Abwälzung Räumpflicht und Streupflicht auf Mieter Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Abwälzung Räumpflicht und Streupflicht auf Mieter

  1. Mietrecht: Verkehrssicherungspflichten des Eigentümers beim Betreten eines Privatgrundstücks durch Passanten

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    Oberlandesgericht Hamm, 16.05.2013, Az.: 6 U 178/12

    Es ist grundsätzlich Aufgabe des Vermieters und Eigentümers des jeweiligen Mietobjektes, den winterlichen Räum – und Streudienst für die privaten Zugangswege und Zufahrtswege sowie die angrenzenden öffentlichen Verkehrsflächen auszuführen.

    Grund dieser Räum- und Streupflicht ist der Schutz der Mieter des Mietobjektes sowie der Schutz von vorbeigehenden Passanten auf den angrenzenden öffentlichen Verkehrsflächen.

    Gegenstand von gerichtlichen Verfahren ist allerdings auch immer wieder die Frage, ob den Hauseigentümer auch Verkehrssicherungspflichten hinsichtlich von Passanten treffen, die das private Grundstück des Hauseigentümers zum Beispiel als Abkürzung nutzen.

    Mit dieser Frage musste sich das Oberlandesgericht Hamm in der oben genannten Entscheidung befassen.

    Sachverhalt: Der Kläger war auf dem zur Wohnungseigentumsanlage der Beklagten gehörenden Garagenvorplatz gestürzt.

    Dieser Garagenvorplatz bildete die Zufahrt zu mehreren zur Wohnungseigentumsanlage gehörenden Garagen und schloss sich unmittelbar an eine kleine öffentliche Straße an, die dort in einer Kurve verlief und den Garagenvorplatz teilweise umschloss.

    Die Abgrenzung zwischen dem Garagenvorplatz und der öffentlichen Straße wurde lediglich durch eine breite Regenrinne gebildet, die zu einem Wasserablauf führte.

    Der Garagenvorplatz wurde regelmäßig von Fußgängern, die weder etwas mit der Beklagten noch mit den dort befindlichen Garagen zu tun hatten, als Abkürzung benutzt.

    Am Unfalltag war weder der Gehweg, der sich auf der dem Garagenvorplatz gegenüber liegenden T-Straße befand, noch die Straße noch der Garagenvorplatz von Schnee und Eis geräumt.

    Aufgrund des Unfalls hatte sich der Kläger eine Tibiaschaftspiralfraktur links sowie eine Fraktur Weber A/B am linken Außenknöchel zugezogen. Er wurde mit Rettungstransportwagen ins Krankenhaus gebracht, dort operiert und musste für etwa zwei Wochen dort verbleiben. Danach war er mindestens zehn Monate arbeitsunfähig.

    Da die Beklagte nicht zahlen wollte, klagte der Kläger vor dem Landgericht auf Schmerzensgeld in einer Größenordnung von 10.000,– Euro sowie Ersatz eines Haushaltsführungsschadens in Höhe von 2.000,– Euro sowie Schadensersatz für vorgerichtlich angefallene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 461,60 Euro.

    Das zunächst angerufene Landgericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass der Kläger nicht habe beweisen können, dass sich der Sturz auf dem Grundstück der Beklagten und nicht etwa auf der Straße ereignet habe.

    Hiergegen wandte sich der Kläger mit seiner Berufung zum Oberlandesgericht Hamm.

    Oberlandesgericht Hamm: Das OLG Hamm wies die Berufung ebenfalls ab, allerdings aus anderen Gründen als das Landgericht. So habe es hier an einer für den Schadensersatzanspruch des Klägers notwendigen Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten gefehlt.

    Zwar könne die tatsächliche Duldung der Nutzung eines Privatgrundstücks durch Unbefugte genügen, um Sicherungspflichten auch auf solche Benutzer eines Grundstücks zu erstrecken, die dieses zwar im Grundsatz unbefugt nutzen, aber geduldet würden.

    An den Inhalt der Sicherungspflichten dürften allerdings im Fall der bloßen Duldung privaten Verkehrs keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden.

    Nach diesen Grundsätzen sei eine Verkehrssicherungspflichtverletzung im vorliegenden Fall zu verneinen. Die auf dem Garagenvorplatz vorhandene Schnee- und Eisglätte sei gut zu erkennen gewesen, wie die in der Akte befindlichen Fotos zeigen würden. Auch sei das aufgrund der vorhandenen Glätte bestehende Gesundheitsrisiko nicht so groß und unkalkulierbar gewesen, dass aus diesem Grunde Sicherungsmaßnahmen geboten gewesen wären.

    Der Kläger sei auch nicht gezwungen gewesen, diese nicht geräumte, private Verkehrsfläche zu benutzen, sondern habe auf die öffentlichen Verkehrsflächen ausweichen können, indem er die öffentliche Straße oder den Gehweg benutzte.

    Quelle: Oberlandesgericht Hamm

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Mietrecht: Schmerzensgeld bei Körperverletzung wegen mangelhafter Durchführung des Winterdienstes durch Vermieter

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    Oberlandesgericht Hamm, 21.12.2012, Az.: 9 U 38/12

    Die Räum- und Streupflicht betrifft grundsätzlich die Eigentümer der anliegenden Grundstücke. Dies ist jedenfalls immer dann der Fall, wenn die Gemeinde die ihr obliegende Räum- und Streupflicht in der Gemeindesatzung auf die Anlieger übertragen hat.

    Handelt es sich bei dem Anlieger um einen Vermieter, kann dieser die Streu- und Räumpflicht wiederum auf die Mieter übertragen.

     

    Diese Übertragung sollte in jedem Fall vertraglich festgelegt werden und es sollte konkret bezeichnet werden, wann und wie der einzelne Mieter zu räumen und/oder zu streuen hat. Des Weiteren sollten dem Mieter eventuelle Konsequenzen des Verstoßes  gegen seine Verpflichtung vor Augen geführt werden. Es genügt nicht, im Miethaus einen Aushang zur Streu- und Räumpflicht auszuhängen oder einen Informations- bzw. Aufforderungszettel in die Briefkästen der Mieter zu verteilen.

    Aber auch wenn der Vermieter die Räum- und Streupflicht auf den Mieter übertragen hat, ist er nicht vollkommen „raus“ aus der Verantwortung, da er zumindest überwachungspflichtig bleibt. Das heißt, der Vermieter hat die ordnungsgemäße Ausführung der Streu- und Räumpflichten regelmäßig zu kontrollieren.

    Um hier Beweispflichten in einem Rechtsstreit ordnungsgemäß nachkommen zu können, sollte dazu ein Protokoll geführt werden, in welches sowohl Datum, Zeit und Umfang der Kontrolle eingetragen wird.

    Beauftragt der Vermieter eine Hausverwaltung mit dem Winterdienst, ist diese sorgfältig auszuwählen, hinsichtlich des Winterdienstes gründlich anzuweisen und ebenfalls zu überwachen.

    In dem oben genannten Fall des Oberlandesgerichts Hamms hatte das Gericht darüber zu entscheiden, ob zwei Hausbesitzer einer Dame Schadenersatz und Schmerzensgeld zu zahlen hatten, weil sich diese bei einem Sturz auf dem Gehweg ihres Hauses einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen hatte.

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens:

    Klägerin war gefallen und musste Weihnachten im Krankenhaus verbringen

    Die Klägerin war um 9:40 Uhr an einem Wintertag vor die Haustür getreten. Am Übergang des Hausweges zum Bürgersteig wollte sie noch einmal umkehren, um ihrem Mann zuzuwinken und war dann gefallen. Durch den Sturz zog sich die Beklagte einen Oberschenkelhalsbruch zu und musste über die Weihnachtstage und den Jahreswechsel hinaus stationär im Krankenhaus behandelt werden.

    Danach musste sie sich einer längeren Rehabilitationsmaßnahme unterziehen und noch einige Male ambulant behandelt werden.

    In der ersten Instanz wurde der Beklagte zu EUR 10.000 Schmerzensgeld verurteilt

    Erstinstanzlich wurden die beklagten Hausbesitzer als Gesamtschuldner zu einer Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 10.000,00 € und zu materiellen Schadensersatzes in Höhe von 3.588,10 € nebst Zinsen verurteilt.

    Gegen dieses Urteil legten die Hausbesitzer Berufung zum Oberlandesgericht Hamm ein.

    Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm

    Im Berufungsverfahren verringerte das Gericht das Schmerzensgeld auf EUR 7.000

    Dieser Berufung folgte des OLG Hamm nur teilweise und verurteilte die Beklagten zu einer Zahlung auf Schmerzensgeld i. H. v. EUR 7000 wegen Verletzung der den Beklagten obliegenden Verkehrssicherungspflichten:

    Die Beweisaufnahme habe hier ergeben, dass es sich hier am Unfalltag nicht nur um vereinzelte Glättestellen gehandelt habe, sondern dass es insgesamt sehr glatt gewesen sei.

    Der Beklagte sei seiner Räum- und Streupflicht nicht nachgekommen

    Auch sei der Bereich der Sturzstelle in räumlicher Hinsicht von der Räum- und Streupflicht umfasst gewesen. Dies sei bei Gehflächen immer dann der Fall, soweit auf ihnen ein nicht unbedeutender Verkehr stattfinde oder sie verkehrswichtig seien (Palandt/Sprau, 71. Aufl., § 823 BGB Rn. 226).

    Auch in zeitlicher Hinsicht habe hier eine Räum- und Streupflicht bestanden. Der Beginn und das Ende der Räum- und Streupflicht sei ganz allgemein nach dem Einsetzen bzw. dem Ende der Gefährdung durch allgemeine Glätte bestimmen.

    Räum- und Streupflicht beginnt mit Einsetzen des Verkehrs (Alltag 7:00 Uhr und Wochenende 9:00 Uhr)

    Des Weiteren käme es auf die übliche Zeit des Verkehrs an. Die Räum- und Streupflicht beginne daher mit dem Einsetzen des Verkehrs, in der Regel genüge 7:00 Uhr, an Sonn- und Feiertagen 9:00 Uhr und um ca. 20:00 Uhr (Palandt/Sprau, 71. Aufl., § 823 BGB Rn. 227) ende diese wieder.

    Vom Umfang her müssten die Wege derart bestreut werden, dass sie von den Verkehrsteilnehmern ohne Gefahr benutzt werden könnten, wenn auch diese die erforderliche Sorgfalt anwenden würden.

    Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme stünde hier fest, dass entweder zu wenig Streumittel verwendet oder Bereich der Sturzstelle überhaupt nicht gestreut worden sei.

    Der Hauseigentümer habe die Räum- und Streupflicht auch nicht wirksam übertragen

    Auch hätten die beklagten Hauseigentümer die sie treffende Räum- und Streupflicht auch nicht wirksam übertragen.

    Zwar können die Verkehrssicherungspflichten nach der Rechtsprechung des BGH mit der Folge eigener Entlastung delegiert werden, so dass die Verantwortlichen nur noch Kontroll- und Überwachungspflichten hätten.

    Hier fehle es aber an einer solchen klaren Absprache, die eine Ausschaltung von Gefahren zuverlässig sicherstellen würde.

    Für eine Übertragung der Räum- und Streupflicht auf die Hausverwaltung bestünden hier keinerlei Anhaltspunkte. Auch sei keine mietvertragliche Regelung des Inhalts ersichtlich, dass alle Mieter des Hauses für die Erfüllung des Winterdienstes im Wechsel zuständig seien.

    Die Regelung in der Hausordnung würde zur Übertragung nicht genügen

    Zwar hätten die Beklagten einer Hausordnung vorgelegt, nach welcher es (nur) den Erdgeschossmietern oblegen hätte, den Winterdienst durchzuführen, gegen eine solche Regelung bestehen aber zum einen rechtliche Bedenken und zum Anderen sei dies vorliegend auch nicht so durchgeführt worden.

    Vielmehr sei seitens der Hausverwaltung ein sogenannter „Schneeplan“ aufgestellt worden, der eine Beteiligung aller Mieter am Winterdienst im täglichen Wechsel vorgesehen habe.

    Dieser Plan sei den Mietern durch Einwurf in den jeweiligen Briefkasten übermittelt worden.

    In Anbetracht dessen, dass mit den Mietern keine entsprechenden Vereinbarungen getroffen worden seien und dem „Schneeplan“ noch nicht einmal ein Anschreiben beigefügt war, sei die Streu- und Räumpflicht damit nicht wirksam auf die Mieter übertragen worden.

    Selbst bei wirksamer Übertragung hätte der Beklagte seine Überwachungspflicht verletzt

    Selbst wenn die Streu- und Räumpflichten hier wirksam auf die Mieter übertragen worden wären, würden die Beklagten wegen Verletzung der bei ihnen verbliebenen Überwachungspflicht haften, da aufgrund der Zeugenaussagen fest stünde, dass diese ebenfalls nicht durchgeführt worden war.

    Quelle: Oberlandesgericht Hamm

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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