Mietrecht: Umfeldmängel/Umweltmängel im Mietrecht, die zur Mietminderung berechtigen
Rechtsanwalt Tieben

Rechtsanwalt Helmer Tieben
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Zivilrecht
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von: Helmer Tieben

Umfeldmängel im Mietrecht

In seinen eigenen vier Wänden will man oft einfach seine Ruhe haben, vor allem nach einem stressigen Tag auf der Arbeit. Das Bohren des Nachbarn schlägt sich jedoch durch, im Hausflur schreien schon wieder die Kinder der Nachbarin und die andere Nachbarin stöckelt mit ihren High Heels hin und her über das Parket über Ihnen. Sicherlich ist etwas Krach hin und wieder zuzumuten, denn laut dem Gesetz hat jeder Recht auf seine freie Entfaltung, vor allem in den eigenen persönlichen Bereich. Unter Umständen kann aber eine solche Störung der Ruhe überhandnehmen, sodass die Möglichkeit eine Mietminderung ermöglicht wird.

Verschiedene Schritte zu Mietminderung durch Mieter
Doch bereits seit langer Zeit ist die Frage in der Rechtsprechung streitig: Ab wann denn nun der Lärm aus der eigenen Nachbarschaft zu einer Mietminderung führen kann. Man spricht in solchen Fällen auch von sogenannten Umwelt- und Umfeldmängeln, die zu einer Minderung der Miete führen können. Doch allen Rechtsprechungsentscheidungen liegt immer ein und dasselbe Problem vor, denn es wurde durch die Mietparteien in dem abgeschlossenen Mietvertrag keine Vereinbarung bezüglich der Geräuschimmissionen getroffen.

Was ist überhaupt ein Mangel im Mietrecht?

Wenn ein Mietobjekt mangelhaft ist, gilt der subjektive Begriff des Fehlers. Es kommt immer drauf an, unter welchen Vereinbarungen die Parteien des Mietvertrages abgeschlossen haben, § 536 Absatz 1 Satz 1 BGB. Eine mangelhafte Sache liegt danach vor, wenn die Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit für den Mieter nachteilig abweicht. Die nachteilige Abweichung, also der tatsächliche Zustand abgezogen von dem vertraglich geschuldeten Zustand, stellt für den Mieter demnach ein Sachmangel dar. Diese nachteilige Abweichung muss für den Mieter eine Beeinträchtigung, welche rechtlicher oder tatsächlicher Art sein kann, der Nutzung des Mietobjekts darstellen und an dem Mietobjekt selbst bestehen oder von außen als Umfeldmangel auf das Mietobjekt einwirken. Nur unerhebliche Minderungen der Tauglichkeit der eigenen Mietsache bleiben hingegen außer Betracht, § 536 Absatz 1 Satz 3 BGB. Diese werden nicht als ein Mangel gewertet. Sollten keine Vereinbarungen getroffen worden sein, so ist die übliche Beschaffenheit des Mietobjekts entscheidend.

Was bedeutet ein Umweltmangel oder Umfeldmangel?

Ein Umweltmangel oder Umfeldmangel ist gegeben, wenn das Mietobjekt an sich mangelfrei und als solches auch gebrauchstauglich ist, die Situation im Umfeld des Mietobjekts jedoch den Gebrauch dessen erheblich beeinträchtigt – beispielsweise die Nutzbarkeit der Wohnung oder der dazugehörigen Gemeinschafts- und Außenflächen selbst einschränkt. Nicht untypisch ist, dass mehrere einzelne Mängel und mit unterschiedlicher Ursache zusammen auftreten und eine erhebliche Beeinträchtigung entwickeln.

Umfeldmängel im Sinne von Lärm/Lärmbelästigung

Die Ruhezeiten in einem Mietobjekt können von Bedeutung sein. Diese entnehmen Sie der eigenen Hausordnung oder Ihrem Mietvertrag. Darin sollte festgelegt worden sein, zu welchen genauen Zeiten eine Nacht-, Mittags-, Sonntags- und Feiertagsruhe von allen einzuhalten ist. Sollten diese Regelungen in Ihren Fall nicht existieren, so gelten die Regeln der Lärmschutzvorschriften des Landesimmissionsschutzgesetzes Ihres Bundeslandes – in den meisten Fällen wie zum Beispiel in Köln ist beispielsweise die Nachtruhe von 22 Uhr bis 6 Ihr morgens vorgeschrieben. Eine Mittagsruhe existiert gesetzlich nicht. Dennoch kann gemäß der Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung die Benutzung von lauter Maschinen in Wohngebieten zwischen 13 und 15 Uhr verboten werden. Um eine Mietminderung kann man kämpfen, wenn der Lärm generell so groß ist, dass der Mieter in dem Nutzen seines Mietobjekts massiv und auch dauerhaft eingeschränkt wird. Zuerst muss dieser aber eine Mängelanzeige an seinen Vermieter verschriftlichen. Darin muss er die Lärmbelästigung melden und ihn gleichzeitig mit einer nach den Umständen angemessenen Frist auffordern, etwas gegen den Lärm zu unternehmen. Es gibt verschiedene Quellen einer Lärmbelästigung. Beispielsweise können direkt die Kinder oder die Haustiere des Nachbarn oder aber auch die Umgebung des Mietobjekts eine Lärmquelle darstellen. Doch wann ein Mangel des Mietobjekts wegen einer Lärmbeeinträchtigung vorliegt, muss jeweils unter Berücksichtigung des vorliegenden Einzelfalls entschieden werden (BGH 15.02.2008, Az. V ZR 222/06), denn es hängt immer von dem subjektiven Empfinden des Menschen ab, sodass auf das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen abgestellt werden muss (BGH 20.11.1992, Az. V ZR 82/91). Als grobe Orientierung deinen die Richt- und Grenzwerte, welche sich beispielsweise aus der TA-Lärm oder der DIN 4109 ergeben.

Lärmbelästigung, die hinzunehmen ist

Sollten bestimmte Werte überschritten werden, so liegt nicht stets ein Mangel durch den Lärm des Mietobjekts vor. Aus diesem Grund sollten Sie immer einen Rechtsanwalt heranziehen, der für Sie prüft, ob im vorliegen Fall insgesamt die Lärmquelle(n) einen ausreichenden Mangel für meine Minderung der Miete darstellt. Denn befindet sich beispielsweise beim Einzug des Mieters eine Gaststätte, so muss dieser die üblichen Beeinträchtigungen, die von einem solchen Gaststättenbetrieb ausgehen, auch hinnehmen. Ein Mangel der Mietsache ist in solchen Fällen meistens ausgeschlossen und eine Minderung der Miete wäre nicht möglich. Auch keinen Mangel der Mietsache stellen jährliche Ereignisse, beispielsweise Volksfeste oder Kirchenglocken, die als sozialadäquat anzusehen sind dar. Ebenso der typische Lärm des Verkehrs führt nicht zu einem Mangel, wenn dieser sich insgesamt den üblichen Verkehrslärm anpasst (BGH 19.12.2012 Az. VIII ZR 152/12). Sollte es bei Abschluss des Mietvertrages für den Mieter nicht vorhersehbar sein, dass in der naheliegenden Nachbarschaft zukünftig gebaut wird, führen auch die hierdurch entstehenden Belästigungen durch den Lärm nicht zu einem Mangel der Mietsache, sobald der Vermieter diesen Lärm als unwesentlich bewertet und damit der Mieter diese auch ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeiten hinnehmen muss. Eine solche unwesentliche Beeinträchtigung liegt allerdings nicht vor, wenn die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte überschritten werden (BGH 29.04.2015 Az. VIII ZR 197/14, hierzu Ziffer 4 a).

Höhe der Mietminderung bei Lärmbeeinträchtigungen (Orientierungshilfe!)

Die Höhe der Minderung der Miete hängt von einigen Faktoren ab, wie beispielsweise der Länge des Bestehens dieses Mangels, welche Räume des Mietobjekts betroffen sind und wie stark die Benutzbarkeit dessen eingeschränkt wird. Somit ist die Berechnung der Minderung immer vom Einzelfall abhängig. Die folgenden Rechtsprechungen können lediglich als eine Orientierungshilfe dienen.

Sollten Bremsgeräusche eines Fahrstuhls den nach DIN 4109 höchstzulässigen Schallpegel, welcher bei 30 dB (A) liegt, überschreiten, so können diese daher deutlich in dem Mietobjekt wahrgenommen werden. Dies würde einen Mangel in der Mietsache darstellen und rechtfertigt eine Mietminderung von 10% (LG Berlin 11.11.2010, Az. 67 S 241/08).

Sollte der Mieter den Mietvertrag mit der Kenntnis der gewerblichen Nutzung der Nachbarhäuser unterschreiben, muss er generell damit rechnen, dass von diesen Gewerbetätigkeiten gewisse Geräusche ausgehen können, dennoch muss er nicht alle Lärmbelästigungen hinnehmen. Sollten unterhalb eines Mietobjekts gelegenen Gaststätte Klopfgeräusche oder in den Nachtstunden Wortgeräusche in das Mietobjekt eindringen, so ist eine Mietminderung in Höhe von 11% zulässig (LG Köln 09.12.1986, Az. 12 S 127/86). Auch rechtfertigt das Amtsgericht Köln eine Minderung in Höhe von 10% der monatlichen Miete, wenn die Geräusche aus einem Verkaufsgeschäft für Schallplatten in der darüber liegenden Wohnung deutlich wahrnehmbar sind (AG Köln 22.07.1992, Az. 207 C 164/91). Beim nächtlichen Lärmbelästigungen, die von einer Diskothek ausgehen und bei einem Schallpegel von mehr als 86 dB liegen, wurde vom Amtsgericht Köln eine Mietminderung von 30 % bejaht (AG Köln, 11.08.1977 – 155 C 5035/77).

In der eigenen Wohnung kann es nicht verboten werden zu musizieren, denn dieses gehört zu dem privaten Lebensbereich und muss grundsätzlich von den anderen Mietern hingenommen werden. Jedoch muss der Musizierende auch die Vorgaben der Hausordnung sowie die generelle Nachtruhe beachten. Im Einzelfall kann eine solche Lärmbelästigung zu einer Mietminderung führen, so beispielsweise das Üben und Spielen von Elektrogitarre und Schlagzeug mit Einsatz eines Verstärkers zur Mittagszeit sowie abends. Hier wurde eine Minderung der Miete von 5% bejaht (LG Berlin 15.03.2011, Az. 65 S 59/10).

Weitere Beispiele für die Mängel in dem Umfeld des Mietobjekts, die zu einer Minderung der Miete führen können, sind folgende:

 

      • Umweltgifte wie beispielsweise Asbest.
      • Erschütterungen, die über die in der DIN 4150 Teil 2 als zulässig genannten Grenzwerte hinausgehen.
      • Gerüche, die beispielsweise von einer nebenan befindlichen Bäckerei oder einem Supermarkt ausgehen.
      • Raumtemperaturen durch ungenügende Leistung der Heizung oder überdurchschnittlich hohe Temperaturen durch Sonneneinstrahlung (str.).
      • Existenz eines Bordells in der Nachbarschaft und im gleichen Mietobjekt.
      • Offizielle Drogenberatungsstelle im Nachbarhaus.

Sollten Sie von einer Lärmbelästigung betroffen sein, so müssen Sie den Mangel unverzüglich anzeigen. Ein längeres Warten kann nämlich zum Verlust des Mietminderungsrechts führen. Sehr hilfreich sind auch ausführliche und aussagekräftige Lärmprotokolle. Möglichst mit genauer Art des Lärms, der Dauer, des Ausmaßes und Zeitpunkt (mit Datum und Uhrzeit). Sollte der Vermieter den Lärmmangel kennen, so ist eine Anzeige dessen entbehrlich. Sollte der Vermieter behaupten, dass dieser Mangel nicht angezeigt worden ist, so trägt der Mieter für die erfolgte Mängelanzeige die volle Darlegungs- sowie Beweislast (BGH 05.12.2012 Az. VIII ZR 74/12). Außerdem können Sie sich beim Lärm gegen den Mieter selbst zur Wehr setzen, beispielsweise durch eine Anzeige einer Ordnungswidrigkeit nach § 117 OWiG oder sollte die Lärmbelästigung direkt von dem Vermieter kommen eine Schadensanzeige gemäß § 536a BGB gegen ihn geltend machen.

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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