Darf der Vermieter meine Wohnung betreten? Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Darf der Vermieter meine Wohnung betreten?

  1. Mietrecht: Ohne Duldungstitel stellt die Anbringung einen Balkons an die Mietwohnung eine verbotene Eigenmacht des Vermieters dar.

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    Landgericht Berlin, 23.02.2015, Az.: 18 S 132/14

    Wenn ein Vermieter vermieteten Wohnraum oder Gewerberaum ohne rechtskräftigen Räumungstitel räumen lässt, begeht er verbotene Eigenmacht. Dies gilt sogar dann, wenn der Vermieter eigentlich einen Anspruch auf die Räumung hätte.

    Der dadurch geschädigte Mieter kann dann vom Vermieter im Wege der einstweiligen Verfügung die Wiedereinräumung des Besitzes verlangen und ebenfalls die geräumten Gegenstände heraus verlangen.

    Dies gilt aber nicht nur für die Räumung von vermieteten Räumen, sondern ebenso für andere Maßnahmen, durch die der Mieter in seinem Alleinbesitz an der Wohnung gestört wird.

    In dem hier besprochenen Fall des Landgerichts Berlin hatte dieses im Wege der Berufung über die Entscheidung des Amtsgerichts zu richten, mit welcher der Vermieterin die Anbringung eines Balkons an die Wohnung des Mieters untersagt worden war.

    Sachverhalt: Berufungsklägerin und Verfügungsbeklagte in diesem Fall war die Vermieterin einer Wohnung. Sie hatte den Anbau eines Balkons an eine von ihr vermietete Wohnung geplant. Dazu hatte sie zunächst versucht, die Einwilligung des Mieters einzuholen. Als dieser die Einwilligung verweigerte, beauftragte sie dennoch einen Bauunternehmer mit dem Anbau des Balkons.

    Den geplanten Anbau des Balkons verhinderte der Mieter daraufhin mit einer einstweiligen Verfügung beim Amtsgericht Charlottenburg. Gegen diese einstweilige Verfügung wandte sich die verfügungsbeklagte Vermieterin dann mit der Berufung zum Landgericht Berlin.

    Landgericht Berlin: Das Landgericht Berlin folgte der Ansicht des Amtsgerichts Charlottenburg und urteilte ebenfalls, dass der Mieter als Verfügungskläger durch den Anbau des Balkons widerrechtlich in seinem Besitz gestört werde. Dabei komme es entgegen der Ansicht der Berufungsklägerin nicht darauf an, ob ihm auch der Besitz oder Mitbesitz an der Außenfassade zustehe.

    Denn der Verfügungskläger werde durch die Anbringung des nicht benutzbaren Balkons in seinem Alleinbesitz an der Wohnung gestört. Insoweit habe das Amtsgericht zutreffend ausgeführt, dass durch den Balkon das Erscheinungsbild der Wohnung selbst verändert werde und es zu einer optischen Beeinträchtigung komme, da die Aussicht verändert und die Gefahr bestünde, dass sich Laub und Unrat auf dem nicht ohne weiteres zugänglichen Balkon ansammele.

    Die Anbringung dieses Balkons an die Mieterwohnung sei entgegen der Auffassung der Verfügungsbeklagten auch nicht mit einer zu duldenden Anbringung einer Wärmedämmung auf die Fassade vergleichbar.

    Denn im Gegensatz zu der Anbringung des Balkons würde eine Wärmedämmung keine vergleichbare optische oder sonstige Beeinträchtigung des Mieters darstellen. Auch soweit die Verfügungsbeklagte darauf verweisen würde, dass bei optischen Veränderungen im Mietshaus oder dessen näherer Umgebung regelmäßig kein Abwehranspruch des Mieters bestünde, sei dies mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Denn bei der Anbringung des Balkons handele es sich nicht um irgendeine Veränderung der näheren Umgebung der Wohnung des Verfügungsklägers. Denn der Balkon grenze unmittelbar an die Wohnung des Verfügungsklägers an und sei dieser Wohnung auch unmittelbar zuzuordnen und werde auch so wahr genommen. Es könne auch kein Zweifel daran bestehen, dass die Besitzstörung ohne erforderlichen Duldungstitel eine verbotene Eigenmacht darstelle.

    Quelle: Landgericht Berlin

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Mietrecht: Keine Duldungsverpflichtung des Mieters für das Abfotografieren seiner Wohnung

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    Amtsgericht Steinfurt, 10.04.2014, 21 C 987/13

    Oftmals fragen sich Mieter, ob sie verpflichtet sind, das Betreten oder das Fotografieren Ihrer Wohnung durch den Vermieter zu dulden.

    Grundsätzlich gilt, dass durch Abschluss des Mietvertrages und Übergabe der Wohnung an den Mieter, beide Mietvertragsparteien einig sind, dass ab Vertragsschluss der Mieter das Hausrecht in seiner Wohnung ausübt.

    Dieses Hausrecht gilt selbstverständlich auch gegenüber dem Vermieter, was oftmals zu Konflikten zwischen dem Vermieter und dem Mieter führen kann.

    Denn dem Vermieter steht nur aus besonderem Anlass ein Betretungs- und Besichtigungsrecht an seiner Wohnung zu.

    Typische Gründe für ein Besichtigungs- und Betretungsrecht sind zum Beispiel:

    – Ablesen von Messvorrichtungen in der Wohnung.

    – Vorbereitung von Modernisierungs- bzw. Instandhaltungsmaßnahmen

    – Die Vorführung der Wohnung an Miet- oder Kaufinteressenten.

    In dem oben genannten Urteil des Amtsgerichts Steinfurt hatte dieses darüber zu entscheiden, ob der Mieter verpflichtet war, auch das Fotografieren seiner Wohnung zur Erstellung einer Internetanzeige zu dulden.

    Sachverhalt: Die Klägerin war Eigentümerin der Wohnung, welcher der beklagte Mieter mietete. Das Haus wiederum war Eigentum einer Wohnungseigentümergemeinschaft, welche noch ein weiterer Wohnungseigentümer angehörte.

    Die Klägerin beabsichtigte, die in ihrem Eigentum stehende Wohnung zu veräußern. Hiergegen sprach sich der Miteigentümer gegenüber allen Interessenten aus und lehnte die Zustimmung ab.

    Der beklagte Mieter wiederum lehnte die Anfertigung von Lichtbildern der Innenräume und die Besichtigung durch Kaufinteressenten ab. Der Rechtsanwalt der Klägerin mahnte den Beklagten daraufhin mit der Begründung ab, dass es der Beklagte dulden müsse, wenn von den Innenräumen seiner Wohnung Lichtbilder gefertigt würden, um diese für ein Exposé und eine Anzeige im Internet zu verwenden.

    Amtsgericht Steinfurt: Das AG Steinfurt urteilte in dem oben genannten Urteil, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Duldung der Fertigung irgendwelcher Fotos aus den an den Beklagten vermieteten Innenräumen habe.

    Die Duldungspflichten des Mieters hätten – abgesehen von den Fällen der Modernisierung – keine gesetzliche Normierung gefunden. Bei ihnen seien die Rechte und Interessen der Vertragsparteien zu berücksichtigen und in einen angemessenen Ausgleich zu bringen.

    Hierbei hätten, wie von den Parteien angeführt, die grundrechtlichen Wertungen, die bei der Auslegung des materiellen Rechts stets als Teil der grundgesetzlich vorgegebenen objektiven Werteordnung Berücksichtigung zu finden. Sie seien zu der Auslegung der einfachgesetzlichen Vorschriften heranzuziehen.

    Auf Seiten der Klägerin streite ihr grundrechtlich in Art. 14 GG verbürgtes Eigentumsrecht. Teil dieses Eigentumsrechts sei auch das Recht zur grundsätzlich freien Disposition über das Eigentum, das ihr auch das Recht auf Veräußerung gebe.

    Auf Seiten des Beklagten streite einerseits sein berechtigter Besitz, der ebenfalls vom grundrechtlichen Eigentumsschutz des Art. 14 GG umfasst sei.

    Darüber hinaus beeinträchtige die Fertigung und Veröffentlichung von Lichtbildern aus der Wohnung des Beklagten diesen in seinem sich aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG ergebenen Allgemeinen Persönlichkeitsrecht, indem Fotografien aus seiner der Privatsphäre zuzuordnenden Wohnung gefertigt würden. Dies finde seinen Ausdruck auch in dem ebenfalls betroffenen Art. 13 GG, der die Unverletzlichkeit der Wohnung gewährleiste.

    Bei der Abwägung der vorgenannten Interessen sei zunächst zu berücksichtigen, dass sich die Klägerin durch die Vermietung der Wohnung des unmittelbaren Besitzes freiwillig begeben und die Nutzung der Wohnung gegen Zahlung der Miete dem Beklagten überlassen habe. Dieser solle nach der freiwilligen Entscheidung der Klägerin die Wohnung grundsätzlich ungestört nutzen können.

    Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass der Eingriff in die Privatsphäre durch die beabsichtigte Veröffentlichung im Internet nicht unerheblich sei, da die Fotografien damit einer unbestimmten Vielzahl von Betrachtern zugänglich gemacht würden.

    Die Bilder würden einen Einblick in die grundrechtlich geschützte Wohnung des Beklagten und seiner Familie erlauben, obgleich hierin gerade der grundrechtlich geschützte Rückzugsraum zu sehen sei.

    Demgegenüber weise der Eingriff in das grundrechtlich geschützte Verwertungsrecht eine geringere Intensität auf. Auch wenn ein wesentlicher Teil der zu veräußernden Wohnungen mittlerweile über die allgemein bekannten Internetportale inseriert würden, ginge es doch entschieden zu weit, eine Wohnung für fast unverkäuflich zu erklären, wie es die Klägerin mache, wenn diese nicht mit Fotos im Internet angeboten werden könne.

    Zunächst widerlege sich die Klägerin insoweit selber, da durchaus Kaufinteressenten vorhanden gewesen und durch den Miteigentümer verschreckt worden seien. Darüber hinaus entspreche es gerichtsbekannter Praxis, dass auch im Internet die Wohnung nur mit Außenansichten und Grundrissen inseriert würden.

    Schließlich sei es nach wie vor üblich, dass Wohnungen in Zeitungen oder bei Maklern und nicht im Internet inseriert würden. Nicht dargetan sei, dass dies die Verwertung des Eigentums massiv erschwere.

    Insgesamt ergebe sich für den konkreten Fall aus den vorgenannten Gründen ein Vorrang der Interessen des beklagten Mieters. Denn dieser würde durch die Fertigung und insbesondere Veröffentlichung der Fotos in seiner Privatsphäre nicht unerheblich betroffen, während die Klägerin lediglich geringfügig in ihrem Eigentum eingeschränkt werde. Ob die Abwägung anders zu treffen gewesen wäre, wenn die Fotos lediglich für ein auf Papier in kleiner Stückzahl gedrucktes Exposé gefertigt werden sollten, könne hier dahinstehen.

    Nichts anderes ergebe sich für den Hilfsantrag. Denn auch das Fotografieren einzelner vermieteter Räume stelle einen entsprechenden unzulässigen Eingriff dar, zu dessen Duldung der Mieter nicht verpflichtet sei. Auch die dort genannten Räume wie Bäder gehörten zu der geschätzten Wohnung und würden einen Einblick in die Privatsphäre des Klägers eröffnen.

    Quelle: Amtsgericht Steinfurt

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