Mietrecht: Fristlose Kündigung wegen fortgesetzter Untervermietung trotz Abmahnung.
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Zivilrecht
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von: Helmer Tieben

Landgericht Berlin, 09.04.2015, Az.: 67 S 28/15

Die unberechtigte Untervermietung kann den Vermieter in bestimmten Fällen sogar zu einer fristlosen Kündigung ohne vorherige Abmahnung berechtigen.

Dies sah zum Beispiel das Amtsgericht München in einer Entscheidung vom 30.09.2013 so, weil der Mieter die Vermieterin über Jahre hinweg hinsichtlich der Untervermietung getäuscht hatte (Amtsgericht München, 30.09.2013, Az.: 423 C 29146/12).

Dieses Urteil zeigt erneut, dass die Rechtsprechung die unberechtigte (also ohne die Zustimmung des Vermieters) Untervermietung keinesfalls als Kavaliersdelikt betrachtet.

untervermietung

Einen ebenfalls dreisten Fall der Untervermietung behandelt das hier besprochene Urteil des Landgerichts Berlin. Trotz mehrmaliger Kündigung und Abmahnung beendete der Mieter die Untervermietung nicht.

Sachverhalt: Die Kläger in diesem Fall waren Vermieter einer Wohnung, der Beklagte war der Mieter. Die Kläger hatten dem Beklagten Anfang 2012 eine Erlaubnis zur vorübergehenden Untervermietung der Wohnung an seine Nichte erteilt, bis diese eine eigene Wohnung finden würde.

Daraufhin überließ der Beklagte der Nichte unentgeltlich ein Zimmer zum Wohnen. Im Dezember 2012 und im August 2013 kündigten die Kläger dann das Mietverhältnis fristlos, unter anderem auch gestützt auf eine unbefugte Gebrauchsüberlassung durch den Beklagten. Im Laufe des Räumungsverfahrens erfolgte dann erneut eine fristlose Kündigung wegen der unbefugten Überlassung eines Teils der Mietwohnung durch den Beklagten. Das Amtsgericht gab der Räumungsklage der Kläger statt. Gegen diese Entscheidung wandte sich der Beklagte mit der Berufung zum Landgericht Berlin.

Landgericht Berlin: Das Landgericht Berlin folgte ebenfalls der Ansicht der Kläger und des erstinstanzlichen Gerichts und urteilte ebenfalls, dass den Klägern ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der von dem Beklagten innegehaltenen Wohnung gemäß § 546 Abs. 1 BGB zustünde. Jedenfalls habe die im Schriftsatz vom 05.06.2014 erklärte fristlose Kündigung wegen unbefugter Gebrauchsüberlassung das Mietverhältnis beendet.

Ein Kündigungsgrund gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB würde vorliegen, wenn der Mieter den Gebrauch der Mietsache unbefugt einem Dritten überlasse und dadurch die Rechte des Vermieters erheblich verletzen würde:

Der Beklagte habe die Mietsache seiner Nichte trotz Abmahnung der Kläger weiterhin – zumindest zum Teil – entgeltlich überlassen, obwohl er dazu nicht mehr befugt gewesen sei. Soweit er diesen Kündigungssachverhalt im Verlaufe des Rechtsstreits zeitweise bestritten habe, stünde die entgeltliche Gebrauchsüberlassung spätestens seit den entsprechenden mündlichen Bekundungen des Beklagten gegenüber der Kammer im Berufungstermin, die zudem im Einklang mit dem vorgerichtlichen Schreiben vom 12.09.2013 standen („Wie Ihnen … bekannt, habe ich ein Zimmer der Wohnung an meine Nichte … untervermietet … .“), gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig fest.

Es könne dahinstehen, ob dem Beklagten durch die nicht von beiden Klägern, sondern lediglich von dem Kläger zu 2) verfasste E-mail vom 04.01.2012 und das Ende 2011 zwischen dem Kläger zu 2) und dem Beklagten geführte Gespräch wirksam die Erlaubnis zur Gebrauchsüberlassung erteilt worden sei.

Denn selbst im Falle ihrer Wirksamkeit würde es sich dabei unter Zugrundelegung der Auslegungsparameter der §§ 133, 157 BGB allenfalls um eine zeitlich befristete Erlaubnis handeln, die spätestens mit Ablauf des Jahres 2012 erloschen sei.

Dem Beklagten sei lediglich gestattet gewesen, “ … dass eine Verwandte vorübergehend bei Ihnen … wohnt, bis sie eine Wohnung gefunden hat.“ Damit sollte der Nichte des Beklagten nach dem bereits offensichtlichen, aber auch aus dem Wortlaut der Erlaubnis ableitbaren Willen der Parteien lediglich die zeitliche Möglichkeit eingeräumt werden, sich adäquaten eigenen Wohnraum zu beschaffen.

Damit indes sei die Erlaubnis unabhängig von der Aufnahme und dem Erfolg der Wohnungssuche nur „vorübergehend“ erteilt und auf die für eine erfolgreiche Wohnungssuche üblicherweise erforderliche Zeitspanne beschränkt worden. Diese habe die Kammer – zu Gunsten des Beklagten – mit einer der Regelung des § 721 Abs. 5 Satz 1 ZPO entsprechenden und weiträumigen Frist von einem Jahr bemessen, die allerdings bereits mit Ablauf des Jahres 2012, erst recht aber zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 20. August 2013 beendet gewesen sei.

Die demnach spätestens seit dem 01.01.2013 unbefugte Gebrauchsüberlassung hätten die Kläger vor Ausspruch der Kündigung vom 05.06.2014 auch wirksam gemäß § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB abgemahnt, da die der Kündigungserklärung vom 05.06.2014 vorausgegangenen fristlosen Kündigungen vom 12.12.2012 und 20.08.2013 ebenfalls – und zum Teil ausschließlich – auf eine unbefugte Gebrauchsüberlassung durch den Beklagten gestützt waren.

Ob bereits diese Kündigungen materiell wirksam waren, habe keiner abschließenden Entscheidung der Kammer bedurft, da eine in ihrem Kündigungsvorwurf einschlägige vorhergehende Kündigung die Funktion einer konkludenten Abmahnung selbst dann erfüllen würde, wenn sie unwirksam sei Ebenfalls habe dahinstehen können, ob angesichts der vom Beklagten ausweislich seines Schreibens vom 12.09.2013 und seiner Bekundungen im Termin vorsätzlich und beharrlich fortgesetzten Gebrauchsüberlassung der Ausspruch einer Abmahnung nicht ohnehin gemäß § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BGB wegen offensichtlicher Erfolglosigkeit entbehrlich gewesen sei.

Die trotz erfolgter Abmahnung fortgesetzte entgeltliche Gebrauchsüberlassung würde einen derart schwerwiegenden Pflichtverstoß des Beklagten darstellen, dass den Klägern eine Fortsetzung des Mietverhältnisses selbst bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zuzumuten gewesen sei.

Eine dem Beklagten günstigere Beurteilung hinsichtlich des ihm zur Last zu legenden Pflichtverstoßes hätte nur in Betracht gezogen werden können gewesen, wenn es ihm in dem zwischen der letzten Abmahnung und dem Ausspruch der Kündigung vom 05.06.2014 liegenden Zeitraum aus tatsächlich Gründen nicht möglich gewesen wäre, eine Beendigung des mit seiner Nichte begründeten Untermietverhältnisses und deren Auszug herbeizuführen. An diesen Voraussetzungen indes habe es gefehlt, da der Beklagten nach erfolgter Abmahnung mehr als neun – und für die Beendigung der vertragswidrigen Nutzung der Mietsache hinreichende – Monate hatte, die er tatenlos verstreichen habe lassen.

Auch habe es dahinstehen können, ob die auf eine unbefugte Gebrauchsüberlassung oder deren Fortsetzung gerichtete Kündigung rechtsmissbräuchlich sei, wenn der Mieter zuvor eine Erlaubnis erbeten und ihm der Vermieter eine solche trotz bestehender Pflicht zur Erteilung verweigert habe.

Einerseits habe der Beklagte trotz Ablaufs der zuvor erteilten Erlaubnis und erfolgter Abmahnung nicht um die Erteilung einer neuerlichen Erlaubnis bei den Klägern nachgesucht. Andererseits habe auch keine Verpflichtung der Kläger zur Erteilung einer neuerlichen Erlaubnis bestanden. Denn der Mieter habe gemäß § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB nur dann Anspruch auf Erlaubniserteilung, wenn für ihn nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse entstünde, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen. Als berechtigtes Interesse i. S. d. § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB sei jedes nach Vertragsschluss entstehende Interesse des Mieters von nicht ganz unerheblichem Gewicht anzusehen, welches mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung in Einklang stehe.

An einem solchen indes würde es dem Beklagten fehlen, der für die Voraussetzungen des § 553 Abs. 1 BGB die Darlegungs- und Beweislast tragen würde. Es sei weder dargetan noch ersichtlich, dass ein entsprechendes – wirtschaftliches – Interesse für den Beklagten zeitlich erst nach Vertragsschluss entstanden sei. Davon abgesehen nutze der Beklagte ausweislich seines eigenen Vortrags neben der streitgegenständlichen Wohnung in nicht unerheblichem Maße eine ebenfalls in Berlin befindliche weitere Wohnung seiner Lebensgefährtin, während seine Nichte neben der streitgegenständlichen Wohnung in Berlin sogar an zwei weiteren Orten in Finkenkrug und Falkensee wohnhaft sei. Es könne dahinstehen, ob die Schaffung eines mehrjährigen Drittwohnsitzes für einen Familienangehörigen auch vor dem Hintergrund eines regional angespannten Wohnungsmarktes mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung noch in Einklang zu bringen sei. Zumindest komme ihr kein hinreichend erhebliches Gewicht zu, um einen Anspruch auf eine dauerhafte anteilige Gebrauchsüberlassung der Mietsache zu rechtfertigen.

Das Recht zum Ausspruch der fristlosen Kündigung sei schließlich nicht gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 des Mietvertrages ausgeschlossen gewesen („Das Wohnungsunternehmen wird von sich aus das Mietverhältnis grundsätzlich nicht auflösen.“). Denn die Klausel, die gemäß § 566 Abs. 1 BGB auch gegen die Kläger wirken würde, könne unter Zugrundelegung der Auslegungsparameter der §§ 133, 157 BGB nicht dahin ausgelegt werden, dass der Vermieter sich über eine Einschränkung der Voraussetzungen für eine ordentliche Kündigung hinaus auch seiner gesetzlichen Kündigungsmöglichkeiten aus wichtigem Grund begeben wolle.

Da nach alledem die von den Klägern ausgesprochene Kündigung vom 05.06.2014 als außerordentliche Kündigung wirksam gewesen sei, habe dahinstehen können, ob das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis nicht ohnehin aufgrund der vom Amtsgericht für wirksam erachteten Eigenbedarfskündigung vom 20.082013 seine ordentliche Beendigung gefunden habe.

Quelle: Landgericht Berlin

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