Prägende Einkommen Ehegattenunterhalt Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Prägende Einkommen Ehegattenunterhalt

  1. Familienrecht: Relevantes Einkommen beim nachehelichen Ehegattenunterhalt

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    Ein geschiedener Ehegatte kann Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt erheben, wenn er einen der im Gesetz genannten Gründe für sich in Anspruch nehmen kann (§§ 1570 ff BGB):

    – Unterhalt wegen Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes (§ 1570 BGB)
    – Unterhalt wegen Alters (§ 1571 BGB)
    – Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen (§ 1572 BGB)
    – Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und Aufstockungsunterhalt (§ 1573 BGB)
    – Unterhalt wegen Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung (§ 1575 BGB)
    – Unterhalt aus Billigkeitsgründen (§ 1576 BGB)

    Neben diesen Gründen müssen weiterhin die allgemeinen Voraussetzungen für den Unterhaltsanspruch gegeben sein:

    – Bedürftigkeit des Berechtigten (§ 1577 BGB)
    – Leistungsfähigkeit des Verpflichteten (§ 1581 BGB)

    Die Bedürftigkeit des Berechtigten ist gem. § 1577 BGB dann gegeben, solange und soweit dieser sich nicht aus seinen Einkünften und seinem Vermögen unterhalten kann.

    § 1577 BGB regelt insofern die Anrechnung eigener Einkünfte, die Obliegenheit der Berechtigten zur Vermögensverwertung sowie den Wiedereintritt der Bedürftigkeit nach Vermögenswegfall.

    Das Maß des Unterhalts ist geregelt in § 1578 BGB. Danach bestimmt sich das Maß des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen.

    Der sogenannte Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen ist somit der Ausgangspunkt für die Bemessung der Höhe des Unterhalts. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse ist die Rechtskraft der Scheidung.

    Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist hinsichtlich der ehelichen Lebensverhältnisse ein objektiver Maßstab anzulegen und derjenige Lebensstandard entscheidend, der vom Standpunkt eines vernünftigen Betrachters bei Berücksichtigung der konkreten Einkommens- und Vermögensverhältnisse angemessen erscheint.

    Allgemeiner Ausgangspunkt wird somit in den meisten Fällen das verfügbare Familieneinkommen, also das gemeinsame bereinigte Nettoeinkommen beider Eheleute.

    Relevantes Einkommen:

    Bei der Unterhaltsberechnung werden sämtliche Einkunftsarten nach § 2 EStG berücksichtigt.

    – Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
    – Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
    – Einkünfte aus selbständiger Arbeit,
    – Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,
    – Einkünfte aus Kapitalvermögen,
    – Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,
    – sonstige Einkünfte im Sinne des § 22,

    Allerdings sind bei der Aufsummierung des relevanten Einkommens zunächst lediglich die die ehelichen Lebensverhältnisse prägenden Einkünfte zu berücksichtigen.

    Prägende Einkommen sind z. B.:

    – in der Ehe bis zur Trennung verfügbare Einkommen
    – zusätzliches aus der Normalentwicklung stammendes Einkommen (z. B. eine nach der Ehe eingetretene Gehaltserhöhung, welche schon während der Ehe zu dem Zeitpunkt erwartet werden konnte)
    – spätere Erwerbstätigkeit als Surrogat der Haushaltführungstätigkeit

    Nichtprägende Einkommen:

    – Zusatzeinkünfte nach Trennung, soweit sie nicht Surrogat sind.
    – Einkommen, die z. B. aus Karrieresprüngen resultieren (deren Entwicklung also noch nicht in der Ehe angelegt war und deren Erwartung die ehelichen Lebensverhältnisse somit noch nicht prägen konnte).

    Hat man die prägenden Einkünfte zugrunde gelegt, ist das Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtgen zu ermitteln.

    Bei Arbeitnehmern kommt es insofern auf die laufenden monatlichen Nettoeinkünfte an. Urlaubs- und Weihnachtsgeld, werden auf das jeweilige Jahr anteilig pro Monat verteilt.

    Bei Arbeitnehmern ist das unterhaltsrechtliche Einkommen somit das Jahresnettoeinkommen einschließlich aller sogenannter Sonderzuwendungen, geteilt durch zwölf.

    Hat der Arbeitnehmer weiterhin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, gehören die daraus resultierenden Einkünfte abzüglich des mit der Erzielung der Einkünfte verbundenen Aufwands zu den relevanten Einkünften.

    Bewohnt der Unterhaltspflichtige eine in seinem oder in dem Eigentum beider Ehegatten stehende Wohnung, ist dies Einkommen in der Form des Gebrauchsvorteils freien Wohnens.

    Überobligatorische Einkünfte aus einer Nebentätigkeit sollen nach der Rechtsprechung dann nicht nicht berücksichtigt werden, wenn bereits eine Vollzeittätigkeit mehr als den Mindestbedarf des Unterhaltsgläubigers absichert.

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

    Wenn Sie rechtliche Beratung benötigen, rufen Sie uns unverbindlich unter der Rufnummer 0221 – 80187670 an oder schicken uns eine Email an info@mth-partner.de

  2. Familienrecht: Die Prüfung des Einzelfalles entscheidet über die Sittenwidrigkeit eines Ehevertrages

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    Oberlandesgericht Köln, 25.10.2010, 4 UF 158/10

    In Deutschland scheitern mittlerweile ein Drittel aller geschlossenen Ehen, so dass es anschließend oftmals zu Streitigkeiten über die Güteraufteilung bzw. das Bestehen von Versorgungsansprüchen bzw. Unterhaltsansprüchen kommt.

    Der Abschluss eines Ehevertrages stellt daher eine sinnvolle Alternative dar, um diese Streitpunkte möglichst abschließend vorab zu regeln.

    Ein solcher Ehevertrag kann vor der Ehe oder auch während der Ehe abgeschlossen werden und muss notariell beurkundet werden.

    Der Ehevertrag sollte insbesondere den Güterstand zwischen den Ehepartnern regeln. Grundsätzlich wird im deutschen Recht zwischen drei Güterständen unterschieden:
    1. Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§§ 1363 – 1390 BGB), welcher grundsätzlich dann eintritt, wenn kein anderer Güterstand vereinbart ist (wenn also kein Ehevertrag vorliegt),
    2. die vertraglich vereinbarte Gütertrennung (§ 1414 BGB) und
    3. die vertraglich vereinbarte Gütergemeinschaft (§§ 1415 – 1518 BGB).

    A.) Gesetzlicher Güterstand (Zugewinngemeinschaft)

    Die Zugewinngemeinschaft hat zur Folge, dass
    – Die Vermögen der Ehepartner getrennt bleiben.
    – Der jeweils andere Ehepartner grundsätzlich nicht für die Schulden des anderen Ehepartner haftet (außer z. B. bei gemeinsam aufgenommenen Schulden).
    – Jeder Ehepartner über sein Vermögen ohne Zustimmung des jeweils anderen verfügen kann.
    – Bei einer Scheidung der sogenannte Zugewinnausgleich stattfindet, d. h. der während der Ehe erwirtschaftete Vermögensüberschuss wird aufgeteilt und muss von den Ehepartnern ausgeglichen werden.

    B.) Gütertrennung

    Eine Gütertrennung kann durch einen Ehevertrag vereinbart werden. In einem solchen Fall findet kein Vermögensausgleich statt, sondern jedem Ehepartner steht nur der Teil des Vermögens zu, den er zu Ehezeiten erwirtschaftet hat.

    Insbesondere bei Eheschließung zwischen Ehepartnern, welche stark unterschiedlich begütert sind, empfiehlt sich der Abschluss eines Ehevertrages.

    Der Abschluss eines Ehevertrages ist auch zu empfehlen, um im Falle der Scheidung die Liquidation des Unternehmens eines der Ehepartner zu verhindern.

    C.) Gütergemeinschaft

    Im Falle der vertraglich vereinbarten Gütergemeinschaft wird das gesamte Vermögen der Ehepartner gemeinschaftliches Eigentum dieser.

    Zu beachten ist hier allerdings, dass die Ehepartner nicht nur gemeinsam verfügungsberechtigt sind, sondern auch für alle Verbindlichkeiten gemeinsam haften.

    Aufgrund von höchstrichterlichen Entscheidungen wurde die Vertragsfreiheit bei Eheverträgen bisher stark eingeschränkt, indem unter Bezugnahme auf die Kernbereichstheorie bestimmte Regelungen z. B. im Bereich des Versorgungsausgleichs oder dem Betreuungsunterhalt für unantastbar erklärt wurden.

    Eheverträge, welche Regelungen enthielten, die diesem Kernbereich zu stark einschränkten, wurden bei gerichtlicher Überprüfung somit oftmals für insgesamt sittenwidrig erklärt, so dass erneut der gesetzliche Güterstand angewendet wurde.

    In den letzten Jahren jedoch scheint sich die Rechtsprechung wieder mehr auf die Vertragsfreiheit zu besinnen und gewährt den Ehepartnern daher deutlich mehr Dispositionsfreiheit in Bezug auf Ihre eigenen Angelegenheiten.

    In diesem Zusammenhang ist auch das oben aufgeführte Urteil zu nennen, welches die Frage der Sittenwidrigkeit eines Ehevertrages zum Gegenstand hatte.

    Sachverhalt: Bereits mit Abschluss der Ehe hatten beide Ehepartner einen Ehevertrag vereinbart, welcher die Gütertrennung zwischen den Ehepartnern vereinbarte.

    Die Klägerin sollte somit entsprechend dieser Vereinbarung nicht den hälftigen Anteil des zugewonnenen Vermögens, sondern nur den von Ihr erwirtschafteten Anteil erhalten.

    Diese Regelung sollte auch für den Fall der Not gelten. Die Klägerin griff den Ehevertrag schließlich als insgesamt sittenwidrig an.

    Oberlandesgericht Köln: Das OLG Köln folgte der Ansicht der Klägerin nicht und sah den Ehevertrag als insgesamt wirksam an.

    Nach Ansicht des Gerichts gehöre es grundsätzlich zum Recht der Ehegatten , ihre Lebensgemeinschaft eigenverantwortlich und frei von gesetzlichen Vorgaben entsprechend ihren individuellen Vorstellungen und Bedürfnissen zu gestalten.

    Die auf die Scheidungsfolgen bezogene Vertragsfreiheit entspringe insoweit dem legitimen Bedürfnis, Abweichungen von den gesetzlich geregelten Scheidungsfolgen zu vereinbaren, die zu dem individuellen Ehebild der Ehegatten besser passen.

    So können aus der gemeinsamen Verantwortung der Ehegatten füreinander von vornherein etwa Lebensrisiken eines Partner herausgenommen werden.

    Zwar dürfe die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werde.

    Dies sei aber nur dann der Fall, wenn durch die Regelung eine evident einseitige und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung entstehe, die für den belasteten Ehegatten bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe nicht hinzunehmen sei.

    Nach Ansicht des Gerichts sei aber in diesem Fall nicht davon auszugehen, dass die Vereinbarung über den Ausschluss des Versorgungsausgleiches allein oder im Zusammenhang mit den übrigen ehevertraglichen Regelungen schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führte , dass ihr – und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse – wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist , so dass an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten würden.

    Quelle: Oberlandesgericht Köln

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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