Landgericht Frankfurt am Main 02.10.2014 Az.: 2-3 O 445/12 Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Landgericht Frankfurt am Main 02.10.2014 Az.: 2-3 O 445/12

  1. Internetrecht: § 5 TMG verbietet die Angabe einer teuren Mehrwertdienstenummer im Impressum der Homepage

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    Landgericht Frankfurt am Main, 02.10.2014, Az.: 2-3 O 445/12

    Die Vorschrift § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG verpflichtet den Webseitenbetreiber, Angaben zu machen, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme sowie eine unmittelbare und effiziente Kommunikation ermöglichen. Das heisst, im Impressum der Webseite müssen Angaben vorhanden sein, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation ermöglichen. Der Webseitenbetreiber muss also eine E-Mail Adresse und eine Telefonnummer angeben.

    Allerdings genügt nicht jede Telefonnummer diesen Voraussetzungen. So sollte möglichst auch die jeweilige Landes- und Stadtvorwahl im Impressum enthalten sein.

    Vorsicht ist auch geboten bei der Angabe von kostenpflichtigen Mehrwertdiensterufnummer im Impressum. So sollte auf deren Tarif ausdrücklich und deutlich wahrnehmbar hingewiesen werden. Auch sollte nicht ausschließlich eine Mehrwertdiensterufnummer angegeben werden, sondern zusätzlich eine Rufnummer zum Basistarif. Sollte man dennoch nur eine Mehrwertdiensterufnummer angeben, darf der dabei verlangte Tarif nicht zu hoch, sein, da die Telefonnummer ansonsten nicht den Voraussetzungen des § 5 TMG genügen könnte.

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    In dem hier dargestellten Urteil des Landesgerichts Frankfurt am Main hatte dieses über die Vereinbarkeit der Angabe einer Mehrwertdienstenummer mit § 5 TMG zu entscheiden, bei deren Benutzung pro Minute bis zu EUR 2,99 anfielen konnten.

    Sachverhalt: Die Parteien waren Wettbewerber. Die Klägerin betrieb einen Internet-Versandhandel und verkaufte unterschiedliche Produkte, darunter Fahrradanhänger. Auch die Beklagte bot unter den Domains www…de und http://…de u.a. Fahrradanhänger zum Verkauf an.

    Unter der zuletzt genannten Internet-Adresse gab die Beklagte im Rahmen des Impressums Namen, Rechtsform, Anschrift und Vertretungsberechtigten an. Als Telefonnummer wurde eine kostenpflichtige Mehrwertdienstenummer, bei der Kosten von bis zu 2,99 €/Minute anfielen, angegeben. In der Rubrik „Kontakt“ wurde zum einen auf eine E-Mail-Adresse und zum anderen auf eine kostenpflichtige Mehrwertdienstenummer verwiesen. Ein Kontaktformular war nicht hinterlegt, vielmehr erfolgt eine Verlinkung auf das E-Mail-Programm des Nutzers.

    Mit Beschluss vom 19.09.2012 hatte das Gericht (Az.: 2-03 O 380/12) eine einstweilige Verfügung erlassen, mit der der Beklagten unter Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt worden war, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Rahmen der Anbieterkennzeichnung neben der Angabe der E-Mail-Adresse lediglich auf eine kostenpflichtige Mehrwertdienstenummer zu verweisen. Mit Beschluss vom 02.10.2012 wurde der Klägerin dann aufgegeben, Hauptsacheklage zu erheben. Dies tat die Beklagte beim Landgericht Frankfurt am Main.

    Landgericht Frankfurt am Main: Das Landgericht Frankfurt am Main urteilte, dass die Klage teilweise begründet ist.

    Der Klägerin stünde gegen die Beklagte der mit Antrag zu 1. geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung der Verwendung einer kostenpflichtigen Mehrwertdienstenummer im Rahmen der Anbieterkennzeichnung gemäß den §§ 3, 4 Nr. 11, 8 UWG, 5 Abs. 1Nr. 2 TMG zu.

    Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG, welche Art. 5 Abs. 1 c)der RL 2001/31/EG umsetzen würde, gebiete dem Diensteanbieter, Angaben zu machen, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme sowie eine unmittelbare und effiziente Kommunikation ermöglichen würden.

    Der Gerichtshof der Europäischen Union habe insoweit ausgeführt, dass der Diensteanbieter verpflichtet sei, neben seiner Adresse der elektronischen Post (E-Mail-Adresse) weitere Informationen zur Verfügung zu stellen. Diese müssten nicht zwingend eine Telefonnummer umfassen. Sie könnten etwa auch eine elektronische Anfragemaske betreffen, über die sich die Nutzer an den Diensteanbieter wenden könnten (vgl. EuGH, NJW 2008, 3553,juris-Rn. 32, 40). Das Kriterium Unmittelbarkeit würde bedeuten, dass kein Dritter zwischen den Beteiligten eingeschaltet sein dürfe (vgl.EuGH, NJW 2008, 3553, juris-Rn. 29); eine Kommunikation sei effizient, wenn sie es erlaube, dass der Nutzer angemessene Informationen innerhalb einer Frist erhalte, die mit seinen Bedürfnissen oder berechtigten Erwartungen vereinbar sei.

    Das Gericht sei der Ansicht, dass die Einrichtung einer Telefonnummer als Mehrwertdienstenummer keine unmittelbare und effiziente Kommunikation zwischen Nutzer und Diensteanbieter ermöglichen würde, namentlich dann, wenn wie hier Kosten im Bereich der gerade noch zulässigen Höchstpreise gemäß § 66d TKG – hier bis zu 2,99 €/Minute – anfallen würden.

    Werde die Telefonnummer als Mehrwertdienstenummer eingerichtet, durch die die üblichen Kosten überschritten würden, könne dies Nutzer aufgrund der damit verbundenen Kosten von einer Kontaktaufnahme abhalten.

    Dies widerspreche den Zielen der RL 2001/31/EG. Diese wolle einerseits einen Beitrag zur Akzeptanz der neuen Informations- und Kommunikationstechniken im täglichen Rechts- und Geschäftsverkehr leisten, gleichzeitig solle auch der Schutz der Verbraucher gewährleistet werden.

    Hiermit stünde es nicht im Einklang, wenn der Diensteanbieter aus der Kontaktaufnahme mittels gebührenpflichtiger Servicenummern zusätzlichen Gewinn erzielen würde, zumal dem Verbraucher keine angemessene Gegenleistung zuteil werde.

    Soweit sich die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf berufen würde, dass das Geschäftsmodell und die Geschäftsstrukturen eines Online-Händlers anders als beim stationären Handel keinen beratenden Verkäufer vorsähen würden, was auch im Rahmen der Kalkulation der Preise Auswirkungen habe, so dass es angemessen sei, Kosten für die Beantwortung telefonischer Anfragen zu erheben, könne ihr nicht gefolgt werden. Relevante Nachteile im Wettbewerb durch die durch die telefonische Beratung verursachten Kosten dürften schon deshalb nicht entstehen, weil zumindest in der Union alle Mitbewerber der Beklagten insoweit den gleichen Regeln unterliegen würden. Gewisse – natürlich nicht von der Hand zu weisende – Belastungen der Beklagten (wie auch eines jeden anderen Normadressaten) müssten – darüber hinaus auch mit Blick auf die in Art. 12, 14 GG vorgesehenen Grundrechtsschranken – hingenommen werden. Denn der mit § 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG verbundene Eingriff sei durch die damit verknüpften vernünftigen sachlichen Erwägungen des Gemeinwohls legitimiert.

    Ebenso könne der Beklagten nicht darin gefolgt werden, dass eine Belastung des Anrufers mit entsprechenden Kosten deshalb gerechtfertigt sei, weil noch keine vertragliche Verbindung bestünde. Insoweit verweise die Klägerin zutreffend darauf hin, dass bereits eine Sonderverbindung mit entsprechenden Verpflichtungen bestünde (§ 311 Abs. 2 BGB). Die bereits vor Vertragsschluss von dem Diensteanbieter mitgeteilten Informationen sollten den Nutzern des Dienstes gerade ermöglichen, die Tragweite ihrer zukünftigen Verpflichtung zu beurteilen und so die Gefahr bestimmter Irrtümer zu vermeiden, die zum Abschluss eines nachteiligen Vertrags führen könnten.

    Der Beklagten sei auch nicht darin beizutreten, dass aus Art. 21RL 2011/83/EU folge, dass die Bereitstellung einer kostenpflichtigen Mehrwertdienstenummer erst dann nicht zulässig sei, nachdem bereits ein Vertrag zustande gekommen wäre. Der Schutz der Verbraucher sei in jedem Stadium des Kontakts zwischen dem Diensteanbieter und den Nutzern des Dienstes sicherzustellen. Auch wenn kein generelles Verbot der Bereitstellung einer Mehrwertdienstenummer für das Stadium vor Vertragsschluss statuiert sei, führe dies im Umkehrschluss nicht dazu, dass dies generell zulässig sei, zumal §5 Abs. 1 Nr. 2 TMG bzw. Art. 5 Abs. 1 c) der RL 2001/31/EG gerade keine Pflicht zur Angabe einer Telefonnummer vorsehen würde.

    Entgegen der Ansicht der Beklagten habe sich der EuGH auch nicht zur Frage der Zulässigkeit der Verwendung einer Mehrwertdienstenummer geäußert und diese insbesondere auch nicht bejaht. Der BGH habe diese Frage auch nicht zur Vorabentscheidung vorgelegt. Vielmehr habe der BGH lediglich im Vorlagebeschluss im Zusammenhang mit der Erörterung der Gleichwertigkeit anderer Kommunikationswege für eine fehlende Überlegenheit der Einrichtung eines Telefonanschlusses die möglichen Kosten einer Mehrwertdienstenummer angeführt.

    Der Beklagten könne auch nicht darin gefolgt werden, dass das Merkmal der Ermöglichung einer effizienten Kommunikation allein nach zeitlichen Aspekten zu beurteilen sei. Hiergegen spreche bereits der Wortlaut der Richtlinie, wonach eine schnelle Kontaktaufnahme sowie eine unmittelbare und effiziente Kommunikation ermöglicht werden solle. Ansonsten hätte man statt des Wortes „effizient“ auch den Begriff „schnell“ verwenden können. Zwar habe der EuGH das Kriterium der unmittelbaren und effizienten Kommunikation im Sinne einer hinreichend zügigen Kommunikation ohne zwischengeschaltete Person beschrieben, dies aber vor dem Hintergrund, dass hier zu klären gewesen war, ob der Umstand, dass bei einer Kommunikation über ein Kontaktformular zwangsläufig die Antwort – anders als bei einem Telefonat – zeitlich versetzt (dort 30 bis 60 Minuten später) erfolgt, einer ordnungsgemäßen Anbieterkennzeichnung entgegenstünde. Ein bloßes Abstellen auf zeitliche Gesichtspunkte würde ansonsten etwa bedeuten, dass eine effiziente, weil zeitnahe Kommunikation bereits bei jeglichem Telefonkontakt vorliegen würde, auch wenn der Gesprächspartner auf Anbieterseite Anrufer standardmäßig mit der Antwort abspeisen würde, dass telefonische Auskünfte nicht erteilt würden. Der Entscheidung des EuGH sei vielmehr zu entnehmen, dass das Merkmal der Effizienz gerade auch an den Bedürfnissen und berechtigten Erwartungen des Verbrauchers zu messen sei. Diesen werde aber eine Kontaktmöglichkeit, die mit Telefongebühren verbunden sei, die die üblichen Kosten überschreiten würden, gerade nicht gerecht.

    Demgegenüber stünden der Klägerin keine Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatz gemäß den Anträgen zu 2. und 3.zu. Diese würden insbesondere nicht aus den § 9 UWG, 242 BGB folgen. Auch nach den Erfahrungen des Lebens lasse sich nicht mit einiger Sicherheit erwarten, dass der Wettbewerbsverstoß zu einem –wenn auch voraussichtlich schwer zu beziffernden – Schaden geführt habe. Die Klägerin stütze sich insoweit darauf, dass sich im Falle einer zeitlich ausgedehnten und intensiven Verwendung eines Impressums mit einer Mehrwertdienstenummer erhebliche Wettbewerbsvorteile – schon durch die mit der Einrichtung verbundenen Einnahmen – ergäben würden. Ein Schadensausgleich durch Herausgabe des Verletzergewinns komme zwar grundsätzlich auch bei einem Wettbewerbsverstoß in Betracht. Selbst bei mitbewerberbezogenen Wettbewerbsverstößen sei jedoch anerkannt, dass es keinen Erfahrungssatz dahingehend gäbe, dass der Umsatz des Verletzers dem Verletzten zugute gekommen wäre. Insoweit fehle es an hinreichendem Vortrag, dass die Verletzungshandlung bei der Klägerin zu einem Schaden geführt habe.

    Quelle: Landgericht Frankfurt am Main

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen. Eine Rechtsberatung kann hierdurch nicht ersetzt werden.

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