Arbeitszeugnis Rechtsgrundlage Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Arbeitszeugnis Rechtsgrundlage

  1. Arbeitsrecht: Schadensersatz wegen verspäteter Erteilung eines Arbeitszeugnisses

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    Bundesarbeitsgericht, 12.02.2013, Az.: 3 AZR 121/11

    Jeder Arbeitnehmer und Auszubildene hat gegen seinen Arbeitgeber einen Anspruch auf Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses.

    Rechtliche Grundlage des Anspruches auf Erteilung des Arbeitszeugnisses ist § 630 BGB, § 109 GewO bzw. bei Ausbildungsverhältnissen § 16 BBiG.

    Darüber hinaus kann sich die Pflicht auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses aus dem im Einzelfall abgeschlossenen Arbeitsvertrag bzw. dem anzuwendenden Tarifvertrag ergeben.

    In dem oben genannten Fall hatte des Bundesarbeitsgericht darüber zu entscheiden, ob der klagende Arbeitnehmer von dem beklagten Arbeitgeber Schadensersatz wegen verspäteter Erteilung eines Zeugnisses verlangen konnte.

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens

    Arbeitnehmer bewirbt sich nach einer Qualifizierungsmaßnahme als Disponent

    Der Kläger war bei der Beklagten für etwa 9 Monate im Rahmen einer Qualifizierungsmaßnahme tätig, deren Ziel die Qualifizierung des Klägers zum Eisenbahnfahrzeugführer war.

    Nach der Beendigung der Qualifizierungsmaßnahme hatte sich der Kläger bei der Firma H um die Stelle eines Disponenten beworben.

    Dieses Unternehmen teilte dem Kläger mit einem Schreiben vom 14. Januar 2009 unter Anderem mit:

    Sie haben im letzten Telefonat davon gesprochen, dass Sie uns Ihr fehlendes Zeugnis aus der Tätigkeit bei der D AG nachreichen werden.

    Dies ist bis zum heutigen Tag leider nicht geschehen.

    Gerne würden wir Sie und Ihre Erfahrungen bei uns im Unternehmen integriert wissen. Haben Sie jedoch bitte Verständnis dafür, dass wir Sie auf Grund dieser Lücke im Lebenslauf, welche für unseren Unternehmensbereich von außerordentlichem Interesse ist, nicht bei der Besetzung der ausgeschriebenen Stelle als Disponent einstellen können.

    Mit einer E-Mail vom 24. Februar 2009 hatte der Kläger daraufhin die Beklagte um Zusendung des fehlenden Zeugnisses gebeten, welches dem Kläger erst am 23.04.2009 erteilt wurde.

    Unternehmen sagt wegen fehlendem Arbeitszeugnis ab, Arbeitnehmer verlangt von altem Unternehmen Schadensersatz

    Aufgrund der verspäteten Erteilung des Arbeitszeugnisses verlangte der Kläger daraufhin Schadensersatz für entgangenes Arbeitsgehalt i. H. v. EUR 16.780 sowie Schadensersatz i. H. v. EUR 1.381 für entstandene Kosten für weitere Bewerbungen und Stellenanzeigen.

    Das zunächst angerufene Arbeitsgericht hatte der Klage durch Versäumnisurteil stattgegeben und sie auf den Einspruch der Beklagten später abgewiesen.

    Sowohl Arbeitsgericht als auch Landesarbeitsgericht weisen Klage ab

    Das Landesarbeitsgericht wiederum hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision erstrebte der Kläger daraufhin die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Versäumnisurteils.

    Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

    Das Bundesarbeitsgericht folgte den Ansichten der Vorinstanzen und urteilte nun, dass die Vorinstanzen die Klage zu Recht abgewiesen hatten.

    Auch das Bundesarbeitsgericht sieht keinen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers

    Der Kläger habe keinen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte gemäß § 280 Abs. 1 und Abs. 2, § 286 BGB.

    Im Zeitpunkt der Ablehnung der Bewerbung des Klägers durch die Fa. H sei die Beklagte mit der Erteilung eines Zeugnisses über die Qualifizierungsmaßnahme nicht im Verzug gewesen.

    Nach § 630 BGB könne bei der Beendigung eines dauernden Dienstverhältnisses der Dienstverpflichtete von dem Dienstgeber zwar ein schriftliches Zeugnis über das Dienstverhältnis und dessen Dauer fordern. Auf Verlangen sei dieses Zeugnis auf die Leistung und Führung im Dienst zu erstrecken.

    Der Gläubiger habe daher ein Wahlrecht zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Zeugnis. Bei dem Zeugnisanspruch nach § 630 BGB handele es sich damit aber um einen sog. verhaltenen Anspruch, der zwar spätestens mit der Beendigung des Dienstverhältnisses entstünde , der in seiner Erfüllbarkeit aber davon abhängig sei, dass der Gläubiger sein Wahlrecht bereits ausgeübt habe.

    Arbeitnehmer hat sein Wahlrecht nicht ausgeübt, daher kein Anrecht auf Schadensersatz

    Der Dienstgeber gerate mit seiner Pflicht zur Erteilung eines Zeugnisses nach § 630 BGB aber erst in Verzug i. S. d. § 286 Abs. 1 BGB, wenn der Dienstverpflichtete sein Wahlrecht ausgeübt und – bei Nichterteilung des Zeugnisses – dessen Erteilung gegenüber dem Schuldner i. S. v. § 286 Abs. 1 Satz 2 BGB angemahnt habe. Dies habe der Kläger zum Zeitpunkt der Bewerbung bei dem neuen Arbeitgeber noch nicht getan.

    Quelle: Bundesarbeitsgericht

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Arbeitsrecht: Grundsätzliches zum Arbeitszeugnis (Formulierungen, Schlussformel, etc.)

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    I. Rechtlicher Anspruch auf das Arbeitszeugnis

    Nach § 630 BGB, § 109 GewO sowie § 16 BBiG haben Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses. Zu den Anspruchsberechtigten gehören neben den Arbeitnehmern auch Heimarbeiter, freie Mitarbeiter, Auszubildende und Leiharbeitnehmer.
    Der Anspruch auf das Zeugnis entsteht grundsätzlich mit der Beendigung des Berufs- bzw. Ausbildungsverhältnisses.

    II. Zeugnisarten

    Gem. § 630 BGB bzw. § 109 GewO i. V. m. § 262 BGB hat der Arbeitnehmer ein Wahlrecht, ob er ein einfaches oder ein qualifiziertes Arbeitszeugnis verlangt.

    Das einfache Arbeitszeugnis enthält lediglich den Namen, den Beruf und den Titel des Arbeitnehmers sowie die Art und Dauer der Beschäftigung. Das qualifizierte Arbeitszeugnis hingegen enthält zusätzlich Angaben über die Leistung und die Führung des Arbeitnehmers.

    III. Zeugnisform

    Das Zeugnis ist gem. § 109 Abs. 1 GewO schriftlich zu erteilen und die elektronische Form ist gem. § 109 Abs. 3 GewO ausgeschlossen. Darüber hinaus ist das Zeugnis auf einem Firmenbriefbogen zu verfassen und vom Arbeitgeber oder von einer vertretungsberechtigten Person zu unterschreiben.

    IV. Zeugnisinhalt

    Das typische Arbeitszeugnis besteht aus der Tätigkeitsbeschreibung, der Leistungs- und Verhaltensbeurteilung sowie einer Schlussformulierung.

    In der Tätigkeitsbeschreibung müssen die dem Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben so vollständig und genau angegeben werden, dass sich ein fachkundiger Dritter über den vom Arbeitnehmer wahrgenommenen Aufgabenkreis sachgerecht informieren kann.

    In der Leistungsbeurteilung sind die Fähigkeiten und Kenntnisse des Arbeitnehmers, seine Arbeitsweise und sein Arbeitserfolg zu beurteilen.

    Die Verhaltensbeurteilung benotet das Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen, Mitarbeitern, Kunden und Geschäftspartnern.

    In der Schlussformulierung befinden sich neben Angaben zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, oft eine dankende oder bedauernde Formulierung sowie Zukunftswünsche.

    Das Bundesarbeitsgericht hat in mehreren Entscheidungen festgelegt, dass das Arbeitszeugnis inhaltlich der Wahrheit entsprechen (Grundsatz der Zeugniswahrheit) und von „verständigem Wohlwollen“ getragen sein muss (siehe z. B. BAG, Urteil vom 23.06.1960, AP Nr. 1 zu § 73 HGB). Insofern ist der Arbeitgeber verpflichtet, keine verschlüsselten, widersprüchlichen oder doppeldeutigen Aussagen zu machen, um das weitere Fortkommen des Arbeitnehmers nicht zu erschweren.
    Gesetzliche Grundlage dieser Regelung ist § 109 Abs. 2 GewO.

    Verständlicherweise steht die Pflicht zur wohlwollenden Beurteilung in einem gewissen Widerspruch zu dem Grundsatz der Zeugniswahrheit. Dies ergibt sich aus dem doppelten Ziel des Arbeitszeugnisses, einerseits Grundlage für eine neue Bewerbung des Arbeitnehmers zu sein und andererseits den neuen Arbeitgeber über die Leistung und Führung des Arbeitnehmers zu informieren.

    Um den zukünftigen Arbeitgeber über die Arbeitsleistung ausreichend zu informieren haben sich im Laufe der Zeit folgende Formulierungen entwickelt, die in etwa einer Schulbenotung entsprechen:

    „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ = Sehr gut
    „zu unserer vollsten Zufriedenheit“ = Gut
    „zu unserer vollen Zufriedenheit“ = Befriedigend
    „zu unserer Zufriedenheit“ = Ausreichend
    „insgesamt zu unserer Zufriedenheit“ = Mangelhaft

    V. Verjährung des Zeugnisanspruches

    Der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis unterliegt der Regelverjährung des § 195 BGB. Die Verjährung beginnt somit gem. § 199 BGB mit dem Schluss des Jahres in dem der Anspruch entstanden ist und endet mit Ablauf von drei vollen Jahren.

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  3. Arbeitsrecht: Grundsatzentscheidung des BAG zur Geltung eines neuen Tarifvertrages bei Betriebsübergang

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    Bundesarbeitsgericht, 17. November 2010 – 4 AZR 391/09 (u. a.)

    In der heutigen Wirtschaftswelt gehört es zur Normalität, dass Betriebe oder Betriebsteile verkauft und auf ein anderes Unternehmen übertragen werden.

    Liegen bestimmte Voraussetzungen vor, stellen der Verkauf oder der Kauf eines Betriebes dann aus arbeitsrechtlicher Sicht einen so genannten Betriebsübergang dar. Die Rechtsfolgen eines solchen Betriebsübergangs regelt § 613a BGB. Wenn ein Betriebsübergang erfolgt, tritt gemäß § 613a Abs. 1 S.1 BGB der neue Inhaber in die Rechte und Pflichten derjenigen Arbeitsverhältnisse ein, die zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestanden. Dieser Übergang der Arbeitsverhältnisse ist also eine zwingende rechtliche Konsequenz des Betriebsübergangs von der nur zugunsten der Arbeitnehmer abgewichen werden kann. Das heißt unter Anderem, dass der Arbeitnehmer dem Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages nicht zuzustimmen braucht oder Ansprüche aus betrieblichen Altersversorgungsregelungen oder Ansprüche aus betrieblichen Übungen mit übergehen.

    Problematischer können die arbeitsvertraglichen Rechtsfolgen bei einem Betriebsübergang allerdings dann zu bestimmen sein, wenn dabei über die Fortgeltung von Tarifverträgen zu entscheiden ist.

    Grundsätzlich können die Parteien eines Arbeitsvertrages vereinbaren, dass sich die Arbeitsbedingungen nach einem Tarifvertrag richten sollen. Diese Bestimmung im Arbeitsvertrag stellt dann eine sogenannte „tarifliche Bezugnahmeklausel“ dar.

    Bei einer Verweisung kann dann entweder auf einen bestimmten Tarifvertrag verwiesen werden (statische Verweisung) oder auf einen Tarifvertrag in seiner jeweils geltenden Fassung (dynamische Verweisung). Die dynamische Verweisung wird dann üblicherweise in den folgenden Formen ausgestaltet:

    * Kleine dynamische Bezugnahmeklausel: Es wird auf die jeweils gültige Fassung des konkreten Tarifvertrages verwiesen.
    * Große dynamische Bezugnahmeklausel: Es wird jeweils auf den für den Betrieb geltenden Tarifvertrag in dessen jeweils gültiger Fassung verwiesen.

    In sechs Parallelentscheidungen hatte das Bundesarbeitsgericht nun erneut grundsätzlich darüber zu entscheiden, ob im Falle des Betriebsübergangs eine solche arbeitsvertragliche kleine dynamische Verweisung über ihren Wortlaut hinaus als große dynamische Verweisung) ausgelegt werden kann, wenn sich dies aus besonderen Umständen ergibt. Dies war nämlich entscheidend für die Frage, ob ein Betriebsübergang mit Branchenwechsel zu einem Wechsel des für das übergegangene Arbeitsverhältnis maßgebenden Tarifrechts führte.

    Sachverhalt: Die Klägerin war Arbeitnehmerin der Stadt R., welche Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbands war. Der Arbeitsvertrag der Klägerin enthielt daher folgende Regelung:

    „Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) … in der jeweils geltenden Fassung. Das gleiche gilt für die an deren Stelle tretenden Tarifverträge. Daneben finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils in Kraft befindlichen sonstigen Tarifverträge Anwendung. …“

    Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ging dann im Rahmen eines Betriebsübergangs des Bereiches „Reinigung“ auf eine ebenfalls dem Kommunalen Arbeitgeberverband angehörende GmbH über. Die als Reinigungskraft beschäftigte Klägerin widersprach dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte nicht. Nach Übergang entlohnte die Beklagte die Klägerin dann nach den für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen für die gewerblich Beschäftigten im Gebäudereinigerhandwerk. Dieser Tarifvertrag war für die Klägerin ungünstiger.

    Daraufhin klagte die Klägerin und verlangte die Zahlung ihrer Vergütung nach dem BMT-G II (bzw. des zum 1. Oktober 2005 in Kraft getretenen Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD)), da die Geltung des alten Tarifvertrages ihrer Ansicht nach durch § 613a BGB gesichert sei. Die Beklagte hingegen war der Ansicht, dass nach dem Betriebsübergang nicht von einer dynamischen Weitergeltung des BMT-G II ausgegangen werden könne. Das Arbeitsgericht gab der Klage statt, das Landesarbeitsgericht hingegen wies die Klage hat auf die Berufung der Beklagten ab.

    Bundesarbeitsgericht: Die Revision der Klägerin vor dem BAG wiederum war entgegen der Einwendungen des LAG erfolgreich, da sich der Lohn der Arbeitnehmer nach Ansicht des BAG grundsätzlich nicht aus ihrer tariflichen Bindung, sondern direkt aus dem Arbeitsvertrag ergäbe. Nach Betriebsübergang galt für die Arbeitnehmer neben dem BMT-G II somit auch der für allgemeinverbindlich erklärte Gebäudereiniger-Tarifvertrag. Nach dem Günstigkeitsprinzip allerdings war die Entscheidung, welcher von beiden Tarifverträgen nun gelten solle, zugunsten des BMT-G II zu treffen.

    Quelle: Bundesarbeitsgericht

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