Kündigungsschutzklage Köln Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Kündigungsschutzklage Köln

  1. Arbeitsrecht: Unwirksamkeit der Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers in der Probezeit

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    Arbeitsgericht Düsseldorf, 20.12.2011, Az.: 7 Ca 7251/11

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    Die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes richtet sich zum Einen nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers und zum Anderen nach der Größe des Betriebes.

    a) Dauer der Betriebszugehörigkeit

    Gem. § 1 Abs. 1 KSchG genießen Arbeitnehmer nur dann Schutz nach dem KSchG, wenn sie sie in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate tätig waren:

    § 1 Abs. 1 KSchG:

    Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

    b) Betriebsgröße

    Weiter Voraussetzung für die Anwendbarkeit des KSchG ist die Betriebsgröße, da Kleinbetriebe nach dem Willen des Gesetzgebers nicht unter das Kündigungsschutzgesetz fallen sollen.

    Gem. § 23 Abs. 1 KSchG handelt es sich bei Kleinbetrieben um solche Betriebe, die in der Regel nur zehn oder weniger Arbeitnehmer beschäftigen.

    Für Arbeitsverhältnisse, die vor dem 01. Januar 2004 begonnen haben, gilt allerdings noch die Grenze von in der Regel fünf beschäftigten Arbeitnehmern.

    § 23 Abs. 1 KSchG:

    Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden.

    In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

    Aber auch wenn das KSchG aufgrund der Größe des jeweiligen Betriebes oder der Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers nicht anwendbar ist, ist der Arbeitnehmer allerdings nicht der Willkür des Arbeitgebers ausgesetzt.

    Die Kündigung kann insofern gegen § 242 BGB verstoßen und damit nichtig sein, wenn der Arbeitgeber während der Probezeit das Kündigungsrecht sitten- oder treuwidrig ausgeübt hat.

    Für die Bestimmung des Inhalts und der Grenzen eines Kündigungsschutzes außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes ist dabei die Bedeutung grundrechtlicher Schutzpflichten zu beachten.

    Im Rahmen der Generalklauseln (§§ 242, 138 BGB) ist auch der objektive Gehalt der Grundrechte, hier vor allem Art. 12 Abs. 1 GG (Grundrecht der Berufsfreiheit), zu beachten.

    Maßgeblich sind dabei die Umstände des Einzelfalls. In sachlicher Hinsicht geht es darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen, z.B. vor Diskriminierungen iSv. Art. 3 Abs. 3 GG.

    Das gilt auch für Kündigungen innerhalb der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG.

    Zu den typischen Tatbeständen einer treuwidrigen Kündigung zählen Rechtsmissbrauch und Diskriminierungen. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen derjenigen Tatsachen, aus denen sich die Treuwidrigkeit ergibt, liegt dann beim Arbeitnehmer.

    In der oben genannten Entscheidung des Arbeitsgericht Düsseldorf hatte dieses nun darüber zu entscheiden, ob einem schwerbehinderten Verwaltungsfachangestellten innerhalb der Probezeit gekündigt werden durfte, weil der Arbeitgeber der Ansicht war, dass die Durchführung der Ausbildung nur unter unverhältnismäßigem Aufwand ermöglicht werden konnte.

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    Sachverhalt:
    Der Kläger begann am 01.08.2010 bei der beklagten Stadt eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten in der Fachrichtung Kommunalverwaltung.

    Er war als schwerbehinderter Mensch anerkannt und hatte dies der beklagten Stadt bei Abschluss des Ausbildungsverhältnisses auch mitgeteilt.

    Innerhalb der vereinbarten Probezeit von drei Monaten kündigte die beklagte Stadt mit Zustimmung von Schwerbehindertenvertretung und Personalrat am 27.10.2010 das Ausbildungsverhältnis.

    Die Stadt war nach Einholung eines Gutachtens durch das Gesundheitsamt der Ansicht, dass der Kläger aufgrund seiner Behinderung ohne ständige Begleitung und Anleitung durch einen Sonderpädagogen nicht in der Lage sei, die Ausbildung erfolgreich abzuschließen.

    Ein solcher Aufwand sei für die Stadt aber unverhältnismäßig.

    Der Kläger hingegen war der Ansicht, dass ihm rechtlich unzulässig wegen seiner Behinderung gekündigt worden sei, da er die Ausbildung mit einer Arbeitsassistenz bzw. einem Jobcoaching erfolgreich habe abschließen können.

    Arbeitsgericht Düsseldorf: Das Arbeitsgericht Düsseldorf folgte der Ansicht des Klägers, gab der Kündigungsschutzklage statt und verurteilte die Stadt, den Kläger vorläufig weiter zu beschäftigen.

    Nach Ansicht des Arbeitsgerichts sei die Kündigung wegen Verstoßes gegen § 242 BGB (Treu und Glauben) unwirksam, weil der Kläger durch die Kündigung wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert worden sei.

    Der Diskriminierungsschutz des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes käme bei Kündigungen außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes über die zivilrechtliche Generalklausel des § 242 BGB zur Anwendung.

    Dem Kläger sei wegen seiner Behinderung gekündigt worden. Die beklagte Stadt habe in der Beweisaufnahme nicht dargelegt, dass sie sämtliche erforderlichen und ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen habe, um dem Kläger die erfolgreiche Durchführung der Ausbildung zu ermöglichen.

    Zwar käme eine dauerhafte Betreuung durch einen Sonderpädagogen aus Kostengründen nicht in Betracht.

    Möglich wären aber ein Jobcoaching bzw. ein Arbeitstraining gewesen, die kostenneutral mittels Finanzierung durch die Bundesagentur für Arbeit hätten durchgeführt werden können.

    Gegen das Urteil hat die beklagte Stadt Berufung eingelegt.

    Quelle: Arbeitsgericht Düsseldorf

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Arbeitsrecht: Besondere Kündigungserfordernisse bei einem schwerbehinderten Arbeitnehmer in der Elternzeit

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    Bundesarbeitsgericht, 24.11.2011, Az.: 2 AZR 429/10

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    Wir haben an dieser Stelle schon des Öfteren über Rechtsfragen in Bezug auf die arbeitsrechtliche Kündigung von schwerbehinderten Arbeitnehmern berichtet:

    Sonderkündigungsrecht bei schwerbehinderten Arbeitnehmern.

    Frage nach der Schwerbehinderung bei bestehendem Arbeitsverhältnis nicht grundsätzlich unzulässig.

    Grundsätzlich genießen schwerbehinderte sowie diesen gleichgestellte Menschen in Deutschland besonderen Kündigungsschutz.

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  3. Arbeitsrecht: Eine Verdachtskündigung ist nur bei der Erfüllung strenger Voraussetzungen möglich

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    Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 17.02.2012, Az.: 17 Sa 252/11

    Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist (fristlose Kündigung) gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

    Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung im Rahmen einer Kündigungsschutzklage somit in zwei Stufen zu prüfen.

    1. Zunächst ist zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, d.h. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist.

    2. In der zweiten Stufe bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile – jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – zumutbar ist oder nicht.

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    Insbesondere bei einer Verdachtskündigung ist allerdings eine besondere Vorgehensweise des Arbeitgebers nötig, damit die fristlose Kündigung wirksam wird.

    Eine Verdachtskündigung liegt vor, wenn demArbeitnehmer wegen des Verdachts auf eine im Betrieb begangene Verfehlung gekündigt wurde.

    In den allermeisten Fällen geht es dabei um Diebstahl oder Unterschlagung.

    In dem oben genannten Urteil stritten sich die Parteien über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung, hilfsweise fristgerechten Kündigung mit einer Auslauffrist zum 31.12.2010 wegen Unterschlagung bzw. des dringenden Verdachts einer Unterschlagung.

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    Sachverhalt: Der 1972 geborene verheiratete und einem Kind unterhaltspflichtige Kläger war seit dem 01.09.1997 bei der Beklagten zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 3.239,70 € unter Anderem als Kassenführer beschäftigt.

    Bei der beklagten Arbeitgeberin bestand hinsichtlich des vom Kläger zu führenden Kassenbuches die Geschäftsanweisung, dass für jeden Geldein- und ausgang der Kasse durch den Kassenführer eine Quittung auszustellen sei.

    Im Rahmen der Kündigung warf die Beklagte dem Kläger vor, von einem Kunden 14,99 € entgegengenommen zu haben, diesem darüber aber keine Quittung erteilt und den Betrag für sich einbehalten zu haben.

    In einer darauf folgenden Anhörung wies die Beklagte den Kläger auf die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung aufgrund des Vorfalls hin. Weiterhin erfolgte eine Anhörung des Betriebsrates.

    Mit Schreiben vom 15.06.2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise außerordentlich unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist von sechs Monaten zum Quartalsende zum 31.12.2010.

    Gegen die Kündigung legte der Kläger Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht ein.

    Das Arbeitsgericht folgte der Ansicht des Klägers und führte im Wesentlichen aus, dass der Kläger als Wahlbewerber den Sonderkündigungsschutz nach § 15 Abs. 3 S. 2 KSchG genieße würde und deswegen nur aus wichtigem Grund gekündigt werden könne.

    Die Beklagte habe aber die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund nicht darlegen können.

    Gegen das Urteil legte die Beklagte Berufung beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf ein.

    Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Auch das LAG Düsseldorf folgte der Ansicht des klagenden Arbeitnehmers. Das Arbeitsverhältnis der Parteien sei weder durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 15.06.2010 noch durch die hilfsweise ausgesprochene fristlose Kündigung mit sozialer Auslauffrist bis zum 31.12.2010 beendet worden.

    Die Beklagte habe die Kündigung auf eine Unterschlagung, hilfsweise den Verdacht einer Unterschlagung gestützt. Die Voraussetzungen für eine Tatkündigung hätten aber nicht vorgelegen.

    Die Beklagte habe nicht ausreichend dargelegt, dass sich der Kläger am 01.06.2010 einen zwischen 8:45 Uhr und 9:00 Uhr kassierten Betrag von 14,99 € zugeeignet hatte, da keine Person benannt worden sei, die gesehen habe, dass der Kläger einen solchen Betrag eingesteckt habe.

    Die Kündigung sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Verdachtskündigung wirksam erfolgt.

    Zwar könne nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch der Verdacht einer strafbaren Handlung einen eigenständigen Kündigungsgrund darstellen.

    Eine Verdachtskündigung könne aber nur gerechtfertigt sein, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen würden, die Verdachtsmomente geeignet seien, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen habe, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben habe.

    Der Verdacht müsse auf konkrete Tatsachen gestützt sein. Für die kündigungsrechtliche Beurteilung der Pflichtverletzung sei die strafrechtliche Bewertung nicht maßgebend.

    Ein Vermögensdelikt zum Nachteil des Arbeitgebers sei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts regelmäßig geeignet, eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund zu rechtfertigen, selbst wenn es nur um geringe Werte ginge.

    Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze habe die Beklagte aber keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen, die den dringenden Verdacht begründen würden, dass sich der Kläger den Geldbetrag in Höhe von 14,99 € rechtswidrig zugeeignet habe.

    Quelle: Landesarbeitsgericht Düsseldorf

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  4. Arbeitsrecht: Verhaltensbedingte Kündigung ist nur bei vorwerfbarer Pflichtverletzung gerechtfertigt.

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    Bundesarbeitsgericht, 03.11.2011, Az.: 2 AZR 748/10

    Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine verhaltensbedingte Kündigung dann gerechtfertigt, wenn Umstände im Verhalten des Arbeitnehmers vorliegen, die bei verständiger Würdigung – in Abwägung der Interessen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber – die Kündigung als billigenswert und angemessen erscheinen lassen.

    Verhaltensbedingte Kündigungen können aufgrund verschiedenster Vertragsverletzungen des Arbeitnehmers erfolgen.

    Nur beispielhaft seien die folgenden Vertragsverletzungen genannt:

    – alkoholbedingtes Fehlverhalten
    – verspätete oder fehlende Krankmeldung
    – eigenmächtiger Urlaubsantritt bzw. unentschuldigtes Fernbleiben
    – allgemeine Schlechtleistung des Arbeitnehmers
    – Tätlichkeiten im Betrieb

    Um eine verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen, muss neben der festgestellten Vertragsverletzung, der negativen Prognose und der fehlenden
    Weiterbeschäftigungsmöglichkeit eine umfassende Interessenabwägung durch den Arbeitgeber erfolgen.

    Im Rahmen der Kündigungsschutzklage prüft das Gericht dann, ob dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses noch zugemutet werden kann.

    Bei der Abwägung werden dann zum Beispiel die Stärke der Pflichtverletzung oder das frühere Verhalten des Arbeitnehmers gewichtet.

    In dem oben genannten Urteil hatte das Bundesarbeitsgericht nun darüber zu entscheiden, ob eine verhaltensbedingte, ordentliche Kündigung darauf gestützt werden konnte, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit unzureichend angezeigt und den Schlüssel eines Dienstfahrzeugs sowie das dazugehörige Fahrtenbuch nicht im Betrieb hinterlegte hatte.

    Sachverhalt: Der 1969 geborene, ledige Kläger war seit 1985 bei der Beklagten beschäftigt. Seit 2008 war er in dem Ressort „OnSiteService“ als Kundendiensttechniker im Außendienst im Einsatz.

    Zuletzt bezog er ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von 3.000,00 Euro. Dem Kläger stand als alleinigem Nutzer ein Dienstfahrzeug ausschließlich zu dienstlichen Zwecken zur Verfügung.

    Von dem Arbeitgeber war er angewiesen, vor Urlaubsantritt oder bei Arbeitsunfähigkeit den Fahrzeugschlüssel und das Fahrtenbuch im Betrieb abzugeben.

    Weil er dem anlässlich einer Arbeitsunfähigkeit und eines Urlaubs in der Zeit vom November 2002 bis Februar 2003 nicht nachgekommen war, hatte die Rechtsvorgängerin der Beklagten ihn abgemahnt und im Februar 2003 eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung ausgesprochen.

    Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage des Klägers hatte Erfolg, da die Beklagte nicht zu beweisen vermochte, dass das Abmahnungsschreiben dem Kläger vor Ausspruch der Kündigung zugegangen war.

    Vor dem Antritt eines erneuten Urlaubs Ende Oktober 2008 hatte der Kläger den Schlüssel des Dienstfahrzeugs und das Fahrtenbuch wiederum nicht im Betrieb hinterlegt.

    In einem Gespräch im November 2008 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass durch sein Fehlverhalten ein einem anderen Ressort zugeordneter Parkplatz in der Tiefgarage über drei Wochen lang durch sein Fahrzeug belegt gewesen sei.

    Die Beklagte wies den Kläger schließlich an, seine Fahrtenbuchmappe inklusive Tankkarte und Fahrzeugschlüssel ab sofort abends in seinem Fach zu hinterlegen sowie sich bei dem Vorgesetzten bei Arbeitsbeginn an- und bei Arbeitsende abzumelden.

    Mit Schreiben vom Januar 2009 ermahnte die Beklagte den Kläger nochmals, die Anweisungen einzuhalten und kündigte gleichzeitig an, weitere arbeitsrechtliche Schritte einzuleiten, wenn er die Anweisungen weiterhin missachte.

    Der Kläger erhielt das Schreiben am 6. Februar 2009 von seinem Vorgesetzten. Am selben Abend nahm er die Kfz-Utensilien nach einer Spätschicht mit nach Hause.

    Zu diesem Zeitpunkt war der Vorgesetzte nicht mehr im Betrieb anwesend.

    Zwischen den Parteien ist streitig, ob dem Kläger ein Fach zur Verfügung stand, in dem er die Fahrzeugschlüssel hätte hinterlegen können.

    Vom 9. Februar 2009 an war der Kläger krankheitsbedingt arbeitsunfähig, zeigte seine Arbeitsunfähigkeitszeiten aber nicht nahtlos an.

    Auch während seiner Erkrankung gab der Kläger die Fahrzeugutensilien weder heraus, noch teilte er der Beklagten mit, wo sie sich befänden und wie eine Herausgabe sichergestellt werden könne. Den auf seinem Diensthandy hinterlassenen Rückrufbitten der Beklagten kam er nicht nach.

    Mit Schreiben vom 16. Februar 2009 und 18. Februar 2009 mahnte die Beklagte den Kläger wegen unzureichender Anzeige und fehlenden Nachweises seiner Arbeitsunfähigkeit sowie wegen mangelnder Herausgabe der Utensilien für das Dienstfahrzeug ab. Im Schreiben vom 16. Februar 2009 forderte die Beklagte den Kläger unter Anderem. auf, die Utensilien für das Dienstfahrzeug spätestens am 18. Februar 2009 abzugeben.

    Mit Schreiben vom 2. März 2009 hörte die Beklagte den Betriebsrat zu ihrer Absicht an, das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zu kündigen. Der Betriebsrat widersprach dem, dennoch kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 31. Oktober 2009.

    Das zunächst mit der Kündigungsschutzklage angerufene Arbeitsgericht gab der Klage statt. Das Landesarbeitsgericht wiederum wies die Klage auf die Berufung der Beklagten ab. Mit der Revision beim Bundesarbeitsgericht begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

    Bundesarbeitsgericht: Das BAG folgte der Ansicht des Klägers nun und urteilte, dass das Landesarbeitsgericht aufgrund seiner bisherigen Feststellungen nicht annehmen durfte, dass die Kündigung vom 9. März 2009 aus verhaltensbedingten Gründen gem. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt sei.

    Das Landesarbeitsgericht habe die Anwendbarkeit von § 1 KSchG unterstellt, ohne Feststellungen zur Betriebsgröße nach § 23 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 KSchG getroffen zu haben. Dies werde es im Fall des Fehlens einer sozialen Rechtfertigung nachzuholen haben.

    Die Begründung des Berufungsurteils halte einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

    Eine Kündigung sei aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers gem. § 1 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 KSchG sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt habe, eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten stehe und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile angemessen erscheine.

    Ein nachhaltiger Verstoß des Arbeitnehmers gegen berechtigte Weisungen des Arbeitgebers stelle eine Vertragspflichtverletzung dar, die eine Kündigung zu rechtfertigen vermöge.

    Ebenso könne eine erhebliche Verletzung der den Arbeitnehmer gemäß § 241 Abs. 2 BGB treffenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers eine Kündigung rechtfertigen.

    Im vorliegenden Fall könne offen bleiben, ob eine verhaltensbedingte Kündigung unter besonderen Umständen auch dann berechtigt sein könne, wenn das Verhalten dem Arbeitnehmer nicht vorwerfbar sei.

    Die Beklagte habe derartige besondere Umstände nicht behauptet. Sie werfe dem Kläger ausschließlich Ordnungsverstöße ohne besondere, schwerwiegende Folgen vor. Unter diesen Umständen setze eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses voraus, dass die Nichterfüllung der vertraglichen Pflichten dem Kläger vorwerfbar sei.

    Gemessen an diesen Grundsätzen habe das Landesarbeitsgericht aufgrund seiner bisherigen Feststellungen nicht davon ausgehen dürfen, dass der Kläger in vorwerfbarer Weise erhebliche Nebenpflichtverletzungen begangen habe.

    Der Kläger habe hinreichend substantiiert dargelegt, in der Zeit vom 9. Februar 2009 bis 7. März 2009 aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen zu einem pflichtgemäßen Verhalten nicht in der Lage gewesen zu sein.

    Auf der Grundlage seines Vorbringens sei ihm die Erfüllung seiner Pflichten aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen subjektiv unmöglich und deren Nichterfüllung daher nicht vorwerfbar gewesen.

    Eine beharrliche Weigerung, die Pflichten zu erfüllen, habe unter den behaupteten Umständen nicht vorgelegen.

    Quelle: Bundesarbeitsgericht

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