Allgemeine Verwaltungsvorschrift zu § 28 AufenthG Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Allgemeine Verwaltungsvorschrift zu § 28 AufenthG

  1. Ausländerrecht: Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis kann versagt werden, wenn der Antragsteller eine terroristische Vereinigung unterstützt.

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    Bundesverwaltungsgericht, 22.05.2012, Az.: BVerwG 1 C 8.11

    Im deutschen Rechtskreis wird der Begriff „Aufenthaltstitel“ unterschiedlich verwendet als durch das europäische Gemeinschaftsrecht.

    Während im deutschen Rechtskreis das Visum (also sowohl das nationale Visum als auch das Schengenvisum) zu den Aufenthaltstiteln zählt, unterscheidet das Gemeinschaftsrecht zwischen Aufenthaltstiteln auf der einen Seite und Visa auf der anderen Seite.

    Das deutsche Aufenthaltsgesetz nennt in § 4 Abs. 1 S. 2 AufenthG somit abschließend 4 unterschiedliche Arten von Aufenthaltstiteln:
    – das Visum (§ 6 AufenthG)
    – die Aufenthaltserlaubnis (§ 7 AufenthG)
    – die Niederlassungserlaubnis (§ 9 AufenthG)
    – und die Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG (§ 9 a AufenthG)

    Die wichtigsten Aufenthaltstitel sollen mit der nachfolgenden Grafik näher dargestellt werden:
    Aufenthaltstitel_nach_dem_AufenthaltsG

    Aufenthaltstitel können allerdings aus den verschiedensten Gründen versagt bzw. nicht verlängert werden.

    In der oben genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hatte dieses darüber zu entscheiden, ob einem anerkannten Flüchtling eine Aufenthaltserlaubnis versagt werden kann, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er eine Vereinigung unterstützt, die den Terrorismus unterstützt.

    Sachverhalt: Bei dem Kläger handelte es sich um einen türkischen Staatsangehörigen kurdischer Volkszugehörigkeit, welcher im Jahre 1996 als Flüchtling in Deutschland anerkannt worden war.

    In den Jahren danach erteilte ihm die beklagte Ausländerbehörde zunächst fortlaufend befristete Aufenthaltsgenehmigungen.

    Im Februar 2010 lehnte die Beklagte den Antrag auf weitere Verlängerung der nach § 25 Abs. 2 AufenthG erteilten humanitären Aufenthaltserlaubnis allerdings ab.

    Begründet wurde dies durch die Beklagte damit, dass der Kläger seit 2004 in verschiedener Weise für den KONGRA-GEL aktiv sei, die Nachfolgeorganisation der verbotenen PKK. Beide Organisationen unterstützten den Terrorismus.

    Gegen diese Entscheidung klagte der Kläger und hatte damit vor dem Oberverwaltungsgericht Erfolg.

    Das Oberverwaltungsgericht stützte seine Entscheidung darauf, dass zwar die Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 i.V.m. § 54 Nr. 5 AufenthG in der Person des Klägers vorlägen (danach ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels zu versagen, wenn der Antragsteller einer Vereinigung angehört, die den Terrorismus unterstützt).

    Dieser allgemeine Versagungsgrund sei nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts hier jedoch durch die spezielle Ausschlussregelung in § 25 Abs. 1 Satz 2 AufenthG i.V.m. Abs. 2 Satz 2 verdrängt worden.

    Danach sei einem anerkannten Flüchtling keine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen worden ist.

    Diese Voraussetzungen hätten hier nicht vorgelegen, da der Kläger nicht ausgewiesen worden sei.

    Gegen diese Entscheidung legte die Beklagte Revision zum Bundesverwaltungsgericht ein.

    Bundesverwaltungsgericht: Das BVerwG folgte der Ansicht und urteilte, dass sich sowohl aus der Gesetzessystematik als auch den Gesetzesmaterialien ergebe, dass der Versagungsgrund des § 5 Abs. 4 AufenthG für die hier im Streit stehende Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 2 AufenthG gelte.

    Allerdings gebiete bei anerkannten Flüchtlingen die Richtlinie 2004/83/EG – sog. Qualifikationsrichtlinie – hier eine Einschränkung:

    Sie gehe in ihrem Art. 24 Abs. 1 von einem grundsätzlichen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis aus.

    In Art. 21 Abs. 3 ermögliche sie den Mitgliedstaaten allerdings in Fällen, in denen deren völkerrechtliche Verpflichtung auf Achtung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung nach Art. 33 der Genfer Flüchtlingskonvention nicht eingreife, die Versagung eines Aufenthaltstitels.

    Auf den Grundsatz der Nichtzurückweisung könne sich u.a. derjenige nicht berufen, der aus schwerwiegenden Gründen als Gefahr für die Sicherheit des Aufnahmelandes anzusehen sei.

    Die Versagung der Aufenthaltserlaubnis gegenüber einem Flüchtling stehe demzufolge nur dann im Einklang mit Unionsrecht, wenn sein Verhalten diese erhöhte Gefahrenschwelle überschreite. Dies gelte auch dann, wenn eine Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht beabsichtigt sei.

    Da das Berufungsgericht keine Feststellungen zur Schwere der vom Kläger ausgehenden Gefahr getroffen habe, könne der Senat nicht selbst abschließend entscheiden, ob im Fall des Klägers die Voraussetzungen des § 5 Abs. 4 i.V.m. § 54 Nr. 5 AufenthG mit Blick auf die erhöhte Gefahrenschwelle der Qualifikationsrichtlinie vorliegen würden.

    Das Verfahren war daher an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen, um den Sachverhalt insoweit weiter aufzuklären.

    Quelle: Bundesverwaltungsgericht

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Ausländerrecht: Auch die Zeit der Duldung eines Asylbewerbers ist bei der Erteilung der Niederlassungserlaubnis anzurechnen.

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    Bundesverwaltungsgericht, 13.09.2011, Az.: 1 C 17.10

    Gem. § 26 Abs.4 AufenthG kann einem Ausländer, der seit sieben Jahren eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen hat, eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die in § 9 AufenthG geregelten allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis vorliegen.

    Auf die siebenjährige Frist ist die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens anzurechnen (§ 26 Abs. 4 Satz 3 AufenthG).

    Gem. 26.4.7 der allgemeinen Verwaltungsvorschrift des AufenthG kann die Ausländerbehörde in solchen Fällen bei der Ausübung des Ermessens folgende Kriterien heranziehen:

    – Dauer des Aufenthaltes in Deutschland
    – Integration in die Lebensverhältnisse der BRD.
    – Fortdauer des Aufenthaltszweckes bzw. der Schutzgründe, die die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis rechtfertigen.
    Aufenthaltstitel_nach_dem_AufenthaltsG
    Das Bundesverwaltungsgericht hatte nun in dem oben genannten Fall darüber zu entscheiden, ob bei der Erteilung der Niederlassungserlaubnis aus humanitären Gründen die Dauer eines vorangegangenen Asylverfahrens auch dann zu berücksichtigen ist, wenn der Aufenthalt zwischen dem Abschluss des Asylverfahrens und der ersten Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis über einen längeren Zeitraum nur geduldet war.

    Sachverhalt: Der Kläger stammte aus Äthiopien und war 1996 im Alter von 16 Jahren ohne seine Eltern nach Deutschland eingereist. Nach einem erfolglosen Asylverfahren wurde sein Aufenthalt ab Mai 2005 geduldet.

    Im März 2007 erhielt der Kläger eine (befristete) Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen und beantragte daraufhin die Erteilung einer (unbefristeten) Niederlassungserlaubnis unter Anrechnung der Dauer seines Asylverfahrens gem. § 26 Abs. 4 AufenthG.

    Der Antrag wurde durch die zuständige Ausländerbehörde abgelehnt, worauf der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht einlegte. Das Verwaltungsgericht verpflichtete die Behörde zur Neubescheidung, der Hessische Verwaltungsgerichtshof hingegen wies die Klage im Rahmen des Berufungsverfahrens ab.

    Begründet wurde die Abweisung damit, dass die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) voraussetze, dass der Ausländer seit sieben Jahren ununterbrochen im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen sei.

    Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes sei die Dauer des vom Kläger betriebenen Asylverfahrens auf diese Frist nicht anzurechnen, da zwischen dem Abschluss des Asylverfahrens und der erstmaligen Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis eine Unterbrechung von über einem Jahr liege, in der der Aufenthalt des Klägers nur geduldet gewesen sei und er keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gehabt habe.

    Bundesverwaltungsgericht: Das Bundesverwaltungsgericht folgte dieser Ansicht nicht. Nach § 26 Abs. 4 AufenthG könne einem Ausländer im Ermessenswege eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn er – neben der Erfüllung anderer Integrationsvoraussetzungen – seit sieben Jahren im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen sei (§ 26 Abs. 4 Satz 1 AufenthG).

    Auf diese Frist sei auch die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens anzurechnen (§ 26 Abs. 4 Satz 3 AufenthG).

    Das gelte – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – auch dann, wenn dem Ausländer nach Abschluss des Asylverfahrens zunächst eine Duldung erteilt wurde, denn die Anrechnungsregelung verlange keinen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Asylverfahrens und der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis.

    Dies entspreche auch der Rechtsprechung des Senats zur Vorgängerregelung in § 35 Ausländergesetz 1990. Eine andere Auslegung würde die Vorschrift in weiten Teilen leerlaufen lassen.

    Der Gesetzgeber habe die humanitären Bleiberechte zwar inzwischen neu geregelt, ein nahtloser Übergang von einem erfolglosen Asylverfahren in einen humanitären Aufenthaltstitel sei auch weiterhin vielfach aber nicht möglich.

    Die gesetzlich angeordnete Anrechnung der Dauer des Asylverfahrens auf die Siebenjahresfrist hindere die Ausländerbehörde aber nicht, bei der Ausübung ihres Ermessens grundsätzlich zu verlangen, dass der Ausländer zumindest eine gewisse Zeit im Besitz einer humanitären Aufenthaltserlaubnis ist, bevor ihm eine Niederlassungserlaubnis erteilt werde.

    Denn ein lediglich zur Durchführung eines Asylverfahrens gestatteter Aufenthalt stelle nicht in jedem Fall eine vollwertige Grundlage für eine Integration in die hiesigen Verhältnisse dar.

    Außerdem sei bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen, aus welchen Gründen der Aufenthalt nach Abschluss des Asylverfahrens zunächst nur geduldet wurde und ob sich hieraus Rückschlüsse auf die Integration des Ausländers ergeben.

    Quelle: Bundesverwaltungsgericht

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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