Mietflächenberechnung nach Wohnflächenverordnung Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Mietflächenberechnung nach Wohnflächenverordnung

  1. Mietrecht: Wenn die Zirka-Angabe im Mietvertrag nur eine Darstellung der Mietsache ist – Keine Mietminderung

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    Amtsgericht Hamburg, Urteil vom 22.12.2020 – 25a C 312/20

    Übersteigt die in dem Mietvertrag angegebene Wohnfläche die tatsächliche Wohnfläche, so kann der Mieter unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung die Rückzahlung der in der Folgezeit auf Grund der fehlerhaften Berechnung überzahlten Miete verlangen, wenn die Abweichung der tatsächlichen von der angegebenen Wohnfläche mehr als 10 Prozent beträgt.

    Dies gilt aber nur dann, wenn die in dem Mietvertrag enthaltene Wohnflächenangabe nicht zur Festlegung der Sollbeschaffenheit des Mietobjektes, sondern lediglich zu dessen Beschreibung dienen soll.

    Verschiedene Schritte zu Mietminderung durch Mieter

    Sachverhalt

    Mieter kommt zu dem Schluss, dass die Mietfläche deutlich geringer ist

    Kläger in diesem Fall war der Mieter, Beklagter der Vermieter. Beide streiten sich um einen vermeintlichen Anspruch des Klägers wegen Unterschreitung der vertraglich vereinbarten Wohnfläche.

    Der Kläger und der Beklagte hatten einen Mietvertrag über eine Wohnung abgeschlossen. In § 1 Ziff. 2 S. 1 des Mietvertrages befand sich der Passus, dass die Wohnfläche ca. 66,00 qm beträgt. In § 1 Ziff. 2 S. 2, 3 MietV wurde weiter ausgeführt, dass diese Angabe Messfehler enthalten könnte und deshalb nicht zur Festlegung der Mietsache diene, weshalb sich der räumliche Umfang der Mietsache allein aus der vorstehenden Angabe der Mieträume ergebe.

    Im Zeitraum Juni 2018 bis Mai 2019 betrug die Nettokaltmiete Euro 1.189,65, im Zeitraum Juni 2019 bis März 2020 betrug die Nettokaltmiete Euro 1.225,34 (vgl. §§ 4, 5 MietV, Anlage K1). Diese Beträge hatte der Kläger an die Beklagte zu 1 geleistet.

    Ein Sachverständigengutachten bestätigt den Verdacht des Mieters

    Da der Verdacht der Wohnflächenunterschreitung bestand, gab der Kläger ein Sachverständigengutachten in Auftrag. Der Sachverständige kam zu dem Schluss, dass die Wohnfläche tatsächlich lediglich 53,88 qm betrage. Daraufhin forderte der Kläger von dem Beklagten unter Fristzahlung die Rückzahlung zu viel gezahlter Miete in anteiliger Höhe, da die Miete für das streitgegenständliche Mietobjekt aufgrund einer Wohnflächenunterschreitung von 18,36 % entsprechend gemindert sei. In § 1 Ziff. 2 S. 1 MietV sei als Sollbeschaffenheit eine Wohnfläche von 66 qm vereinbart worden. § 1 Ziff. 2 S. 2 stehe hierzu in Widerspruch und sei intransparent i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und damit unwirksam, andernfalls würden hierdurch unzulässigerweise die Minderungsansprüche der Mieterseite entgegen § 536 Abs. 4 BGB ausgeschlossen.

    Der Vermieter bestreitet dies und hält die Messung für falsch

    Die Beklagten führten ergänzend aus, dass die im Vertrag angegebene Wohnfläche auf der Wohnflächenermittlung eines Architektenbüros beruhe und sie von der Richtigkeit dieser Angabe hätten ausgehen dürfen. Die Abweichungen hätten – wie sie jetzt erfahren hätten – ihre Ursache darin, dass es Veränderungen im Vergleich zur ursprünglichen Planung gegeben habe. Die Berechnung der Außenfläche durch den vom Kläger beauftragten Sachverständigen sei unzutreffend. Es sei zu vermuten, dass der Sachverständige den schmalen Gang um das Penthouse nicht mitgerechnet habe, obwohl dieser Teil der Terrasse sei. Es sei ferner zu berücksichtigen, dass eine Penthouse-Dachterrasse in solch zentraler Lage etwas ganz Besonderes sei und deshalb die Fläche mit 50 % und nicht mit lediglich 25 % anzusetzen sei.

    Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg

    Amtsgericht hält den Flächenunterschied für unerheblich

    Das Amtsgerichts Hamburg urteilte nun, dass der Kläger gegen die Beklagten keinen Rückzahlungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB habe, da die Miete in den Monaten Juni 2018 bis März 2020 nicht um 18,36 % gemindert gewesen sei.

    Dabei kann das Gericht offen lassen, ob die Wohnfläche tatsächlich – wie vom Kläger behauptet – lediglich 53,88 qm beträgt, da dies jedenfalls keinen Mietmangel gemäß § 536 BGB begründen würde.

    Der Kläger berufe sich zur Begründung des von ihm geltend gemachten Mangels des Mietobjektes darauf, dass die tatsächliche Mietfläche erheblich von der in § 1 Ziff. 2 S. 1 MietV vertraglich vereinbarten Mietfläche abweiche, was einen minderungsrelevanten Mietmangel i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB darstelle. Dies sei zwar im Ansatz richtig, gelte indes nach ständiger Rechtsprechung nur dann, wenn die Angabe der Mietfläche im Vertrag der vertraglichen Festlegung der Sollbeschaffenheit des Mietobjekts diene und nicht lediglich der Beschreibung des Mietobjekts (vgl. BGH, Urteil vom 10.11.2010, VIII ZR 306/09). Denn nur wenn die Flächenangabe im Mietvertrag Bestandteil des vom Vermieter zu erfüllenden Leistungsprogramms sei, könne der Umstand, dass die tatsächliche Fläche dahinter zurückbleibte Gewährleistungsrechte begründen (vgl. zuletzt OLG Dresden, Urteil vom 21.10.2020, 5 U 1257/20, Rn. 37). Hier sei die Flächenangabe nicht Bestandteil des vom Vermieter zu erfüllenden Leistungsprogramms geworden.

    Die Flächenangabe im Mietvertrag dient nur der Beschreibung und ist keine Eigenschaft der Wohnung

    Welche Bedeutung einer Flächenangabe im Mietvertrag zukomme, sei durch Auslegung zu ermitteln. Da es sich hier um einen Formularmietvertrag handele, sei die Vertragsklausel dabei nach den Grundsätzen der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen auszulegen. Allgemeine Geschäftsbedingungen seien nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen seien (AG Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom 07.07.2014, 11 C 545/13, Rn. 15).

    Daran gemessen ergebe die Auslegung des Mietvertrages vom 27.03.2018, dass die in § 1 Ziff. 2 S. 1 MietV enthaltene Wohnflächenangabe nicht zur Festlegung der Sollbeschaffenheit des Mietobjektes, sondern lediglich zu dessen Beschreibung dienen sollte. Dies folge, worauf die Beklagten zu Recht hinweisen, aus dem Umstand, dass in den der Quadratmeterangabe unmittelbar nachfolgenden beiden Sätzen klargestellt werde, dass die Quadratmeterangabe nicht zur Festlegung des Mietgegenstands diene und sich der räumliche Umfang der gemieteten Sache aus der vorstehenden Angabe der gemieteten Räume ergebe (so auch zur identischen Klausel BGH, Urteil vom 10.11.2010, VIII ZR 306/09, Rn. 17). Daran vermöge auch der Zusatz „wegen möglicher Messfehler“ nichts zu ändern. Denn an einer verbindlichen Wohnflächenvereinbarung fehle es auch dann, wenn die Parteien nur wegen möglicher Messfehler davon abgesehen hätten, die angegebene Quadratmeterzahl als Beschaffenheit der Wohnung zu vereinbaren).

    Die Klausel sei entgegen der Annahme des Klägers nicht aus Gründen der Widersprüchlichkeit oder Intransparenz unwirksam. Es werde in § 1 Ziff. 2 S. 1 MietV eine „ca.“ Angabe zur Wohnfläche gemacht und daran anschließend in § 1 Ziff. 2 S. 2, 3 MietV darauf hingewiesen, dass diese Angabe Messfehler enthalten könnte und deshalb nicht zur Festlegung der Mietsache diene. Dadurch werde für den objektiven Empfänger dieser Erklärung hinreichend deutlich, dass § 1 Ziff. 2 S. 1 MietV wegen der Möglichkeit von Messfehlern die Flächenangabe keine Beschaffenheitsvereinbarung darstellen solle. Der Zusatz „wegen möglicher Messfehler“ lasse auch nicht den Eindruck entstehen, der Vermieter wolle sich nur für den Fall geringfügiger Abweichungen gegen Ansprüche des Mieters absichern, vielmehr sei angesichts des klaren Wortlauts eindeutig erkennbar, dass aufgrund der Möglichkeit von Abweichungen die Angabe der Wohnfläche nicht als Sollbeschaffenheit verstanden werden solle. Anders als der Kläger meint, würden deshalb auch nicht entgegen § 536 Abs. 4 BGB unzulässigerweise Mängelgewährleistungsrechte ausgeschlossen. Es werde lediglich geregelt, dass eine bestimmte Angabe im Mietvertrag nicht die Sollbeschaffenheit des Mietobjekts begründen solle. Einschränkend könne sich der Kläger hier allenfalls auf § 305b BGB berufen, wenn zusätzliche Aussagen der Vermieterseite bei den Vertragsverhandlungen oder weitere individuelle Angaben im Mietvertrag bei ihm die Vorstellung hervorgerufen hätten, die genannte Wohnfläche beschreibe abweichend von § 1 Ziff. 2 S. 2, 3 MietV verbindlich die Beschaffenheit (vgl. MüKo, BGB, 8. Auflage 2020, § 536 Rn. 14). Dies habe der Kläger jedoch nicht vorgetragen.

    Quelle: Amtsgericht Hamburg

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Mietrecht: Die korrekte Bestimmung der Mietfläche im Gewerbemietrecht

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    Oberlandesgericht Düsseldorf, 19.11.2013, Az.: 10 U 112/13

    Bei der Berechnung der Höhe des zu entrichtenden Mietzinses spielt die Größe der Mietsache eine entscheidende Rolle. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs führt eine Abweichung der tatsächlichen von der vertraglich vereinbarten Fläche von mehr als 10 % zu einer Minderung des Mietzinses und berechtigt sogar zu einer fristlosen Kündigung.

    Nach Schätzung des Deutschen Mieterbundes, stimmt bei rund etwa einem Drittel der Mietverträge die  vereinbarte Fläche mit der tatsächlichen nicht überein.

    Es gibt verschieden Methoden, die Mietfläche zu berechnen. Welche Methode heranzuziehen ist, hängt u. a. davon ab, ob es sich um Wohnraum- oder um Gewerberaummiete handelt. Im ersten Fall erfolgt die Berechnung in der Regel nach der Wohnflächenverordnung (WoFIV).

    Bei der Gewerberaummiete wird vorrangig die DIN 277 angewendet. Diese dient der Ermittlung von Grundflächen und Rauminhalten von Bauwerken oder Teilen von Bauwerken im Hochbau. Sie wird auch zur Wohnflächenberechnung verwendet, obwohl sie für den Mieter in der Regel nachteilig ist, da demnach beispielsweise Dachflächen, Balkone, Kellerräume zu 100 % der Wohnfläche zugerechnet werden.

    In dem oben genannten Urteil beschäftigte sich das Oberlandesgericht Düsseldorf im Rahmen der Berufung mit der Problematik der Flächenabweichung und mit der Bestimmung der Mietfläche durch Auslegung vertraglicher Vereinbarungen.

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens

    Die Parteien hatten einen Mietvertrag über gewerblich genutzte Fläche in einem mehrstöckigen, an unterschiedliche Unternehmen vermieteten Gebäude geschlossen.

    Der Mietvertrag enthielt unter Anderem die folgenden Regelung:

    „ Es werden ca. 789 qm BGF vermietet. … Die Mietfläche ist auf der Grundlage der DIN 277 errechnet worden.  Basis ist die Berechnung der BGF (Bruttogeschossfläche einschließlich innenliegender Technikflächen und anteilige Gemeinschaftsflächen). … Der Mietzins beträgt 789 x 36 DM/qm….“

    Mieter fordert Minderung der Miete von 30%

    Der Mieter war der Ansicht, dass bestimmte, nicht dem exklusiven Gebrauch des Mieters zugeordnete Flächen nicht, auch nicht anteilsmäßig, bei der Berechnung des Mietzinses zu berücksichtigen seien und dass somit ein Minderungsrecht in Höhe von 30 % bestünde. Daher minderte er die Miete über Jahre hinweg um monatlich ca. 10.000 €.

    Der Mieter war außerdem der Auffassung, dass die formularmäßig gestellten mietvertraglichen Vereinbarungen hinsichtlich der Mietflächen- und Mietbestimmung unklar und damit gemäß § 305 c Abs. 2 BGB unwirksam seien.

    Erste Instanz sieht keine erhebliche Flächenabweichung

    Ein in der ersten Instanz erstelltes gerichtliches Sachverständigengutachten ergab eine Mietflächenabweichung von weit unter 10 %. Das erstinstanzliche Gericht verurteilte den Mieter daraufhin zur Zahlung des rückständigen Mietzinses.

    Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf:

    Auch die Berufungsinstanz sieht keine erhebliche Flächenabweichung

    Das OLG Düsseldorf bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung und urteilte, dass der Mieter zur Zahlung des rückständigen Mietzinses verpflichtet sei.

    Hinsichtlich der künftig fällige werdenden Mieten stellte das Gericht darüber hinaus fest, dass die Miete nicht zu mindern sei. Grundsätzlich begründe zwar die Abweichung der tatsächlichen Flächen eines Gewerbemietraumobjekts um mehr als 10 % von der vertraglich vereinbarten Fläche die Annahme eines Mangels, der eine Minderung der Miete rechtfertige.

    Der Mieter habe allerdings einen Mangel der Mietsache in Gestalt einer Flächenabweichung von über 10 % nicht darlegen und beweisen können. Dies gehe zu seinen Lasten.

    Keine unwirksamen Regelungen im Mietvertrag

    Die Regelungen des Mietvertrages seien darüber hinaus entgegen der Ansicht des Mieters wirksam. Die Begriffe „Bruttogeschossfläche“, „innenliegende Technikfläche“ und „anteilige Gemeinschaftsflächen“ seien als „Bruttogrundfläche“, „technische Funktionsflächen“ und „Verkehrsflächen“ gemäß DIN 277 auszulegen. Da somit ein eindeutiges Auslegungsergebnis vorliege, seien die vertraglichen Vereinbarung nicht wegen Unklarheit gem. § 305 c Abs. 2 BGB unwirksam.

    Eine unangemessene Benachteiligung des Mieters oder ein Verstoß gegen das Transparenzgebot seien ebenfalls nicht ersichtlich. Mieter müssten gerade in repräsentativen Gebäuden mit großzügigen architektonisch ansprechenden Treppenhäusern, Empfangshallen und sonstigen „Allgemeinflächen“ damit rechnen, dass sich diese meist auch im Mietzins niederschlagen.

    Fazit: Mietminderungen wegen Flächenabweichung müssen vorab gut geprüft werden. Ansonsten kann es zu einem Zahlungs- und gegebenenfalls auch zu einem Räumungsurteil kommen.

    Quelle: Oberlandesgericht Düsseldorf

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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