Bauplanungsrecht Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
Rechtsanwalt Tieben

Rechtsanwalt Helmer Tieben
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Tag Archive: Bauplanungsrecht

  1. Erneuerbare Energien: Nachbarschutz gegen Biogasanlagen/Biomasseanlagen

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    Im Rahmen des Ausbaus und der Förderung der Erneuerbaren Energien werden in Deutschland immer mehr Biogasanlagen/Biomasseanlagen errichtet.

    Nachteil dieses Ausbaus ist, dass beim Umgang mit diesen Anlagen immer wieder penetrante Gerüche durch die Freisetzung der Gase Ammoniak und Schwefelwasserstoff oder Belastungen durch den Betriebslärm der Anlagen entstehen können.

    Auftretender Lärm und Gerüche sind daher häufig Gegenstand von Nachbarschaftsklagen im einstweiligen Rechtschutzverfahren oder im Hauptsacheverfahren.

    Die nachfolgenden Ausführungen machen deutlich, dass es sowohl im einstweiligen Rechtsschutzverfahren als auch im Hauptsacheverfahren eines Nachbarn zur Untersagung der Errichtung/des Betriebs eine Biogasanlage nicht nur auf besondere rechtliche Kenntnisse, sondern auch auf das richtige Timing ankommt.

    Nachbarn, die sich durch den Betrieb oder die Errichtung einer Biogasanlage gestört fühlen, sollten somit grundsätzlich den Rat eines erfahrenen Rechtsanwalts einholen, um Ihre Nachbarrechte durchzusetzen.

    Die Vorgehensweise und Erfolgsaussicht einer Nachbarschaftsklage richtet sich insbesondere nach den für die Anlage notwendigen Genehmigungsverfahren, die je nach Art und Größe der Anlage erheblich variieren können.

    Anforderungen an Biogasanlagen ergeben sich nämlich aus den verschiedensten Rechtsgebieten wie dem Immissionsschutzrecht, dem Baurecht, dem Naturschutzrecht, dem Abfallrecht, dem Hygienerecht, dem Wasserrecht oder dem Düngemittelrecht.

    A. Bundesimmissionsschutzgesetz („BImSchG“)
    I. Anwendbarkeit des BimSchG

    Grundsätzlich unterliegen Biogasanlagen gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dem Geltungsbereich des Bundesimmissionsschutzgesetzes. Zuständige Behörde für die Genehmigung ist dabei grundsätzlich die untere Immissionsschutzbehörde oder die Bezirksregierung.

    Bei der Beurteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflichtigkeit ist zu beachten, dass gem. § 13 BImSchG immissionsschutzrechtliche Genehmigungen Konzentrationswirkung besitzen, d. h. sie schließen andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen, wie öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Zulassungen, Erlaubnisse und Bewilligungen ein.

    Eine Auflistung von genehmigungspflichtigen Anlagen besteht in der 4. Bundesimmissionsschutzverordnung (4. BImSchV).

    Die Genehmigungspflicht von Biogasanlagen nach dem BImSchG wird dabei in der 4. BImSchV je nach Art der Biogasanlage nach der Feuerwärmeleistung, der Abfallmenge, der Endlagerkapazität oder der Einordnung der Anlage als Nebenanlage zu einer Tierhaltungsanlage festgelegt.

    Besteht eine Genehmigungspflicht, so ist weiter zu prüfen, welche Art von Genehmigungsverfahren durchzuführen ist.

    Für Anlagen, die nach dieser Einordnung in der 2. Spalte der BImSchV gelistet sind, muss ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren durchgeführt werden, für Anlagen, die in der 1. Spalte gelistet sind, muss ein förmliches Genehmigungsverfahren durchgeführt werden.

    Die Genehmigungsverfahren sind in § 10 BImSchG sowie der 9. BImSchV geregelt. Zu beachten ist, dass davon nicht nur Erstgenehmigungen, sondern auch Änderungsgenehmigungen, Teilgenehmigungen, der Vorbescheid und die Zulassung des vorzeitigen Beginns umfasst sind.

    II. Förmliches Genehmigungsverfahren

    Beim förmlichen Genehmigungsverfahren muss unter Anderem eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden. Das heisst, dass die Antragsunterlagen 1 Monat öffentlich ausgelegt werden. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist können dann von jedermann schriftlich Einwendungen erhoben werden.

    Folge von fehlenden oder verspäteten Einwendungen ist es, dass solche Einwendungen auch nicht mehr in sich anschließenden Rechtsbehelfen erfolgreich erhoben werden können („Präklusionswirkung“). Wenn allerdings neue „Tatsachen“ auftreten oder die ausgelegten Unterlagen unvollständig oder für den Dritten unverständlich waren, können solche Einwendungen selbstverständlich auch in nachfolgenden Rechtsbehelfen vorgebracht werden (vgl. Bay VGH, NVwZ 1989, 483).

    III. Einfaches Genehmigungsverfahren

    Beim vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 19 BImSchG ist keine Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen, so dass auch keine Präklusionswirkung eintritt.

    B. Baurecht

    Wie bereits erwähnt, besitzen immissionsschutzrechtliche Genehmigungen Konzentrationswirkung, so dass andere sachlich zuständige Behörden in die Entscheidung mit einbezogen werden.

    Denn die Immissionsschutzbehörde prüft die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens am Maßstab des gesamten öffentlichen Rechts und aus den §§ 5, 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG ergibt sich, dass auch das materielle Baurecht (einschließlich des Bauordungsrechts) im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren vollumfänglich zu prüfen ist.

    I. Bauplanungsrechtliche Vorgaben

    Die Zulässigkeit der Biogasanlage nach bauplanungsrechtlichen Gesichtspunkten richtet sich nach dem Standort des geplanten Vorhabens.

    Das deutsche Bauplanungsrecht unterteilt das Gebiet einer Gemeinde in drei Bereiche: den Außenbereich, den durch Bebauungspläne erfassten Bereich und den unbeplanten Innenbereich (zusammenhängende Ortsteile ohne Bebauungsplan).

    Ein Vorhaben im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplanes ist dann zulässig, wenn es den Festsetzungen des qualifizierten Bebauungsplanes nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist. Die Errichtung von Biogasanlagen ist insofern insbesondere in Gewerbe-, Industrie- und Dorf/Mischgebieten statthaft.

    Bei Vorhaben im Innenbereich ohne Bebauungsplan muss sich das Vorhaben nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der zu überbauenden Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen.

    Zwar soll der Außenbereich im Grundsatz von der Bebauung freigehalten werden, Biogasanlagen sind aber gem. § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB dann privilegiert, wenn
    – die Anlage „im Rahmen“ eines land- oder forstwirtschaftlichen oder gartenbaulichen Betriebes betrieben wird,
    – ein räumlich-funktionaler Zusammenhang mit dem Betrieb besteht,
    – die Biomasse überwiegend aus dem zusammenhängenden Betrieb/und oder aus nahegelegenen Betrieben stammt,
    – je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben wird,
    – die installierte elektrische Leistung der Anlage 0,5 MW nicht überschreitet.

    II. Bauordungsrechtliche Vorgaben

    Im Rahmen der bauordnungsrechtlichen Zulässigkeit prüft die Behörde u. A., ob die Abstandsflächen durch das Vorhaben eingehalten wurden.

    C. TA Lärm/TA Luft

    Unabhängig von dem Erfordernis einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung müssen insbesondere die technischen Regelwerke, also die TA Luft und die TA Lärm eingehalten werden.

    Die TA Lärm enthält Immissionsrichtwerte hinsichtlich der Lautstärke von Anlagen, die TA Luft enthält Emissionsgrenzwerte für zahlreiche Stoffe und Stoffgruppen, sowie Immissionsgrenzwerte und Bestimmungen über Meßverfahren für Emissions- und Immissionswerte.

    Allerdings enthält die TA Luft keine Regelungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geruchsimmissionen.

    Diese Immissionsschutzlücke wird durch die Geruchsimmissions-Richtlinie, Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen – GIRL geschlossen.

    Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Beschluss vom 07.05.2007, (Az.: 4 B 5.07) geregelt: Die GIRL ist „ein rechtlich nicht verbindliches Regelwerk, welches lediglich technische Normen enthält, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten Sachverständigengutachten haben.“

    Bei der mit der GIRL zu erstellenden Bewertung, ob eine Belästigung als erheblich und damit als schädliche Umwelteinwirkung anzusehen ist, sind eine Vielzahl von Kriterien heranzuziehen. Zu diesen Kriterien zählen die Geruchsart, die Geruchsintensität, die tages- und jahreszeitliche Verteilung der Einwirkungen, der Rhythmus, in dem die Belastungen auftreten und die Nutzung des jeweiligen Gebietes.

    Die Erfassung der jeweiligen Geruchsimmissionssituation vor Ort kann entweder durch eine Rasterbegehung, eine Immissionsprognose (Ausbreitungsrechnung) oder eine Fragebogenerhebung erfolgen.

    Interessante Urteile im Bereich von Biogasanlagen:

    BGH, 21.05.2008, Az.: VIII ZR 308/07
    VGH München, 25.10.2010, Az.: 2 CS 10.2137
    BVerwG, 11.12.2008, Az.: 7 C 6/08
    BVerwG, 07.03.2007, Az.: 4 BN 1.07
    OVG Niedersachsen, 14.03.2007, Az.: 1 ME 222/06
    OVG Rheinland-Pfalz, 22.11.2007, Az.: 1 A 10253/07.OVG
    VGH Baden-Württemberg, 03.05.2006, Az.: 3 S 771/06
    OVG Niedersachsen, 04.10.2006, Az.: 7 ME 43/06
    OVG Schleswig-Holstein, 31.07.2008, Az.: 1 LA 39/08
    OVG Schleswig-Holstein, 08.08.2006, Az.: 1 MB 18/06
    OVG Niedersachsen, 20.07.2007, Az.: 12 ME 210/07
    OLG Oldenburg, 30.03.2006, Az.: 14 U 123/05
    OVG Sachsen-Anhalt, 10.05.2005, Az.: 2 L 535/03
    VG Stade, 30.01.2004, Az.: 1B 2059/03
    VG Mainz, 23.01.2007, Az.: 3 K 194/06.MZ (aufgehoben OVG Koblenz, 22.11.2007, Az.: 1 A 10253/07)
    VG Stade, 09.12.2008, 2 A 1457/07

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

    Wenn Sie rechtliche Beratung benötigen, rufen Sie uns unverbindlich unter der Rufnummer 0221 – 80187670 an oder schicken uns eine Email an info@mth-partner.de

  2. Erneuerbare Energien: Errichtung einer Photovoltaikanlage auf denkmalgeschützter Kirche unzulässig

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    Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 12.10.2010 Az.: 14 ZB 09.1289

    Bei ihrer Errichtung müssen Solaranlagen (Photovoltaikanlagen) sämtlichen relevanten Regelungen des öffentlichen Baurechts genügen. Zum öffentlichen Baurecht gehören das Bauplanungsrecht, das Bauordnungsrecht und das sog. Baunebenrecht. In historischen Innenstädten verhindert oftmals insbesondere das Baunebenrecht in Gestalt des Denkmalschutzes die Errichtung von Solaranlagen auf denkmalgeschützten Häusern.

    Der Denkmalschutz unterliegt der Landesgesetzgebung, weshalb jedes Bundesland ein eigenes Denkmalschutzgesetz mit zum Teil unterschiedlichen Bestimmungen hat. In Bayern hat der Bayerische Landtag am 25.06.1973 das Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler erlassen, das die grundlegenden Bestimmungen über Denkmalschutz und Denkmalpflege in Bayern enthält (zuletzt geändert durch Gesetz zur Änderung der Bayerischen Bauordnung, des Baukammerngesetzes und des Denkmalschutzgesetzes vom 27.7.2009).

    Gem. Art. 4 Abs. 1 des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes sind Denkmaleigentümer verpflichtet, ihre Baudenkmäler instandzuhalten, instandzusetzen, sachgemäß zu behandeln und vor Gefährdung zu schützen, soweit ihnen das zuzumuten ist. Wer Eigentümer eines Baudenkmals ist, trägt damit Verantwortung auch für die Allgemeinheit.

    Der Bayrische Verwaltungsgerichtshof hatte nun darüber zu entscheiden, ob die Errichtung einer Photovoltaikanlage auf dem Dach einer unter Denkmalschutz stehenden Kirche aus dem vorigen Jahrhundert gegen das Bayrische Denkmalschutzgesetz verstößt.

    Sachverhalt: Die Antragstellerin (Pfarrkirchenstiftung) hatte eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis zum Bau einer Photovoltaikanlage auf dem Kirchengebäude beantragt, welche durch die zuständige Behörde abgelehnt wurde. Gegen diese Ablehnung klagte die Antragstellerin vor dem Verwaltungsgericht Ansbach, welches mit Hinweis auf den Denkmalschutz die Klage abwies. Daraufhin beantragte die Antragstellerin die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayrischen Verwaltungsgerichts Ansbach.

    Bayrischer Verwaltungsgerichtshof: Nach Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bestanden keine ernstlichen Zweifel daran, dass die Erlaubnis sowohl durch die zuständige Behörde als auch durch das Verwaltungsgericht Ansbach zu Recht versagt wurden. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin sei es nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht das Gebäude als ein typisches Nürnberger Kirchenbauwerk der 20er und 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts eingestuft habe. Dessen Denkmaleigenschaft werde durch Anbauten aus den 1960er Jahren nicht beseitigt. Zwar solle die Photovoltaikanlage zu einem überwiegenden Teil auf dem Anbau errichtet werden. Es komme aber nicht darauf an, ob auch er als Denkmal zu werten sei, denn durch die unmittelbare Nähe wirke die Photovoltaikanlage jedenfalls auf das denkmalgeschützte ursprüngliche Kirchenbauwerk ein. Die Abwägung der widerstreitenden Interessen bei der Versagung der denkmalrechtlichen Erlaubnis sei nicht zu beanstanden. Die Belange von Klima und Umwelt seien zwar bei der Ermessensausübung zu beachten gewesen. Die Beklagte habe sich damit aber ausreichend auseinandergesetzt. Eine Einschränkung des Ermessensspielraums der Behörde ergebe sich deshalb nicht, zumal der Klägerin weitere Gebäude (z.B. das Pfarrhaus) zur Nutzung für Photovoltaik zur Verfügung stünden.

    Quelle: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  3. Solarenergie: Neues Urteil des VG Berlin verschiebt die Prioritäten zugunsten der Solarenergie

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    Verwaltungsgericht Berlin, 09.09.2010 Az.: VG 16 K 26.10

    Bei ihrer Errichtung müssen Solaranlagen (Photovoltaikanlagen) sämtlichen relevanten Regelungen des öffentlichen Baurechts genügen. Zum öffentlichen Baurecht gehören das Bauplanungsrecht, das Bauordnungsrecht und das sog. Baunebenrecht.

    In historischen Innenstädten verhinderte insbesondere das Baunebenrecht in Gestalt des Denkmalschutzes die Errichtung von Solaranlagen auf denkmalgeschützten Häusern. Allerdings scheinen sich neuerdings aufgrund der Vorgaben des EEG zur Steigerung der Energiegewinnung aus Erneuerbaren Energien und der Aufnahme des Umweltschutzes in Art. 20 GG die Prioritäten zugunsten der Erneuerbaren Energien zu verschieben. Darauf deutet ein vielbeachtetes Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 09.09.2010 hin. Zwar unterliegt der Denkmalschutz der Landesgesetzgebung, weshalb jedes Bundesland ein eigenes Denkmalschutzgesetz mit zum Teil unterschiedlichen Bestimmungen hat. (in NRW z. B. das „Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Land Nordrhein-Westfalen“ (Denkmalschutzgesetz – DSchG) vom 11. März 1980. Dennoch haben solche Urteile grundsätzlich Richtungswirkung für das ganze Bundesgebiet.

    Sachverhalt: Der Kläger in dem oben genannten Fall besitzt ein im Jahre 1928 gebautes Haus das einer Siedlung in Berlin-Zehlendorf angehört. Sowohl das Haus des Klägers, als auch die anderen Häuser der Siedlung waren Teil einer deutschlandweit bekannt gewordenen architektonischen Auseinandersetzung, die im Jahre 1929 zwischen den Architekten und Eigentümern dieser Siedlung und der sich in unmittelbarer Nachbarschaft befindlichen Siedlung geführt wurde („Zehlendorfer Dächerkrieg“). Dieser Zehlendorfer Dächerkrieg hatte die unterschiedlichen Dachformen beider Siedlungen (Flachdächer und Spitzdächer) zum Inhalt.

    Der Kläger begehrte von der Denkmalbehörde eine denkmalrechtliche Genehmigung für eine Solaranlage auf seinem Dach. Diese lehnte die Behörde mit dem Hinweis ab, dass eine Installation zu einer erkennbaren Veränderung an der erhaltenswerten Originalsubstanz des Hauses führen würde. Darüber hinaus bestehe die Gefahr einer negativen Vorbildwirkung für die gesamte Zehlendorfer Siedlung. Nach Ansicht der Behörde stand auch der „Zehlendorfer Dächerkrieg“ einer Genehmigung im Wege, da die Bebauung des Daches auch Auswirkungen auf den Zeugniswert der Siedlungen haben würde. Der Kläger klagte daraufhin vor dem Verwaltungsgericht Berlin auf Erteilung der Genehmigung.

    Verwaltungsgericht Berlin: Das Verwaltungsgericht Berlin gab dem Kläger in dem oben zitierten Urteil Recht. Zwar sei die Denkmalbehörde grundsätzlich frei in ihrer Entscheidung, ob ein Vorhaben des Bauherrn denkmalverträglich sei oder nicht. Dennoch habe sie grundsätzlich eine einzelfallbezogene Interessenabwägung vorzunehmen. Die demgemäß vorgenommene Interessenabwägung der Behörde habe in dem vorliegenden Fall aber zu einer rechtwidrigen Entscheidung der Behörde geführt. Zunächst sei die Solaranlage auf der schlecht einsehbaren Gartenseite des Hauses geplant und daher von vornherein nicht geeignet, die geschützten Güter zu beeinträchtigen. Des Weiteren sei die Einheitlichkeit der Dächer und der damit einhergehende Zeugniswert der Siedlung für den „Dächerkrieg“ bereits durch die Anbringung von Parabol- und Fernsehantennen im Laufe der Zeit weitgehend verloren gegangen. Darüber hinaus erwähnte das Gericht die im Jahre 2005 erfolgte Verankerung des Umweltschutzes im Grundgesetz.

    Quelle: Verwaltungsgericht Berlin

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  4. Baurecht: Keine Geltendmachung der Verletzung von Abstandsflächen bei eigenem Rechtsverstoß

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    Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 29.10.2010 – 3 S 1752/10

    Abstandsflächen sind häufig Gegenstand nachbarrechtlicher Streitigkeit bzw. Differenzen von Anwohnern mit Behörden. Abstandsflächen sind von der Bebauung freizuhaltende Flächen zwischen Gebäuden sowie zwischen solchen Anlagen und Einrichtungen, von denen Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen (z.B.Windenergieanlagen).

    Sie sollen ein leichtes Übergreifen von Bränden verhindern, eine Aktionsfläche für die Feuerwehr gewährleisten, die Privatsphäre der Bewohner und ausreichende Belüftung sowie Licht- und Sonneneinstrahlung gewährleisten. Die Abstandsflächen müssen dabei auf dem Grundstück selbst liegen, öffentliche Verkehrs-, Grün- oder Wasserflächen dürfen aber mit einbezogen werden.

    VGH Baden Württemberg: Ein Nachbar kann sich aufgrund des Grundsatzes von Treu und Glauben dann nicht auf den erforderlichen Grenzabstand berufen, wenn er selbst diesen nicht einhält. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Verletzung nachbarschützender Abstandsregelungen durch das angegriffene Vorhaben nicht schwerer wiegt als der eigene Verstoß und in gefahrenrechtlicher Hinsicht keine völlig untragbaren Zustände entstehen.

    Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg

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