Mietrecht: Tägliches Stoßlüften zur Schimmelvermeidung darf der Vermieter nur in gewissem Umfang verlangen.
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Zivilrecht
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von: Helmer Tieben

Landgericht Berlin, 15.04.2016, Az.: 65 S 400/15

Schimmel in der gemieteten Wohnung ist immer ein großes Streitthema zwischen dem Mieter und dem Vermieter. Die häufig hohen Beseitigungskosten sowie die Schuldfrage sind nicht immer eindeutig zu klären. Die Mieter sehen die Schuld in der Bausubstanz des Wohnhauses während der Vermieter argumentiert, es sei die Ursache des falschen Heiz- und Lüftungsverhaltens der Mieter. Sicher ist, dass nicht immer der Vermieter verantwortlich für den Schimmel in der Wohnung ist.

Tauchte zuvor Schimmelbefall in der Wohnung auf, so kann dies ein Indiz für ein falsches Mieterverhalten sein. Ursächlich dafür kann eine zu kalte Durchschnittstemperatur, falsche Anbringung von Tapeten oder ein zu seltenes Lüften sein. Darüber hinaus können auch andere Faktoren, wie eine luftdichte Bauart des Hauses sein, verantwortlich sein.

Welche Pflichten haben Mieter und Vermieter?

Entsteht in den Räumen der Mietwohnung Schimmel, so muss der Vermieter die Feuchtigkeitsschäden beseitigen. Folglich kann der Vermieter verlangen, dass man dreimal am Tag lüftet: morgens, mittags und abends.

Muss der Wohnungsmieter mehr als sechsmal eine Stoßlüftung durchführen, um einen Schimmelbefall zu vermeiden, liegt ein unzumutbarer Lüftungsaufwand vor. Aus diesem Grund steht dem Mieter ein Recht auf die Mangelbeseitigung als auch ein Recht zur Mietminderung zu, sobald es zu einem Schimmelbefall kommen sollte.

Sachverhalt des Gerichtsverfahrens

In dem Haus des Mieters bildete sich in allen Räumen Schimmel

Im konkreten Fall ging es um ein Gebäude, welches in den 1990er Jahren gebaut wurde, welches eine luftdichte Bauart aufweist.  Folglich bemängelte der Kläger (Mieter) bei der Beklagten (Vermieter) dass sich in mehreren Zimmern – Gäste-WC, Bad, Schlafzimmer, Küche und im Wohnzimmer – in verschiedener Formen und Ausführungen Schimmel gebildet hatte.

Der Vermieter beseitigte den Schimmel nicht, daraufhin klagte der Mieter

Als keine Behebung der Schimmelbestände folgte, klagte der Mieter. Die Wohnung sei mit den Schimmelmängeln nicht vertragsgerecht bzw. nicht mangelfrei.

Daraufhin beauftragte das erstinstanzliche Gericht einen Sachverständigen. Von ihm wurde festgestellt, dass die Ursache bei dem besonders luftdichten Zustand der Kunststoffisolierglasfenster lag.

Sachverständiger bestätigte Schuldlosigkeit des Mieters

Dem Kläger sowie seiner Familie könne somit nicht vorgeworfen werden, dass der Schimmelbefall aufgrund einer nicht vertragsgemäßen Nutzung verursacht worden sei. Aus dem Grund der Bauart müsste die Klägerin sechs- bis achtmal am Tag stoßlüften um einem Schimmelbefall zu vermeiden.

Dagegen legte der Beklagte Berufung ein – zu Unrecht, entschied das Landgericht Berlin und bestätigte die Entscheidung des erstinstanzlichen in weiten Teilen.

Urteil des Landgerichts Berlin:

Landgericht bestätigte, dass der Schimmel bauseitig bedingt war

Das Landgericht Berlin entschied zu Gunsten des Mieters. Gem. § 535 Abs. 1 BGB habe der Wohnungsmieter einen Anspruch auf die Gewährung des vertragsgemäßen Zustands der Wohnung, der auch die Beseitigung von Feuchtigkeit in Wänden z.B. Schimmel umfasse. Denn eine Wohnung mit gehäuften schimmelbehafteten Stellen – wichtige Räume wie das Bad, den WC-Raum, die Küche, ein Schlafzimmer und das Wohnzimmer umfassend, sei im Sinne des § 536 BGB mangelhaft.

Ein tägliches Stoßlüften von 6-8mal könne dem Mieter nicht zugemutet werden

Laut dem Sachverständigen könne nur ein täglich mehr als sechsmaliges Stoßlüften einen Schimmelbefall sicher verhindern. Sechs- bis Achtmal täglich zu lüften entspreche nicht dem üblichen Mietgebrauch und könne nicht vorhergesehen und dann auch nicht verlangt werden.

Zusätzlich sprach das Landgericht Berlin dem Mieter eine Mietminderung in einer Höhe von 10% zu. Diese zuerkannte Minderung der Miete von monatlich 10% sei gem. § 536 Abs. 1 BGB nicht überhöht. Festgestellt seien nur kleine Stellen von Schimmelbefall, dennoch seien mehrere Räume betroffen.

Verschiedene Schritte zu Mietminderung durch Mieter

Zutreffend möge es sein, dass es bauliche Maßnahmen gebe, die den vorliegenden Zustand optimieren können – Installation eines Heizkörpers im Flurbereich oder eine zusätzliche Dämmung – der Mieter habe im Rahmen des Instandsetzungsanspruchs gemäß § 535 Abs. 1 BGB aber keinen Anspruch auf Modernisierung der gemieteten Wohnung.

Quelle: Landgericht Berlin

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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