wenn der Kunde die Einrede des nichterfüllten Vertrages gelten machen könnte, die Leistung des SEO-Dienstleisters somit völlig unbrauchbar wäre.

Verspricht der Dienstleister jedoch für bestimmte Suchwörter die Platzierung der Webseite des Kunden in den Top Ten der Suchergebnissen, wird der Vertrag grundsätzlich als Werkvertrag anzusehen sein. Bei Nichterreichen dieser Ergebnisse wäre der Kunde somit nicht verpflichtet, die vereinbarte Vergütung zu bezahlen.

So sah es auch das Amtsgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 17.07.2008 (Az.: 39 C 5988/08).

Nach der Beweisaufnahme war das Gericht zu der Überzeugung gekommen, dass ein Mitarbeiter der Klägerin (SEO-Unternehmen) gegenüber dem Beklagten (Kunden) konkrete Zusagen gemacht hatte, dass die Webseite des Beklagten bei der Eingabe bestimmter Suchwörter in den Top Ten-Ergebnissen zu finden sei.

Da dies nicht erreicht wurde, war der Beklagte zur außerordentlichen Kündigung berechtigt und konnte die bereits geleisteten Vorschüsse von der Klägerin zurückverlangen.

Auch das Argument der Klägerin, dass eine solche Platzierung aufgrund der technischen Unwägbarkeiten gar nicht garantiert werden könne, sah das Gericht als irrelevant an, da die Zusicherung des Mitarbeiters genau dies versprach.

SEO-Dienstleister sollten aufgrund der genannten Risiken neben der richtigen Vertragsgestaltung somit darauf achten, sämtliche Mitarbeiter zu unterweisen, keine über den Vertrag hinausgehenden Versprechungen gegenüber dem Kunden abzugeben.

II. Individualverträge oder Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)

Grundsätzlich ist jedem Dienstleister ab einem bestimmten Geschäftsumfang zu empfehlen, Allgemeine Geschäftsbedingungen zu verwenden. Zwar sind AGB nicht gesetzlich vorgeschrieben, sie sind allerdings sinnvoll, um die Vertragsbeziehungen des Dienstleisters mit allen Kunden einheitlich zu gestalten.

Der Geschäftsverkehr wird vereinfacht, Unstimmigkeiten und daraus resultierende Gerichtsverfahren werden vermieden.

Allerdings ist zu beachten, daß unwirksame AGB-Klauseln wettbewerbswidrig sein können. Seit der EU-Richtlinie (UGP-Richtline über unlautere Geschäftspraktiken) vom 12.6.2007 stellt die Verwendung von AGB nämlich eine Wettbewerbshandlung im Sinne des UWG dar, so dass Mitbewerber gegen deren Verwendung nun wettbewerbsrechtlich vorgehen können.

Allgemeine Geschäftsbedingungen sollten somit nicht einfach vom Mitbewerber abgeschrieben werden, sondern gut vorbereitet sein.

Darüber hinaus müssen AGBs an die ständig wechselnde Rechtsprechung angepasst werden, da ansonsten ebenfalls Haftungsrisiken auftauchen können.

III. Beschreibung des Leistungsumfangs

Unabhängig davon, ob die AGBs bzw. die Individualverträge als Dienstvertrag oder als Werkvertrag ausgestaltet sind, sollte grundsätzlich eine möglichst genaue Beschreibung des Leistungsumfanges des SEO-Dienstleisters enthalten sein.

Dem ehrlichen SEO-Dienstleister kommt diese Handhabung zugute, da nur so auch nachträglich nachgewiesen werden kann, dass der Dienstleister zumindest alles versucht hat, die Webseite des Kunden möglichst weit oben zu platzieren.

Dem Kunden kommt dies zugute, da die genaue Leistungsbeschreibung etwas mehr Transparenz in die etwas „verschwommene“ Arbeit des Dienstleisters bringt (Auch wenn die Nachprüfung der Tätigkeiten des SEO-Dienstleisters für die meisten Kunden nahezu unmöglich bleiben wird).

IV. Black Hat SEO vs. Wettbewerbsrecht

Oftmals sind SEO-Dienstleister geneigt, ihre Arbeit mit sogenannten Black Hat-Methoden zu erleichtern.

Black Hat SEO bezeichnet SEO-Methoden und SEO-Dienstleister, die nicht im Einklang mit den von den Suchmaschinen gesetzten Richtlinien stehen (z. B. Google Richtlinien für Webmaster).

Hierbei kommen dann z. B. Techniken wie das Keywordstuffing, Cloaking oder das Doorway-Paging zum Einsatz.

Benutzt der SEO-Dienstleister diese Methoden, kann dies grundsätzlich zwei Folgen nach sich ziehen.

Zum einen können diese Maßnahmen unlauter im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sein (zumindest dann, wenn es zu einer bewussten Irreführung des Besuchers der Webseite kommt).

Zum Anderen kann die Benutzung dieser Methoden dazu führen, dass die Webseite des Kunden in den Rankings der Suchmaschinen herabgestuft wird oder gleich ganz aus dem Index der Suchmaschine verbannt wird. In diesem Falle könnten wieder Schlechtleistungsansprüche des Kunden in Betracht kommen.

Black-Hat Methoden sollten sowohl im Sinne des Kunden als auch im Sinne des SEO-Dienstleisters in dem Vertrag/AGBs ausdrücklich ausgeschlossen werden. Positiv formuliert sollte man ausdrücklich die jeweiligen Richtlinien der Suchmaschinenbetreiber als relevant anerkennen.

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Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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