Gewöhnlicher Aufenthalt i s d § 10 StAG Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Gewöhnlicher Aufenthalt i s d § 10 StAG

  1. Einbürgerung: § 5 StAG Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Erklärung

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    Personen, die nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes, also nach dem 23.05.1949 geboren wurden, können seit dem 20.08.2021 die deutsche Staatsangehörigkeit gem. § 5 StAG durch Erklärung erwerben.

    Somit soll nun auch denjenigen Personen die Möglichkeit zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit gegeben werden, denen ein Geburtserwerb aufgrund geschlechterdiskriminierende Ungleichbehandlungen im Staatsangehörigkeitsrecht bis dahin versagt worden ist.

    Nach § 5 StAG sollen diese Personengruppen und ihre Abkömmlinge nun durch eine einfache Erklärung gegenüber der zuständigen Behörde die deutsche Staatangehörigkeit erwerben können.

    Voraussetzungen des Erklärungserwerbs

    Um die deutsche Staatsangehörigkeit nach § 5 StAG zu erwerben, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

    • Die Person muss zu dem nach dem 23.05.1949 geborenen berechtigten Personenkreis gehören.
    • Die Person muss nach § 37 Abs. 1 S. 1 StAG handlungsfähig (Vollendung des 16. Lebensjahrs und geschäftsfähig) oder gesetzlich vertreten sein.
    • Die Person darf nicht wegen mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von zwei Jahren oder mehr verurteilt worden sein. Ferner darf bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung keine Sicherungsverwahrung angeordnet worden sein und es darf kein Ausschlussgrund nach 11 StAG vorliegen. Nach § 11 StAG ist die Einbürgerung insbesondere dann ausgeschlossen, wenn der Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vorliegt.

    Weiterhin muss die Erklärung innerhalb 10 Jahre nach in Kraft treten des § 5 StAG, also ab dem 20.08.2021, abgegeben worden sein.

    Berechtigter Personenkreis

    Der berechtigte Personenkreis nach § 5 Abs. 1 StAG umfasst folgende Gruppen:

    1. Kinder eines deutschen Elternteils, die durch Geburt nicht die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben,
    2. Kinder einer Mutter, die vor der Kindesgeburt durch Eheschließung mit einem Ausländer die deutsche Staatsangehörigkeit verloren hat,
    3. Kinder, die ihre durch Geburt erworbene deutsche Staatsangehörigkeit durch eine von einem Ausländer bewirkte und nach den deutschen Gesetzen wirksame Legitimation verloren haben (beispielweise weil ihre deutsche Mutter nach ihrer Geburt ihren nichtdeutschen Vater geheiratet hat)
    4. Abkömmlinge der Kinder nach Nummer 1 bis 3.

    Ausschluss des Erklärungserwerbs

    Ein Erklärungserwerb ist gem. § 5 Abs. 2 StAG ausgeschlossen, wenn die Person die deutsche Staatsangehörigkeit nach der Geburt erworben oder nach dem Verlust der Staatsangehörigkeit wiedererworben hatte, aber sie danach wieder verloren hat (z.B. durch den Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit). Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ist auch für Abkömmlinge dieser Person ausgeschlossen.

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  2. Ausländerrecht: Ob der Einbürgerungsbewerber seinen gewöhnlichen Aufenthalt 8 Jahre in Deutschland hatte, ist nach den Gesamtumständen zu beurteilen

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    Bayrischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 14.10.2016, Az.: 5 C 16.664

    Die Einbürgerung, sowie das Einbürgerungsverfahren ist im Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) geregelt. So ist nach § 10 Abs. 1 StAG ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Abs. 1 S. 1 StAG oder gesetzlich vertreten ist, auf Antrag einzubürgern, sofern er die in § 10 StAG genannten Voraussetzungen erfüllt. Eine Kernvoraussetzung des § 10 StAG ist somit, dass der Ausländer seinen gewöhnlichen Aufenthalt im der Bundesrepublik Deutschland hat.

    In dem nachfolgenden Beschwerdeverfahren bezüglich einer Prozesskostenhilfebewilligung geht es um die materielle Frage, ob ein Studium eine Verlegung des Lebensmittelpunktes darstellt.

    Sachverhalt: Die Klägerin wurde 1988 im Bundesgebiet als türkische Staatsangehörige geboren und begehrt nunmehr Prozesskostenhilfe für eine Verpflichtung auf Einbürgerung.

    Die Klägerin studiert seit Oktober 2010 Betriebswirtschaftslehre an der Universität Wien und unterhält dort eine Wohnung. Am 22.12.2014 räumte die Ausländerbehörde ihr zum Zweck des längeren Auslandsaufenthalts eine Frist zur Wiedereinreise in das Bundesgebiet ohne Erlöschen der Niederlassungserlaubnis bis zum 31.03.2017 ein. Nachdem die Klägerin einen Antrag auf Einbürgerung gestellt hatte, wurde ihr mit Bescheid vom 10.11.2015 mitgeteilt, dass man davon ausginge, dass sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Bundesgebiet habe. Bis zum 08.12.2015 legte die Klägerin keine Nachweise vor, die etwas Anderes belegten.

    Am 15.01.2016 lehnte die Beklagte den Einbürgerungsantrag ab und begründete dies damit, dass die Klägerin keine Nachweise darüber erbracht habe, dass sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet habe. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Klage und trug vor, dass sie lediglich maximal 4 Monate im Jahr für ihr Studium in Wien sei und ansonsten bei ihrer Familie in Augsburg lebe. Für ihre Klage begehrt sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Anwalts.

    Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag auf Prozesskostenhilfe ab unter dem Hinweis, dass die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe, da die Klägerin keine Nachweise über ihren gewöhnlichen Aufenthalt erbracht habe. Gegen diese Beschluss legte die Klägerin Beschwerde ein und fügte dieser eine Aufenthaltsübersicht, sowie eidesstattliche Versicherungen ihrer Familienangehörigen, sowie eines Nachbars an.

    Bayrischer Verwaltungsgerichtshof: Die Beschwerde sei zulässig und begründet. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und auf die Beiordnung ihres Rechtsanwalts für die Klage im ersten Rechtszug (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO).

    Die Verpflichtungsklage auf Einbürgerung habe hinreichende Aussicht auf Erfolg. Hierfür genüge eine gewisse, nicht notwendig überwiegende Wahrscheinlichkeit des Erfolges. Zur Gewährung von Prozesskostenhilfe sei es einerseits nicht erforderlich, dass der Prozesserfolg schon gewiss sei. Andererseits dürfe die Prozesskostenhilfe verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte sei (BVerfG – 2 BvR 94/88).

    Die Grundlage des geltend gemachten Anspruchs sei § 10 Abs. 1 S. 1 StAG. Nach diesem sei ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland habe, auf Antrag einzubürgern, wenn die in den Nummern 1 bis 7 genannten Voraussetzungen erfüllt seien. Ein Ausländer habe seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet, wenn er nicht nur vorübergehend, sondern auf unabsehbare Zeit in Deutschland lebt und die Beendigung seines Aufenthalts ungewiss sei.

    Die Auswirkung eines Studiums im Ausland auf den gewöhnlichen Aufenthalt i.S.d § 10 Abs. 1 S. 1 StAG werfe schwierige tatsächliche und rechtliche Fragen auf. Das Bundesverwaltungsgericht gehe in seiner Rechtsprechung zu § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG a.F. davon aus, dass ein Ausländer, der außerhalb der Bundesrepublik nicht nur einen begrenzten Teil seiner Ausbildung, sondern ein vollständiges Hochschulstudium absolviere, das Bundesgebiet aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grund verlässt (BVerwG – 1 C 15.11 – für ein drei Jahre dauerndes Studium). Dies leite sich aus der Annahme her, dass bei Aufnahme eines vollständigen Studiums der Lebensmittelpunkt an den Studienort verlegt werde. Diese Rechtsprechung hat der erkennende Senat auf den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinn des § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 StAG übertragen (BayVGH – 5 B 14.2090). Unter welchen Voraussetzungen die Annahme einer Verlagerung des Lebensmittelpunkts ins Ausland widerlegt werden könne, sei in der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt. Jedenfalls lasse sich eine feste Zeitspanne, bei deren Überschreitung stets von einem nicht mehr vorübergehenden Grund auszugehen wäre, nicht abstrakt benennen.

    Aufgrund dessen sei die Frage nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der Klägerin derzeit offen und müsse im Hauptverfahren geklärt werden. Der Rechtsstandpunkt der Klägerin, dass ihr Studium in Wien aufgrund der Gesamtumstände nicht zu einer Verlagerung ihres Lebensmittelpunkts ins Ausland geführt habe, erscheint zumindest vertretbar. Auch die Behörden und das Verwaltungsgericht seien nach ihrem Rechtsstandpunkt davon ausgegangen, dass es sich bei der Verlegung des Lebensmittelpunkts an den Studienort um eine Vermutung handele, die anhand der tatsächlichen Umstände des Falls widerlegt werden könne. Aufgrund der nunmehr vorgelegten Nachweise sei es zumindest erforderlich eine Beweisaufnahme durchzuführen welche im Hinblick auf die Gesamtumstände für eine Nichtverlegung des Lebensmittelpunktes sprechen könnte.

    Die subjektiven Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe seien ausweislich der dem Verwaltungsgericht vorgelegten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin erfüllt.

    Quelle: Bayrischer Verwaltungsgerichtshof

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