Sozialrecht: Die Folgen der fehlenden Versicherung in der privaten und gesetzlichen Krankenversicherung
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Zivilrecht
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von: Helmer Tieben

1. Versicherungspflicht in der privaten bzw. in der gesetzlichen Krankenversicherung

Die grundsätzliche gesetzliche Verpflichtung von Personen mit Wohnsitz in Deutschland eine private Krankenversicherung zu unterhalten, ist in § 193 Abs. 3 S. 1 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) geregelt:

Jede Person mit Wohnsitz im Inland ist verpflichtet, bei einem in Deutschland zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmen für sich selbst und für die von ihr gesetzlich vertretenen Personen, soweit diese nicht selbst Verträge abschließen können, eine Krankheitskostenversicherung, die mindestens eine Kostenerstattung für ambulante und stationäre Heilbehandlung umfasst und bei der die für tariflich vorgesehene Leistungen vereinbarten absoluten und prozentualen Selbstbehalte für ambulante und stationäre Heilbehandlung für jede zu versichernde Person auf eine betragsmäßige Auswirkung von kalenderjährlich 5 000 Euro begrenzt ist, abzuschließen und aufrechtzuerhalten.

Gem. § 193 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 VVG gilt diese Verpflichtung allerdings nicht für Personen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert oder versicherungspflichtig sind.

Dies betrifft somit insbesondere Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind.

Die Versicherungspflicht dieser Berufsgruppen in der gesetzlichen Krankenversicherung ist wiederum in § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V geregelt:

(1) Versicherungspflichtig sind

1. Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind.

Naturgemäß sind somit die meisten Mitglieder in der gesetzlichen Krankenversicherung abhängig Beschäftigte und die meisten Mitglieder in der privaten Krankenversicherung Selbstständige.

2. Freiwillige Versicherung

Allerdings besteht sowohl für abhängig Beschäftigte als auch für Selbstständige die Möglichkeit, sich in der jeweils anderen Krankenversicherungsform versichern zu lassen, wenn Sie die für eine Befreiung notwendigen Voraussetzungen erfüllen.

Für abhängig Beschäftigte besteht die Möglichkeit sich in der privaten Krankenversicherung versichern zu lassen, wenn sie gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 6 Abs. 5 SGB V langfristig über der Beitragsbemessungsgrenze verdienen, da sie dann von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung befreit sind.

Für Selbstständige besteht die Möglichkeit Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung zu werden gem. § 9 SGB V, welcher die freiwillige Versicherung regelt. Dies betrifft insbesondere abhängig Beschäftigte, welche sich selbstständig machen. § 9 Abs. 1 SGB V nennt jedoch weitere Personenkreise.

Der Beitritt zur freiwilligen Versicherung muss grundsätzlich § 9 Abs. 2 SGB V innerhalb von 3 Monaten nach Ende der vorhergehenden Versicherung erklärt werden.

3. Folgen der fehlenden Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung

Aus vielerlei Gründen kommt es vor, dass Menschen mit Wohnsitz in Deutschland trotz der bestehenden Versicherungspflicht formal nicht versichert sind.

Menschen, die zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, sind in solchen Fällen aufgrund des zum 01.04.2007 eingeführten § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V dennoch automatisch gesetzlich krankenversichert.

Der Beginn der Mitgliedschaft ist in diesen Fällen in § 186 Abs. 11 SGB V geregelt. Danach beginnt die Mitgliedschaft mit dem ersten Tag, an dem nicht ein anderer Anspruch auf eine Krankenversicherung im Inland bestand, also mit dem Tag an dem die formale Mitgliedschaft in der Versicherung endete und keine neue Versicherung abgeschlossen wurde.

Dies hat zur Folge, dass von nicht versicherten Mitgliedern, die zu Ihrer gesetzlichen Versicherung zurückkehren, regelmäßig eine Nachzahlung der Beiträge gefordert werden können, da sie letztendlich kraft Gesetzes doch versichert waren.

Um die Folgen einer solchen Nachzahlung abzumildern, müssen die Satzungen der gesetzlichen Krankenversicherungen allerdings die Möglichkeiten des Erlasses, der Ermäßigung oder der Stundung dieser rückwirkend erhobenen Beiträge vorsehen.

Der Erlass und die Stundung sind ebenfalls in § 76 SGB IV geregelt. Gem. § 76 Abs. 2 SGB IV darf der Versicherungsträger die Ansprüche nur

– stunden, wenn die sofortige Einziehung mit erheblichen Härten für die Anspruchsgegner verbunden wäre und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet wird,

– niederschlagen, wenn feststeht, dass die Einziehung keinen Erfolg haben wird, oder wenn die Kosten der Einziehung außer Verhältnis zur Höhe des Anspruchs stehen,

– erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beiträge erstattet oder angerechnet werden.

In den allermeisten Fällen wird insofern nur eine Stundung in Frage kommen, da die anderen Möglichkeiten aufgrund des Solidargedankens der Krankenversicherung mit sehr hohen Hürden verbunden sind.

4. Folgen der fehlenden Versicherung in der privaten Krankenversicherung

Wie oben bereits erwähnt, sind Menschen, die nicht in die gesetzliche Krankenversicherung können oder wollen, nicht von der Versicherungspflicht befreit. Vielmehr besteht für diese ebenfalls eine Versicherungspflicht, nämlich in der privaten Krankenversicherung.

Wenn also ein dermaßen Verpflichteter nach einiger Zeit ohne Versicherung zu einer privaten Krankenversicherung geht um sich versichern zu lassen, ist die private Krankenversicherung gem. § 193 Abs. 4 VVG verpflichtet, einen Prämienzuschlag von dem Versicherungsnehmer einzufordern.

Dieser Prämienzuschlag beträgt einen Monatsbeitrag für jeden weiteren angefangenen Monat der Nichtversicherung, ab dem sechsten Monat der Nichtversicherung für jeden weiteren angefangenen Monat der Nichtversicherung ein Sechstel des Monatsbeitrags.

Der Prämienzuschlag ist einmalig zusätzlich zur laufenden Prämie zu entrichten. Der Versicherungsnehmer kann vom Versicherer die Stundung des Prämienzuschlags verlangen, wenn ihn die sofortige Zahlung ungewöhnlich hart treffen würde und den Interessen des Versicherers durch die Vereinbarung einer angemessenen Ratenzahlung Rechnung getragen werden kann. Der gestundete Betrag ist dann allerdings zu verzinsen.

Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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