Mietrecht: Gefährdet der Mieter das Mietobjekt, kann dies den Vermieter zur fristgemäßen oder fristlosen Kündigung berechtigen.
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Zivilrecht
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von: Helmer Tieben

Unter bestimmten Umständen kann jede Partei des Vertrages eines Mietverhältnisses ein befristetes oder unbefristetes Mietverhältnis kündigen. Dies kann er auch ohne Einhaltung einer bestimmten Frist, sobald es sich um einen wichtigen Grund handelt. Hierbei finden die gesetzlichen Vorschriften der §§ 543, 569 BGB Anwendung. Der § 543 BGB stellt eine sogenannte „Generalklausel“ dar, das bedeutet, dass sie für den Vermieter wie auch für den Mieter maßgeblich ist und eine fristlose Kündigung bei dem Vorliegen eines wichtigen Grundes zulässt.

In einem Mietverhältnis sind der Vermieter sowie der Mieter zum Schutz und zur Fürsorge hinsichtlich der angemieteten Sache verpflichtet. Dazu gehört die schonende und pflegliche Behandlung sowie das Unterlassen dessen, was zu einem Schaden an der Mietsache führen könnte. Diese Obhutspflichten beschränken sich jedoch nicht nur auf das Unterlassen von beschädigenden Handlungen an der Mietsache, sondern verlangen in dem zumutbaren sowie gebotenen Umfang auch solche Maßnahmen seitens des Mieters zur Vermeidung als auch Abwendung eines Schadens. Beispielsweise ist der Mieter im Winter dazu gehalten, die Mietsache samt den dazu gehörigen gemieteten Räumlichkeiten (zum Beispiel den Keller) zur Verhinderung von Frostschäden zu beheizen. Des Weiteren beziehen sich die Obhutspflichten des Mieters auch auf weitere Teile des Gebäudes. Handelt es sich bei der Mietsache um eine Wohnung, so muss der Mieter auf alle Teile des Gebäudes Acht geben, mit denen der Mieter aber auch auf seine Veranlassung Dritte in Berührung kommen – beispielsweise Gemeinschaftsräume oder aber das Treppenhaus.

Sollte also die eigene Mietsache gefährdet werden, so hat der Vermieter die Möglichkeit den Mietvertrag fristlos zu kündigen. Dies stellt einen sogenannten „wichtigen Grund“ im Sinne des § 543 BGB dar. Bei einer solchen Kündigung wird im Einzelfall geprüft, ob die ordnungsgemäße Fortsetzung des vorliegenden Mietverhältnisses der beiden Vertragsparteien zumutbar ist oder nicht mehr hinzunehmen. In diesem Zusammenhang findet eine Abwägung der beiden Interessen statt, wobei insbesondere auf das Verschulden des Vermieters oder des Mieters Acht gegeben wird. Beachtet werden muss, dass der Vermieter die allgemeinen Kündigungsvoraussetzungen insbesondere bei einer außerordentlichen Kündigung beachten muss.

Gefährdung der Mietsache

Ein Kündigungsrecht aufgrund eines „wichtigen Grundes“ steht dem Vermieter gemäß § 543 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 BGB zu, wenn der Mieter die Rechte dessen dadurch verletzt, dass er die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Obhutspflichten erheblich gefährdet. Die oben genannte Vorschrift gilt für alle Mietverhältnisse, wobei beachtet werden muss, dass bei Wohnraummieten ergänzend die Kündigung schriftlich zu erfolgen hat, § 568 Absatz 1 BGB und zudem zu begründen ist, § 569 Absatz 4 BGB.

Vorausgesetzt wird also zum einen eine Vernachlässigung der Obhutspflichten seitens des Mieters als vertragswidrige Handlung und zum anderen die dadurch bedingte erhebliche Gefährdung der Mietsache. Daraus lässt sich schließen, dass ein wichtiger Grund für die Kündigung nicht bereits bei einer einzigen Verletzung der Obhutspflichten vorliegt. Beispielsweise reicht allein das Ablagern von Sperrmüll in der Mietsache nicht aus, um einen solchen Kündigungsgrund anzunehmen, ohne dass die Mietsache dadurch gefährdet wird. Außerdem muss die angesprochene Gefährdung „erheblich“ sein, sodass nur von Gefährdungen von einigem Gewicht eine fristlose Kündigung rechtfertigen zu können.

Beispiele für eine solche erhebliche Gefährdung von eigenem Gewicht könnte bestehen bei:

Mangelhaftes Beheizen des Mietobjekts

Wie oben erwähnt, ist der Mieter dazu verpflichtet alles zu unterlassen, was Schäden an der Mietsachen verursachen könnte. Somit ist dieser verpflichtet, eine mäßige Beheizung der Räume vorzunehmen, um Schäden durch Frost, Feuchtigkeit oder was weit häufiger vorkommt: Schimmelbildung zu verhindern. Die fehlende Beheizung der Mietsache über einen längeren Zeitraum könnte demzufolge eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung darstellen, die einen Vermieter nach vorangegangener Abmahnung zur ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt. Sollte es durch die fehlende oder mangelhafte Beheizung der Mietsache zu Substanzschäden gekommen sein, so kann nach einer vorherigen Abmahnung sogar die außerordentliche und fristlose Kündigung erklärt werden.

Vermüllung/Verwahrlosung des Mietobjektes

Voraussetzungen des § 543 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 BGB wurden in der Rechtsprechung bejaht, wenn der Mieter in dem Mietobjekt Müll oder Gerümpel lagert und dadurch entweder die Mitmieter durch Gerüche stark belästigt werden oder sogar die Bausubstanz konkret gefährdet ist – beispielsweise durch Überlastung der Geschossdecken infolge des Sperrmülls oder weil der Brandschutz nicht mehr gewährleistet ist (vgl. LG Berlin, Urteil vom 28.2.2011, 67 S 109/10).

Eine Versperrung der Zugänge oder nur schwerliche Erreichbarkeit der einzelnen Kellerräume der Mitmieter durch Abfall, Kartons, Zweiräder oder Gartengeräte sowie eine eventuelle Gefährdung des Brandschutzes wurde durch das Amtsgericht Dortmund auch als ein Kündigungsgrund hingenommen (vgl. AG Dortmund, Urteil vom 6.3.1989, 109 C 570/88). Desweiteren rechtfertigt auch die Gefahr des Ungezieferbefalls durch die Vermüllung einer Mietsache eine fristlose Kündigung (vgl. AG Hamburg-Harburg, Urteil vom 18.3.2011, 641 C 363/10; AG Rheine, Urteil vom 26.2.2008, 4 C 731/07).

Gefährdung des Brandschutzes des Mietobjektes

Sollte der Mieter leicht entzündliche Subtanzen oder Stoffe in der Mietsache lagern, so ist das für den Brandschutz stets eine Beeinträchtigung. Sobald der Mieter in der Mietsache stapelweise Kartons, Papier oder sonstige Papiererzeugnisse in einer unmittelbaren Nähe von hitzeerzeugenden Gegenständen, wie zum Beispiel Lampen, Kamin oder Herden, lagert, so ist der vorausgesetzte Brandschutz nicht mehr ausreichend gesichert. Insbesondere ist der Brandschutz ebenso gefährdet, wenn der Mieter nicht nur in seinem Mietobjekt, sondern darüberhinaus im Flur oder im Treppenhaus Gegenstände wie Möbel lagert und diese den Fluchtweg beeinträchtigen. In einem solchen Fall muss der Vermieter seinen Mieter zuerst abmahnen und eine Frist zur Beseitigung der störenden Gegenstände setzen. Erst nach der fehlenden Beseitigung der Störquelle darf er das Mietverhältnis kündigen.

Übermäßige Tierhaltung in dem Mietobjekt

Eine übermäßige Tierhaltung liegt vor, wenn durch das unkontrollierte und sorglose Gewähren-Lassen des Tieres, wobei in gleicher Weise auch die Intensität der Nutzung der Mietsache über das normale Maß hinaus gesteigert wird, ein Schaden an der Mietsache entsteht. Auch die Anzahl der zulässigen Tiere muss sich im üblichen Rahmen halten, sodass es nicht zu unzumutbaren Belästigungen der Mitbewohner führt (AG Neustadt/Rbge., ZMR 98, 785). Beispielsweise kann die Haltung von sieben Katzen in einer Wohnung mit drei Zimmern eine solche übermäßige Tierhaltung darstellen (AG Berlin-Lichtenberg, NJW-RR 97,774). Eine solche Tierhaltung berechtigt den Vermieter zu einer Kündigung des Mietverhältnisses. Zwingend muss der Vermieter den Mieter vorher abmahnen.

Eine absichtliche Überschwemmung der eigenen Mietsache oder eine verübte Brandstiftung und die damit bestehende Gefahr, dass möglicherweise die weiteren Mietobjekte oder sogar das ganze Gebäude zerstört werden, stellen auch einen wichtigen Grund für eine Kündigung dar. Bei offensichtlich absichtlichen Verursachungen (beispielsweise vorsätzliche Brandstiftung), ist eine sonst vorausgesetzte Abmahnung nicht nötig, sodass der Vermieter ohne Ankündigung dem Mieter fristlos kündigen kann. Hingegen bei einer fahrlässigen Verursachung dürfe überwiegend eine vorherige Abmahnung erforderlich sein.

Welche Punkte der Vermieter einzuhalten hat, wird unten erläutert.

Folgen der Gefährdung der Mietsache: Abmahnung und Kündigung

Zunächst sollte der Mieter ordnungsgemäß abgemahnt werden

Sehr oft muss zunächst eine vorherige Abmahnung erfolgen. Erst nach einem erfolgten Ablauf einer zu Abhilfe bestimmten und unbedingt angemessenen Frist oder direkt nach erfolgter Abmahnung eine fristlose Kündigung zulässig. Eine solche eben genannte Abhilfefrist ist immer dann zu setzen, wenn die Verletzungen der Pflichten oder die Folgen dessen des Mieters noch andauern. Sollte dies nicht der Fall sein, muss der Vermieter diesen stets abmahnen. Wann eine solche Frist angemessen ist, richtet sich immer nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalles. Ebenso das Verlangen nach unverzüglicher Abhilfe kann im Einzelfall den Anforderungen an der Angemessenheit genügen.

Nach Abmahnung kann die fristlose und hilfsweise fristgemäße Kündigung erfolgen

Eine fristlose Kündigung eines Mietverhältnisses seitens des Vermieters hat in schriftlicher Form und mit einer Begründung zu erfolgen, § 569 Absatz 4 BGB. Sie müssen klar und nachvollziehbar für den zu Kündigenden begründet werden. Detailliert ist in einem solchen Schreiben aufzuführen, welches Fehlverhalten oder welche Vertragsverletzung dem Mieter oder Vermieter angelastet wird. (beispielsweise Lärmbelästigung, unerlaubte Haustierhaltung, Schimmelpilzbefall oder Beschädigung der Mietsache, … siehe oben).

Manchmal kann die Abmahnung entbehrlich sein

Es gibt auch Ausnahmen, wo eine Abmahnung entbehrlich sein kann. Beispielsweise bei fehlenden Erfolg, welches offensichtlich ist indem die Abhilfe ernstlich und endgültig verweigert wird (BGH Urt. v. 22.10.1975 – VIII ZR 160/74), die Beseitigung innerhalb angemessener Frist unmöglich erscheint (OLG Karlsruhe ZMR 1988, 224) oder auch bei einem gebrochenen Vertrauensverhältnis, welches nicht mehr wiederhergestellt werden kann (BGH Urt. v. 18.11.1999 – III ZR 168/98). Bei einer solchen Schwere der Pflichtverletzungen seitens des Mieters, sodass das Mietverhältnis unzumutbar ist, ist ebenso eine sofortige Kündigung gerechtfertigt. Ferner liegt bei einer offensichtlichen Zahlungsunfähigkeit oder auch Zahlungsunwilligkeit des Mieters ein solcher ausreichender Grund vor. Der Kündigende hat die geltend gemachte angemessene Abhilfefrist beziehungsweise die Abmahnung des Mieters zu beweisen, da eine solche Abmahnung eine wesentliche Wirksamkeitsvoraussetzung der fristlosen Kündigung ist.

Zusammenfassend kann man sagen, dass der Mieter möglicherweise seine Obhutspflichten in Bezug auf die Mietsache verletzt, sobald gegen ihn eine Abmahnung seitens des Vermieters ausgesprochen wird. Diese muss mit einer Aufforderung verbunden sein, das vertragswidrige Verhalten einzustellen oder innerhalb einer angemessenen Frist für die Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes der Mietsache zu sorgen. Sollte diese Frist fruchtlos verstreichen, so eröffnet sich die Möglichkeit aufgrund des Verhaltens des Mieters ihm gegenüber die fristlose, hilfsweise auch die ordentliche Kündigung des Mietvertrages auszusprechen.

Dennoch sollte man sich immer vor den Augen führen, dass jeder Fall einen Einzelfall darstellt und geringfügige Abweichungen eine komplette andere rechtliche Sichtweise eröffnen können. Beispielsweise ist der übliche Kinderlärm für eine Kündigung aufgrund eines „wichtigen Grundes“ nicht ausreichend (LG Lübeck Urt. v. 31.01.1984 – 6 S 354/83).

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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