Baurecht: Nachbarklage gegen die Baugenehmigung zur Errichtung einer Behindertenwohnanlage
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Baurecht
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von: Helmer Tieben

Verwaltungsgericht Koblenz, 08.05.2014, Az.: 1 K 1104/13.KO

Grundstückseigentümer können die ihrem Nachbarn erteilte Baugenehmigung angreifen, wenn sie durch diese Genehmigung in ihren öffentlich-rechtlich geschützten Rechten verletzt werden. Das Ziel von Nachbarklagen richtet sich oft gegen Baugnehmigungen für  Behinderteneinrichtungen, Asylheime, Kindertagesstätten oder Kinderspielplätze.

Gegen die Baugenehmigung kann zum Beispiel Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht grundsätzlich innerhalb eines Monats nach Zustellung oder öffentlicher Bekanntmachung des Bescheides eingereicht werden.

Zu beachten ist dabei, dass die Anfechtungsklage eines Nachbarn gegen eine Baugenehmigung grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung hat.

Das heißt, dass der Bauherr trotz der anhängigen Klage mit der Bauausführung beginnen darf (auch wenn er dann das Risiko trägt, das Bauvorhaben wieder abreißen zu müssen). Neben der Klage muss der Kläger darüber also auch einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Anfechtungsklage stellen, damit der Nachbar erst einmal nicht mit der Bauausführung beginnen darf.

Nachbarklage hat nur Aussicht auf Erfolg, wenn der klagende Nachbar in seinen Rechten beeinträchtigt ist

Materiell-Rechtlich hat die Anfechtungsklage des Nachbarn gegen den Bauherrn grundsätzlich nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn der klagende Nachbar durch die Baugenehmigung in seinen öffentlich-rechtlich geschützten Belangen verletzt wird.

Mit anderen Worten muss also eine öffentlich-rechtliche Vorschrift verletzt worden sein, die zumindest auch die Rechte des Nachbarn schützen soll (sog. nachbarschützende Vorschrift). Ein häufiger Fall ist zum Beispiel die Nichteinhaltung von Abstandsflächen durch die Bausausführung.

In dem oben genannten Fall des Verwaltungsgerichts Koblenz hatte dieses darüber zu entscheiden, ob die Klage einer Grundstückseigentümerin begründet war, welche sich gegen die Erteilung von Baugenehmigungen zum Bau einer Wohnanlage für Behinderte richtete.

Sachverhalt der Gerichtsentscheidung

Die Klägerin war Eigentümerin eines Wohngebäudes in Kaltenengers. Es befand sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem Gebiet der Ortsgemeinde St. Sebastian, welches im Bebauungsplan „Am Kaltenengerser Weg III“ als allgemeines Wohngebiet festgesetzt worden war.

Nachbar klagt gegen geplantes Behindertenwohnheim

In der Nachbarschaft der Klägerin sollte eine von behinderten Menschen selbstbestimmte Wohngemeinschaft angesiedelt werden, welche von einem privaten Unternehmen betrieben werden sollte. Auf Antrag dieses Unternehmens erteilte der Landkreis Mayen-Koblenz im vereinfachten Genehmigungsverfahren drei Baugenehmigungen zur Errichtung von jeweils einem Wohnhaus zu diesem Zweck.

Darüber hinaus genehmigte der Landkreis ein Servicegebäude mit Bistro, Räumen für ambulante Angebote, Ergotherapie, Kurzzeitpflege und Verwaltung.

Gegen sämtliche erteilte Baugenehmigungen erhob die Klägerin Widerspruch und nach der erfolglosen Durchführung verschiedener vorläufiger Rechtsschutzverfahren, Untätigkeitsklage.

Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz

Das Verwaltungsgericht Koblenz wies die Klage mit der Begründung ab, dass die Baugenehmigungen keine subjektiven Rechte der Klägerin verletzten würden.

Weder seien Vorschriften über die Gebietsart missachtet worden, noch seien die drei Wohnhäuser und das Bistrogebäude rücksichtslos.

Gericht urteilt, dass der Anblick und die Lebensäußerungen von Behinderten hinzunehmen sind

Nachbarn seien grundsätzlich gehalten, den Anblick und die Lebensäußerungen behinderter Menschen hinzunehmen.

Auch seien durch die Vorhaben entgegen der Ansicht der Klägerin keine erheblichen Verkehrsstörungen zu erwarten und es gehe aufgrund der Entfernung und der Größe der Gebäude von diesen keine erdrückende Wirkung auf die benachbarten Wohnhäuser aus.

Die Genehmigungen würden auch nicht zum Nachteil der Klägerin gegen Bestimmungen zum Brandschutz verstoßen. Die Wohnhäuser seien im vereinfachten Genehmigungsverfahren zugelassen worden, in denen Vorschriften des Brandschutzes nicht geprüft werden müssten. Hinsichtlich des Servicegebäudes sei für einen solchen Verstoß nichts ersichtlich.

Quelle: Verwaltungsgericht Koblenz

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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