Rechtsanwalt Köln Eigenbedarfskündigung Archive - Seite 3 von 6 - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Rechtsanwalt Köln Eigenbedarfskündigung

  1. Mietrecht: Stillschweigender Verzicht des Mieters auf Schadensersatz wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs bei Zahlung einer namhaften Abstandszahlung

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    Amtsgericht München, 29.03.2018, 432 C 1222/18

    Der BGH hat in seiner Entscheidung vom  10.06.2015 dargelegt, dass der Vermieter im Falle der Vortäuschung von (Eigen-)Bedarf – wie auch sonst bei einer schuldhaften (materiell) unberechtigten Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses – dem Mieter gem. § 280 BGB zum Schadensersatz verpflichtet  sein kann.  Dabei kann jedoch ein zwischen den Parteien geschlossener Räumungsvergleich den Zurechnungszusammenhang unterbrechen, wenn dadurch eine Geltendmachung von Schadensersatz abgegolten werden sollte.

    Ob ein Räumungsvergleich den Zurechnungszusammenhang zwischen der Vortäuschung einer (Eigen-)Bedarfssituation und dem später vom Mieter geltend gemachten Schaden unterbricht, ist im Wege der Auslegung des Vergleichs und unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls danach zu beurteilen, ob die Parteien durch gegenseitiges Nachgeben auch den Streit darüber beilegen wollten, ob die (Eigen-)Bedarfslage des Vermieters bestand oder nur vorgetäuscht war. Nur dann, wenn mit dem Vergleich auch etwaige Ansprüche des Mieters wegen eines nur vorgetäuschten Bedarfs abgegolten werden sollten, fehlt es an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang.

    Verpflichtet sich der Vermieter in einem Räumungsvergleich zu einer substantiellen Gegenleistung, wie etwa einer namhaften Abstandszahlung ist in der Zustimmung des Mieters ein bedeutsamer Umstand für das Vorliegen eines Verzichtswillen und damit für einen stillschweigenden Verzicht des Mieters auf Schadensersatz wegen eines vorgetäuschten Eigenbedarfs zu sehen.

    Im nachstehenden Fall des Amtsgerichts München musste untersucht werden, ob ein solcher stillschweigender Verzicht auch im Rahmen einer Mietaufhebungsvereinbarung zu erkennen sei. Das Amtsgericht führte dabei aus, dass die Grundsätze für die Eigenbedarfskündigung bei einem Räumungsvergleich auch auf (außergerichtliche) Mietaufhebungsvereinbarungen übertragbar seien.

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    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens:

    Ehemalige Mieter verklagen ihren ehemaligen Vermieter auf Schadensersatz wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs

    Die Kläger nehmen den Beklagten auf Schadensersatz wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs im Zusammenhang mit einer Mietaufhebungsvereinbarung in Anspruch.

    Die Kläger waren Mieter einer Wohnung nebst Kellerabteil und Garage der Beklagten seit dem 01.06.1987 mit Mietvertrag vom 10.05.1987. Die Gesamtmiete lag bei 1.208,00 €, eine Abrechnung über die Betriebskosten war mietvertraglich nicht vorgesehen. Die Wohnung war Mitte 2015 über die Kreissparkasse zum Verkauf angeboten worden. Der Beklagte erwarb die Wohnung und wurde am 15.01.2016 im Grundbuch des Amtsgerichts München als Eigentümer eingetragen. Er trat in das bestehende Mietverhältnis mit dem Kläger ein.

    Vermieter und Mieter hatten Mietaufhebungsvertrag mit EUR 15.000 Abfindung geschlossen

    Zwischen den Parteien wurde am 03.03./08.03.2016 ein schriftlicher Mietaufhebungsvertrag geschlossen. Inbegriffen war eine  „einvernehmliche und unwiderrufliche“ Beendigung des Mietverhältnisses zum 31.12.2016 und die Verpflichtung der Kläger zur Räumung und Herausgabe der Wohnung an den Beklagten bis spätestens zu diesem Datum. Schönheitsreparaturen waren nicht geschuldet. Den Klägern war das Recht zur vorzeitigen Räumung und Herausgabe des Mietobjekts zum 15. eines Monats oder zum Monatsende mit einer Ankündigungsfrist von 14 Tagen eingeräumt. Dabei war die Zahlung des Mietzinses mit dem Tag der Räumung und Herausgabe des Mietobjekts an den Beklagten vereinbart.

    Zudem beinhaltete die Vereinbarung eine Abrede über die Erbringung einer Abstandszahlung des Beklagten in Höhe von 15.000,00 € innerhalb von 14 Tagen nach Unterzeichnung des Mietaufhebungsvertrags an die Kläger. Für den Fall, dass die Mietsache nicht bis spätestens 31.12.2016 an den Beklagten geräumt herausgegeben werden sollte, war der Betrag an den Beklagten verzinst zurückzuzahlen.

    Im Fall der verspäteten Rückgabe der Mietsache sollte sich die Zahlung bei Rückgabe bis zum 30.11.2016 auf 18.000,00 €, bei einer Rückgabe bis spätestens 31.10.2016 auf 21.500,00€ und im Falle einer Rückgabe spätestens zum 30.09.2016 auf 24.500,00 € erhöhen. Die Mietkaution sollte innerhalb von 4 Wochen nach Räumung und Herausgabe der Wohnung herausgegeben werden.  Eine Regelung über bestehenden Eigenbedarf enthielt die Vereinbarung nicht.

    Unmittelbar nach Unterzeichnung der Vereinbarung zahlte der Beklagte an die Kläger einen Betrag in Höhe von 15.000,00 €. Herausgabe der Wohnung erfolgte am 29.11.2016. In der Folgezeit zahlte der Beklagte weitere 6.000,00 € an die Kläger, so dass diese insgesamt 21.000,00 € erhielten.

    Ende 2016 wurde die Wohnung herausgegeben, Anfang 2017 verkaufte der Vermieter die Wohnung

    Anfang 2017 veräußerte der Beklagte die Wohnung an Dritte weiter. Am 27.07.2017 erklärten die Kläger die Anfechtung der Aufhebungsvereinbarung. Zu dieser Zeit  zahlten die Kläger für ihre neue Wohnung eine monatliche Miete in Höhe von ca. 950,00 € mit Garage für weitere 70,00 €.

    Die Kläger trugen vor, dass der Beklagte ihnen gegenüber nach Erwerb des Grundstücks Eigenbedarf angemeldet habe, da sein Vater zurück in die Stadt ziehen wollte. Nach rechtlicher Beratung habe man sich mit einer Mietaufhebungsvereinbarung abgefunden, um keine Eigenbedarfskündigung zu riskieren.

    Am Tag der Räumung und Herausgabe habe der Beklagte dann geäußert, man wolle die Wohnung nun doch weiterverkaufen.  Die Kläger waren der Ansicht, ihnen stehe ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs zu. Sie seien arglistig getäuscht und betrogen worden. Die Wohnung in München komme „einem Vermögenswert nahe“, weil eine vergleichbare Wohnung monatlich 2.135,00 € netto kalt koste, ergebe sich hieraus eine ersatzfähige monatliche Differenz zur bisherigen – bei 913,00 € liegenden – Miete in Höhe von 1.222,00 €. Für den Zeitraum von 10 Jahren bedeute dies ersatzfähige Mehrkosten in Höhe von 146.640,00 €. Nach Abzug der Abstandszahlung von 21.000,00 €, stehe ihnen die geltend gemachte Summe zu.

    Die Vereinbarung zur Abstandszahlung stelle keinen Verzicht auf Schadensersatz wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs dar. Wegen der Anfechtung wegen  arglistiger Täuschung der Vereinbarung und der erfolgten Veräußerung stünde den Klägern ein Schadensersatzanspruch zu.

    Mieter verklagen den Vermieter auf EUR 125.640,00 Schadensersatz

    Die Kläger haben beantragt,  den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger 125.640,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 18.08.2017 zu zahlen sowie die Beklagten zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 2.885,51 € zu zahlen.

    Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

    Er trägt vor, das Mietverhältnis sei „aus freien Stücken“ beendet worden und es sei kein Eigenbedarf vorgetäuscht worden. Die Kläger hätten sich schon gegenüber der Voreigentümerin bereit erklärt, das Mietverhältnis gegen Zahlung einer Abstandssumme einvernehmlich zu beenden. Zwar habe man darüber geredet, dass der Vater in die Stadt zurückziehen wolle, es sei jedoch nie über eine Eigenbedarfskündigung gesprochen worden für den Fall, dass keine Mietaufhebungsvereinbarung zustande komme.  Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Schadensersatz.

    Urteil des Amtsgerichts München:

    Amtsgericht München sah keinen Schadensersatzanspruch wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs

    Die Klage sei zulässig aber unbegründet. Denn die Kläger hätten gegen den Beklagten weder Anspruch auf Zahlung von 125.640,00 € noch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.885,51 €.

    Ein Schadensersatzanspruch ergebe sich weder aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Mietvertrag oder der Mietaufhebungsvereinbarung noch auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB oder unter dem Gesichtspunkt der Anfechtung des Mietaufhebungsvertrags wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB.

    Zunächst liege ein Ausschluss von Schadensersatzansprüchen durch die Mietaufhebungsvereinbarung vom 03./08.03.2016 vor. Darin liege ein stillschweigender Verzicht auf Schadensersatzansprüche wegen Eigenbedarf seitens der Kläger.

    Zwar sei der Vermieter bei Vortäuschen von (Eigen-)Bedarf dem Mieter gemäß § 280 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Hierfür sei aber der Zurechnungszusammenhang zwischen der Vortäuschung einer (Eigen-)Bedarfssituation und dem später vom Mieter geltend gemachten Schaden im Wege der Auslegung der jeweiligen Vereinbarung und unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls danach zu beurteilen, ob die Parteien durch gegenseitiges Nachgeben auch den Streit darüber beilegen wollten, ob die (Eigen-)Bedarfslage des Vermieters bestand oder nur vorgetäuscht war. Sollten Ansprüche des Mieters wegen vorgetäuschten Bedarfs abgegolten werden sollten, fehle es an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang.

    An diese Auslegung seien jedoch strenge Anforderungen zu stellen. Der Verzichtswille der Parteien müsse unter jeglichen Begleitumständen unmissverständlich sein. Um einen solchen stillschweigenden Verzicht des Mieters auf die vorgenannten Ansprüche nachzuweisen, bedürfe es besondere Umstände, die auf einen solchen Verzichtswillen schließen lassen.

    Durch die namhafte Abstandszahlung haben die Mieter stillschweigend auf Schadensersatz verzichtet

    Solche könnten auch in einer substantiellen Gegenleistung des Vermieters, wie etwa einer namhaften Abstandszahlung, zu sehen sein. Dies sei vorliegend der Fall.

    Die Grundsätze für die Eigenbedarfskündigung bei einem Räumungsvergleich seien auch auf (außergerichtliche) Mietaufhebungsvereinbarungen übertragbar.

    Zwar liege kein größeres Entgegenkommen seitens des Beklagten in Bezug auf den Beendigungszeitpunkt des Mietverhältnisses vor, denn grundsätzlich war eine Beendigung des Mietverhältnisses zum 31.12.2016 vorgesehen. Der Vertrag sei auf den 03./08.03.2016 datiert, so dass ein  Gleichlauf zur ordentlichen Kündigungsfrist von 9 Monaten nach § 573 c Abs. 1 BGB vorliege.

    Jedoch wussten die Kläger schon seit Monaten von der Absicht des Beklagten, das Mietverhältnis aufzuheben. Daher habe man sich auf den Umzug einstellen und vorbereiten, insbesondere eine neue Wohnung suchen können.

    Auch der Erlass von Schönheitsreparaturen sowie die Möglichkeit das Mietverhältnis mit kurzer Vorankündigungsfrist vorzeitig zu beenden, komme dem Mieter zwar entgegen, genüge aber nicht, um ein besonders großes vermieterseitiges Entgegenkommen anzunehmen.

    Solche Vereinbarungen seien nach Ansicht des Gerichts in Räumungsvergleichen nahezu standardmäßig vereinbart.

    Die verkürzte Kautionsabrechnungsfrist von 4 Wochen stelle aus Sicht des Mieters einen  positiven Aspekt dar, weil sie die finanziellen Belastungen im Zusammenhang mit einem Umzug oftmals abmildern könne. Allerdings sei auch eine solche Vereinbarung nicht ungewöhnlich.

    Auf den Verzichtswillen der Kläger könne jedoch wegen der vorliegenden namhaften Abstandszahlung geschlossen werden.

    Berücksichtigt wurde dabei der vermieterfreundlich gestaltete Vertrag und das wirtschaftliche Interesse des Beklagten sich aus diesem Mietverhältnis alsbald zu lösen.

    Es sei bekannt, dass Wohnungen ohne mietvertragliche Bindung im Falle einer Veräußerung einen höheren Verkaufserlös zu erzielen geeignet seien, als Wohnungen mit einer mietvertraglichen Bindung.

    Folglich sei naheliegend, dass wegen der Wohnungsknappheit in München eine erhöhte Bereitschaft bestehe Abstandszahlungen zu leisten, um einen Mieter einvernehmlich zum Auszug zu bewegen. Gerade in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt seien Abstandzahlungen als Indiz eines Verzichts auf Schadensersatzansprüche auszulegen.

    Das Mietverhältnis sei unzweifelhaft als langjährig zu bezeichnen und je länger Mietverhältnisse angedauert hätten, desto höher seien die berechtigten mieterseitigen Erwartung in Bezug auf die Summe einer etwaigen Abstandszahlung/Umzugskostenbeihilfe.

    Dabei müsse auch die Staffelung der die Abstandszahlung bis auf 24.500,00 € beachtet werden, dies war jedoch gleichzeitig mit einer Verkürzung der Frist zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verbunden.

    Auch bestand ein gewisses Risiko, dass die Abstandszahlung vollständig hätte entfallen können, wenn der späteste Räumungs- und Herausgabetermin zum 31.12.2016 nicht eingehalten worden wäre. Es sollten jedoch bereits 14 Tage nach Abschluss der Mietaufhebungsvereinbarung ein Betrag von 15.000,00 € an die Mieter gezahlt werden. Dies stelle eine erhebliche Vorleistung des Vermieters dar.

    Auch im Verhältnis zur Miete von insgesamt 1.208,00 € sei der Betrag von 15.000,00 € als durchaus namhaft zu bezeichnen. Der gezahlte Betrag von 21.000,00 € bzw. der maximal vereinbarte Betrag von 24.500,00 € stelle mehr als 17 bzw. mehr als 20 Monatsmieten dar, weswegen er eindeutig namhaft sei.

    Bei Gesamtschau aller vermieterseitigen Zugeständnisse liege ein Verzichtswille nahe. Daher scheide ein Schadensersatzanspruch aus rechtlichen Gründen aus.

    Mieter haben den Eigenbedarfswillen des Vermieters auch nicht hinreichend nachgewiesen

    Zudem sei der Kläger bezüglich der Behauptung vorgetäuschten Eigenbedarfs beweisfällig geblieben. Der Kläger sei voll beweisbelastet. Den Vermieter treffe keine sekundäre Beweislast. Zwar habe der BGH dem Vermieter, der den zur Grundlage der Kündigung gemachten Bedarf nach dem Auszug des Mieters nicht realisiere, eine sekundäre Darlegungslast zum nachträglichen Wegfall des behaupteten Bedarfs auferlegt.

    Diese Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast bei vorgetäuschtem Eigenbedarf seien aber auf den vorliegenden Fall nicht zu übertragen. Es gehe vorliegend nicht um eine unter Vorspiegelung falscher Tatsachen ausgesprochene Kündigung wegen Betriebs- oder Eigenbedarfs des Vermieters.

    Zwar könnte auch bei Abschluss eines Mietaufhebungsvertrags oder bei einer unter Vorspiegelung falscher Tatsachen in einen Mietvertrag aufgenommenen Befristung nach § 575 BGB ein hinreichendes Täuschungselement vorliegen.

    Dazu bedürfe es aber einer konkreten Handlung des Vermieters, die unstreitig zum Ausdruck gebracht habe, dass eine Bedarfslage bestehe, die ihn zur Beendigung des Mietverhältnisses veranlasse.

    Vorliegend sei aber streitig ob überhaupt  „Eigenbedarf angemeldet“ worden sei. Die Behauptung, dass der Vermieter einen Selbst- oder Fremdnutzungswillen geltend gemacht habe, sei zwischen den Parteien streitig. Die Mietaufhebungsvereinbarung biete keinerlei Anhaltspunkte dafür. Für einen solchen Fremdnutzungswillen sei der Mieter, der den (ehemaligen) Vermieter auf Schadensersatz in Anspruch nimmt, beweisbelastet.

    Eine bloße allgemein gehaltene, vage Andeutung einer möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt entstehenden Bedarfslage genüge zur Beweisführung nicht. Selbst wenn im Gespräch angedeutet worden sei, dass der Vater des Klägers möglicherweise irgendwann nach München zurückkehren und ggf. in die Wohnung einziehen wolle, sei dies unschädlich.

    Die Kläger seien daher beweisfällig geblieben. Das Gericht ging nach ausführlicher Anhörung der beiden Kläger einerseits sowie des Beklagten andererseits von einem non liquet aus, das zu Lasten der beweisbelasteten Klagepartei gehe.

    Zwar hätten die Kläger glaubhaft dargelegt sich Rechtsrat eingeholt zu haben, jedoch war kein Zeuge während der Gespräche mit dem Beklagten anwesend. Keiner der angehörten Zeugen vermochte aus eigener Wahrnehmung darzulegen was zwischen den Parteien vereinbart worden sei. Diesbezügliche Zeugeneinvernahmen hätte der Charakter eines Ausforschungsbeweises angehaftet und hätten allenfalls unzureichende Indizien liefern können.

    Auch die Schadenspositionen sind von den Mietern nicht ausreichend dargelegt und beziffert worden

    Im Übrigen scheitere der verfahrensgegenständliche Schadensersatzanspruch schon an erstattungsfähigen Schadenspositionen.

    Nach der Rechtsprechung des BGH seien insbesondere Umzugskosten, ein etwaiger Mietdifferenzschaden zwischen der bisherigen/früheren Miete und der nunmehrigen Miete (nach Umzug) sowie die Prozesskosten eines vorangegangenen Räumungsprozesses erstattungsfähig. Solche Schäden machen die Kläger jedoch nicht geltend. Zudem liege die Miete der neuen Wohnung nicht über derjenigen für das streitige Mietobjekt.

    Der Umstand, in München wohnhaft zu sein, komme in schadensrechtlicher Hinsicht keinem Vermögenwert nahe. Eine Gegenüberstellung der beiden Mietverpflichtungen für gleichwertige Mietobjekte biete keine Grundlage für die Annahme eines Schadens nach §§ 249 ff.BGB. Es realisiere sich auf Seiten des Mieters kein erkennbarer Schaden i.S. eines Vermögensabflusses.

    Ob ein Zeitraum von 10 Jahren bei einer Schadensberechnung zugrunde zu legen sei bedürfe keiner Entscheidung, zumal dies in der Rechtsprechung nach wie vor weitgehend ungeklärt sei.

    Eine Anfechtung der Mietaufhebungsvereinbarung ändere am Ergebnis nichts. Gehe man wegen der konkreten vertraglichen Gestaltung von einem konkludenten Verzichtswillen der Mieterseite auf Schadensersatzansprüche wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs aus, komme eine Anfechtbarkeit der Mietaufhebungsvereinbarung nach § 123 BGB von vornherein nicht in Betracht. Damit sei nämlich gerade das Risiko, dass der Vermieter tatsächlich getäuscht habe, abgegolten.

    Wegen des wirksamen Verzichts auf Schadensersatzansprüche sei auch die Anfechtbarkeit wegen arglistiger Täuschung ausgeschlossen. Zudem seien die Voraussetzungen des § 123 BGB nicht durch den Kläger nachgewiesen worden. Nach alledem sei die Klage abzuweisen gewesen.

    Quelle: Amtsgericht München

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Wohnraummiete: Rechtsmissbräuchlichkeit einer Eigenbedarfskündigung mangels Angebots einer freiwerdenden Alternativwohnung

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    Landgericht Berlin, 16.04.2015, Az.: 67  S 14/15

     Der Vermieter kann gemäß § 573 Abs. 1 BGB ein Mietverhältnis nur ordentlich kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist dabei ausgeschlossen. Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat, der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt oder der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde. § 573 Abs. 1 Nr.2 BGB eröffnet dem Vermieter damit die Möglichkeit bei bestehendem Eigenbedarf das Mietverhältnis aufzukündigen.

    Das Amtsgericht Berlin stellt im nachstehenden Urteil klar, dass sich der Vermieter jedoch auf eine von ihm ausgesprochene Eigenbedarfskündigung wegen Verstoßes gegen die Grundsätze von Treu und Glauben nicht berufen kann, wenn er der Pflicht zum Angebot einer freistehenden Alternativwohnung zuwider gehandelt hat, selbst wenn der Mieter nach Ausspruch einer zeitlich nachfolgenden Eigenbedarfskündigung die Anmietung der nunmehr angebotenen Alternativwohnung ablehnt. Die Treuwidrigkeit sei allenfalls dann zu verneinen, wenn der Mieter zu keinem Zeitpunkt Interesse daran hatte, die Alternativwohnung anzumieten.

    Zudem geht es auf eine im Schriftsatznachlass erneut ausgesprochene Kündigung ein. Relevant hierfür war § 533 ZPO. Dieser bestimmt, dass Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage nur zulässig sind, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

    Folglich hat das Berufungsgericht eine in einem gemäß § 283 ZPO nachgelassenen erstinstanzlichen Schriftsatz erklärte neuerliche Kündigung gemäß § 533 Nr. 2 ZPO nur zu berücksichtigen, wenn sie auf einer mit einer zuvor in den Rechtsstreit eingeführten Kündigung kongruenten Tatsachengrundlage beruht.

    Dies ist nach Ausführungen des Gerichts jedenfalls dann nicht der Fall, wenn die erste Kündigung auf die Schaffung eines Zweitwohnsitzes gestützt, die Kündigung im nachgelassenen Schriftsatz dann aber von der Verlagerung des Lebensmittelpunktes in die streitgegenständliche Wohnung spreche.

    Darin liege ein neuer Klagegrund, der nicht nach § 529 ZPO ohnehin zu Grunde zu legen sei.

    Sachverhalt: Die Beklagten mieteten seit dem 15. September 1998 von einem Rechtsvorgänger der Kläger die streitgegenständliche Wohnung.

    Am 23. November 2012 kündigten die Kläger die Wohnung wegen Eigenbedarfs. Obwohl eine unter der streitgegenständlichen gelegene Wohnung mit zwei Zimmern und Wohnküche zu diesem Zeitpunkt leer stand, boten die Kläger diese den Beklagten nicht zur Anmietung an. Das zunächst angerufene Amtsgericht hat die Klage auf Räumung und Herausgabe abgewiesen. Es hat eine in dem nachgelassenen Schriftsatz der Kläger vom 10. November 2014 erklärte neuerliche Eigenbedarfskündigung nicht berücksichtigt.

    Gegen dieses den Klägern am 3. Dezember 2014 zugestellte Urteil haben sie am 5. Januar 2015 Berufung eingelegt. Die Frist zur Berufungsbegründung wurde auf Antrag bis zum 24. Februar 2015 verlängert. Am 9. 2.2015 ging der Begründungsschriftsatz der Kläger ein.

    Darin trugen sie vor, dass entgegen der Auffassung des Amtsgerichts eine Verletzung der Anbietpflicht nicht vorliege, denn die Beklagten hätten außergerichtlich mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2014 erklärt, kein Interesse an der Anmietung der freien Wohnung zu haben.

    Die Kläger beantragten, das erstinstanzliche Urteil dahingehend abzuändern, die Beklagten zu verurteilen, die von ihnen genutzten Wohnräume bestehend aus drei Zimmern, einer Küche, einem Korridor, einer Toilette mit Bad sowie einer Dachterrasse und einem Kellerraum an die Kläger in geräumten Zustand herauszugeben.

    Die Beklagten beantragten, die Berufung zurückzuweisen. Sie waren der Meinung, dass sich aus ihrer Mitteilung vom 15. Dezember 2014 nicht entnehmen lasse, sie hätten die angebotene Wohnung “seit jeher” nicht anmieten wollen.

    Landgericht Berlin: Das Landgericht Berlin urteilte, dass die Berufung keinen Erfolg habe, denn die Kläger hätten keinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung aus den §§ 985, 546 Abs. 1 BGB. Das Mietverhältnis bestehe fort, es sei nicht durch die Kündigung vom 23. November 2012 beendet worden.

    Unerheblich sei, ob der Eigenbedarf der Kläger im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB tatsächlich bestanden habe, denn jedenfalls hätten die Kläger die Pflicht zur Anbietung freien Alternativwohnraums rechtsmissbräuchlich verletzt.

    Richtig sei, dass der wegen Eigenbedarfs berechtigt kündigende Vermieter dem Mieter eine andere, ihm zur Verfügung stehende vergleichbare Wohnung während der Kündigungsfrist zur Anmietung anzubieten habe, sofern sich die Wohnung im selben Haus oder in derselben Wohnanlage befinde.

    Käme der Vermieter dieser Pflicht nicht nach, sei die ausgesprochene Kündigung wegen des Verstoßes gegen das Gebot der Rücksichtnahme rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam.

    Zwar sei die Entscheidung des Vermieters, welche Wohnung er zum Eigenbedarf nutzen wolle zu respektieren, es müsse jedoch berücksichtigt werden, dass die Kündigung von Wohnraum in die Lebensführung eines Mieters besonders stark eingreife. Daher sei der Vermieter verpflichtet, den Eingriff mit ihm zur Verfügung stehenden Mittel abzumildern.

    Folglich sei eine Eigenbedarfskündigung dann rechtsmissbräuchlich, wenn der Vermieter dem Mieter eine vergleichbare andere Wohnung im selben Anwesen oder in derselben Wohnanlage anbieten könne, dies aber unterlasse, obwohl er die Wohnung erneut vermieten wolle.

    Die Alternativwohnung habe unstreitig frei gestanden. Die Argumentation der Kläger, die Wohnungen seien nicht vergleichbar greife nicht. Die Wohnungen würden sich nicht nur hinsichtlich der Fläche ähnelnd, sondern auch die Zahl der Zimmer sei im Wesentlichen gleich. Die Wohnküche sei nicht anders als ein sonstiges Zimmer zu behandeln.

    Überdies sei es Sache des betroffenen Mieters, ob er sich ergebende Nachteile gegenüber der bisherigen Wohnung hinnehmen wolle.

    Auf diese Pflichtverletzung könnten sich die Beklagten auch berufen, obwohl der Beklagte zu 2) im Zusammenhang mit der Schriftsatzkündigung vom 10. November 2014 die Anmietung der entsprechenden Wohnung ausdrücklich abgelehnt habe.

    Es sei unerheblich, ob die Verletzung auch dann noch zur Unwirksamkeit der Kündigung führe, wenn die Beklagten  von vornherein nicht bzw. niemals die Absicht gehabt hätten, die nicht angebotene Wohnung zu beziehen.  In der Ablehnung vom 15. Dezember 2014 sei dazu nämlich nicht Stellung genommen worden. Es heiße lediglich:  “Unser Mandant hat kein Interesse … und möchte die Wohnung nicht anmieten.”

    In der mündlichen Verhandlung hätten die Beklagten geäußert, dass die Anmietung in der Rückschau jedenfalls nicht ausgeschlossen gewesen sei. Zweifel an dieser Aussage habe die Kammer nicht. Sie sei nachvollziehbar. Die  Verhältnisse bei der Ablehnung vom 15. Dezember 2014, insbesondere wegen des inzwischen ausgetragenen Rechtsstreits, seien andere als zur Zeit der Kündigung vom 23. November 2012.

    Entscheidend sei, ob der Mieter die freie Wohnung in der Kündigungsfrist nicht angemietet hätte und nicht, ob die Ablehnung einer angebotenen Wohnung nach Ablauf der Kündigungsfrist oder auf eine neue Kündigung hin ergangen sei.

    Die Schriftsatzkündigung vom 10. November 2014 sei von der Kammer aus prozessualen Gründen nicht zu berücksichtigen gewesen. Die Berufungsbegründung gehe auf diese Kündigung nicht mehr ein. Ausführungen im Sinne von § 520 Abs. 3 Nr. 2 bis Nr. 4 ZPO ließen sich in der Kündigung auch nicht finden.

    Zudem sei die nachgeschobene Kündigung wegen § 296a ZPO nicht zu berücksichtigen gewesen, denn der Schriftsatznachlass am Schluss der mündlichen Verhandlung vom 27. Oktober 2014 gemäß § 283 ZPO habe sich nur auf eine Erwiderung zum Schriftsatz der Beklagten vom 13. Oktober 2014 bezogen.

    Diese Kündigung sei ein neuer eigenständiger Klagegrund, da sie ausdrücklich auf eine Veränderung der Bedürfnisse der Kläger gestützt werde.

    Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO kam nicht in Betracht, da allein die Nachreichung erheblicher Angriffsmittel die Wiedereröffnung nicht rechtfertige.

    Auch in der zweiten Instanz sei die Kündigung  nicht gemäß § 533 ZPO zuzulassen. Es liege eine Klageänderung im Sinne von § 263 ZPO vor. Zwar sei diese sachdienlich, jedoch fehle es an den Voraussetzungen des § 533 Nr. 2 ZPO.

    Die Umstände, auf die die neue Kündigung gestützt werde, seien in der Berufung nicht “ohnehin nach § 529 [ZPO] zugrunde zu legen”. Die Kündigung vom 23. November 2012 werde mit der Schaffung eines Zweitwohnsitzes für ihre in Berlin entfalteten geschäftlichen Tätigkeiten begründet, wogegen die prozessual nachgeschobene Schriftsatzkündigung stattdessen auf eine gänzliche Verlagerung des Lebensmittelpunktes der Kläger nach Berlin abstelle.

    Daher fehle es an der für die Bejahung des § 533 Nr. 2 ZPO erforderlichen Kongruenz der zu beurteilenden Tatsachengrundlagen. Auf die neu vorgetragenen tatsächlichen Umstände komme es für die Beurteilung der Kündigung vom 23. November 2012 nicht an.

    Quelle: Landgericht Berlin

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  3. Mietrecht: Nicht jeder Verstoß gegen die Anbietpflicht macht die Eigenbedarfskündigung unwirksam

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    Landgericht Berlin, 01.12.2016, Az.: 67 S 323/16

    Nur unter bestimmten Voraussetzungen können Vermieter Mietverträge kündigen – eine mögliche Ausführung ist die Eigenbedarfskündigung, welche jedoch eine plausible Begründung benötigt. Dieser Begründung sind allerdings durch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) enge Grenzen und Fristen gesetzt (§§ 573 Abs. 2 Nr. 2 und 573c BGB).
    Sobald der Vermieter eine Wohnung für sich selbst oder nahe Angehörige – nach aktueller Rechtsprechung zählen dazu Kinder, Eltern, Enkeln oder Großeltern aber auch Geschwister (BGH, Urteil vom 9. Juli 2003, Az. VIII ZR 276/02), Stiefkinder, Nichten und Neffen (BGH, Urteil vom 27. Januar 2010, Az. VIII ZR 159/09) – benötigt, so besitzt er das Recht, dem Mieter die Kündigung auszusprechen.

    Die Kündigung ist rechtsmissbräuchlich, wenn der Wohnbedarf des Vermieters ohne wesentliche Abstriche in einer frei gewordenen Alternativwohnung befriedigt werden kann. Ausnahmen bestehen darin, dass der Vermieter vernünftige und nachvollziehbare Gründe vorträgt, weshalb er die frei gewordene Wohnung nicht beziehen will (BVerfG, Beschluss vom 1. 3. 1991, 1 BvR 1100 / 90, WM 1991 S. 247). Unterbleibt die Anbietpflicht, wird nachträglich die Kündigung unwirksam (AG Köln, Urteil vom 08. Februar 2013 – 205 C 3/12 -, juris) und der Vermieter kann sich schadenersatzpflichtig machen.

    Sachverhalt: Im vorliegendem Fall handelte es sich um einen Mieter in einem Mehrfamilienhaus in Berlin. Seine gemietete Wohnung besaß die Größe von 55 qm.

    Der Vermieter hat ihm unter Berufung auf den Eigentumsbedarf seines Sohnes gekündigt und auf Räumung verklagt, womit dieser nicht einverstanden war.

    Die Eigentumskündigung entsprach den gesetzlichen Formvorgaben und enthielt einen Kündigungsgrund gem. §§ 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB.

    Besonders draufgewiesen wurde, dass der Vermieter dem Mieter nicht die Wohnung im Erdgeschoss, welche von dem Vormieter gekündigt und alsbald frei wurde, angeboten hat.

    Treuwidrig hat die Klägerin nicht gehandelt, als sie das Mietverhältnis mit dem Beklagten kündigte, obwohl vor dem Ablauf der Kündigungsfrist eine weitere Eigentumswohnung freistand. Ein Vermieter handelt erst treuwidrig, wenn ihm eine vergleichbare andere Wohnung zur Verfügung steht, in der er den geltend gemachten Wohnbedarf ohne wesentliche Abstriche befriedigen kann (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschl. v. 23. August 2016 – VIII ZR 178/15, NZM 2016, 715 Tz. 17). An solchen Ausnahmevoraussetzungen fehlte es.

    Ab dem 1. Mai 2015 wurde im Vorderhaus des Anwesens eine 75 qm große Wohnung frei, welche den Wohnbedarf ihres Sohnes hätte decken können, dabei würde kein Rückgriff auf die vom Beklagten gemietete Wohnung entstehen. Vergleichbar waren die beiden Wohnungen nicht, da sie sich um 20 qm in der Flächengröße unterschieden und die Klägerin den Platzbedarf ihres Sohnes beschränken wollte.

    Demgegenüber berief sich die Klägerin darauf, dass sie dem Beklagten eine Alternativwohnung bereits in der Kündigungserklärung zu einem Gesamtmietzins von 910,00 EUR angeboten hat. Der Beklagte hatte dieses Angebot auf Grund der hohen Miete abgelehnt.

    Die angebotene Alternativwohnung wurde saniert unterfiel dem Ausnahmetatbestand des § 556 f Satz 2 BGB. Somit verstieß die verlangte Miete nicht gegen § 556d Abs. 1 BGB und es lag kein Verstoß gegen die Anbietpflicht der Klägerin vor.

    Landgericht Berlin: Das angerufene Landgericht Berlin hat nun entschieden, dass der Beklagte seine Wohnung räumen muss. Die Kündigung der Klägerin sei rechtmäßig gewesen, da sie sich gem. § 573 Abs. 1, 2 Nr. 2 BGB auf Eigenbedarf berufen durfte und sie nicht gegen die Anbietpflicht verstoßen hatte.

    Diese Ansicht des Gerichts folgte daraus, da die Klägerin dem Beklagten bereits im Kündigungsschreiben eine Alternativwohnung angeboten hatte. Die dafür verlangte Miete in Höhe von 910,00 EUR monatlich konnte der Klägerin nicht als Mietwucher vorgeworfen werden. Zusätzlich habe die Miethöhe nicht gegen Verbotsgesetze verstoßen.

    Ob die Klägerin im Sinne von Treu und Glauben verpflichtet gewesen sei, dem Beklagten die freiwerdende Alternativwohnung anzubieten, bedurfte aber keiner abschließenden Entscheidung. Eine Anbietpflicht bestünde nach Ansicht des Gerichts nämlich zumindest dann nicht, wenn eine Vergleichbarkeit der Wohnung mit der gekündigten Wohnung von vornherein ausscheidet (vgl. BGH, Urt. v. 13. Oktober 2010 – VIII ZR 78/10, NJW 2010, 3775 Tz. 15). Diesem sei der Fall gleichzustellen, in dem der Beklagte also der Mieter die Wohnung im Falle der Anbietung der Klägerin also der Vermieterin ohnehin nicht angemietet hätte (vgl. Kammer, Urt. v. 16. April 2015 – 67 S 14/15, MDR 2015, 582).

    Welche Partei die Beweis- und Darlegungslast für den Anmietwillen des Beklagten treffe, könne nach Ansicht des Gerichts dahinstehen. Denn es stünde zur zweifelsfreien Überzeugung der Kammer bereits prima facie fest, dass der Beklagte die Erdgeschosswohnung auch im Falle ihrer pflichtgemäßen Anbietung nicht angemietet hätte, da er im Kündigungsschreiben die angebotene Alternativwohnung im Vorderhaus nicht angemietet und der Anmietung der im Verlaufe des zweiten Rechtszugs angebotenen Erdgeschosswohnung selbst zu dem von der Klägerin in Aussicht gestellten Nettokaltmietzins von 526,76 EUR nicht in der Lage gewesen sei.

    Quelle: Landgericht Berlin

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  4. Mietrecht: Eigenbedarfskündigung unwirksam, wenn Alternativwohnung im selben Haus nicht angeboten wurde.

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    Amtsgericht Köln, 16.12.2015, Az.: 221 C 282/15

    Auch in Köln werden die verschiedenen Wohnviertel durch stadtplanerische Optimierung und durch Sanierung der Wohngebäude in den letzen Jahren immer weiter aufgewertet.

    Dies hat zur Folge, dass viele Vermieter versuchen, ihre alteingesessenen Mieter durch Eigenbedarfskündigung und letztendlich durch Räumungsklage loszuwerden, weil die bestehenden Mietverträge unrentabel geworden sind. Dieser Prozess, der als Gentrifizierung bezeichnet wird, beschäftigt immer öfter die Gerichte auch in Köln und Umgebung.

    Sowohl Vermieter als auch Mieter sollten allerdings darauf achten, dass eine Eigenbedarfskündigung oftmals schwer durchzusetzen ist und viele formelle Eigenheiten zu beachten sind.

    In dem hier besprochenen Fall des Amtsgerichts Köln hatte dieses darüber zu entscheiden, ob die Eigenbedarfskündigung durch eineWohnungseigentümerin rechtens war, obwohl diese der verklagten Mieterin keine Alternativwohnung in dem Wohnhaus angeboten hatte.

    Sachverhalt: Die Klägerin in diesem Fall war Miteigentümerin eines Mehrfamilienhauses in Köln Dadurch war sie in den Mietvertrag vom 16.06.1983 über eine Wohnung  in der 1. Etage mit vier Zimmern, einer Küche, einem Bad und einer Toilette mit einer Wohnfläche von ca. 80 qm eingetreten. Mieterin der Wohnung war die Beklagte. Mit Schreiben vom 15.04.2015 kündigte die Klägerin zusammen mit dem anderen Eigentümer den Mietvertrag mit der Beklagten zum 31.01.2016 und berief sich zur Begründung auf Eigenbedarf. Hierzu führte sie im Wesentlichen aus, dass sie aus einer derzeit bewohnten 3-Zimmerwohnung, die sie zur Miete bewohnen würde, ausziehen wolle und in dem erworbenen Anwesen die Wohnung im Erdgeschoss und die von der Beklagten bewohnte Wohnung im 1. Obergeschoss verbinden möchte, um für sich und ein gemeinsames Kind sowie ein weiteres Kind ausreichend Platz zu haben. Ein Widerspruch gegen diese Kündigung erfolgte von der Beklagten zunächst nicht.

    Bei dem fraglichen Gebäude handelte es sich um ein Mehrfamilienhaus mit insgesamt vier Wohneinheiten, je eine im Erdgeschoss, im 1. und 2. Obergeschoss sowie eine im Dachgeschoss. Die Wohnung im Dachgeschoss hatte ca. 70 qm Wohnfläche. Sie wurde zum 28.02.2015 und nach Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit der vormaligen Mieterin, die einen unbefristeten Mietvertrag hatte, von dieser geräumt und zum 28.02.2015 verlassen.

    Zum 31.03.2015 wurde diese Wohnung dann mit befristetem Mietvertrag bis zum 31.03.2016 erneut vermietet. Die Wohnung im 2. Obergeschoss war bereits vor Eigentumserwerb der Klägerin unbefristet vermietet worden. Die Wohnung im Erdgeschoss stand bei Eigentumserwerb durch die jetzigen Vermieter leer. Auch diese wurde zum 31.03.2015 mit befristetem Mietvertrag bis zum 31.03.2016 vermietet. Bereits seit dem 14.01.2014 hatten die Klägerin und der andere Vermieter mit der Beklagten über den vorgetragenen Eigenbedarf gesprochen. Der andere Vermieter hatte der Beklagten dabei unter anderem Wohnungsvorschläge für Drittwohnungen außerhalb des Hauses unterbreitet.

    Amtsgericht Köln: Das AG Köln urteilte, dass der Klägerin kein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung an sich und den anderen Vermieter gegen die Beklagte nach §§ 546 Abs. 1, 985 BGB zustünde, da das Mietverhältnis durch die Kündigung vom 15.04.2015 nicht beendet worden sei.

    Insbesondere könne in diesem Zusammenhang dahin stehen, ob die von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen, die den Kündigungsgrund des Eigenbedarfs i. S. d. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB tragen sollen,  zutreffend seien und von ihnen bewiesen werden könnten. Denn die streitgegenständliche Kündigung sei als rechtsmissbräuchlich anzusehen, da die Vermieter ihre Pflichten insoweit verletzt hätten, als dass sie der Beklagten eine Alternativwohnung im Dachgeschoss im selben Haus nicht angeboten hätten.

    Bei der Kündigung einer Mietwohnung wegen Eigenbedarfs sei zwar grundsätzlich die Entscheidung des Vermieters, wie er eine ihm gehörende Wohnung nutzen will, zu respektieren. Es könne jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Kündigung von Wohnraum in die Lebensführung eines Mieters besonders stark eingreife. Der Vermieter sei deshalb gehalten, diesen Eingriff abzumildern, soweit ihm dies möglich sei. Ausnahmsweise sei eine Eigenbedarfskündigung daher dann rechtsmissbräuchlich, wenn dem Vermieter eine vergleichbare andere Wohnung im selben Anwesen oder in derselben Wohnlage zur Verfügung stünde und er diese dem Mieter nicht anbieten würde, obwohl er die Wohnung erneut vermieten wolle (BGH, Urteil v. 13.10.2010, VIII ZR 78/10). Dies gelte nach Ansicht der Rechtsprechung auch dahin, wenn die Wohnung objektiv für die Wohnbedürfnisse des Mieters nicht geeignet erscheine. Denn es sei nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.01.1992 (1 BvR 1045/91) Sache des Mieters zu entscheiden, inwieweit er damit verbundene Nachteile in Kauf nehmen wolle (LG Berlin, Urteil v. 03.02.2009, 65 S 303/08). Somit wäre es vorliegend der Beklagten zu überlassen gewesen, ob sie die etwas geringere Größe der Dachgeschosswohnung in Kauf genommen hätte. Da die Vermieter hier der Beklagten die Dachgeschosswohnung nicht angeboten hätten, hätten sie gegen die ihnen obliegende Anbietpflicht verstoßen.

    Quelle: Amtsgericht Köln

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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