Darf die Einbürgerungsbehörde die Legalisierung meiner Unterlagen verlangen Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Darf die Einbürgerungsbehörde die Legalisierung meiner Unterlagen verlangen

  1. Einbürgerung: Bei laufenden (auch ausländischen) Ermittlungsverfahren wird die Einbürgerung pausiert

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    VG München, Urteil v. 11.05.2023 – M 27 K 22.1811

    Grundsätzlich ist eine Einbürgerung ausgeschlossen, wenn der Einbürgerungsbewerber wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe verurteilt wurde, sofern diese nicht gemäß § 12a Staatsangehörigkeitsgesetz außer Betracht bleibt (z.B. Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen).

    Was passiert aber bei Ermittlungsverfahren und insbesondere ausländischen Ermittlungsverfahren? Damit hatte sich das Verwaltungsgericht München in dem vorliegenden Fall zu beschäftigen.

    Welche Arten von Einbürgerung gibt es?

    Sachverhalt des Falles:

    Kläger war US Amerikanischer Staatsangehöriger

    Der in den USA geborene, 62-jährige Kläger war US-Amerikanischer Staatsangehöriger. Er reiste in den 1960er Jahren gemeinsam mit seinen Eltern, einer deutschen Staatsangehörigen und einem US-Amerikanischen Soldaten, ins Bundesgebiet ein.

    Seither lebte der Kläger – abgesehen von zwei etwa dreimonatigen USA-Aufenthalten in den Jahren 1988 und 1994 – in der Bundesrepublik. Er verfügte bis zuletzt über eine Niederlassungserlaubnis.

    Nachdem ein Passantrag des Klägers vom US-Amerikanischen Generalkonsulat in München unter Verweis auf einen Haftbefehl aufgrund des Vorwurfs des Betrugs und Nichterscheinens aus dem Jahr 1994 abgelehnt worden war, stellte der Kläger beim zu diesem Zeitpunkt örtlich zuständigen Landratsamt einen Antrag auf Einbürgerung. Dabei gab er insbesondere einen USA-Aufenthalt von Februar 1988 bis Mai 1988 sowie ein im Jahr 1988 in den USA wegen des Vorwurfs von Betrug eingeleitetes Verfahren an.

    In der Folge wurde das Verwaltungsverfahren mehrmals ausgesetzt, der Kläger versuchte unter Beauftragung von Rechtsanwälten Nachweise zum Haftbefehl sowie zum Stand des Ermittlungsverfahrens beizubringen. Nach einem vom Kläger beigebrachten Dokument hatte das Verfahren gegen den Kläger nach einem Gerichtsprotokoll im Jahr 1993 begonnen.

    Gegen den Kläger lief in den USA ein Ermittlungsverfahren wegen Diebstahl durch Täuschung

    Gegenstand der Beschuldigung war ein Diebstahl durch Täuschung oder falsche Darstellung gem. § 3922 Buchst. a Nr. 1 des Kapitel 18 der Zusammenfassungsgesetze des US-Bundesstaates. Beim Grad des Deliktes handele es sich um ein Verbrechen dritten Grades, der niedrigsten Stufe eines Verbrechens. Das Verfahren habe den Status „nicht aktiv“. Die maximal zu erwartende Freiheitsstrafe für das verfahrensgegenständliche Delikt betrage 7 Jahre. Nach einer weiteren Mitteilung der USA sei eine Verjährung der gegen den Kläger erhobenen Anklage nicht möglich, da dieser das Gebiet der USA verlassen habe.

    Aufgrund eines Umzugs des Klägers wechselte im August 2019 die Zuständigkeit auf ein anderes Landratsamt.

    Der Kläger wurde durch das Landratsamt mit Schreiben vom 22. Juni 2020 sowie vom 9. August 2021 zu einer beabsichtigten Ablehnung angehört. Nach der zweiten Anhörung erfolgte keine Äußerung mehr.

    Das Landratsamt lehnte die Einbürgerung schließlich wegen des Ermittlungsverfahrens ab

    Mit Bescheid des Landratsamts vom 23. Februar 2022, wurde der Antrag auf Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG abgelehnt und im Wesentlichen ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine Anspruchseinbürgerung nicht vorlägen. Eine Voraussetzung nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 StAG sei, dass keine Verurteilung zu einer Strafe aufgrund einer rechtswidrigen Tat erfolgt sei.

    Gegen den Kläger sei durch die US-Behörden ein Haftbefehl erlassen worden, sodass nach § 12a Abs. 3 StAG das Einbürgerungsverfahren bis zum Abschluss des Strafverfahrens auszusetzen sei. Nach Aktenlage gebe es keine Möglichkeit des Klägers, das Verfahren selbst zu klären, da er befürchte, bei Einreise festgenommen zu werden. Auch durch die beauftragten Rechtsanwälte sei ein Verfahrensabschluss nicht zu erwirken gewesen. Nach der Mitteilung des bereits außergerichtlich Bevollmächtigten sehe das USamerikanische Recht eine Verjährung nicht vor. Da es dem Kläger innerhalb von vier Jahren seit der Antragstellung nicht gelungen sei, dass Strafverfahren in den USA abzuschließen und eine Verjährung nicht erfolgt sei, lägen die Voraussetzungen einer Einbürgerung nicht vollständig vor und könnten auf absehbare Zeit auch nicht erfüllt werden.

    Gegen die Ablehnung klagte der Kläger beim VG München

    Hiergegen klagte der Kläger beim Bayerischen Verwaltungsgericht München und ließ zunächst hauptsächlich beantragen, die Beklagte unter Bescheidsaufhebung zur Einbürgerung zu verpflichten.

    Zuletzt ließ er beantragen,

    1. die Beklagte zu verpflichten, den Kläger in den deutschen Staatsverband einzubürgern;
    2. hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger eine Einbürgerungszusicherung zu erteilen;
    3. weiter hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband unter der Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

    Zur Begründung der Klage führte der Kläger aus, dass hinsichtlich der Einbürgerungsvoraussetzungen einzig § 10 Abs. 1 Nr. 5 StAG streitig sei.

    Das seit dem 1994 in den USA anhängig Strafverfahren sei jedoch nicht durch Verhängung einer Strafe im Sinne der Norm rechtskräftig geworden. Die Aussetzungsregelung des § 12a Abs. 3 StAG sei nicht anwendbar. Denn das Ermittlungsverfahren sei durch Anklageerhebung beendet, sodass sich das Verfahren nach deutschem Verfahrensrecht im Zwischenverfahren befinde.

    Eine Ermittlung im Sinne des Gesetzes liege somit nicht mehr vor. Auch eine Verurteilung in den USA werde in Abwesenheit des Klägers nicht erfolgen. Mangels eines rechtsstaatlichen Verfahrens sei dem Kläger eine Anwesenheit nicht zumutbar. Mangels Verjährung nach Anklageerhebung werde eine Verfolgungsverjährung nicht eintreten.

    Entscheidung des Verwaltungsgerichts München:

    VG München bestätigte die ablehnende Entscheidung des Landratsamtes

    Das VG München hat nun entschieden, dass der Kläger weder den mit dem Hauptantrag geltend gemachten Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 StAG, noch den hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO) oder den Anspruch auf ermessensfehlerfreie (Neu-)Entscheidung über seinen Einbürgerungsantrag (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO) hat.

    Wir gegen einen Ausländer ermittelt ist das Einbürgerungsverfahren auszusetzen

    Wenn gegen einen Ausländer, der die Einbürgerung beantragt hat, wegen des Verdachts einer Straftat ermittelt wird, ist gem. § 12a Abs. 3 Satz 1 StAG die Entscheidung über die Einbürgerung bis zum Abschluss des Verfahrens, im Falle einer Verurteilung bis zum Eintritt der Rechtskraft des Urteils auszusetzen.

    Daran gemessen hat der Kläger keinen Anspruch auf Einbürgerung. Auch wenn bei ihm die negative Voraussetzung § 10 Abs. 1 Nr. 5 StAG nicht vorliegt, ist dem Antrag nicht stattzugeben, sondern die Entscheidung über den Einbürgerungsantrag nach § 12a Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 StAG auszusetzen.

    Die Aussetzungsregel gilt auch für ausländische Ermittlungsverfahren

    Die Vorschrift ist entgegen der klägerseitigen Auffassung auf den Fall anwendbar.

    Es kann dahinstehen, ob der Verfahrensstand in den USA mit dem deutschen Zwischenverfahren gem. §§ 199 ff. StPO vergleichbar ist. Denn sowohl nach dem Wortlaut als auch dem Gesetzeszweck ist eine Aussetzung auch nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens im engeren Sinne erforderlich. Abzustellen ist auf den Abschluss des Strafverfahrens insgesamt, nicht lediglich auf das Ermittlungsverfahren. Maßgeblich ist somit das Strafverfahren im Ganzen.

    Dies ergibt sich systematisch in Zusammenschau mit dem zweiten Halbsatz des § 12a Abs. 3 Satz 1 AufenthG, der die Aussetzung bis zum Eintritt der Rechtskraft der Verurteilung vorschreibt, somit über das Ermittlungsverfahren hinaus auch im Zwischen- und Hauptverfahren.

    Desweiteren gilt § 12a Abs. 3 Satz 1 StAG grundsätzlich auch für ausländische strafrechtliche Ermittlungsverfahren. Voraussetzung für eine Einbürgerung ist grundsätzlich eine strafrechtliche „Unbescholtenheit“. Folgerichtig steht deshalb gem. § 10 Abs. 1 Nr. 5 StAG unter anderem die Verurteilung zu einer Strafe wegen einer rechtswidrigen Tat einem Anspruch auf Einbürgerung entgegen.

    Tatbestandlich ist § 12a Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 StAG somit aufgrund des in den USA nach wie vor bestehenden offenen Haftbefehls sowie des damit zusammenhängenden Strafverfahrens gegeben. In der Rechtsfolge des § 12a Abs. 3 Satz 1 StAG ist somit – zwar nicht das Einbürgerungsverfahren als solches, aber – die Entscheidung über die Einbürgerung auszusetzen.

    Nichts anderes ergibt sich aus dem Rechtsgedanken des § 12a Abs. 1 und 2 StAG.

    Nach § 12a Abs. 2 StAG sind ausländische Verurteilungen zu Strafen zu berücksichtigen, wenn (1.) die Tat im Inland als strafbar anzusehen ist, (2.) die Verurteilung in einem rechtsstaatlichen Verfahren ausgesprochen worden ist und (3.) das Strafmaß verhältnismäßig ist.

    Eine solche Verurteilung kann dann nicht mehr berücksichtigt werden, wenn sie nach dem Bundeszentralregistergesetz zu tilgen wäre. Für ausländische Verurteilungen gilt § 12a Abs. 1 StAG entsprechend, sodass geringfügige Verurteilungen außer Betracht bleiben können.

    Es kann offenbleiben, ob insoweit eine vergleichbare Interessenlage zwischen einer schon ergangenen und einer noch ausstehenden ausländischen Verurteilung vorliegt, wenn hinreichend sicher zu erwarten ist, dass auch nach Ergehen des Urteils das abgeurteilte Verhalten im Inland als nicht strafbar, das Verfahren nicht als rechtsstaatlich, das Strafmaß als unverhältnismäßig oder als Bagatellverurteilung anzusehen wäre, somit eine Aussetzung aufgrund der absehbaren Unbeachtlichkeit leerlaufen und deshalb ausnahmsweise vom Abwarten der Verfahrensbeendigung abgesehen werden könnte. Denn dies kommt im konkreten Fall jedenfalls nicht in Betracht.

    Nach der Strafhöchstandrohung von 7 Jahren Freiheitsstrafe im Verfahren gegen den Kläger kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine spätere Verurteilung in jedem Fall nach § 12a Abs. 1 und 2 Satz 3 StAG außer Acht bleiben kann.

    Die Handlungen des Klägers in den USA wären auch in der BRD als strafbar anzusehen

    Der Gegenstand des Ermittlungsverfahrens ist auch im Inland als strafbar anzusehen. Die vorgeworfene Tat eines Diebstahls durch Täuschung oder falsche Darstellung gem. § 3922 Buchst. a Nr. 1 des Kapitel 18 der Zusammenfassungsgesetze des US-Bundesstaates … entspricht im Wesentlichen einem Diebstahl gem. § 242 Abs. 1 StGB bzw. einem Betrug gem. § 263 Abs. 1 StGB.

    Stichhaltige Anhaltspunkte für den klägerseitigen Einwand, dass eine Verurteilung des Klägers in den USA in einem rechtsstaatswidrigen Verfahren ergehen und damit außer Betracht bleiben könnte, sind nicht ersichtlich. Insbesondere führt allein der Umstand, dass nach den klägerseitig beigebrachten Informationen eine Verfolgungsverjährung im Fall des Klägers nach Anklageerhebung und Ausreise nicht eintritt, nicht zu einer Rechtsstaatswidrigkeit.

    Das Verfahren in den USA ist auch nicht als rechtsstaatswidrig anzusehen

    Als Maßstab für die Beurteilung der Rechtsstaatlichkeit kann nicht ausschließlich auf die in der Bundesrepublik geltenden materiellen und verfahrensrechtlichen Erfordernisse abgestellt werden, die das Rechtsstaatsgebot des Grundgesetztes konkretisieren. Vielmehr ist maßgeblich, ob die strafgerichtliche Verurteilung auch unter Berücksichtigung abweichender materieller und prozessualer Normen den im europäischen Rechtsraum geltenden Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit und Verhältnismäßigkeit genügen, wie sie auch in der Europäischen Menschenrechtskonvention (Art. 6 EMRK – Recht auf ein faires Verfahren) und der EU-Charta der Grundrechte (Art. 49 GRCh – Grundsätze der Gesetzesmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit) niedergelegt sind.

    Grundsätzlich besteht für die Regelung der Verjährung als Ausgleich zwischen den berechtigten Interessen der Allgemeinheit an bestimmten Eingriffen und des Einzelnen an Rechtssicherheit ein weiter Gestaltungspielraum, der dadurch begrenzt ist, dass berechtigte Interssen der vom Eingriff belasteten Bürger nicht völlig unberücksichtigt bleiben dürfen und ganz von einer Regelung abgesehen wird, die dem Eintritt der Belastung eine bestimmte zeitliche Grenze setzt. Allein daraus ergibt sich jedoch nicht, dass ein Strafrecht, das gesetzgeberisch intendiert für bestimmte Konstellationen eine Unverjährbarkeit der Strafverfolgung vorsieht, rechtsstaatswidrig wäre.

    Das in den USA zu erwartende Strafmaß ist auch nicht als unverhältnismäßig anzusehen

    Auch eine Unverhältnismäßigkeit des (zu erwartenden) Strafmaßes kommt nicht in Betracht. Dass für eine diebstahls- bzw. betrugsähnliche Tat (Strafrahmen nach § 242 Abs. 1 StGB bzw. § 263 Abs. 1 StGB bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe) eine Strafe von bis zu 7 Jahren Freiheitsstrafe angedroht wird, lässt nicht erwarten, dass die Strafe dem Unrechts- und Schuldgehalt in keiner Weise gerecht werden wird.

    Auch ein Zeitablauf seit der (vorgeworfenen) Tatbegehung, Verfahrenseinleitung, Anklageerhebung sowie Haftbefehlserlass kann eine Beendigung der Entscheidungsaussetzung nicht begründen. Solches ist gesetzlich nicht vorgesehen.

    Im Hinblick auf die für die Einbürgerung grundsätzlich geforderte Unbescholtenheit sind die nach § 51 Abs. 1 BZRG getilgten Vorverurteilungen einbürgerungsunschädlich.

    Die Tilgungsvorschriften des BZRG sind auf Ermittlungsverfahren nicht anzuwenden

    Die Tilgungsvorschriften des § 51 Abs. 1 BZRG sind jedoch auf laufende Ermittlungsverfahren nicht entsprechend anzuwenden. Denn Sinn und Zweck der Norm ist die Tilgung des Makels der Verurteilung und die Erleichterung der Resozialisierung, eine solche ohne Verurteilung nicht erforderlich. Die Unbescholtenheit des Einbürgerungsantragstellers kann somit erst dann durch Zeitablauf wiederhergestellt sein, wenn das Strafverfahren zu einem Abschluss gekommen ist.

    Es ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass dies im konkreten Fall des Klägers aufgrund einer dauerhaft gehemmten Verfolgungsverjährung in den USA dazu führt, dass für den Kläger allein durch Zeitablauf eine Klärung der Unbescholtenheit im Sinne des Staatsangehörigkeitsrechts nicht eintreten kann, ohne dass er sich aktiv um eine anderweitige Beendigung des Strafverfahrens in den USA bemüht.

    Art. 116 Abs. 1 Var. 1 GG verfügt über einen weitreichenden Gesetzesvorbehalt, sodass die Regelung der Staatsangehörigkeit ohne weitere Vorgaben durch den nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 1 GG ausschließlich zuständigen Bundesgesetzgeber erfolgen kann. Das heißt, dass sich der Erwerb und – vorbehaltlich des Art. 16 Abs. 1 GG – der Verlust der Staatsangehörigkeit grundsätzlich nach dem einfachgesetzlichen Staatsangehörigkeitsgesetz der jeweils geltenden Fassung richtet. Abgesehen von einem Willkürverbot und der institutionellen Garantie der Staatsangehörigkeit kann der Gesetzgeber den Zugang zum verfassungsrechtlichen Status des Deutschen sowohl erweiternd als auch einengend frei steuern.

    Dass der Kläger aufgrund der Unverjährbarkeit des Ermittlungsverfahrens in den USA ohne eine anderweitige Beendigung gegebenenfalls auf Dauer nicht einzubürgern ist, führt weder zu einer Abschaffung der Institution der deutschen Staatsangehörigkeit noch besteht insoweit eine gesetzgeberische Willkür. Das gesetzgeberische Ziel einer Suspendierung des Einbürgerungsanspruchs aufgrund von im Ausland geführte Ermittlungs- und Strafverfahren ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Durch den Erwerb der Staatsangehörigkeit wird ein besonderes, zu wechselseitigem Schutz und Treue verpflichtendes Rechtsverhältnis zwischen Staat und Bürger mit demokratischer Teilhabefunktion begründet.

    Die gesetzgeberische Entscheidung, dieses Rechtsverhältnis bis zur Klärung der Unbescholtenheit des Einbürgerungsantragstellers nicht zu begründen, ist sachlich und damit willkürfrei.

    Da somit derzeit eine Entscheidung über den Einbürgerungsantrag des Klägers nicht in Betracht kommt, bedarf es auch keiner hilfsweise begehrten, zur Aufgabe der früheren Staatsangehörigkeit erforderlichen Einbürgerungszusicherung.

    Da als Folge des § 12a Abs. 3 Satz 1 StAG die Entscheidung über den Einbürgerungsantrag auszusetzen ist, kommt auch eine Verpflichtung des Beklagten zur Neuentscheidung nicht in Betracht.

    Quelle VH München

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  2. Ausländerrecht: Geburtsurkunden müssen bei der Einbürgerung nicht in jedem Fall legalisiert werden

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    Verwaltungsgericht Stuttgart, 01.03.2010, Az. 11 K 223/09

    Möchte ein Ausländer deutscher Staatsbürger werden, muss er sich einbürgern lassen. Die Voraussetzungen hierfür sind zum einen im Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) und im Aufenthaltsgesetz (AufenthG) geregelt. Neben verschiedenen anderen in den Gesetzen aufgelisteten Voraussetzungen bedarf es immer auch des Nachweises der Identität. Dies ist zwar beispielsweise aus § 10 I 1 StAG nicht direkt herauszulesen.

    Es ergibt sich jedoch daraus, dass die Personalien Grundlage für die Überprüfung der anderen Voraussetzungen sind. So muss zum Beispiel für die Prüfung des § 10 I 1 Nr. 5 StAG, also ob die Person schonmal straffällig geworden ist, klar sein, wer die Person überhaupt ist. Außerdem soll allgemein verhindert werden, dass eine Person unter mehreren Identitäten im Alltag agiert. Der Nachweis seiner Identität ist jedoch nicht immer einfach. So gilt im Allgemeinen der nationale Reisepass als Nachweis. Das folgende Schaubild gibt eine Übersicht darüber, wie ein Einbürgerungsbewerber seine Identität nachwesien kann:

    BVerwG Identitäsprüfung

    Im nachstehenden Urteil stellt das Verwaltungsgericht Stuttgart klar, dass die Behörde nicht in jedem Fall auf eine Legalisierung von Dokumenten bestehen darf, die die Identität nachweisen soll. So soll dies im Einzelfall entschieden werden, wobei die Glaubwürdigkeit der sonstigen Dokumente mit einbezogen werden muss. Auch eine nicht legalisierte Urkunde kann im Rahmen der freien Beweiswürdigung verwendet werden.

    Sachverhalt des gerichtlichen Urteils

    Im vorliegenden Fall streiten sich die Parteien um den Einbürgerungsanspruch eines Familienvaters. Der aus dem Sudan stammende Mann ist Kläger, Beklagte eine Ausländerbehörde.

    Der Mann komm 1996 als Flüchtling nach Deutschland, wo ihm Asyl gewährt wird und eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung erteilt wird. Im Jahr 1998 kommt seine Ehefrau im Rahmen des Familiennachzugs nach. In diesen Verfahren legt der Mann einen sudanesischen Arbeitsausweis und einen Heiratsvertrag vor, aus denen seine Personalien hervorgehen.

    Kläger hatte Antrag auf Einbürgerung gestellt

    Im Jahr 2006 stellt der Mann einen Antrag auf Einbürgerung bei der Ausländerbehörde und legt hierzu die erforderlichen Dokumente vor. Außerdem versichert er vor dem Notariat eidesstattlich, dass seine angegebenen Daten richtig sind.

    Die Ausländerbehörde teilt daraufhin mit, dass sie den Antrag nicht bearbeiten könne, da die Identität des Mannes nicht vollständig geklärt sei. Deshalb reicht der Mann noch seine sudanesische Geburtsurkunde im Original nach.

    Das Verfahren verzögert sich mehrfach, da die Behörde prüfen lässt, ob ein Widerruf des Asyls des Mannes möglich sei.

    Die Ausländerbehörde erkennt die Geburtsurkunde wegen fehlender Legalisierung nicht an

    Erst im November 2007 teilt sie ihm schließlich mit, dass sie die Geburtsurkunde nicht anerkennt. Zur Anerkennung bedürfe es einer Legalisierung der deutschen Botschaft in Khartum (Sudan). Der Mann versucht daraufhin eine Legalisierung zu erreichen, indem er einen Bekannten im Sudan damit beauftragt. Beim notwendigen Gang zum sudanesischen Außenministerium wird die Urkunde jedoch beschlagnahmt.

    Im Juni 2008 fordert die Ausländerbehörde außerdem aktuelle Rentenversicherungsunterlagen, die der Mann einreicht. Außerdem reicht er eine Kopie einer Bescheinigung der sudanesischen Botschaft ein, in dem seine sudanesische Staatsangehörigkeit bestätigt wird. Die Personalien decken sich wiederum mit den zuvor angegebenen. Ferner besteht er eine Deutschprüfung mit der Note 1.

    Ausländer reicht Klage ein

    Die Behörde wird dennoch unter Verweis auf die fehlende Legalisation der Geburtsurkunde nicht tätig. Deshalb erhebt der Mann Klage vor dem Verwaltungsgericht.

    Er beantragt eine Verpflichtung der Behörde, ihn in den deutschen Staatsverband einzubürgern.

    Die Ausländerbehörde beantragt dagegen Abweisung der Klage. Sie beruft sich darauf, dass die Identität des Mannes nicht geklärt sei, da seine Geburtsurkunde nicht legalisiert wurde.

    Einem Hinweis der deutschen Botschaft in Khartum, dass eine Geburtsurkunde nicht zwingend legalisiert werden muss, sondern auch im Wege der freien Beweiswürdigung herangezogen werden kann, folgt sie nicht.

    Außerdem hält sie die Staatsangehörigkeit des Mannes für ungeklärt, da in der Vergangenheit Nigerianer nachweislich als Sudanesen aufgetreten seien. Bezüglich der Kopie der Bescheinigung der sudanischen Botschaft hat die Behörde Zweifel, da ihr selbst eine solche Bescheinigung von der Botschaft nicht übermittelt wurde.

    Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart

    Das VG Stuttgart hält die Klage für begründet und verpflichtet die Ausländerbehörde zur Einbürgerung des Klägers. Es sieht einen Einbürgerungsanspruch des Klägers nach § 10 I 1 StAG gegeben, den auch die Behörde zuvor geprüft hatte.

    Das Gericht führt aus, dass der Einzubürgernde acht Jahre rechtmäßig in Deutschland wohnen muss, handlungsfähig nach § 37 I 1 StAG ist und die Voraussetzungen der Nr. 1-7 im § 10 I 1 StAG erfüllt. Diese Voraussetzungen sieht das Gericht als offensichtlich erfüllt an. So war zuvor lediglich streitig, ob der Kläger seine Identität ausreichend nachgewiesen hat. Das Erfordernis der Identitätsklärung ist zwar nicht wortwörtlich festgeschrieben, nach ständiger Rechtsprechung jedoch anerkannt.

    Nach Ansicht des Gerichts ist die Legalisierung der Geburtsurkunde nicht zwingend notwendig

    Dass jedoch der Identitätsnachweis nur mittels einer legalisierten Geburtsurkunde erbracht werden kann, verneint das Gericht ausdrücklich. Zur Begründung verweist es darauf, dass der Gesetzgeber dies nicht festgelegt hat. Eine von der Behörde erfundene Pflicht eine legalisierte Geburtsurkunde vorzulegen, widerspräche dem Grundsatz der Gewaltenteilung. Dennoch sieht das Gericht die Vorlage einer legalisierten Geburtsurkunde als geeignetes Mittel an, betont jedoch, dass es nicht das einzige ist.

    In der Summe reichen die eingereichten Mittel zum Nachweis der Identität

    Seine Identität hat der Mann nach Auffassung des Gerichts auch ohne legalisierte Urkunde nachgewiesen. So hat er immer die gleichen Personalien angegeben und diesbezüglich nie Korrekturen vorgenommen. Sein sudanesischer Arbeitsausweis und seine eidesstattliche Versicherung seien für sich genommen kein Nachweis der Identität. In der Summe jedoch mit dem vorgelegten beglaubigten Heiratsvertrag jedoch wohl ausreichend.

    Außerdem sei die nicht legalisierte Geburtsurkunde im Rahmen der freien Beweiswürdigung als echt zu bewerten, sodass ein Legalisierungsverfahren unangemessen wäre.

    Zuletzt reicht auch die Vorlage einer Kopie der von der sudanesischen Botschaft ausgestellten Bescheinigung über die Staatsangehörigkeit des Mannes, da sie bereits Zweifel an seiner Identität ausräumen. Die Vorlage des Originals ist in dem Fall nicht vonnöten.

    Diese Vielzahl von Nachweisen lässt das Gericht zu dem Schluss kommen, dass die Identität des Mannes geklärt ist und damit die Voraussetzungen des § 10 I 1 StAG gegeben sind. Sie verpflichtet die Ausländerbehörde ihn einzubürgern.

    Gericht sieht auch weitere Forderungen der Ausländerbehörde als illegal an

    Etwas untypisch erlaubt sich das Gericht zudem, die Ausländerbehörde für ihr Vorgehen zu kritisieren. So stellt sie klar, dass das Fordern der Rentenversicherungsunterlagen im Rahmen des § 10 I 1 StAG nicht vorgesehen ist und das Verfahren unnötig in die Länge gezogen hat. Ein Erfordernis für eine Einbürgerung nach § 9 II 1 Nr. 5 AufenthG dürfe nicht auf den Anspruch nach § 10 I 1 StAG übertragen werden.

    Ferner kritisiert es die mehrfache Prüfung, ob ein Widerruf des Asyls möglich ist, da auch dies das Verfahren unnötig hinausgezögert habe. Solch eine Prüfung solle nur als Ausnahme erfolgen, wenn sich die Umstände im Herkunftsland signifikant verändert haben, was im Sudan offensichtlich nicht der Fall war.

    Fazit: Oftmals schießen die Ausländer- bzw. Einbürgerungsbehörden über das Ziel hinaus und legen zu strenge Kritierien an. Dann sollte gerichtlich überprüft werden.

    Quelle: VG Stuttgart

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