Urheberrecht: Eltern haften für das Filesharing ihrer Kinder
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Wettbewerbsrecht
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von: Helmer Tieben

Landgericht Köln, 24.11.2010, Az.: 28 O 202/10

Immer wieder werden Internetnutzer wegen „Filesharing“ von Kanzleien abgemahnt, die sich auf die Ahndung von Urheberrechtsverletzungen spezialisiert haben. Filesharing ist das direkte Weitergeben von Dateien zwischen Benutzern des Internets unter Verwendung eines Peer-to-Peer-Netzwerks. Dabei stellte jeder in diesem Netzwerk angemeldete Computer den anderen Computern seine Ressourcen zur Verfügung. Das heisst, dass jeder Teilnehmer auf den Festplatten der anderen Teilnehmer nach Musikdateien (z. B. im mp3-Format) oder anderen Dateien suchen und diese herunterladen kann. Dafür stellt dieser Teilnehmer im Gegenzug seine Dateien zum Herunterladen zur Verfügung. Sind diese Dateien urheberrechtlich geschützt, fallen sowohl das Herunterladen als auch das zur Zur-Verfügung-stellen dieser unter das Urheberrechtsgesetz.

Rechtsgrundlagen für den Ersatz der Abmahnkosten sind das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. § 12 Abs. 1 S. 1 UWG. Der Bundesgerichtshof begründet dies damit, dass die Abmahnung der Beseitigung der von dem Abgemahnten ausgehenden rechtswidrigen Störung diene, zu der dieser verpflichtet sei. Indem der Abmahnende durch die Abmahnung also einen ansonsten drohenden kostspieligen Rechtsstreit vermeide, handele er somit im objektiven Interesse und dem zumindest mutmaßlichen Willen des Verletzers.

Einen weiteren Fall des Schadensersatzes aufgrund von Filesharings hatte nun das Landgericht Köln in dem oben genannten Urteil zu entscheiden. Dabei thematisierte das Gericht insbesondere die Störerhaftung im Familienkreis, da wie so oft der Sohn des Beklagten das Filesharing durchgeführt hatte.

Sachverhalt: Die Klägerinnen (Tonträgerherstellerinnen) sind Inhaber von zahlreichen Leistungsschutz- und Urheberrechten an verschiedenen Musikstücken, welche rechtswidrig in sog. Online-Tauschbörsen MP3-Dateien zum Download angeboten werden. Der Beklagte ist Polizist und Mitglied der polizeilichen Informations- und Kommunikationsgruppe für Onlinerecherche und Internetpiraterie. Er ist Inhaber eines Internetzugangs, welcher ebenfalls von seiner Ehefrau und deren volljährigen Sohn genutzt wird.

Im Auftrag der Klägerinnen stellte eine Drittfirma fest, dass mittels einer Filesharing Software, Audiodateien zum Herunterladen durch eine bestimmte IP-Adresse verfügbar gemacht wurden. Dabei wurden die Aufnahmen „Leuchtturm“ und „99 Luftballons“ von Nena zu Beweissicherungszwecken heruntergeladen und probegehört. Die Klägerinnen erstatteten daraufhin Strafanzeige gegen Unbekannt und teilten der Staatsanwaltschaft die IP-Adresse des Internetnutzers mit, von dem die angeblichen Downloads ermöglicht wurden. Die Staatsanwaltschaft ermittelte, dass die genannte IP-Adresse zum genannten Zeitpunkt dem Beklagten zugeordnet war. Nach Abmahnung durch ein Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen gab der Beklagte ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Eine gütliche Einigung über die Kosten des Verfahrens bzw. die Forderungen der Klägerinnen von Schadenersatz kam nicht zustande. Der Beklagte lehnte die Zahlung der begehrten Rechtsanwaltskosten ab.

Landgericht Köln: Das LG Köln folgte der Ansicht der Klägerinnen.Die Abmahnkosten seien über das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag zu ersetzen. Denn derjenige, der vom Störer die Beseitigung einer Störung bzw. Unterlassung verlangen könne, habe nach ständiger Rechtsprechung im Urheberrecht grundsätzlich über das Institut der Geschäftsführung ohne Auftrag einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen gem. §§ 683 S. 1, 670 BGB, soweit er bei der Störungsbeseitigung helfe und im Interesse und im Einklang mit dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Störers tätig werde (BGH, NJW 1970, 243; 2002, 1494). Das an den Beklagten gerichtete Abmahnschreiben sei weiterhin veranlasst gewesen, da eine Rechtsverletzung vorgelegen habe, für die der Beklagte jedenfalls als Störer hafte. Denn es sei davon auszugehen, dass es kein unbekannter Dritter gewesen sei, der die Musikstücke über das Internet öffentlich zugänglich gemacht habe, sondern der Sohn der Ehefrau des Beklagten. Im Rahmen des Unterlassungsanspruchs hafte in entsprechender Anwendung des § 1004 BGB jeder als Störer für eine Schutzrechtsverletzung, der – ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt habe (vgl. Urteil des OLG Köln vom 23.12.2009, Az. 6 U 101/09, m.w.N.). Wenn der Beklagte Dritten, auch und gerade Mitgliedern seines Haushalts, innerhalb seines Haushalts einen Internetzugang zur Verfügung stelle und ihnen dadurch die Teilnahme an der Musiktauschbörse ermögliche, dann sei dieses willentliche Verhalten adäquat kausal für die Schutzrechtsverletzung.

Quelle: Landgericht Köln

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