Aufenthaltserlaubnis zur Teilnahme an Sprachkursen Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Aufenthaltserlaubnis zur Teilnahme an Sprachkursen

  1. Ausländerrecht: Eilantrag für den Nachzug einer Tochter zu Ihrer Mutter über die Deutsche Botschaft

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    VG Berlin, Entscheidung vom 30.08.2023, Az.: 19 L 272/23 V

    In vielen Fällen kann es notwendig sein, beim Verwaltungsgericht in Berlin einen Eilantrag zu stellen, wenn ein in Deutschland lebender Ausländer oder ein Deutscher einen Drittstaatsangehörigen Deutschen nach Deutschland holen möchten.

    Beispielsweise,

    • Wenn man jemanden zu einer Beerdigung in Deutschland haben möchte
    • Wenn man jemanden zu einer Geburt in Deutschland haben möchte
    • Wenn man jemanden zu einer Hochzeit in Deutschland haben möchte

    Bei sämtlichen Beispielen kann ein Eilantrag beim Verwaltungsgericht Berlin gestellt werden. Antragsgegner ist dann die Bundesrepublik Deutschland, endvertreten durch die jeweils zuständige Deutsche Botschaft bzw. das Deutsche Konsulat.

    In dem hier besprochenen Fall des Verwaltungsgerichts Berlin hatte eine (noch) minderjährige Tochter einen Eilantrag für ein Visum zum Familiennachzug zu ihrer in Deutschland lebenden Mutter beantragt. Dies hatte den Grund, weil die Antragstellerin kurz vor der Volljährigkeit stand und die Antragstellerin und ihre Mutter befürchteten, dass sie wegen des Eintritts der Volljährigkeit keinen Kindernachzug mehr erreichen könne.

    Sachverhalt des Falles:

    In Syrien wohnhafte Palästinenserin beantragte Visum zum Familiennachzug

    Die am 31. August 2005 geborene Antragstellerin, nach ihren Angaben palästinensische Volkszugehörige mit gewöhnlichem Aufenthalt in Syrien, hatte noch vor Eintritt der Volljährigkeit ein Visum bei der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Rabat beantragt.

    Botschaft in Rabat entscheidet nicht, daher reicht die Antragstellerin Eilantrag ein

    Der Familiennachzug sollte zu ihrer aufgrund eines Aufenthaltstitels gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 des Aufenthaltsgesetzes – AufenthG – als subsidiär Schutzberechtigte im Bundesgebiet aufhältigen Mutter erfolgen. Da keine die Botschaft sehr lange bis zu einer Entscheidung brauchte, reichte die Antragstellerin zwischenzeitlich einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Berlin ein.

    Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Berlin

    Für die Begründetheit des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung müssen ein Anordnungsgrund und auch ein Anordnungsanspruch vorliegen. Die Antragstellerin hätte das Vorliegen dieser zwei Voraussetzungen glaubhaft machen.

    Verwaltungsgericht Berlin sah keinen Anordnungsgrund als gegeben an

    Ein Anordnungsgrund liegt vor, wenn die Antragstellerin glaubhaft gemacht hätte, dass ihr Nachteile drohen, die ein Abwarten der Entscheidung im Hauptsacheverfahren (Klageverfahren) als unzumutbar erscheinen lassen.

    Normalerweise darf eine einstweilige Anordnung die Hauptsache dabei grundsätzlich weder vorwegnehmen noch überschreiten. Die Erteilung eines Visums im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes stellt eine Vorwegnahme der Hauptsache dar, da hierdurch zum einen die mit dem Visum verbundene Einreiseerlaubnis endgültig vorweggenommen und der mit dem Visumsverfahren verfolgte Zweck einer effektiven vorherigen Einreisekontrolle hinfällig werden und zum anderen die Vorwegnahme der Hauptsache zu einer fortschreitenden Ausnutzung des durch das Visum eingeräumten Aufenthaltsrechts führen würde (siehe OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13. Oktober 2015 – OVG 2 S 51.15 – juris Rn. 3).

    Der Antragstellerin würden keine schweren Nachteile drohen

    Eine solche Vorwegnahme ist wegen des Gebots effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz – GG – nur dann zulässig, wenn dem Antragsteller im Falle des Abwartens auf die Hauptsachenentscheidung schwere und unzumutbare, insbesondere nicht mehr rückgängig zu machende Nachteile drohen würden und zusätzlich bereits bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen und allein möglichen summarischen Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Obsiegen in der Hauptsache auszugehen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 – BVerwG 10 C 9.12 – juris Rn. 22 und OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28. April 2017 – OVG 3 S 23.17 – juris Rn. 1).

    Der Kindernachzug sei für die Antragstellerin auch nach Eintritt der Volljährigkeit möglich

    Diese (engen) Voraussetzungen würden nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Berlin nicht vorliegen. Die Antragstellerin habe jedenfalls den erforderlichen Anordnungsgrund bereits nicht glaubhaft gemacht. Dass die Antragstellerin das 18. Lebensjahr mit Ablauf des heutigen Tages vollende, lasse hinsichtlich des begehrten Visums keinen Rechtsverlust zu ihren Lasten besorgen. Der Antragstellerin könne, nachdem sie das 18. Lebensjahr vollendet haben wird, das begehrte Visum nicht allein wegen eines Überschreitens dieser Altersgrenze versagt werden. Denn es sei nicht Voraussetzung der Erteilung dieses Visums, dass die Antragstellerin zum Zeitpunkt der – behördlichen oder gerichtlichen – Entscheidung über den Visumsantrag noch minderjährig ist.

    Rechtsgrundlage für das begehrte Visum zum Familiennachzug zu einem subsidiär Schutzberechtigten sei § 36a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AufenthG. Danach könne dem minderjährigen ledigen Kind eines Ausländers, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 Satz 1 zweite Alternative besitzt, aus humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Damit sei zwar tatbestandliche Voraussetzung der Anspruchsnorm, dass die Antragstellerin minderjährig sei. Diese Voraussetzung müsse jedoch nach gefestigter Rechtsprechung nur im Zeitpunkt der Antragstellung – und nicht mehr einer späteren Entscheidung – erfüllt sein.

    Bei Ansprüchen, die an eine Altersgrenze anknüpfen gilt die Sachlage der Antragstellung

    Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sei bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels – wie hier – grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gelte allerdings aus Gründen des materiellen Rechts für den Fall, dass ein Anspruch an eine gesetzliche Altersgrenze knüpft, eine Ausnahme von diesen allgemeinen Grundsätzen. Setze der Anspruch die Minderjährigkeit des Antragstellers voraus, so müsse diese zum Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen. Die übrigen Voraussetzungen für den Kindernachzug müssten spätestens auch im Zeitpunkt des Erreichens der Altersgrenze und zudem der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz gegeben sein, sodass alle Voraussetzungen wenigstens einmal zeitgleich erfüllt sein müssten. Nach diesem Zeitpunkt eingetretene Sachverhaltsänderungen zugunsten des Betroffenen könnten nicht berücksichtigt werden. Bei Anspruchsgrundlagen, die eine Altersgrenze enthalten, die der Betroffene im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Verhandlung oder Entscheidung überschritten habe, sei mithin eine auf zwei unterschiedliche Zeitpunkte bezogene Doppelprüfung erforderlich. Diese Grundsätze seien ursprünglich zum Kindernachzug nach § 32 AufenthG entwickelt worden. Sie würden jedoch – wie das Bundesverwaltungsgericht entschieden habe – auch für den hier in Betracht kommenden Kindernachzug zum subsidiär schutzberechtigten Elternteil nach § 36a AufenthG gelten. Die Übertragung dieser Grundsätze entspreche auch der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts.

    Die Antragsgegnerin habe bereits durch Ihr Verhalten die Anerkennung dieser Rechtslage deutlich gemacht

    Die Antragstellerin müsse nicht einmal rein tatsächlich besorgen, dass die Antragsgegnerin die dargestellten Maßgaben der Rechtsprechung verkennen könnte und ihr im Verwaltungsverfahren das Überschreiten der Altersgrenze entgegenhalten werde. Denn die Antragsgegnerin selbst habe durch den Schriftsatz vom 29. August 2023 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts erklärt, der Antragstellerin drohe durch die bevorstehende Volljährigkeit kein Rechtsverlust. Damit habe sie erkennen lassen, dass sie diese Rechtsprechung – der sie nach dem Inhalt des Schriftsatzes ersichtlich zustimmt – bei der künftigen Entscheidung über den Visumsantrag der Antragstellerin zugrunde legen werde.

    Fehle es nach alledem schon an einem Anordnungsgrund, kommt es auf das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs und der weiteren Voraussetzungen einer Vorwegnahme der Hauptsache nicht mehr an.

    Quelle: Verwaltungsgericht Berlin

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Ausländerrecht: Erfolgreiche Klage gegen Ablehnung eines Visums zur Durchführung eines Sprachkurses.

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    Verwaltungsgericht Berlin, 15.07.2011, Az.: 35 K 253.10 V

    Nach § 16f Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (früher § 16 Abs. 5 Aufenthg) kann auch eine Aufenthaltserlaubnis zur Teilnahme an einem Sprachkurs, der nicht der Vorbereitung auf ein Studium dient, zugelassen werden. Ein besonderer Zweck für das Erlernen der deutschen Sprache ist dabei nicht erforderlich.

    In der Praxis ist es für Drittstaatsangehörige, welche bislang noch nie in Deutschland waren, allerdings äußerst schwierig, ein Visum bzw. eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 5 AufenthG zu bekommen, da die zuständigen Botschaften bzw. die Ausländerbehörden oftmals davon ausgehen, dass der Sprachkurs nur vorgeschoben ist, um eine illegale Einreise nach Deutschland zu erreichen.

     

    In diesen Fällen bleibt dem Antragsteller nur die Möglichkeit gegen die ablehnende Entscheidung zu remonstrieren oder zu klagen. In dem hier besprochenen Fall des Verwaltungsgerichts Berlin hatte dieses über den Antrag einer kubanischen Staatsangehörigen auf ein Visum zur Durchführung eines Sprachkurses zu entscheiden.

    Remonstration und Klage gegen Ablehnung Visum

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens

    Klägerin aus Kuba wollte in Deutschland Sprachkurs besuchen

    Die im Jahre 1980 geborene Klägerin war kubanische Staatsangehörige. Nachdem sie in Kuba ihr Abitur abgelegt hatte, absolvierte sie eine Ausbildung zur Fachangestellten im Hotel- und Gaststättengewerbe. In Kuba arbeitete sie in der Gastronomie.

    Im Jahr 2003 lernte sie den am 22.08.1954 geborenen deutschen Staatsangehörigen kennen, der in Deutschland als selbstständiger Zahnarzt arbeitete. In der Zeit von Juli 2005 bis Oktober 2005 sowie von Juli 2006 bis Oktober 2006 hielt sich die Klägerin jeweils mit gültigen Besuchsvisa in der die Bundesrepublik Deutschland auf. Von September 2007 bis August 2008 absolvierte sie in Deutschland einen Sprachkurs und erhielt am 18.09.2008 das Zertifikat „START DEUTSCH 2“ mit dem Prädikat „gut“. Der Lebensunterhalt wurde in dieser Zeit von dem befreundeten Zahnarzt finanziert.

    Am 18.01.2010 beantragte die Klägerin bei der deutschen Botschaft in Havanna erneut die Erteilung eines Visums zur Teilnahme an einem Sprachkurs bei einer Volkshochschule, welcher in der Zeit vom 22.02.2010 bis zum 30.07.2010 mit jeweils 20 Unterrichtsstunden pro Woche anberaumt war und zu dem sich die Klägerin angemeldet hatte.

    In einer ergänzenden Erklärung vom 17.01.2010 hatte die Klägerin dabei gegenüber der Botschaft angegeben, mit dem Sprachkurs ihre Deutschkenntnisse weiter verbessern zu wollen, um später eine Stelle im Tourismus finden zu können. Die beigeladene Ausländerbehörde lehnte die Zustimmung zur Erteilung des Visums mit Schreiben vom 17.02.2010 mit der Begründung ab, dass die Klägerin für ihren Beruf als Kellnerin in Kuba über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen würde. Mit Bescheid vom 18.02.2010 lehnte die Deutsche Botschaft Havanna den Antrag der Klägerin dann ohne nähere Begründung ab. Mit Schreiben vom 22.02.2010 teilte der Zahnarzt der Ausländerbehörde telefonisch mit, dass die Klägerin beabsichtige, in Deutschland ein Studium aufzunehmen. Daraufhin wurde die Klägerin am 22.03.2010 in der Botschaft zu dem beabsichtigten Aufenthaltszweck befragt. Bei der Befragung gab sie an, dass sie weiterhin Deutsch lernen möchte, um das Niveau C1 zu erreichen, damit sie im Anschluss in Deutschland Tourismus studieren könne. Sie habe sich noch nicht über einzelne mögliche Studiengänge informiert oder zu einem studienvorbereitenden Sprachkurs angemeldet.

    Nachdem der Sprachkurs abgelehnt worden war, klagte die Klägerin

    Mit Mail der Ausländerbehörde an die Botschaft vom 29.03.2010 teilte diese mit, dass die Zustimmung zur Erteilung eines Visums nicht erteilt werde, weil die Bedenken der deutschen Botschaft in Havanna bezüglich des Fehlens der ernsthaften Studienabsicht geteilt würden. Daraufhin lehnte die Deutsche Botschaft Havanna mit Bescheid vom 29.03.2010 die Erteilung eines Visums zum Zwecke eines Sprachkurses erneut ohne Begründung und ohne Rechtsmittelbelehrung ab.

    Daraufhin reichte die Klägerin am 04.06.2010 Klage beim Verwaltungsgericht Berlin ein.

    Zur Begründung trug sie im Wesentlichen vor, dass der ablehnende Bescheid der Botschaft rechtswidrig sei und sie dadurch in ihren Rechten verletzt werde. Sie habe bereits erfolgreich an einem Sprachkurs in Deutschland teilgenommen und sei fristgerecht nach Kuba zurückgereist. Sie wolle ihre Sprachkenntnisse verbessern und strebe ein Bachelorstudium in Gesundheit und Tourismusmanagement an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen an. Hierfür seien die Anerkennung ihres kubanischen Abiturs und das kleine deutsche Sprachdiplom des Goetheinstituts (Stufe C2) erforderlich.

    Urteil des VG Berlin:

    Das Verwaltungsgericht Berlin hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts sei der ablehnende Bescheid der Deutschen Botschaft Havanna rechtswidrig und verletze die Klägerin dadurch in ihren Rechten.

    Verwaltungsgericht sieht Anspruch der Klägerin auf Erteilung des Visums

    Rechtsgrundlage für die Erteilung des Visums sei § 6 Abs. 4 AufenthG. Danach sei für längerfristige Aufenthalte ein Visum für das Bundesgebiet (Nationales Visum) erforderlich, das vor der Einreise erteilt werde. Die Erteilung richte sich nach den für die Aufenthaltserlaubnis, die Niederlassungserlaubnis und die Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EG geltenden Vorschriften. Die Erteilung des beantragten Visums zur Teilnahme an einem Sprachkurs richte sich daher nach § 16 Abs. 5 AufenthG und § 5 Abs. 1 AufenthG (Anmerkung: Heute § 16f Abs. 1 AufenthG). Danach könne einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis zur Teilnahme an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, erteilt werden. Ferner müssten die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthG erfüllt sein.

    Diese Voraussetzungen würden vorliegen. Die Klägerin habe durch die Verpflichtungserklärung des befreundeten Zahnarztes vom 13.11.2009 nachgewiesen, dass der Lebensunterhalt für die Dauer des Sprachkurses gesichert sei. Der Umstand, dass in der Verpflichtungserklärung die voraussichtliche Gültigkeit des Visums auf den 15.02.2010 datiert sei, sei unerheblich. Vielmehr könne ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der befreundete Zahnarzt auch für einen künftigen Zeitraum bereit und auch finanziell in der Lage sei, den Lebensunterhalt der Klägerin, wie bereits mehrfach in der Vergangenheit, zu sichern. Es könne unterstellt werden, dass die Klägerin die erforderliche Krankenversicherung für den Zeitraum des geplanten Sprachkurses nachreichen werde, soweit die Beklagte im Rahmen ihres Ermessens die Erteilung des Visums zusichern würde.

    Voraussetzungen für den Sprachkurs sind gegeben

    Im Übrigen seien die Voraussetzungen des § 16 Abs. 5 AufenthG gegeben. In Abgrenzung zu § 16 Abs. 1 AufenthG regele § 16 Abs. 5 AufenthG einen „isolierten“ Sprachkurs, der nicht der Studienvorbereitung dienen würde. Ein studienvorbereitender Sprachkurs i.S.v. § 16 Abs. 1 Satz 2 AufenthG umfasse nur solche Sprachkurse, die unmittelbar einem entsprechenden Studium vorausgingen und hierfür erforderlich seien. Dies sei für den Aufbausprachkurs Deutsch-Intensiv-B1 der Volkshochschule nicht der Fall. Der Sprachkurs solle lediglich dazu dienen, die Deutschkenntnisse der Klägerin zu verbessern, um im Anschluss einen studienvorbereitenden Sprachkurs absolvieren zu können, der mit der Sprachqualifikation C2 als Studienvoraussetzung abschließe. Für einen „isolierten“ Sprachkurs komme es auch nicht darauf an, ob zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits alle Voraussetzungen für ein beabsichtigtes anschließendes Studium vorliegen. Denn es fehle gerade bei einem „isolierten“ Sprachkurs an der notwendigen inneren Verknüpfung zwischen Sprachkurs und Studium. Dass die verbesserten Deutschkenntnisse perspektivisch einem beabsichtigten Studium in der Zukunft dienen können, sei insoweit nicht erheblich.

    Die Erteilung eines Visums zur Teilnahme an Sprachkursen stünde nach § 16 Abs. 5 AufenthG im Ermessen der Beklagten. Nach § 114 VwGO sei das Gericht daher nur ermächtigt, zu prüfen, ob die Ablehnung des Verwaltungsaktes rechtswidrig sei, weil die gesetzlichen Grenzen überschritten seien oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht sei.

    Dies sei hier der Fall, weil schon nicht erkennbar ist, dass die Beklagte ihr zustehendes Ermessen überhaupt ausgeübt habe. Der Bescheid enthalte keinerlei Begründung und keine Ermessenserwägungen. Dieser Ermessensausfall werde auch nicht durch die nachgeschobenen Ermessenserwägungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geheilt.

    Die Verbreitung der deutschen Sprache liegt im öffentlichen Interesse Deutschlands

    Das Ermessen der Beklagten werde über Art. 3 Abs. 1 GG und der ermessenslenkenden Verwaltungsvorschrift zum AufenthG gebunden. Nach Ziffer 16.5.1.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz solle einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis zur Teilnahme an einem Intensivsprachkurs erteilt werden, die lediglich den Erwerb von deutschen Sprachkenntnissen anstreben, wenn sie über ausreichende Mittel für ihre Lebensunterhalt während ihres voraussichtlichen Aufenthaltes im Bundesgebiet verfügen würde. Die Voraussetzungen für einen Intensivsprachkurs (mindestens 18 Unterrichtsstunden pro Woche) seien im vorliegenden Fall gegeben. Das Ermessen der Beklagten sei insoweit durch die Selbstbindung der Verwaltung intendiert, als ein Visum zum Sprachkurs in der Regel zu erteilen sei, wenn der angestrebte Aufenthaltszweck mit dem öffentlichen Interesse an der Verbreitung der deutschen Sprache in Einklang stünde und das Motiv des Ausländers nachvollziehbar und plausibel sei, kein anderer Aufenthaltszweck mit dem angestrebten Visum angestrebt werde und wenn das Risiko einer illegalen Einwanderung gering sei.

    Nach Auffassung des Gerichts sei im Rahmen des § 16 Abs. 5 AufenthG zu berücksichtigen, dass es grundsätzlich im öffentlichen Interesse liege, dass Ausländer die deutsche Sprache erlernen, um damit der Förderung der deutschen Kultur Rechnung zu tragen. Dabei sei im Rahmen der Ermessenserwägungen die Motivation für den beabsichtigten Sprachkurs zu berücksichtigen, insbesondere seien Voraufenthalte und bereits erfolgreich absolvierte Sprachkurse einzubeziehen. Ferner seien im Rahmen der Würdigung des Einzelfalls die bisherigen beruflichen Qualifikationen und der angestrebte Zweck des beabsichtigten Sprachkurses im Hinblick auf die Berufs- und Lebensplanung und der anstrebten Qualifizierung in die Abwägung einzustellen. Zudem seien auch die sonstigen Umstände, insbesondere persönliche und familiäre Bindungen des Antragsstellers in Deutschland zu würdigen. So könnten auch Gesichtspunkte berücksichtigt werden, die dafür sprechen, dass der beabsichtigte Sprachkurs lediglich vorgeschoben werde, um einen anderen Aufenthaltszweck, für den ein entsprechendes Visum nicht erteilt werden könnte, zu verschleiern. Schließlich seien die wirtschaftliche und familiäre Verwurzelung des Ausländers und das Risiko einer illegalen Einwanderung in die Gesamtabwägung einzustellen.

    Nach diesen Maßstäben müsste die Beklagte im Rahmen einer erneuten Ermessensentscheidung die Rechtsauffassung des Gerichts zu beachten haben. Im vorliegenden Fall spreche zwar einiges dafür, der Klägerin das begehrte Visum zu erteilen. Die geltend gemachte Verpflichtung der Beklagten ließe sich jedoch nur rechtfertigen, wenn das Ermessen der Beklagten auf null reduziert wäre und eine Ablehnung stets ermessensfehlerhaft wäre. Dies sei indessen nicht der Fall. Aus der Tatsache, dass der befreundete Zahnarzt den Aufenthalt der Klägerin finanzieren würde, lasse sich nicht schließen, dass der beabsichtigte Sprachkurs lediglich vorgeschoben sei, um einen längeren Besuchsaufenthalt zu realisieren. Die Klägerin habe bei ihrem letzten Aufenthalt den Sprachkurs erfolgreich absolviert. Das Risiko einer illegalen Einwanderung sei bei der Klägerin ebenso eher gering einzuschätzen, da die Klägerin auch in der Vergangenheit jeweils fristgerecht wieder ausgereist sei. Andererseits sei aber zu Lasten der Klägerin zu berücksichtigen, dass sie erst nach der ersten Ablehnung des Visums ihre späteren Studienabsichten in Deutschland konkretisiert und das Motiv für einen weiterführenden Sprachkurs nachvollziehbar gemacht habe, während in dem Schreiben der Klägerin vom 17.01.2010 von dem beabsichtigtem Studium in Deutschland noch keine Rede gewesen sei.

    Zudem könne die Beklagte bei dem angestrebten weiterführenden Sprachkurs und der nunmehr angegebenen Motivation der Klägerin auch berücksichtigen, ob die Klägerin überhaupt die erforderlichen Hochschulzugangsvoraussetzungen für das angestrebte Studium in Deutschland habe und ob sie dieses Studium auch in Kuba absolvieren könnte. Soweit die Klägerin in Kuba über keine ausreichenden Informationsquellen und -zugänge zum deutschen Studium verfüge, würde es ihr obliegen, eine Person in Deutschland zu bevollmächtigen und zu beauftragen, die erforderlichen Erkundigungen und Anerkennungen einzuholen. Die Beklagte könne dabei auch das Alter der Klägerin, ihre bisherige berufliche Ausbildung und Situation und die Dauer des angestrebten Sprachkurses berücksichtigen.

    Quelle: Verwaltungsgericht Berlin

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  3. Ausländerrecht: Visum und Aufenthaltserlaubnis zum Studium, zum Sprachkurs und zum Schulbesuch

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    Ausländische Staatsangehörige aus Drittstaaten (Nicht-EU- und Nicht-EWR-Staaten) brauchen für ein Studium oder eine Ausbildung in Deutschland ein Visum bzw. eine Aufenthaltserlaubnis.

    Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das am 1. März 2020 in Kraft getreten ist sowie mit der Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie (EU) 2021/1883 im November 2023, wurden die  Abschnitte 3 (Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung) und 4 (Aufenthalt zum Zweck der Erwerbstätigkeit) von Kapitel 2 des Aufenthaltsgesetzes neu gefasst.

    Zunächst einmal ist ein Visum bei der deutschen Auslandsvertretung, Botschaft bzw. dem zuständigen Konsulat im Heimatland des Drittstaatsangehörigen zu beantragen.

    Die Staatsangehörigen folgender Drittstaaten benötigen für die Einreise zum Zweck des Studiums kein Visum:

    Andorra, Australien, Brasilien, El Salvador, Honduras, Israel, Japan, Kanada, Monaco, Neuseeland, Republik Korea, San Marino, Schweiz und die Vereinigten Staaten von Amerika.

    Ist der Drittstaatsangehörige dann nach Deutschland eingereist, muss bei der zuständigen Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis beantragt werden.

    Das Aufenthaltsgesetz sieht die verschiedensten Möglichkeiten für Drittstaatsangehörige vor, in Deutschland einem Studium, einem Sprachkurs oder einem Schulbesuch nachzugehen:

    Aufenthaltstitel zur Aus- und Weiterbildung

    – Aufenthaltserlaubnis zur betrieblichen Aus- und Weiterbildung, § 16a Abs. 1 S. 1 AufenthG

    – Aufenthaltserlaubnis zur schulischen Berufsausbildung, § 16a Abs. 2 AufenthG

    Aufenthaltstitel für Studium

    – Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Vollzeitstudiums an einer staatlichen oder an einer staatlich anerkannten Hochschule oder an einer vergleichbaren Bildungseinrichtung, § 16b Abs. 1 AufenthG

    – Aufenthaltserlaubnis im Ermessenswege zum Zweck eines Vollzeitstudiums bei bedingter Zulassung durch die Hochschule (z. B. Bedingung der Vorlage des Bachelor-Zeugnisses), § 16b Abs. 5 Nr. 1a AufenthG

    – Aufenthaltserlaubnis im Ermessenswege zum Zweck eines Vollzeitstudiums bei bedingter Zulassung durch die Hochschule (z. B. Bedingung des Besuchs eines Studienkollegs), § 16b Abs. 5 Nr. 1b AufenthG

    – Aufenthaltserlaubnis im Ermessenswege zum Zweck eines Teilzeitstudiums, § 16b Abs. 5 Nr. 1c AufenthG

    – Aufenthaltserlaubnis im Ermessenswege zum Zwecke der Teilnahme an einem studienvorbereitendem Sprachkurs bei Nichtvorliegen einer Studienzulassung, § 16b Abs. 5 Nr. 2 AufenthG

    – Aufenthaltserlaubnis im Ermessenswege zum Zwecke der Teilnahme an einem studienvorbereitendem Praktikum, § 16b Abs. 5 Nr. 3 AufenthG

    – Aufenthaltserlaubnis für einen in einem EU Staat anerkannten Schutzberechtigten, der in dem anderen EU Staat mindestens 2 Jahre studiert hat zur Ausübung eines Vollzeitstudiums, § 16b Abs. 7 S. 1 AufenthG

    Aufenthaltstitel zur Anerkennung einer ausländischen Berufsqualifikation

    – Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Anerkennung einer ausländischen Berufsqualifikation für die Durchführung einer Qualifizierungsmaßnahme, § 16d Abs. 1 AufenthG

    – Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Anerkennung einer ausländischen Berufsqualifikation für 1 Jahr (höchstens 3 Jahre) bei bestehender Vermittlung in eine anschließende Beschäftigung, § 16d Abs. 4 AufenthG

    – Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Anerkennung einer ausländischen Berufsqualifikation für die Ablegung von Prüfungen, § 16d Abs. 5 AufenthG

    Ein Wechsel des Studiengangs oder der Hochschule muss durch die Ausländerbehörde genehmigt werden.

    Ein einmaliger Wechsel des Studienganges bzw. der Hochschule innerhalb der ersten 18 Monate nach dem Beginn des Fachstudiums ist möglich (Orientierungsphase).

    Die Aufenthaltserlaubnis zum Studium berechtigt in einem bestimmten Umfang zur Ausübung einer Beschäftigung.

    Aufenthaltstitel für ein studienbezogenes Praktikum EU

    Aufenthaltserlaubnis für einen Drittstaatsangehörigen, der außerhalb der EU studiert und in Deutschland im Rahmen eine Praktikums Erfahrung sammeln möchte, § 16e Abs. 1 AufenthG

    Aufenthaltstitel für Sprachkurse und Schulbesuch

    Aufenthaltserlaubnis zur Teilnahme an einem Sprachkurs, der nicht der Studienvorbereitung dient, § 16f Abs. 1 S. 1 AufenthG

    Aufenthaltserlaubnis zur Teilnahme an einem Schüleraustausch, § 16f Abs. 1 S. 2 AufenthG

    Aufenthaltserlaubnis zum Schulbesuch einer öffentlichen Schule oder einer staatlich anerkannten Schule mit internationaler Ausrichtung, § 16f Abs. 2 Nr. 1 AufenthG

    Aufenthaltserlaubnis zum Schulbesuch einer nicht öffentlich finanzierten Schule, § 16f Abs. 2 Nr. 2 AufenthG

    Aufenthaltstitel zur Suche eines Ausbildungs- oder Studienplatzes

    Aufenthaltserlaubnis zur Suche nach einem Ausbildungsplatz zur qualifizierten Berufsausbildung, § 17 Abs. 1 AufenthG

    Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Studienbewerbung, § 17 Abs. 2 AufenthG

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