Rechtsanwalt Köln Eingliederungshilfe Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Rechtsanwalt Köln Eingliederungshilfe

  1. Sozialrecht: Powerpoint-Präsentation zum Betreuungsrecht

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    Die Betreuung ist im Wesentlichen in den §§ 1896 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt. Durch das Betreuungsrecht wird die frühere Entmündigung ersetzt.

    Das Betreuungsrecht soll dafür sorgen, dass für hilfsbedürftige Personen ein rechtlicher Betreuer bestellt wird, der in einem vom Gericht festzulegenden Umfang für diese handelt.

    Der betroffenen Person soll dabei ein größtmögliches Maß an Selbstbestimmung erhalten bleiben.

    Mit dieser Powerpoint-Präsentation können Sie sich einen kurzen Überblick über die Voraussetzungen und das Verfahren einer gesetzlichen Betreuung verschaffen.

  2. Sozialrecht: Mehrfach behinderte Frau hat Anspruch auf Anschaffung und Umbau eines PKW im Rahmen der Eingliederungshilfe

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    Landessozialgericht Baden-Württemberg, 26.09.2012, Az.: L 2 SO 1378/11

    Gemäß § 53 Abs. 1 SGB XII können Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann.

    Personen mit einer anderen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung können ebenfalls Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten.

    Gemäß § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.

    Die Leistungen der Eingliederungshilfe lassen sich somit in folgende Bereiche aufteilen:

    – Leistungen der Eingliederungshilfe an Menschen mit körperlich/geistiger Behinderung

    – Leistungen der Eingliederungshilfe an Menschen mit psychisch/seelischer Behinderung

    – Leistungen der Eingliederungshilfe an suchtkranke Menschen

    – Leistungen der Eingliederungshilfe ohne Differenzierung nach Behinderungsarten

    In dem oben genannten Fall des Landessozialgerichts Baden-Württemberg ging es um die Frage, ob der beklagte Landkreis einer mehrfach geistig und körperlich behinderten Frau einen PKW finanzieren musste, welchen die Mutter der Frau zu deren Beförderung benutzen wollte.

    Sachverhalt: Die im Jahre 1988 geborene Klägerin war mehrfach geistig und körperlich schwer behindert.

    Aufgrund ihrer Behinderungen konnte die Klägerin weder sprechen noch sehen und litt unter einer therapieresistenten Epilepsie. Die Klägerin litt ebenfalls unter einer starken Skoliose, die ihr normales Sitzen in nicht für sie angepassten Vorrichtungen unmöglich machte.

    Aufgrund ihrer Krankheit hatte die Klägerin kein relevantes Einkommen und Vermögen, sondern erhielt Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII sowie der Landesblindenhilfe.

    Nachdem die Klägerin zeitweise in einem Heim und in einem Wohnheim untergebracht war, lebte sie seit nunmehr 10 Jahren bei ihrer Mutter und wurde von dieser alleine zuhause gepflegt.

    Die Busse des öffentlichen Nahverkehrs in der Heimatstadt der Klägerin waren nicht behindertengerecht ausgestattet und konnten von der Klägerin nicht genutzt werden.

    Die Klägerin besuchte bis Sommer 2012 eine Schule für geistig und mehrfach behinderte Kinder und Jugendliche, zu der sie mit einem Schulbus gefahren wurde.

    Während der über das ganze Jahr verteilten 15 Wochen Ferien fuhr der Schulbus nicht, weshalb die Klägerin die von der Schule in den Ferien angebotene Tagesbetreuung nur eingeschränkt wahrnehmen konnte.

    Im Januar 2006 beantragte die Klägerin, vertreten durch ihre Mutter, bei dem als Sozialhilfeträger zuständigen Landkreis Hilfe zur Anschaffung und zum behindertengerechten Umbau eines Kraftfahrzeugs einschließlich der Kosten für eine Klimaanlage und Standheizung.

    Dies lehnte der beklagte Landkreis mit der Begründung ab, dass der vorgebrachte Wunsch nach Teilhabe am sozialen Leben keine Notwendigkeit für die ständige Benutzung eines KFZ impliziere.

    Aufgabe der Sozialhilfe sei es nicht, einen sozialen Mindeststandard zu gewährleisten. Auch nichtbehinderte Menschen, die über kein KFZ verfügen würden, müssten den Kontakt zu Verwandten und Bekannten eben auf andere Weise aufrecht erhalten, z.B. indem sie sich besuchen ließen.

    Der Transport zur Schule werde vom Schülerbeförderungsdienst sicher gestellt; für Arztbesuche sei die gesetzliche Krankenversicherung zuständig

    Sofern der Klägerin die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht möglich oder nicht zumutbar sei, sei sie auf den Beförderungsdienst für Schwerbehinderte des Landkreises zu verweisen.

    Dadurch werde neben der Bedarfsdeckung auch sichergestellt, dass der Familie kein Vorteil erwachse und nur der konkrete Bedarf des anspruchsberechtigten behinderten Menschen befriedigt werde.

    Denn die Hilfe dürfe unmittelbar nur dem Menschen mit Behinderung zugute kommen.

    Die gegen diese ablehnende Entscheidung eingereichte Klage beim Sozialgericht Freiburg hatte Erfolg. Gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg reichte der Beklagte Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg ein.

    Landessozialgericht Baden-Württemberg: Das LSG Baden-Württemberg folgte der Ansicht des Beklagten ebenfalls nicht, sondern urteilte, dass die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch auf Gewährung von Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach §§ 53 ff. SGB XII in Verbindung mit §§ 8, 9 Eingliederungshilfe – Verordnung in Form einer Hilfe zur Anschaffung und zum behindertengerechten Umbau eines Kraftfahrzeugs habe.

    Die Entscheidung des Beklagten sei schon deswegen ermessensfehlerhaft, weil sich der Beklagte zur Erfüllung des Anspruchs Dritter bediene und die Klägerin auf die Inanspruchnahme von Behindertenfahrdiensten verweise.

    Auch habe der Beklagte behauptet, dass die Fahrdienste in ausreichender Zahl zur Verfügung stünden, obwohl der Beklagte nach eigenen Angaben noch im Erörterungstermin am 12.7.2012 nicht gewusst habe, für wie viele berechtigte Personen wie viele Fahrzeuge zur Verfügung stünden.

    Der beklagte Landkreis habe den Sachverhalt zum Zeitpunkt der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen also nicht ausreichend beurteilen können.

    Auch sei der Beklagte von einem unzutreffenden Maßstab ausgegangen, wenn er die ablehnende Entscheidung damit begründet habe, dass es nicht Aufgabe der Sozialhilfe sei, einen sozialen Mindeststandard zu gewährleisten.

    Welcher Bedarf anerkannt wird, beurteilt sich nach dem Sinn und Zweck der Eingliederungshilfe, eine vorhandene Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern (§ 53 Abs. 3 SGB XII).

    Ziel der Eingliederungshilfe sei es, dem behinderten Menschen auch die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben und den Kontakt zu seiner sozialen Umwelt zu erhalten.

    Somit sei es für die Anschaffung eines Fahrzeugs keine Voraussetzung, dass die Klägerin ständig, praktisch zwingend täglich auf das Fahrzeug angewiesen sei.

    Auch sei die Leistungsgewährung nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Fahrzeug durch die Mutter der Klägerin geführt werde und der Familie der Klägerin durch die Anschaffung des Fahrzeugs mittelbar ein Vorteil erwachse.

    Quelle: Landessozialgericht Baden-Württemberg

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    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  3. Eingliederungshilfe: Montessori-Therapie im Rahmen der Eingliederungshilfe

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    Bundessozialgericht, 22.03.2012, Az.: B 8 SO 30/10 R

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    Die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen ist eine Pflichtleistung, deren Rechtsgrundlagen im SGB IX und SGB XII kodifiziert sind.

    Anspruchsberechtigt sind Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind.

    Voraussetzung für den Erhalt der Eingliederungshilfe ist allerdings, dass nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, die Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe auch erfüllt werden kann.

    Nachfolgend auf die Antragstellung der hilfebedürftigen Person werden bei der Prüfung der Leistungsgewährung durch das zuständige Sozialamt daher sozialmedizinische und sozialpädagogische Gutachten herangezogen.

    Maßnahmen der Eingliederungshilfe können zum Beispiel sein:

    • Hilfestellung zur Fortbildung im Beruf oder zur Umschulung
    • Versorgung mit orthopädischen oder anderen Hilfsmitteln
    • Hilfe bei der Beschaffung und Erhaltung einer Wohnung
    • Hilfen zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft.

    Bei schulpflichtigen Kindern können ebenfalls Maßnahmen gefördert werden, die der besseren Eingliederung des Kindes in den Schulalltag dienen. In dem oben genannten Rechtsstreit des Bundessozialgericht hatte dieses darüber zu entscheiden, ob die beklagte Behörde verpflichtet war, im Rahmen der Eingliederungshilfe die Kosten für eine sogenannte „Montessori-Therapie“ für das Kind zu übernehmen.

    Die Montessori-Therapie ist eine besondere pädagogische Therapieform, die eine ganzheitliche Förderung von (behinderten) Kindern durch Vernetzung von motorischem, sensorischem, sozial-emotionalem und kognitivem Lernen vorsieht.

    Sachverhalt: Die 1998 geborene Klägerin litt an einer rezeptiven und expressiven Sprachentwicklungsverzögerung mit auditiver Gedächtnisschwäche und wurde deshalb vom Beklagten ab Mitte 2003 bis zum Ende der Kindergartenzeit Ende Juli 2005 durch die Übernahme von Kosten für eine (nicht ärztlich verordnete) „Montessori-Einzeltherapie“ gefördert.

    Auch nach Einschulung der Klägerin in die Regelschule übernahm der Beklagte die Kosten einer Stunde „Montessori-Einzeltherapie“ pro Woche für die Zeit vom 19.9. bis 31.12.2005, lehnte jedoch die Kostenübernahme für die Fortführung der Maßnahme ab 1.1.2006 mit der Begründung ab, dass Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch Sozialhilfe – (SGB XII) nur für begleitende Hilfen in Betracht komme, während pädagogische Maßnahmen wie die durchgeführte Montessori-Therapie in den Verantwortungsbereich der Schule fiele.

    Die Kosten der in der Zeit vom 1.1. bis 31.7.2006 durchgeführten Therapiestunden wurden daraufhin durch die Eltern der Klägerin getragen.

    Gegen den ablehnenden Bescheid des Beklagten reichte die Klägerin beim zuständigen Sozialgericht Klage mit dem Ziel ein, den Beklagten zu verurteilen, die Kosten der Therapie i. H. v. EUR 1181,50 zur Gänze zu übernehmen.

    Das Sozialgericht entsprach der Klage nur teilweise und verurteilte den Beklagten mit Urteil vom 21.10.2008, „für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Juli 2006 Eingliederungshilfe für die durchgeführte Montessori-Therapie in Höhe von 590,75 Euro zu gewähren“.

    Auf die Berufungen beider Beteiligten hin verurteilte das Landessozialgericht den Beklagten mit Urteil vom 18.11.2010, der Klägerin die gesamten Kosten in Höhe von 1181,50 Euro zu erstatten.

    Gegen dieses Urteil legte der Beklagte Revision beim Bundessozialgericht ein.

    Bundessozialgericht: Das Bundessozialgericht folgte der Revision des Beklagten insoweit, als es das Berufungsurteil aufhob und die Sache an das LSG zurückverwies. Nach Ansicht des BSG fehlten ausreichende Feststellungen (§ 163 SGG) für ein abschließendes Urteil des LSG.

    Rechtsgrundlage für die Kostenerstattung durch den zuständigen Beklagten sei § 15 Abs 1 Satz 4 2. Alt SGB IX. Danach seien selbstbeschaffte Leistungen zu erstatten, wenn der Rehabilitationsträger eine Leistung zu Unrecht abgelehnt habe.

    Ob der Beklagte die Übernahme der Kosten für die durchgeführte Therapie ab 1.1.2006 „zu Unrecht“ abgelehnt habe, ließe sich allerdings anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht abschließend beurteilen.

    Grundlage dafür sei § 19 Abs 3 SGB XII i. V. m. §§ 53, 54 Abs 1 Nr 1 SGB XII und § 12 Abs 1 Nr 1 Eingliederungshilfe VO.

    Die Klägerin erfülle die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII für eine Pflichtleistung. Nach dieser Vorschrift würden Pflichtleistungen nur an Personen erbracht, die durch eine Behinderung i. S. des § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht seien, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht bestünde, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden könne.

    Die Voraussetzungen des § 2 Abs 1 SGB IX seien erfüllt, wenn – soweit einschlägig – die geistige Fähigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweiche und daher die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt sei.

    Nach den in diesem Punkt unangegriffenen Tatsachenfeststellungen des LSG liege eine Behinderung im bezeichneten Sinn bei der Klägerin vor, die an einer geistigen Leistungsstörung (s insoweit zur Legasthenie BVerwG, Urteil vom 28.9.1995 – 5 C 21/93 -, FEVS 46, 360 ff), nämlich einer ausgeprägten rezeptiven und expressiven Sprachentwicklungsverzögerung mit auditiver Gedächtnisschwäche, leide; diese geistige Behinderung sei auch wesentlich.

    Nicht abschließend entschieden werden könne indes, ob die im Jahre 2006 durchgeführte Therapie auch geeignet und erforderlich gewesen sei, der Klägerin den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen und zu erleichtern, ob also i. S. des § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII nach der Besonderheit des Einzelfalles die Aussicht bestanden habe, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden konnte.

    Dazu seien weitere Festsstellungen erforderlich, wie die Klägerin betreut worden sei und wie sich dies im Einzelnen auf die individuelle Lernfähigkeit der Klägerin unter prognostischer Sicht auswirken sollte.

    Die Zurückverweisung der Sache an das LSG sei insofern erforderlich gewesen.

    Quelle: Bundessozialgericht

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  4. Eingliederungshilfe: Kostenübernahme für einen schwenkbaren Autositz im Rahmen der Eingliederungshilfe

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    Bundessozialgericht, 02.02.2012, Az.: B 8 SO 9/10 R

     

    Die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen ist eine Leistung der Sozialhilfe, deren Recht im Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) normiert ist.

    Danach haben Menschen mit Behinderungen unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn sie nicht nur vorübergehend geistig, seelisch oder körperlich wesentlich behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind.

    Entsprechend den Grundsätzen des Sozialhilferechts wurde die Eingliederungshilfe als nachrangige Leistung ausgestaltet. Das heisst, vor Inanspruchnahme der Leistungen der Eingliederungshilfe müssen sämtliche Leistungen aller anderen Leistungsträger, wie z. B. die der Krankenkassen oder anderen Versicherungsträger, ausgeschöpft werden.

    Folgende Maßnahmen können von den Leistungen der Eingliederungshilfe umfasst sein:

        • Integrative Hilfen für noch nicht schulpflichtige Kinder
        • Schulbegleitende Unterstützungsmaßnahmen für schulpflichtige Kinder
        • Unterstützungsmaßnahmen zur Ausbildung für eine sonstige angemessene Tätigkeit
        • Unterstützungsmaßnahmen zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes (z. B. Werkstätten für behinderte Menschen)
        • Ärztliche Maßnahmen zur Verhütung, Beseitigung oder Milderung der Behinderung
        • Hilfe zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (z. B. Ambulant Betreutes Wohnen, Wohnstätten für Menschen mit Behinderungen)
        • Sogenannte Mobilitätshilfe

    In dem oben genannten Fall des Bundessozialgerichts stritten die Parteien darüber, ob der Landschaftsverband Rheinland als Beklagter dazu verpflichtet war, eine Mobilitätshilfe in Höhe von 7934,76 Euro für die Anschaffung und den Einbau eines schwenkbaren Autositzes zu tragen.

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens

    Die Klägerin war blind, schwerhörig und teilweise gelähmt

    Die 1984 geborene Klägerin war blind, schwerhörig und teilweise gelähmt (Grad der Behinderung von 100; Merkzeichen „G“, „aG“, „H“, „RF“ und „Bl“); sie erhielt von der Pflegekasse Leistungen der häuslichen Pflege nach der Pflegestufe III.

    Die Klägerin wohnte in der zum Kreis H gehörenden Stadt Hü und war in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) tätig. Die Kosten des Fahrdienstes für den Weg zwischen Wohnung und WfbM trug der Beklagte; für private Fahrten war auf Kosten des Kreises H ein Behindertenfahrdienst eingerichtet, den die Klägerin in Anspruch nahm (bis zu vier Fahrten je Monat mit einer Wegstrecke von jeweils bis zu 35 km).

    Klägerin begehrte Übernahme der Kosten für den Einbau eines schwenkbaren Autositzes

    Anfang März 2004 wandte sich die Klägerin wegen des behindertengerechten Umbaus eines bereits von ihr bestellten und Ende April 2004 zu einem Preis von 29 815,19 Euro gelieferten Neuwagens an die für sie zuständige gesetzliche Krankenkasse (KK), beantragte aber auch mit einem bei der Stadt Hü abgegebenen, am 22.3.2004 beim Kreis H und nach Weiterleitung beim Beklagten am 26.3.2004 eingegangenem Schreiben die Übernahme der Kosten für den Einbau eines schwenkbaren Autositzes.

    Zu dieser Zeit bezog die Klägerin neben den Leistungen der sozialen Pflegeversicherung Blindengeld nach dem (nordrhein-westfälischen) Gesetz über Hilfen für Blinde und Gehörlose in Höhe von 441,50 Euro und von der Bundesagentur für Arbeit (bis zum 22.9.2004) ein Ausbildungsgeld in Höhe von 67 Euro monatlich.

    Ende 2004 wurden ihr rückwirkend ab 1.4.2004 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie Hilfe zur Pflege nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) gewährt. Ende April 2004 besaß die Klägerin auf einem Girokonto ein Guthaben von 24 362,17 Euro, auf einem Sparkonto ein solches in Höhe von 86,48 Euro, Wertpapiere mit einem Wert von 3529,56 Euro sowie 10 000 Euro, die sie als Darlehen von ihren Eltern erhalten hatte.

    Die Klägerin war außerdem Eigentümerin eines (älteren) Pkw, den sie Anfang Mai 2004 zu einem Preis von 8500 Euro verkaufte; zur gleichen Zeit beauftragte sie eine Firma mit dem Umbau des neuen Pkw zu einem Preis von 10 051,08 Euro.

    Sowohl Krankenkasse als auch LVR lehnten Übernahme der Umbaukosten ab

    Nachdem die Krankenkasse die Übernahme der Kosten des behindertengerechten Umbaus des Pkw bereits abgelehnt hatte, lehnte der beklagte Landschaftsverband Rheinland die Leistung ebenfalls ab, weil die Klägerin nach dessen Ansicht über ausreichendes Vermögen verfüge und den Bedarf selbst bereits gedeckt habe.

    Eine gegen diese Entscheidung beim Sozialgericht Aachen eingereichte Klage wurde mit Urteil vom 08.08.2007 abgelehnt, die dagegen wiederum eingereichte Berufung beim Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen wurde mit Urteil vom 22.02.2010 abgelehnt.

    Gegen diese Entscheidungen legte die Klägerin Revision beim Bundessozialgericht ein und beantragte, die Urteile des LSG und des SG sowie den ablehnenden Bescheid des Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheids aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihr 7934,76 Euro zu zahlen.

    Entscheidung des Bundessozialgerichts

    Das Bundessozialgericht folgte der Ansicht der Klägerin teilweise und urteilte, dass die Revision der Klägerin im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet sei, da das Verfahren an einem von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensmangel gelitten habe und tatsächliche Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) für eine abschließende Entscheidung nicht ausreichend seien.

    Wegen eines Verfahrensmangels verwies das BSG an die Vorinstanz zurück

    Der von Amts wegen zu beachtende Verfahrensmangel bestünde vorliegend darin, dass es im Hinblick auf § 14 SGB IX an einer Beiladung der Stadt Hü (bzw. der Krankenkasse) mangele.

    Nach § 75 Abs 2 Satz 1 1. Alt SGG seien nämlich Dritte beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen könne.

    Dies sei vorliegend nach Aktenlage für die Stadt Hü, gegebenenfalls jedoch auch für die Krankenkasse, zu bejahen; das Landessozialgericht werde dies erneut zu prüfen haben.

    Ob ein Anspruch der Klägerin nicht bereits wegen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse gemäß § 28 Abs 1 Satz 1 BSHG iVm §§ 79 ff BSHG ausgeschlossen sei, könne durch das BSG anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht beurteilt werden.

    Vorinstanz habe zu prüfen, ob die Klägerin auf den PKW und dessen Umbau angewiesen sei

    Nach § 28 Abs 1 Satz 1 BSHG werde die Hilfe in besonderen Lebenslagen (nur) gewährt, soweit dem Hilfesuchenden die Aufbringung der Mittel nicht aus dem Einkommen und Vermögen nach den §§ 79 bis 89 BSHG zuzumuten sei. Das LSG habe somit erneut zu prüfen, ob die Klägerin auf ein neuwertiges Kfz im Wert von etwa EUR 30.000 angewiesen gewesen sei und ob nicht ein gebrauchtes Auto ausgereicht hätte.

    Auch die Frage, ob die Klägerin die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 39, 40 Abs 1 Satz 1 BSHG iVm § 55 Abs 2 Nr 1 SGB IX und § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO dem Grunde nach erfülle, könne nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG ebenfalls nicht durch das BSG beurteilt und müsse daher durch das LSG neu festgestellt werden.

    Dies betreffe insbesondere auch die Frage, ob die Klägerin im Sinne des § 9 Abs 2 Nr 11 Eingliederungshilfe-VO generell auf ein Kfz angewiesen sei. Dies beurteile sich in erster Linie nach dem Sinn und Zweck der Eingliederungshilfe, eine vorhandene Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern (§ 39 Abs 3 BSHG).

    Quelle: Bundessozialgericht

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