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Tag Archive: Rechtsanwalt Köln Arbeitslosengeldrecht

  1. Sozialrecht: Eine Urlaubsabgeltung stellt kein anrechenbares Einkommen i. S. d. § 11 SGB II dar.

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    Sozialgericht Düsseldorf, 18.10.2012, Az.: S 10 AS 87/09

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    Um ALG II (Hartz 4) zu beziehen, muss der Anspruchsteller hilfebedürftig i. S. d. § 9 Abs. 1 SGB II sein. § 9 Abs. 1 SGB II bestimmt dazu:

    Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

    Im Umkehrschluss muss jeder Bezieher von ALG II eigene Einkünfte oder eigenes Vermögen einsetzen, wenn es um die Prüfung der Hilfebedürftigkeit geht.

    Was im Einzelfall zu berücksichtigendes Einkommen bzw. was zu berücksichtigendes Vermögen ist, ist in § 11 SGB II bzw. in § 12 SGB II geregelt.

    Gem. § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen als Einkommen beim ALG II Anspruch zu berücksichtigen.

    Auf das ALG II angerechnet werden somit z. B. Einnahmen aus

    – nicht selbstständiger Arbeit,
    – selbstständiger Arbeit (der erwirtschaftete Überschuss),
    – Gewerbebetrieb oder
    – Vermietung und Verpachtung

    Hinsichtlich des anzurechnenden Vermögens bestimmt § 12 SGB II, dass als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen sind.

    In der oben genannten Entscheidung des Sozialgerichts Düsseldorf hatte das Gericht darüber zu entscheiden, ob eine einmalige Zahlung zur Urlaubsabgeltung des ehemaligen Arbeitgebers der Bedürftigen ebenfalls anzurechnendes Einkommen i. S. d. SGB II war.

    Sachverhalt: Der 59-jährigen Klägerin hatte bei Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses noch ein Resturlaubsanspruch zugestanden, welcher schließlich durch eine so genannte Urlaubsabgeltung in Höhe von ca. 400,00 € brutto (ca. 300,00 € netto) ausgezahlt wurde.

    Das Jobcenter Solingen war der Ansicht, dass dieser Betrag anrechenbares Einkommen i. S. d. § 11 SGB II war und rechnete diesen Betrag als Einkommen mindernd auf das der Klägerin und ihrem Ehemann bewilligte Arbeitslosengeld II an.

    Gegen diese Anrechnung klagte die Klägerin beim Sozialgericht Düsseldorf.

    Sozialgericht Düsseldorf: Das Sozialgericht Düsseldorf schloss sich der Ansicht der Klägerin an und verurteilte das Jobcenter zu einer Auszahlung des angerechneten Betrags.

    Als Begründung führte das Gericht aus, dass es sich bei der gezahlten Urlaubsabgeltung um eine zweckbestimmte Einnahme handele, die nach den Bestimmungen des SGB II nicht als Einkommen anzurechnen sei.

    Die Urlaubsabgeltung diene vielmehr einem anderen Zweck als das Arbeitslosengeld II.

    Während nämlich Letzteres als staatliche Existenzsicherung den Lebensunterhalt des Begünstigten gewährleisten solle, diene die Urlaubsabgeltung allein dazu, den (vormaligen) Arbeitnehmer für die aus betrieblichen Gründen entgangenen Urlaubsfreuden zu entschädigen.

    Die Urlaubsabgeltung sei daher mit einer Entschädigungszahlung zu vergleichen, die den Empfänger
    finanziell in die Lage versetzen solle, die verpasste Erholungsphase durch anderweitige Aktivitäten (Restaurantbesuche, Wellness oder Ähnliches) nachzuholen.

    Um diesen Zweck nicht zu unterlaufen, sei die Urlaubsabgeltung nicht auf das Arbeitslosengeld II anzurechnen.

    Quelle: Sozialgericht Düsseldorf

    Hinweis: Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Das beklagte Jobcenter hat Berufung zum Landesozialgericht eingelegt.

    Die Entwicklung der Rechtsprechung in Bezug auf Urlaubsabgeltungsansprüche bleibt abzuwarten.

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Ausländerrecht: Ein Einbürgerungsanspruch kann trotz Sozialhilfebezug und mangelnder Deutschkenntnisse des Bewerbers bestehen

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    Verwaltungsgericht Stuttgart, 02.12.2011, Az.: 11 K 839/11

    Die deutsche Staatsangehörigkeit kann neben dem Erwerb durch die Geburt oder aufgrund eines gesetzlichen Erwerbstatbestandes durch Einbürgerung erworben werden.

    Die wesentlichen Rechtsgrundlagen über Erwerb und Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit enthält das Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG) in der derzeit geltenden Fassung.

    Das Staatsangehörigkeitsgesetz unterscheidet grundsätzlich zwischen der Anspruchseinbürgerung (§ 10 StAG) und der Ermesseneinbürgerung (§§ 8, 9 StAG):

    Anspruchseinbuergerung_Ermessenseinbuergerung

    Im Rahmen der Anspruchseinbürgerung besteht ein Anspruch, wenn der Anspruchssteller seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,

        • 1. sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt,
        • 2. zum Zeitpunkt der Einbürgerung ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
        • 3. seinen Lebensunterhalt und den seiner unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II oder XII bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
        • 4. seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
        • 5. nicht wegen einer Straftat verurteilt worden ist,
        • 6. über ausreichende Deutschkenntnisse verfügt und
        • 7. Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung sowie der Lebensverhältnisse in Deutschland besitzt.

    Die Voraussetzungen der Ermessenseinbürgerung nach § 8 StAG entsprechen weitgehend denen einer Anspruchseinbürgerung.

    Allerdings setzt die Ermessenseinbürgerung darüber hinaus die Feststellung eines öffentlichen Interesses an der Einbürgerung voraus.

    Ehegatten oder Lebenspartner Deutscher sollen nach § 9 StAG unter den Voraussetzungen des § 8 eingebürgert werden, wenn sie einen rechtmäßigen und gewöhnlichen Inlandsaufenthalt von drei Jahren nachweisen und die eheliche Lebensgemeinschaft mit dem deutschen Ehegatten oder Lebenspartner mindestens seit zwei Jahren im Inland besteht (keine Scheinehe).

    Ansonsten gelten auch hier die allgemeinen Einbürgerungsvoraussetzungen.

    Das Verwaltungsgericht Stuttgart hatte nun in der oben genannten Entscheidung darüber zu richten, ob ein Einbürgerungsbewerber einen Anspruch auf Einbürgerung hat, auch wenn er über die von § 10 Abs. 1 Nr. 6 und Nr. 7 StAG geforderten ausreichenden Kenntnisse der deutschen Sprache und der Rechts- und Gesellschaftsordnung in Deutschland nicht verfügt.

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens:

    Türkische Klägerin hatte wegen gesundheitlicher Probleme eine gesetzliche Betreuerin

    Die im Jahre 1949 geborene Klägerin war türkische Staatsangehörige und im Jahr 1991 in das Bundesgebiet eingereist.

    Nach Ankunft im Bundesgebiet beantragte sie Asyl und wurde mit Bescheid aus dem Jahre 1994 vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge als Asylberechtigte i. S. d. § 51 Abs.1 AuslG anerkannt.

    Seit 1994 war die Klägerin dann ebenfalls im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis.

    Mit Bescheid vom aus dem Jahre 2006 widerrief das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die mit Bescheid aus dem Jahre 1994 erfolgte Anerkennung der Klägerin als Asylberechtigte sowie die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen und stellte gleichzeitig fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG nicht vorliegen.

    Ab dem Jahre 2010 wurde für die Klägerin eine ehrenamtliche gesetzliche Betreuerin bestellt, da das Betreuungsgericht im Rahmen einer Überprüfung festgestellt hatte, dass die Klägerin aufgrund einer psychischen Erkrankung und körperlichen Behinderung in Form eines apoplektischen Insult und zentraler Gehstörungen nicht in der Lage war, die dem Betreuer übertragenen Aufgabenkreise für sich selbst eigenverantwortlich zu besorgen.

    Zum Aufgabenkreis der Betreuerin gehörten unter Anderem auch die persönlichen Angelegenheiten, insbesondere auch die Vertretung bei und vor Gerichten, Behörden und sonstigen öffentlichen Einrichtungen.

    Das städtische Gesundheitsamt stellte bei der Klägerin ebenfalls einen Zustand nach apoplektischem Insult mit reflektierendem hirnorganischem Psychosyndrom, eine zentrale Gehstörung und primären Analphabetismus fest.

    Diese schwere geistige und körperliche Behinderung führe nach Ansicht des Gesundheitsamtes zur absoluten Geschäftsunfähigkeit im Sinne des BGB bei der Klägerin, da sich gravierende Einschränkungen hinsichtlich der Gedankenführung, der Urteils- und Kritikfähigkeit sowie des Einsichtsvermögens bei der Klägerin fänden.

    Klägerin beantragte durch die Betreuerin die Einbürgerung in den deutschen Staatsverband

    Anfang 2010 beantragte die Klägerin dann die Einbürgerung in den deutschen Staatsverband. Nach einer Auskunft aus dem Zentralregister gab es über die Klägerin keine Eintragung. Die Klägerin bezog gemeinsam mit ihrem Ehemann Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch.

    Mit Bescheid Anfang 2011 lehnte die Stadt Heilbronn den Antrag auf Einbürgerung ab und führte zur Begründung aus, dass aufgrund des Betreuungsverhältnisses davon auszugehen sei, dass die Klägerin handlungsunfähig i.S.d. § 80 AufenthG sei.

    Die Klägerin habe zwar die für die Einbürgerung notwendige Bekenntnis- und Loyalitätserklärung unterschrieben. Es werde jedoch bezweifelt, dass sie den Inhalt verstanden habe.

    Aufgrund der Handlungsunfähigkeit der Klägerin sei allerdings von den Voraussetzungen nach § 10 S. 1 Nr. 1 StAG (Bekenntnis- und Loyalitätserklärung) und § 10 S. 1 Nr. 7 StAG (Kenntnisse zur Rechts- und Gesellschaftsordnung) abzusehen.

    Einbürgerungsbehörde lehnt die Einbürgerung wegen fehlender Sprachkenntnisse ab

    Nicht abzusehen sei aber von der Voraussetzung des § 10 S. 1 Nr. 6 (ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache), welche bei der Klägerin ebenfalls nicht vorläge.

    So sei bereits in den Jahren 2003 und 2007 durch die Behörde festgestellt worden, dass die mündliche Verständigung mit der Klägerin sehr schwierig sei.

    Auch hätten die Klägerin und ihr Ehemann angegeben, in der Türkei keine Schule besucht zu haben.

    Im Jahre 2008 habe die Klägerin einen Schlaganfall erlitten und leide seitdem unter den Folgeerscheinungen.

    Bis zum Zeitpunkt des Schlaganfalls habe die Klägerin jedoch keine Fortschritte beim Erlernen der deutschen Sprache gemacht.

    Aufgrund der vorliegenden ärztlichen Atteste könne somit davon ausgegangen werden, dass die Klägerin wegen ihrer Erkrankung nicht an einem Deutschtest teilnehmen könne.

    Es sei jedoch auch nicht ersichtlich, dass sich die Klägerin in den Jahren davor hinreichend bemüht hätte, die deutsche Sprache zu erlernen.

    Daher könne sich die Klägerin nicht auf § 10 Abs. 6 StAG berufen, so dass die Einbürgerungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 StAG nicht erfüllt sei.

    Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin ebenfalls Anfang 2011 Widerspruch ein, nachdem Sie aufgrund der langen Fortdauer des Verfahrens bereits Untätigkeitsklage eingelegt hatte.

    Im Rahmen dieser Untätigkeitsklage beantragte die Klägerin dann, den Bescheid der Stadt Heilbronn aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie in den deutschen Staatsverband einzubürgern

    Hilfsweise beantragte die Klägerin, die Beklagte zu verpflichten, ihr eine Einbürgerungszusicherung zu erteilen.

    Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart:

    Das Verwaltungsgericht Stuttgart folgte der Ansicht der Klägerin und urteilte, dass der Bescheid der Stadt Heilbronn rechtswidrig sei und die Klägerin in ihren Rechten verletze.

    Dennoch habe die Klägerin nur einen Anspruch auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung, ihrem Hilfsantrag folgend.

    Das VG Stuttgart führte aus, dass der geltend gemachte Anspruch auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband sich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung beurteile.

    Einer Anspruchseinbürgerung der Klägerin in den deutschen Staatsverband stünde zunächst die Vorschrift des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 StAG entgegen, wonach Voraussetzung der Einbürgerung sei, dass der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert.

    Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall, da sie im Besitz der türkischen Staatsangehörigkeit sei und türkische Staatsangehörige mit der Einbürgerung in den deutschen Staatsverband ihre bisherige Staatsangehörigkeit nicht automatisch verlören.

    Die Klägerin habe ihre türkische Staatsangehörigkeit bislang auch nicht aufgegeben.

    Auch lägen die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 S. 1 StAG, wonach von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 StAG abgesehen werde, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann, nicht vor.

    Das Gericht folgt dem Antrag der Klägerin auf Erteilung der Einbürgerungszusicherung

    Allerdings sei der von der Klägerin gestellte Hilfsantrag auf Erteilung einer Einbürgerungszusicherung zulässig und habe in der Sache Erfolg.

    Die Einbürgerungszusicherung sei eine dem allgemeinen Verfahrensrecht entlehntes Institut, welches in Einbürgerungsverfahren in ständiger Praxis auf Fälle drohender Mehrstaatigkeit angewandt werde.

    Zwar stünde die Erteilung einer Zusicherung grundsätzlich im Ermessen der Behörde.

    Dieses Ermessen reduziere sich aber auf eine Pflicht zur Erteilung einer Einbürgerungszusicherung, wenn die Durchsetzung eines Einbürgerungsanspruchs dadurch ermöglicht oder doch wesentlich erleichtert werde, dass der Einbürgerungsbewerber zum Zwecke der Aufgabe seiner bisherigen Staatsangehörigkeit eine solche Zusicherung erhalte.

    Auch die für die Einbürgerungszusicherung notwendigen sonstigen Voraussetzungen eines Einbürgerungsanspruchs würden vorliegen.

    Denn die Klägerin habe in der Sache – abgesehen vom Erfordernis der Aufgabe ihrer türkischen Staatsangehörigkeit – einen Einbürgerungsanspruch nach § 10 StAG.

    Die Inanspruchnahme von Hartz 4 habe die Klägerin nicht zu vertreten

    Entgegen der Ansicht der beklagten Behörde seien nämlich auch die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StAG erfüllt.

    Zwar bezöge die Klägerin seit jeher Leistungen nach dem SGB II. Deren Inanspruchnahme habe sie indes nicht zu vertreten.

    Zu Beginn ihres Aufenthalts im Bundesgebiet sei der Klägerin eine Arbeitsaufnahme wegen der Betreuung ihrer sechs Kinder unzumutbar gewesen.

    Aber auch mit fortschreitendem Alter der Kinder und der damit verbundenen verringerten Betreuungsbedürftigkeit sei der weiter bestehende Leistungsbezug nicht zu vertreten gewesen, da die Klägerin keinerlei Qualifikation für den Arbeitsmarkt habe vorweisen können und bei ihr damit ein objektiv vermittlungshemmendes Merkmal vorgelegen habe, eine zumutbare Beschäftigung zu finden.

    Die Klägerin sei schließlich Analphabetin und spreche die deutsche Sprache nicht.

    Dass für die Klägerin vor ihrem Schlaganfall eine irgendwie geartete Vermittlungsmöglichkeit auf dem deutschen Arbeitsmarkt bestanden habe, habe die Beklagte auch in der mündlichen Verhandlung nicht aufzuzeigen vermocht.

    Auch die fehlenden Sprachkenntnisse seien laut Gericht wegen der Krankheit unschädlich

    Hinsichtlich der fehlenden Deutschkenntnisse (§ 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 StAG) könne sich die Klägerin entgegen der Ansicht der Beklagten auf die Ausnahmevorschrift des § 10 Abs. 6 StAG berufen, da die Klägerin wegen ihrer Krankheit nicht mehr in der Lage sei, die geforderten Kenntnisse zu erwerben.

    Denn entgegen der Ansicht der Beklagten würde § 10 Abs. 6 StAG nicht darauf abstellen, ob sich ein Einbürgerungsbewerber die entsprechenden Kenntnisse der deutschen Sprache (bzw. der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland) in der Vergangenheit aneignen habe können.

    Maßgebend sei allein, ob der Einbürgerungsbewerber zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 und 7 StAG nicht mehr erfüllen könne.

    Quelle: Verwaltungsgericht Stuttgart

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  3. Arbeitsrecht: Passivrauchen ist ein die Sperrfrist der Arbeitsagentur ausschließender wichtiger Grund

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    Landessozialgericht Darmstadt, 11.10.2006, Az.: L 6 AL 24/05

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    Die Auszahlung von Arbeitslosengeld kann aufgrund bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitslosen für eine bestimmte Zeit gesperrt sein. Gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 SGB III tritt eine Sperrzeit u.a. dann ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat.

    Die Sperrzeit tritt allerdings auch in diesen Fällen nur dann ein, wenn der Arbeitslose keinen wichtigen Grund für die Kündigung hatte. Bei der Beurteilung des wichtigen Grundes ist gem. § 144 SGB III das Ziel der Sperrzeitenregelung zu berücksichtigen. Eine Sperrzeit tritt demnach nur dann ein, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann.

    Sachverhalt: Der Kläger arbeitete in einem Betrieb in Hessen, in dem den Mitarbeitern das Rauchen am Arbeitsplatz gestattet war. Der Kläger war somit den ganzen Tag zum Passivrauchen gezwungen. Um diesen Zustand zu beenden forderte der Kläger seinen Chef auf, das Rauchen im Betrieb zu verbieten. Der Chef verweigerte dies und der Kläger kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis und beantragte Arbeitslosengeld. Die Bundesagentur für Arbeit verhängte daraufhin gem. § 144 Abs. 1, 3 SGB III eine Sperrzeit und führte in dem Bescheid aus, dass der Kläger die Arbeitslosigkeit selbst und grob fahrlässig herbeigeführt habe. In dem erstinstanzlichen Verfahren vor dem Sozialgericht Gießen unterlag der Kläger anschließend.

    LSG Darmstadt: Das LSG erkannte die gesundheitlichen Gefahren des Passivrauchens als einen wichtigen Grund an, der die Verhängung einer Sperrzeit ausschließe. Die Darmstädter Richter erklärten das erstinstanzliche Urteil somit für nichtig und betonten in der Urteilsbegründung, dass es nicht auf die Intensität der Rauchbelästigung ankomme. Entscheidend sei vielmehr, dass der Nichtraucher vor seiner Kündigung in dem Gespräch mit dem Chef den nachdrücklichen Versuch unternommen hatte, sein Schutzbedürfnis durchzusetzen, und dass dies durch den Vorgesetzten verweigert wurde.

    Quelle: Landessozialgericht Darmstadt

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