Kann ich bei Einbürgerung meine Staatsangehörigkeit behalten? Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
Rechtsanwalt Tieben

Rechtsanwalt Helmer Tieben
Beratung unter:
Tel.: 0221 - 80187670

Tag Archive: Kann ich bei Einbürgerung meine Staatsangehörigkeit behalten?

  1. Ausländerrecht: Kein Sachbescheidungsinteresse an der Feststellung der Staatsangehörigkeit eines Deutschen, an dessen deutscher Staatsangehörigkeit keine Zweifel bestehen.

    Leave a Comment

    Verwaltungsgericht München, 11.12.2019, Az. M 25 K 17.2264

    Es kann vorkommen, dass die Staatsangehörigkeit einer Person nicht zweifelsfrei feststeht oder aus sonstigen Gründen bestritten wird (bspw. nach Verlust der Geburtsurkunde). Um unter anderem solche Fälle lösen zu können, wurde das Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) erlassen. Hiernach besteht auch die Möglichkeit, sich einen Staatsangehörigkeitsausweis ausstellen zu lassen, der als amtliche Urkunde solche Zweifel beseitigt. Doch können auch Deutsche, an deren deutscher Staatsangehörigkeit keine Zweifel bestehen, eine solche Urkunde beantragen?

    Das Bayrische Verwaltungsgericht München (VG München) hat im nachstehenden Urteil klargestellt, dass in unzweifelhaften Fällen kein Sachbescheidungsinteresse besteht und die Behörde daher keinen Staatsangehörigenausweis ausstellen muss.

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens:

    Vater will für sich und seine 2 Kinder einen Staatsangehörigkeitsausweis

    Im vorliegenden Fall streiten die Parteien über den Anspruch auf Ausstellung eines Staatsangehörigenausweises. Kläger sind ein Vater und seine zwei Kinder, Beklagte ist eine Ausländerbehörde.

    Der Vater beantragt am 21.11.2016 die Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit und Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises für sich und seine Kinder. Die Behörde lehnt die Anträge mit der Begründung ab, dass kein Bedarf an der Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises bestehe, da sie an der deutschen Staatsangehörigkeit der Kläger nicht zweifelt. Die Familie hat zudem deutsche Ausweispapiere.

    Behörde lehnt Erteilung des Ausweises ab – Vater klagt vor dem Verwaltungsgericht

    Hiergegen erhebt der Vater Klage, da die Ausweispapiere seiner Meinung nach nicht als sicherer Nachweis für die Staatsangehörigkeit anzusehen sind. Ferner führt er an, den Staatsangehörigkeitsausweis für Immobiliengeschäfte im Ausland zu benötigen. Aus diesen Gründen besteht für ihn ein Interesse an der Ausstellung eines Ausweises. Er beantragt daher, die Behörde zur Ausstellung des Staatsangehörigkeitsausweises zu verpflichten.

    Die Ausländerbehörde beantragt Abweisung der Klage, da sie ein begründetes Interesse an der Ausstellung verneint.

    Entscheidung des Verwaltungsgerichts München:

    Verwaltungsgericht weist Klage als unzulässig und unbegründet ab.

    Das VG München weist die Klage ab. Es hält sie bereits für unzulässig. Sie ist für die minderjährigen Kinder des Vaters unzulässig, da sie vor Gericht nicht ordnungsgemäß vertreten wurden und somit gemäß § 62 VwGO nicht prozessfähig waren.

    Für den Vater ist die Klage ebenfalls unzulässig, da kein Sachbescheidungsinteresse besteht. So setze die Untätigkeitsklage gemäß § 75 S.1 Alt. 2 VwGO voraus, dass die Behörde ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat. Dies ist jedoch vorliegend nicht gegeben, da die Behörde nicht grundlos untätig geblieben ist.

    Behörde sei zulässigerweise untätig geblieben, da kein Sachbescheidungsinteresse vorliegen würde

    Sie ist viel mehr untätig geblieben, da offensichtlich kein Anspruch auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit gemäß § 30 Abs. 3 Satz 1 StAG bestehe. Dem Wortlaut der Norm ist zwar kein besonderes Antragserfordernis zu entnehmen, etwa dass ein besonderes Interesse an der Feststellung bestehen muss. Dies ergebe sich aber aus dem allgemeinen Grundsatz, dass jede Verwaltungstätigkeit in der Regel unterbleiben muss, wenn sie ohne jeden erkennbaren Sinn ist. Dies gilt auch für einen Antrag nach § 30 Abs. 3 Satz 1 StAG.

    Staatsangehörigkeit sei niemals in Frage gestellt oder bestritten worden

    Ein Sinn bestehe deshalb nicht, da keine Zweifel an der deutschen Staatsangehörigkeit des Klägers besteht und die Staatsangehörigkeit auch nie von einer Behörde bestritten wurde. Ebensowenig war die Vorlage des Staatsangehörigkeitsausweises bei Immobiliengeschäften bislang notwendig, noch sei eine solche Notwendigkeit ersichtlich. Daher müsse die Behörde nicht tätig werden, ein Sachbescheidungsinteresse liegt nicht vor.

    Quelle: VG München

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

    Wenn Sie rechtliche Beratung benötigen, rufen Sie uns unverbindlich unter der Rufnummer 0221 – 80187670 an oder schicken uns eine Email an info@mth-partner.de

    Rechtsanwälte in Köln beraten und vertreten Mandanten bundesweit im Ausländerrecht

  2. Einbürgerung: Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit bei Beibehaltung der bisherigen Staasangehörigkeit.

    Leave a Comment

    Eine Staatsangehörigkeit bezeichnet die Zuordnung des einzelnen Bürgers mit allen Rechten und Pflichten zu einem bestimmten Staat. Wer seine Staatsangehörigen sind und ob sowie unter welchen Bedingungen diese Staatsangehörigkeit verloren oder erworben werden kann, wird von jeden einzelnen Staat nach den allgemeinen Grundsätzen des Völkerrechts und in dessen Grenzen selbst geregelt. In Deutschland wird die Staatsangehörigkeit im Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) behandelt.

    Wird die deutsche Staatsangehörigkeit von einer Ausländerin/einem Ausländer erstrebt, so muss ein Antrag auf die Einbürgerung gestellt werden. Die Rechtsgrundlagen des Erwerbs sowie aber auch des Verlusts der deutschen Staatsangehörigkeit findet man im Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG). Angesichts der fehlenden einheitlichen Regelungen in den einzelnen Staaten kann ein Mensch eine, zwei oder mehrere aber auch keine Staatsangehörigkeit besitzen.

    Um in Deutschland eingebürgert zu werden, muss man eigentlich die alte Staatsangehörigkeit aufgeben

    In Deutschland hingegen muss man wissen, dass grundsätzlich mit der Einbürgerung die ehemalige Staatsangehörigkeit verloren geht oder freiwillig aufgegeben werden muss, denn der deutsche Staat möchte die Mehrstaatigkeit bei der Einbürgerung vermeiden (§ 10 I Nr. 4 StAG), da es Ziel der Einbürgerung sein soll, dass sich der Einbürgerungsbewerber alleine mit dem deutschen Staat identifiziert. Zudem gibt es keinen generellen Anspruch auf eine doppelte Staatsbürgerschaft (auch Mehrstaatigkeit genannt)

    Die doppelte Staatsangehörigkeit als Ausnahme

    Nichtsdestotrotz gibt es Ausnahmefälle, in denen der deutsche Staat eine doppelte Staatsbürgerschaft akzeptiert. In diesen Ausnahmefällen kann sich die Ausländerin/der Ausländer trotz bestimmter Ausnahmesituationen seitens seines eigenen Staates um eine Einbürgerung mit doppelter Staatsangehörigkeit in Deutschland bemühen. Diese Ausnahmen sind in § 12 StAG geregelt:

    Der ausländische Staat verweigert die Entlassung oder sieht gar keine vor

    Nach § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 StAG wird die Mehrstaatigkeit des Einbürgerungsbewerbers zum Beispiel akzeptiert, wenn das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit nicht vorsieht oder der ausländische Staat die Entlassung regelmäßig verweigert. Dies ist bei bestimmten asiatischen oder afrikanischen Staaten der Fall (zum Beispiel Afghanistan, Syrien, Marokko, Algerien, Angola, Libanon, Iran,  …). Hier sieht der Staat gar keine Möglichkeit vor, den Bürger aus seiner Staatsangehörigkeit zu entlassen. Gründe für die fehlende Entlassung können vielseitig sein. In manchen Staaten wird das Ausscheiden eines Staatsangehörigen rechtlich nicht vorsehen und somit die Ausbürgerung regelmäßig verweigert. Außerdem kann auch eine faktische Unmöglichkeit gegebene sein. Eine solche liegt vor, wenn der ausländische Staat eine Entlassung nie oder fast nie ausgesprochen hat. Darunter fallen auch die Fälle, in denen das Recht des ausländischen Staates die Entlassung an eine bestimmte Altersgrenze anknüpft, begleitend muss aber das Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit nach Erreichung dieser vorausgesetzten Altersgrenze faktisch unmöglich sein .

    Verweigerte Annahme des Ausbürgerungsantrages

    Gemäß § 12 Absatz 1 Satz 2 Nr. 3 StAG kann auch die fehlende Entgegennahme des Antrages seitens des ausländischen Staates die Hinnahme der Mehrstaatigkeit begründen. Auch die Verweigerung der Aushändigung der erforderlichen Formulare durch den ausländischen Staat trotz mehrerer ernsthafter und nachhaltiger Bemühungen seitens des Einbürgerungsbewerbers kann dazu führen, dass der Einbürgerungsbewerber bei Einbürgerung in den deutschen Staatsverband seine bisherige Staatsangehörigkeit behalten darf.

    Unzumutbare Länge der Entscheidung über den Entlassungsantrag

    In manchen Fällen dauert eine Entscheidung über den Entlassungsantrag der Ausländerin/des Ausländers bei dem ausländischen Staat sogar mehr als zwei Jahre. Diese Dauer stellt eine unangemessene Zeitspanne dar und somit im Einzelfall auch einen Grund für die Annahme der doppelten Staatsangehörigkeit. Eine unzumutbare Bedingung für die Entlassung liegt auch vor, wenn schwere Nachteile (zum Beispiel Gefahren für ihn oder seine Angehörigen) für die Ausländerin/den Ausländer folgen würden. Sollte der Antrag auf Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt werden, die die Ausländerin/der Ausländer nicht zu vertreten hat, so kann dies auch bei der Annahme von doppelter Staatsangehörigkeit verhelfen. Auch unzumutbare Bedingungen, welche von der Ausländerin/den Ausländer durch den ausländischen Staat verlangt werden, stellen ebenso häufig Ausnahmen dar. Wird die Entlassung aus der ausländischen Staatsangehörigkeit von der Leistung des Wehrdienstes abhängig gemacht, so liegt eine unzumutbare Bedingung vor, wenn der Antragsteller beispielsweise über 40 Jahre alt ist und seit mehr als 15 Jahren seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr in diesem ausländischen Staat hat oder in Deutschland geboren/aufgewachsen ist, den überwiegenden Teil seiner schulischen Ausbildung an deutschen Schulen erhalten hat und im Bundesgebiet in das wehrpflichte Alter hineingewachsen ist.

    Entlassung ist unverhältnismäßig schwierig oder stellt eine besondere Härte dar

    Sobald „die Entlassung auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten stößt und die Versagung der Einbürgerung eine besondere Härte darstellen würde“, ist die Mehrstaatigkeit bei älteren Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, häufig hinzunehmen. Entscheidend ist hier, welche Anstrengungen der älteren Person zuzumuten sind. Beispielsweise kann die Einreise, welche von dem ausländischen Staat bei Ausbürgerung vorausgesetzt wird, wobei die ältere Person diese aus gesundheitlichen Gründen nicht antreten kann, nicht verlangt werden. Weitgehend muss die Versagung der Einbürgerung der älteren Person eine besondere Härte darstellen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn seine in Deutschland lebenden Familienangehörige bereits deutsche Staatsangehörige sind. (§ 12 Absatz 1 Satz 2 Nr. 4 StAG)

    Erhebliche Nachteile bei Entlassung aus der Staatsangehörigkeit

    Auch bei erheblichen Nachteilen, insbesondere vermögensrechtlicher oder wirtschaftlicher Art, welche der Ausländerin/den Ausländer bei Aufgabe der ausländischen Staatsangehörigkeit aufgesetzt werden und über den Verlust der staatsbürgerlichen Rechte hinausgehen, sollen seitens des deutschen Staates Ausnahmen akzeptiert werden. Beispielsweise wenn die Entlassung mit Erbrechtsbeschränkungen im Heimatland oder Verlust von Rentenansprüchen verbunden sind. Gefordert wird allerdings, dass es sich um solche Nachteile handelt, welche in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit der Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit entstehen und nachweisbar sind (vgl. Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln v. 7.12.2005, 190 K 356/05). Die Möglichkeit einer Beeinträchtigung künftiger Erwerbschancen reichen dagegen alleine nicht. Auch wirtschaftliche Nachteile unter 10.000 EUR sind in der Regel unerheblich.
    (§ 12 Absatz 1 Satz 2 Nr. 5 StAG)

    Sollte die Ausländerin/der Ausländer einen Reiseausweis nach Artikel 28 des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge besitzen, so wird ferner eine doppelte Staatsangehörigkeit seitens des deutschen Staates akzeptiert. (§ 12 Absatz 1 Satz 2 Nr. 6 StAG)

    Die Stadt Köln weist darauf hin, dass eine doppelte Staatsbürgerschaft angenommen werden kann, wenn die bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schweren Bedingungen aufgegeben werden kann (siehe oben). Ein weiterer Grund der Stadt Köln wäre der Besitz der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der EU oder der Schweiz. Außerdem sollen auch bei der Anerkennung als ausländischer Flüchtling oder als Asylberechtigte/Asylberechtigter Ausnahmen gemacht werden. Alle Ausnahmefälle beruhen auf Einzelfallentscheidungen und können voneinander gering abweichen, sodass eine Prüfung der jeweiligen Möglichkeiten des Einbürgerungsbewerbers zu empfehlen ist.

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

    Wenn Sie rechtliche Beratung benötigen, rufen Sie uns unverbindlich unter der Rufnummer 0221 – 80187670 an oder schicken uns eine E-Mail an info@mth-partner.de

    Rechtsanwälte in Köln beraten und vertreten Mandanten bundesweit im Ausländerrecht