Kündigungsschutzklage Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Kündigungsschutzklage

  1. Arbeitsrecht: Verhaltensbedingte Kündigung ist nur bei vorwerfbarer Pflichtverletzung gerechtfertigt.

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    Bundesarbeitsgericht, 03.11.2011, Az.: 2 AZR 748/10

    Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine verhaltensbedingte Kündigung dann gerechtfertigt, wenn Umstände im Verhalten des Arbeitnehmers vorliegen, die bei verständiger Würdigung – in Abwägung der Interessen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber – die Kündigung als billigenswert und angemessen erscheinen lassen.

    Verhaltensbedingte Kündigungen können aufgrund verschiedenster Vertragsverletzungen des Arbeitnehmers erfolgen.

    Nur beispielhaft seien die folgenden Vertragsverletzungen genannt:

    – alkoholbedingtes Fehlverhalten
    – verspätete oder fehlende Krankmeldung
    – eigenmächtiger Urlaubsantritt bzw. unentschuldigtes Fernbleiben
    – allgemeine Schlechtleistung des Arbeitnehmers
    – Tätlichkeiten im Betrieb

    Um eine verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen, muss neben der festgestellten Vertragsverletzung, der negativen Prognose und der fehlenden
    Weiterbeschäftigungsmöglichkeit eine umfassende Interessenabwägung durch den Arbeitgeber erfolgen.

    Im Rahmen der Kündigungsschutzklage prüft das Gericht dann, ob dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses noch zugemutet werden kann.

    Bei der Abwägung werden dann zum Beispiel die Stärke der Pflichtverletzung oder das frühere Verhalten des Arbeitnehmers gewichtet.

    In dem oben genannten Urteil hatte das Bundesarbeitsgericht nun darüber zu entscheiden, ob eine verhaltensbedingte, ordentliche Kündigung darauf gestützt werden konnte, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit unzureichend angezeigt und den Schlüssel eines Dienstfahrzeugs sowie das dazugehörige Fahrtenbuch nicht im Betrieb hinterlegte hatte.

    Sachverhalt: Der 1969 geborene, ledige Kläger war seit 1985 bei der Beklagten beschäftigt. Seit 2008 war er in dem Ressort „OnSiteService“ als Kundendiensttechniker im Außendienst im Einsatz.

    Zuletzt bezog er ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von 3.000,00 Euro. Dem Kläger stand als alleinigem Nutzer ein Dienstfahrzeug ausschließlich zu dienstlichen Zwecken zur Verfügung.

    Von dem Arbeitgeber war er angewiesen, vor Urlaubsantritt oder bei Arbeitsunfähigkeit den Fahrzeugschlüssel und das Fahrtenbuch im Betrieb abzugeben.

    Weil er dem anlässlich einer Arbeitsunfähigkeit und eines Urlaubs in der Zeit vom November 2002 bis Februar 2003 nicht nachgekommen war, hatte die Rechtsvorgängerin der Beklagten ihn abgemahnt und im Februar 2003 eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung ausgesprochen.

    Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage des Klägers hatte Erfolg, da die Beklagte nicht zu beweisen vermochte, dass das Abmahnungsschreiben dem Kläger vor Ausspruch der Kündigung zugegangen war.

    Vor dem Antritt eines erneuten Urlaubs Ende Oktober 2008 hatte der Kläger den Schlüssel des Dienstfahrzeugs und das Fahrtenbuch wiederum nicht im Betrieb hinterlegt.

    In einem Gespräch im November 2008 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass durch sein Fehlverhalten ein einem anderen Ressort zugeordneter Parkplatz in der Tiefgarage über drei Wochen lang durch sein Fahrzeug belegt gewesen sei.

    Die Beklagte wies den Kläger schließlich an, seine Fahrtenbuchmappe inklusive Tankkarte und Fahrzeugschlüssel ab sofort abends in seinem Fach zu hinterlegen sowie sich bei dem Vorgesetzten bei Arbeitsbeginn an- und bei Arbeitsende abzumelden.

    Mit Schreiben vom Januar 2009 ermahnte die Beklagte den Kläger nochmals, die Anweisungen einzuhalten und kündigte gleichzeitig an, weitere arbeitsrechtliche Schritte einzuleiten, wenn er die Anweisungen weiterhin missachte.

    Der Kläger erhielt das Schreiben am 6. Februar 2009 von seinem Vorgesetzten. Am selben Abend nahm er die Kfz-Utensilien nach einer Spätschicht mit nach Hause.

    Zu diesem Zeitpunkt war der Vorgesetzte nicht mehr im Betrieb anwesend.

    Zwischen den Parteien ist streitig, ob dem Kläger ein Fach zur Verfügung stand, in dem er die Fahrzeugschlüssel hätte hinterlegen können.

    Vom 9. Februar 2009 an war der Kläger krankheitsbedingt arbeitsunfähig, zeigte seine Arbeitsunfähigkeitszeiten aber nicht nahtlos an.

    Auch während seiner Erkrankung gab der Kläger die Fahrzeugutensilien weder heraus, noch teilte er der Beklagten mit, wo sie sich befänden und wie eine Herausgabe sichergestellt werden könne. Den auf seinem Diensthandy hinterlassenen Rückrufbitten der Beklagten kam er nicht nach.

    Mit Schreiben vom 16. Februar 2009 und 18. Februar 2009 mahnte die Beklagte den Kläger wegen unzureichender Anzeige und fehlenden Nachweises seiner Arbeitsunfähigkeit sowie wegen mangelnder Herausgabe der Utensilien für das Dienstfahrzeug ab. Im Schreiben vom 16. Februar 2009 forderte die Beklagte den Kläger unter Anderem. auf, die Utensilien für das Dienstfahrzeug spätestens am 18. Februar 2009 abzugeben.

    Mit Schreiben vom 2. März 2009 hörte die Beklagte den Betriebsrat zu ihrer Absicht an, das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zu kündigen. Der Betriebsrat widersprach dem, dennoch kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 31. Oktober 2009.

    Das zunächst mit der Kündigungsschutzklage angerufene Arbeitsgericht gab der Klage statt. Das Landesarbeitsgericht wiederum wies die Klage auf die Berufung der Beklagten ab. Mit der Revision beim Bundesarbeitsgericht begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

    Bundesarbeitsgericht: Das BAG folgte der Ansicht des Klägers nun und urteilte, dass das Landesarbeitsgericht aufgrund seiner bisherigen Feststellungen nicht annehmen durfte, dass die Kündigung vom 9. März 2009 aus verhaltensbedingten Gründen gem. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt sei.

    Das Landesarbeitsgericht habe die Anwendbarkeit von § 1 KSchG unterstellt, ohne Feststellungen zur Betriebsgröße nach § 23 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 KSchG getroffen zu haben. Dies werde es im Fall des Fehlens einer sozialen Rechtfertigung nachzuholen haben.

    Die Begründung des Berufungsurteils halte einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

    Eine Kündigung sei aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers gem. § 1 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 KSchG sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt habe, eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten stehe und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile angemessen erscheine.

    Ein nachhaltiger Verstoß des Arbeitnehmers gegen berechtigte Weisungen des Arbeitgebers stelle eine Vertragspflichtverletzung dar, die eine Kündigung zu rechtfertigen vermöge.

    Ebenso könne eine erhebliche Verletzung der den Arbeitnehmer gemäß § 241 Abs. 2 BGB treffenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers eine Kündigung rechtfertigen.

    Im vorliegenden Fall könne offen bleiben, ob eine verhaltensbedingte Kündigung unter besonderen Umständen auch dann berechtigt sein könne, wenn das Verhalten dem Arbeitnehmer nicht vorwerfbar sei.

    Die Beklagte habe derartige besondere Umstände nicht behauptet. Sie werfe dem Kläger ausschließlich Ordnungsverstöße ohne besondere, schwerwiegende Folgen vor. Unter diesen Umständen setze eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses voraus, dass die Nichterfüllung der vertraglichen Pflichten dem Kläger vorwerfbar sei.

    Gemessen an diesen Grundsätzen habe das Landesarbeitsgericht aufgrund seiner bisherigen Feststellungen nicht davon ausgehen dürfen, dass der Kläger in vorwerfbarer Weise erhebliche Nebenpflichtverletzungen begangen habe.

    Der Kläger habe hinreichend substantiiert dargelegt, in der Zeit vom 9. Februar 2009 bis 7. März 2009 aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen zu einem pflichtgemäßen Verhalten nicht in der Lage gewesen zu sein.

    Auf der Grundlage seines Vorbringens sei ihm die Erfüllung seiner Pflichten aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen subjektiv unmöglich und deren Nichterfüllung daher nicht vorwerfbar gewesen.

    Eine beharrliche Weigerung, die Pflichten zu erfüllen, habe unter den behaupteten Umständen nicht vorgelegen.

    Quelle: Bundesarbeitsgericht

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Arbeitsrecht: Neue Entscheidung zur betriebsbedingten Kündigung aufgrund von Restrukturierungsmaßnahmen (Outsourcing)

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    Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 07.02.2012, Az.: 7 Sa 2164/11

    Das Bundesarbeitsgericht hatte sich bereits mehrfach mit der Frage der Zulässigkeit von betriebsbedingten Kündigungen aufgrund von Restrukturierungsmaßnahmen des Arbeitgebers (Outsourcing) zu beschäftigen.

    Nur beispielhaft seien hier die folgenden Entscheidungen genannt.

    Bundesarbeitsgericht, 26.09.2002, Az.: 2 AZR 636/01

    Sachverhalt: In diesem Fall klagte die als Haushaltshilfe bei einer Rheumaklinik beschäftigte Hauswirtschaftshilfe gegen ihre betriebsbedingte Kündigung.

    Diese Kündigung war erfolgt, weil die Klinik sich entschieden hatte, die betriebseigene Küche und die Reinigung der Klinik auf ein fremdes Unternehmen zu übertragen.

    Das fremde Unternehmen, war allerdings eine eigens dafür gegründete Service-GmbH, an der die beklagte Klinik die Mehrheit der Gesellschaftsanteile besaß.

    BAG: Das BAG entschied in diesem Fall, dass die Entscheidung des Outsourcings in diesem Fall der Missbrauchskontrolle unterliegen würde.

    Zwar sei die unternehmerische Entscheidung der Klinik durch Art. 12 GG (Berufsfreiheit) geschützt, sobald der Arbeitgeber die Auslagerung von Unternehmensbereichen allerdings dazu nutze, die gesetzlichen Regelungen zum Kündigungsschutz und die eigentlich gebotene Sozialauswahl bei der Kündigung der betroffenen Mitarbeiter zu umgehen, unterläge die unternehmerische Entscheidung über die Ausgliederung des Betriebsteils einer Missbrauchskontrolle durch die Arbeitsgerichte.

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    Bundesarbeitsgericht, 13.03.2008, Az.: 2 AZR 2037/06

    In diesem Fall stritten die Parteien über die Wirksamkeit einer gegenüber dem Kläger erfolgten betriebsbedingten Kündigung.

    Sachverhalt: Der Kläger war seit 1997 als Plakatierer („Moskito-Anschläger“) bei der Beschäftigten angestellt. Im Jahre 2004 beschloss die Beklagte, diese Tätigkeit für die Zukunft ausschließlich als Subunternehmer durchführen zu lassen.

    Aus diesem Grunde kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis im Juli 2004 zum 30.08.2004.

    BAG: Das BAG entschied in diesem Fall, dass die Entscheidung des Unternehmers, bestimmte Tätigkeiten zukünftig nicht mehr durch eigene Arbeitnehmer, sondern durch Subunternehmer ausführen zu lassen, als dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des § 1 II 2 KSchG eine ordentliche Kündigung rechtfertigen könne, da es sich bei dem Outsourcing um eine freie unternehmerische Entscheidung handele.

    Allerdings müsse es sich bei den neu einzugehenden Vertragsverhältnissen aber tatsächlich und nicht nur zum Schein um solche einer freien Mitarbeit handeln.

    In dem oben genannten Fall des Landesarbeitsgerichts Berlin Brandenburg hatte dieses nun ebenfalls über eine Kündigung aufgrund von Restrukturierungsmaßnahmen zu entscheiden.

    Sachverhalt: Das beklagte Unternehmen hatte in diesem Fall Umstrukturierungsmaßnahmen vorgenommen und dabei unter anderem die unternehmerische Entscheidung getroffen, die Reinigungsarbeiten nicht mehr durch eigene Kräfte durchzuführen, sondern diese per Fremdvergabe auszulagern (Outsourcing).

    Gegenüber den Reinigungskräften, die aufgrund des Tarifvertrages ordentlich nicht mehr kündbar waren, wurde daraufhin eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen. Hiergegen richtete sich die Kündigungsschutzklage.

    LAG Berlin-Brandenburg: Das Landesarbeitsgericht erklärte die außerordentlichen Kündigungen für unwirksam. Die Beklagte könne sich – ebenso wie bei anderen Verträgen – nicht ohne Weiteres von seiner Vertragsbindung gegenüber den Arbeitnehmern lossagen, sondern müsse die ordentliche Unkündbarkeit der Reinigungskräfte bereits bei der Erstellung ihres unternehmerischen Konzepts in Rechnung stellen.

    Weitere Umstände, dass die Auslagerung der Reinigungsarbeiten auf Dritte unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten unumgänglich gewesen sei, habe die Beklagte nicht vorgetragen.

    Quelle: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
    Quelle: Bundesarbeitsgericht

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