Milderungsgründe Steuerhinterziehung Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Milderungsgründe Steuerhinterziehung

  1. Steuerstrafrecht: Bei Steuerhinterziehung im großen Ausmaß kommt eine Bewährungsstrafe nur noch bei gewichtigen Milderungsgründen in Betracht

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    Bundesgerichtshof, 07.02.2012, Az.: 1 StR 525/11

    Steuerzahler in Deutschland bilden eine Solidargemeinschaft. Um insofern eine gerechte und gleichmäßige Lastenverteilung hinsichtlich der Besteuerung in Deutschland zu gewährleisten, ist es notwendig, dass sämtliche Steuerpflichtigen in Deutschland entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit besteuert werden (Leistungsfähigkeitsprinzip).

    Der Schutz des rechtzeitigen und vollständigen Aufkommens der zu erhebenden Steuern aber auch der Schutz des Vermögens des ehrlichen Steuerschuldners wird in Deutschland durch das Steuerstrafrecht und das Steuerordnungswidrigkeitenrecht gewährleistet.

    Steuerdelikte haben schließlich immer auch eine Schädigung des Vermögens des ehrlichen Steuerzahlers zur Folge.

    Das Steuerstrafrecht und das Steuerordnungswidrigkeitenrecht sind im 8. Teil der Abgabenordnung (AO) geregelt. Der 8. Teil der AO wiederum besteht aus vier Abschnitten:

    1. Materielle Strafvorschriften (§§ 369 bis 376 AO)

    2. Materielle Bußgeldvorschriften (§§ 377 bis 384 AO)

    3. Strafverfahren (§§ 385 bis 408 AO)

    4. Bußgeldverfahren (§§ 409 bis 412 AO).

    Sämtliche Steuerverfehlungen lassen sich somit in Steuerstraftaten (§ 369 I AO) und Steuerordnungswidrigkeiten (§ 377 I AO) einteilen.

    Steuerstraftaten sind unter Anderem:

    – Steuerhinterziehung (§ 370 AO)

    – Gewerbsmäßige oder bandenmäßige Schädigung des Umsatzsteueraufkommens (§ 26c UStG)

    – Steuerhehlerei

    – Bannbruch (§§ 369 I Nr. 2, 372 AO)

    – Steuerzeichenfälschung (§ 369 I Nr. 3 AO i. v. m. §§ 148 ff. StGB)

    – Begünstigung eines Steuerstraftäters (§ 369 I Nr. 4 AO i. V. m. § 257 StGB)

    Steuerordnungswidrigkeiten sind unter Anderem:

    – Leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO)

    – Steuergefährdungen (§§ 379 – 383 AO)

    – Unzulässiger Erwerb von Steuererstattungs- und Vergütungsansprüchen (§ 383 AO)

    – Schädigung des USt-Aufkommens (§ 26b UStG)

    Die Strafzumessung im Steuerstrafrecht erfolgt auf der Grundlage der Schuld des Täters.

    Es handelt sich dabei somit um einen individuellen Vorgang dar, der einzelfallabhängig zu prüfen ist. Dabei werden alle Umstände, die für und gegen den Täter sprechen gegeneinander abgewogen.

    Das Gesetz nennt bestimmte Umstände, die bei der Abwägung zu berücksichtigen sind (§ 46 Abs. 2 StGB):

    • die Beweggründe und die Ziele des Täters,
    • die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,
    • das Maß der Pflichtwidrigkeit,
    • die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,
    • das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie
    • ein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

    Mit dem oben genannten Urteil des Bundesgerichtshofes vom 7. Februar 2012 hat dieser seine Grundsätze bestätigt, nach denen bei Steuerhinterziehung in Millionenhöhe eine Bewährungsstrafe nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe in Betracht kommt.

    Sachverhalt: Der Angeklagte in diesem Verfahren war im Jahre 2001 Mitgesellschafter und Geschäftsführer der P. GmbH.

    Diese und eine weitere Gesellschaft verkaufte er an die T. AG für 80 Mio. (damals noch) DM.

    Zusätzlich zum gezahlten Kaufpreis erhielt der Angeklagte Aktien der T. AG im Wert von 7,2 Mio. DM als Gegenleistung dafür, dass er der T. AG den Kauf auch der anderen Gesellschaftsanteile ermöglicht hatte.

    Dieses Aktienpaket deklarierte der Angeklagte in seiner Einkommensteuererklärung wahrheitswidrig als weiteres Kaufpreiselement.

    Durch diese Falschdeklaration erlangte er die günstigere Versteuerung nach dem damals geltenden Halbeinkünfteverfahren für Veräußerungserlöse, so dass die Einkommensteuer des Angeklagten für das Jahr 2002 in Höhe von mehr als 890.000 Euro verkürzt wurde.

    Auch nach der Veräußerung war der Angeklagte weiter als Geschäftsführer der P. GmbH beschäftigt, wofür ihm im Jahr 2006 auch Tantiemen in Höhe von mehr als 570.000 Euro zustanden.

    Um die dafür zu entrichtende Lohnsteuer zu hinterziehen, veranlasste er – als „Gegenleistung“ für einen „Verzicht“ auf die Tantiemen – deren „Schenkung“ an seine Ehefrau und seine Kinder unter Fertigung falscher Unterlagen. Dadurch wurde die an sich fällige Lohnsteuer in Höhe von 240.000 Euro verkürzt.

    Das Landgericht Augsburg hatte den Angeklagten daraufhin mit Urteil vom 08.04.2011 wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu zwei Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.

    Bundesgerichtshof: Dieses Urteil hat der Bundesgerichtshof auf die mit dem Ziel höherer Bestrafung eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

    Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes habe das Landgericht zwar in beiden Fällen einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr.1 AO) angenommen.

    Die Strafzumessung des Landgerichts habe aber durchgreifende Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten aufgewiesen.

    So sei das Ausbleiben strafschärfender Umstände mildernd berücksichtigt worden. Auch seien gewichtige Strafzumessungsgesichtspunkte, welche die Strafkammer festgestellt habe (z.B. das Zusammenwirken mit dem Steuerberater beim Erstellen manipulierter Unterlagen) bei der Strafzumessung außer Betracht geblieben.

    Auch habe sich die Strafkammer bei der Einzelstrafbildung maßgeblich von der Möglichkeit einer Strafaussetzung zur Bewährung leiten lassen.

    Denn nach der gesetzgeberischen Wertung zur Steuerhinterziehung im großen Ausmaß und den hieraus abgeleiteten Grundsätzen zur Strafzumessung komme bei Steuerhinterziehung in Millionenhöhe eine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe (von im Höchstmaß zwei Jahren) nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe in Betracht (BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 – 1 StR 416/08).

    Solche gewichtige Milderungsgründe habe das Landgericht aber nicht ausreichend dargetan.

    Quelle: Bundesgerichtshof

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Steuerstrafrecht: Umsatzsteuerhinterziehung eines Geschäftsführers (GmbH, KG) durch Unterlassen

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    Bundesgerichtshof, 17.03.2009, Az.: 1 StR 479/08

    Der Geschäftsführer hat als gesetzlicher Vertreter für die Erfüllung aller Pflichten Sorge zu tragen, welche die von ihm vertretene juristische Person treffen, also auch die zur Entrichtung der angefallenen Steuern und zur Abgabe der Erklärung gegenüber den Steuerbehörden (siehe § 34 AO).

    Dazu gehört auch die in § 18 Abs. 1 UStG normierte Pflicht, wonach der Unternehmer bis zum 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes eine Voranmeldung zu übermitteln hat, in der er die Steuer für den Voranmeldungszeitraum selbst zu berechnen hat.

    Kommt der Geschäftsführer dieser Pflicht nicht ordnungsgemäß nach, begeht er gem. § 370 Abs. 1 AO i. V. m. §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 16 Abs. 1, 18 Abs. 1 und 2 UStG eine Umsatzsteuerhinterziehung.

    § 370 Abs. 1 UStG hat drei Tatbestände, wonach mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft wird, wer

    – den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,

    – die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder

    – pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt.

    Der Steuerhinterziehungstatbestand kann demgemäß sowohl durch ein aktives Tun als auch durch ein Unterlassen des Geschäftsführers einer GmbH verwirklicht werden.

    Die Steuerhinterziehung durch Geschäftsführer (GmbH, KG) ist häufig Gegenstand von Gerichtsentscheidungen (siehe z. B. 1 StR 90/09, 1 StR 105/10, 1 StR 416/08, 1 StR 479/08).

    Die oben genannte Entscheidung 1 StR 479/08 hatte den Tatbestand der Umsatzsteuerhinterziehung durch Unterlassen zum Gegenstand.

    In diesem Fall hatte es der Geschäftsführer einer KG vorsätzlich unterlassen, der Abgabe seiner Umsatzsteuerjahreserklärung sowie seiner steuerrechtlichen Anzeige- und Berichtigungspflicht nach § 153 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO nachzukommen, indem er schwerwiegende Fehler seiner Buchhaltungskraft bei der Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen vorsätzlich nicht berichtigte.

    Sachverhalt: Aufgrund von Buchungsrückständen konnten der EDV-Buchhaltung der KG die erzielten Umsätze und gezahlten Vorsteuerbeträge nicht mehr entnommen werden.

    Die angestellte Steuerfachkraft der KG erstellte die Umsatzsteuervoranmeldungen daher manuell anhand der vorliegenden Eingangs- und Ausgangsrechnungen.

    Bei der Erstellung unterliefen ihr allerdings schwerwiegende Fehler. Im Rahmen einer Umsatzsteuernachschau stellte das Finanzamt daraufhin fest, dass zumindest für fünf Monate die tatsächlich erzielten Umsätze weit über den angemeldeten Umsätzen lagen.

    Dies wurde dem Geschäftsführer durch die Finanzbehörde mitgeteilt.

    Aufgrund dieser Mitteilung rechnete der Geschäftsführer damit, dass die Umsatzsteuervoranmeldungen für weitere Monate unrichtig waren.

    Gleichwohl unterließ er jedoch die Abgabe einer richtigen Umsatzsteuerjahreserklärung, mit der er zugleich der sich aus § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO ergebenden Berichtigungspflicht hätte nachkommen können.

    Diese Berichtigung wäre ihm auch ohne Weiteres möglich gewesen, da die Buchhaltung zwischenzeitlich so vervollständigt worden war, dass dem Angeklagten die richtigen Umsatzzahlen zur Verfügung standen.

    Bundesgerichtshof: Der BGH sah zwar auch den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO als erfüllt an, widersprach dem Landgericht aber insofern, dass es nach Ansicht des BGH bei der Pflicht zur Anzeige und Berichtigung unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen nach § 153 AO und der Pflicht zur Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung nach § 18 Abs. 3 UStG um voneinander unabhängige Pflichten handele.

    Der BGH führte insofern aus, dass dann, wenn Umsatzsteuervoranmeldungen durch den Steuerpflichtigen monatlich abzugeben seien, den Unternehmer hinsichtlich der Umsatzsteuer bezogen auf das Kalenderjahr die Pflicht zur Abgabe von insgesamt dreizehn Steueranmeldungen treffe, nämlich von zwölf Umsatzsteuervoranmeldungen und einer Umsatzsteuerjahreserklärung.

    Die Pflicht zur Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung bestünde auch dann, wenn einzelne oder alle Voranmeldungen für das jeweilige Kalenderjahr unrichtig seien. Nach der Rechtsprechung führe allerdings der verfassungsrechtlich verankerte Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit (vgl. BVerfGE 109, 279, 324; 56, 37, 49) dazu, dass die fortbestehende steuerrechtliche Pflicht zur Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung dann – strafrechtlich – suspendiert werde, wenn dem Erklärungspflichtigen bekannt gegeben werde, dass gegen ihn wegen der Verletzung seiner Pflicht zur Abgabe zutreffender Umsatzsteuervoranmeldungen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sei (BGHSt 47, 8, 12 ff.).

    Von diesen Pflichten zu unterscheiden sei allerdings die sich aus § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ergebende steuerrechtliche Anzeige- und Berichtigungspflicht. Nach dieser Vorschrift sei der Steuerpflichtige zur unverzüglichen, d. h. ohne schuldhaftes Zögern vorzunehmenden Anzeige und Richtigstellung gegenüber den Finanzbehörden verpflichtet, wenn er nachträglich vor Ablauf der Festsetzungsfrist erkenne, dass eine von ihm oder für ihn abgegebene Erklärung unrichtig oder unvollständig ist und dass es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen könne oder bereits gekommen sei.

    Bei dieser Pflicht handele es sich um eine weitere eigenständige – und zwar steuerrechtliche – Pflicht, die nicht stets, sondern nur dann entstehe, wenn die in § 153 AO genannten Voraussetzungen erfüllt seien.

    Sie verpflichte den Steuerpflichtigen nicht zur Abgabe einer Steuererklärung, sondern zur Berichtigung der als unrichtig erkannten Erklärungen. Deshalb ergäbe sich aus § 153 AO bei nachträglichem Erkennen, dass eingereichte Umsatzsteuervoranmeldungen unrichtig waren, nicht die Pflicht zur Abgabe einer wahrheitsgemäßen Umsatzsteuerjahreserklärung.

    Vielmehr sei anzuzeigen, welche Umsatzsteuervoranmeldungen unrichtig sind; zudem seien diese zu berichtigen. Dies schließe freilich nicht aus, dass die Anzeige und Berichtigung der unrichtigen Voranmeldungen stillschweigend durch die Abgabe einer zutreffenden Umsatzsteuerjahreserklärung vorgenommen werden kann.

    Auch bei der Anzeige- und Berichtigungspflicht aus § 153 AO handele es sich insofern um eine Erklärungspflicht im Sinne des § 370 Abs. 1 AO, deren gänzliche Nichterfüllung ebenso strafbar sei (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) wie die nur scheinbare Berichtigung mit erneut falschen Angaben (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO).

    Der Angeklagte habe den Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO allerdings schon deshalb verwirklicht, weil er pflichtwidrig für das Jahr 2002 schon keine Umsatzsteuerjahreserklärung abgegeben hat.

    Denn er unterließ die Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 2002, um sich die durch die Erklärung zu niedriger Umsätze erzielten „Steuervorteile“ auf Dauer zu sichern.

    Quelle: Bundesgerichtshof

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  3. Steuerrecht: Umsatzsteuerliche Rechtsfragen beim Warenverkehr zwischen Unternehmen aus Deutschland und Unternehmen aus Drittländern

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    Aufgrund der Globalisierung und der damit einhergehenden Zunahme des Welthandels nehmen grenzüberschreitende Umsatzsteuersachverhalte immer mehr an Bedeutung zu.

    Dies gilt auch und gerade für Importe und Exporte zwischen Deutschland und Drittländern, wie z. B. Russland.

    Drittländer im umsatzsteuerrechtlichen Kontext sind Gebiete, die nicht zu den Inlandsgebieten der Mitgliedstaaten der EU zählt.

    In diesem Beitrag soll zunächst auf umsatzsteuerliche Probleme beim Import und Export von Waren zwischen deutschen Unternehmen und Unternehmen aus Drittländern am Beispiel von Russland eingegangen werden.

    1.) Lieferungen an Unternehmen in Russland
    Grundsätzlich können deutsche Unternehmen diejenigen Waren, die ins Drittland exportiert werden, als Ausfuhrlieferung steuerfrei abrechnen.

    Die Steuerfreiheit in diesem Zusammenhang umfasst auch handelsübliche Nebenleistungen, die in Verbindung mit der steuerfreien Ausfuhrlieferung erbracht werden, z. B. Transportkosten, Verpackungs- und Versicherungskosten, Erstellung von Gutachten etc.

    Folgender einfacher Beispielsfall verdeutlicht die gesetzliche Regelung:

    Der Unternehmer D aus Deutschland veräußert an den russischen Unternehmer R eine Maschine, die dieser in seinem Unternehmen in Russland einsetzt.

    D lässt die Maschine durch eine Spedition nach Russland befördern. Gem. § 3 Abs. 1 UStG ist der Verkauf der Maschine eine Lieferung, die gem. § 3 Abs. 6 UStG im Inland ausgeführt wird.

    Gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ist die Lieferung damit im Inland steuerbar.

    Da D die Maschine in das Drittlandgebiet gem. § 1 Abs. 2a S. 3 UStG befördern lässt, handelt es sich um eine Ausfuhrlieferung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 UStG, die im Inland gem. § 4 Nr. 1 a. UStG steuerfrei ist.

    a.) Materielle Voraussetzungen
    § 6 Abs. 1 UStG als zentrale Norm der Umsatzsteuerbefreiung unterscheidet danach, ob die Ware vom Lieferanten oder vom Abnehmer in das Drittland befördert wird.

    aa.) Beförderung durch den Lieferanten
    Wird die Ware vom Lieferanten versendet oder befördert, ist Voraussetzung, dass der gelieferte Gegenstand ins Drittland gelangt unabhängig davon, wo der Abnehmer ansässig ist.

    bb.) Beförderung durch den Abnehmer
    Wird die Ware vom Abnehmer abgeholt (versendet oder befördert), muss die Ware ins Drittland gelangen und der Abnehmer muss seinen Sitz im Ausland haben.

    b.) Erforderliche Nachweise
    Der Nachweis bei der entsprechenden Steuerbehörde muss als Doppelnachweis (Belegnachweis und Buchnachweis) geführt werden.

    aa.) Belegnachweis
    Im Rahmen des Belegnachweises muss zwischen dem Beförderungs- und dem Versendungsfall unterschieden werden.

    (1.) Beförderungsfall
    Ein Beförderungsfall liegt nach § 3 Abs. 7 UStG dann vor, wenn der Lieferant oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung selbst fortbewegt.

    In diesen Fällen muss also immer davon ausgegangen werden, dass die Ware mit eigenen Fahrzeugen des Lieferanten oder Abnehmers transportiert wird.

    Im Beförderungsfall soll der Nachweis grundsätzlich durch einen Beleg geführt werden, der folgende Angaben enthält:

    – Name und Anschrift des Unternehmers.

    – Handelsübliche Bezeichnung und Menge des ausgeführten Gegenstands.

    – Ort und Tag der Ausfuhr.

    – Ausfuhrbestätigung der den Ausgang des Gegenstands aus dem Gemeinschafts-gebiet überwachenden Grenzzollstelle eines Mitgliedstaates.

    (2.) Versendungsfall

    Ein Versendungsfall liegt immer dann vor, wenn der Unternehmer den Gegenstand der
    Lieferung zum Abnehmer durch einen selbständigen Beauftragten (z. B. durch einen Spediteur oder durch die Post) transportieren lässt.
    Von einem Versendungsfall wird auch dann gesprochen, wenn der Abnehmer (Kunde) die Ware durch einen von ihm beauftragten selbständigen Dritten abholen
    lässt (unfreie Versendung).

    Im Versendungsfall soll der Nachweis grundsätzlich durch Versendungsbeleg oder durch sonstigen handelsüblichen Beleg geführt werden.

    Versendungsbelege sind Frachtbrief (z. B. Eisenbahnfrachtbrief, Luftfrachtbrief), Konnossement, Posteinlieferungsschein, etc.

    Als sonstige Belege gilt z. B. die Bescheinigung der beauftragten Spedition, wenn sie die folgenden Angaben enthält:

    – Name und Anschrift des Ausstellers sowie den Tag der Ausstellung.

    – Name und Anschrift des Unternehmers sowie des Auftraggebers, wenn dieser nicht der Unternehmer ist.

    – Handelsübliche Bezeichnung und Menge des ausgeführten Gegenstandes.

    – Ort und Tag der Ausfuhr oder Ort und Tag der Versendung in das Drittlandsgebiet.

    – Empfänger und Bestimmungsort im Drittlandsgebiet.

    – Versicherung des Ausstellers, dass die Angaben in dem Beleg aufgrund von Angaben gemacht wurden, die im Gemeinschaftsgebiet nachprüfbar sind.

    – Unterschrift des Ausstellers.

    (3.) Zollrechtlicher (Alternativ-) Ausgangsvermerk als Belegnachweis/Sonderfälle
    Sowohl im Beförderungs- als auch im Versendungsfall werden auch der von der deutschen Ausfuhrzollstelle ausgestellte „Ausgangsvermerk“ und der „Alternativ-Ausgangsvermerk“ in Verbindung mit dem Alternativnachweis anerkannt.

    Diese Nachweise werden dem Ausführer im Rahmen des elektronischen Ausfuhrverfahrens übermittelt (als pdf Dokument).

    Es gilt zu beachten, dass es neben den oben dargestellten Regelungen noch zahlreiche Sonderfälle gibt, die zu prüfen sind, um einen ordnungsgemäßen Belegnachweis führen zu können.

    bb.) Buchnachweis
    Neben dem Belegnachweis hat der leistende Unternehmer auch einen eindeutigen und leicht nachprüfbaren Buchnachweis zu führen.

    Dazu müssen laufend und zeitnah folgende Daten aufgezeichnet werden:

    – Handelsübliche Bezeichnung und Menge des Liefergegenstandes

    – Name und Anschrift des Abnehmers oder Auftraggebers

    – Tag der Lieferung

    – Vereinbartes Entgelt

    – Art und Umfang einer Bearbeitung oder Verarbeitung vor der Ausfuhr

    – Die Ausfuhr

    – Wenn die Ware vom Unternehmer selbst geliefert wird und der Abnehmer kein ausländischer Abnehmer ist, ist zusätzlich aufzuzeichnen:

    – Die Beförderung oder Versendung durch den Unternehmer selbst.

    – Der Bestimmungsort.

    Solange nicht alle Nachweise vollständig erbracht sind, darf die Lieferung grundsätzlich nicht als steuerfrei behandelt werden.

    2.) Einfuhren von Russland nach Deutschland
    Auch Einfuhren von Russland nach Deutschland unterliegen der Umsatzsteuer.

    a.) Allgemeines Verfahren
    Werden Waren aus Drittländern wie Russland nach Deutschland eingeführt, unterliegen sämtliche Einfuhren der Einfuhrumsatzsteuer gem. § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG.

    Die gezahlte Einfuhrumsatzsteuer i. H. v. 19% bzw. 7% kann als Vorsteuer abgezogen werden.

    Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist grundsätzlich derjenige, der am Ort des Grenzübergangs die Verfügungsmacht über den Gegenstand hat.

    Da Erfüllungsgehilfen bei der Einfuhr (Spediteure, Frachtführer, Handelsvertreter) grundsätzlich keine Verfügungsmacht über die Gegenstände haben, ist Schuldner somit derjenige, der den Erfüllungsgehilfen beauftragt hat.

    Die Einfuhrumsatzsteuer muss an das zuständige Grenzzollamt entrichtet werden.

    Darüber hinaus kann die Einfuhrumsatzsteuer monatlich auf das beim Finanzamt geführte Abgabenkonto eingezahlt werden.

    b.) Steuerbefreiung
    Unter Umständen kann bei der Einfuhr von Gegenständen eine Befreiungsvorschrift eingreifen.

    Die einzelnen Steuerbefreiungen sind in § 5 UStG geregelt.

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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