Rechtsanwalt Köln personenbedingte Kündigung Archive - MTH Rechtsanwälte Köln
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Tag Archive: Rechtsanwalt Köln personenbedingte Kündigung

  1. Arbeitsrecht: Die Kündigung eines Arbeitnehmers wegen Drogenhandels in der Freizeit kann rechtens sein.

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    Bundesarbeitsgericht, 10.04.2014, Az.: 2 AZR 684/13

    Sowohl bei der verhaltensbedingten als auch bei der personenbedingten Kündigung des Arbeitnehmers muss zunächst eine sorgfältige und umfassende Interessenabwägung vorgenommen werden. Dabei wird das Interesse des Arbeitgebers an der Kündigung gegen das Interesse des Arbeitnehmers an der Weiterbeschäftigung abgewogen.

    Für den Arbeitgeber wird zum Beispiel berücksichtigt:

        • Art und Umfang der betrieblichen Nachteile,
        • Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Betriebes,
        • Wiederholungsgefahr,
        • Schädigung des Arbeitgeberansehens in der Öffentlichkeit,

    Für den Arbeitnehmer wird zum Beispiel berücksichtigt:

        • Art, Schwere und Häufigkeit der vorgeworfenen Pflichtverletzung,
        • früheres Verhalten des Arbeitnehmers
        • Einsicht des Arbeitsnehmers
        • Dauer der Betriebszugehörigkeit und Lebensalter des Arbeitnehmers

    In dem hier besprochenen Fall des Bundesarbeitsgerichts hatte dieses darüber zu entscheiden, ob die Kündigung eines Arbeitnehmers des Bundesagentur für Arbeit rechtens war, obwohl dieser in seiner Freizeit mit Drogen gehandelt hatte.

    welche Kündigungsgründe gibt es Arbeitnehmer Arbeitsverhältnis

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens

    Kläger war Sachbearbeiter beim Jobcenter und wegen Drogenhandel verurteilt

    Der Kläger war seit 2005 bei der beklagten Bundesagentur als Sachbearbeiter „Leistungsgewährung im Bereich SGB II“ beschäftigt. Im Jahr 2001 war er zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten wegen vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und Beihilfe hierzu verurteilt worden. Die Vollstreckung war zur Bewährung ausgesetzt und im Jahr 2003 erlassen worden.

    Mit Schreiben vom 18.07.2011 hatte die Staatsanwaltschaft der Beklagten unter Beifügung der Anklageschrift mitgeteilt, dass der Kläger erneut gemeinsam mit einer anderen Person beschuldigt werde, unerlaubten Handel mit Kokain betrieben zu haben.

    Am 15.08.2011 kam es daraufhin zu einem Gespräch der Parteien in dessen Verlauf der Kläger bestritt, mit Betäubungsmitteln gehandelt oder solche konsumiert zu haben.

    Aufgrund eines weitgehenden Geständnisses wurde der Kläger dann aber doch am 26.01.2012 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Auch diese Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Davon setzte der Kläger die Beklagte am selben Tag in Kenntnis.

    Nachdem der Kläger erneut gedealt hatte, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos und fristgemäß

    Mit Schreiben vom 06.02.2012 kündigte die Beklagte daraufhin das Arbeitsverhältnis der Parteien nach Anhörung des Personalrats fristlos, mit Schreiben vom 28.02.2012 – nach weiterer Anhörung des Personalrats – ordentlich zum 30.06.2012.

    Mit seiner rechtzeitig erhobenen Kündigungsschutzklage wandte sich der Kläger gegen die Kündigungen und begehrte die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung vom 06.02.2012 noch durch die ordentliche Kündigung vom 28.02.2012 aufgelöst worden sei, sowie die Verurteilung der Beklagten, ihn als Sachbearbeiter Leistungsgewährung im Bereich SGB II gegen eine Vergütung nach der Tarifgruppe TE IV, Tarifstufe 2 weiter zu beschäftigen.

    Kläger reichte Kündigungsschutzklage ein, erste Instanzen weisen diese ab

    Die zunächst angerufenen Vorinstanzen haben die außerordentliche Kündigung für unwirksam, die ordentliche jedoch für sozial gerechtfertigt gehalten. Mit seiner Revision zum Bundesarbeitsgericht verfolgt der Kläger sein Klagebegehren in vollem Umfang weiter.

    Revisionsurteil des Bundesarbeitsgerichts

    Das BAG urteilte nun, dass die Revision des Klägers unbegründet sei. Die Kündigung vom 28.02.2012 sei im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt gewesen.

    Zwar sei sie nicht durch Gründe im Verhalten des Klägers bedingt, die Beklagte sei jedoch aus Gründen in seiner Person zur Kündigung berechtigt gewesen, da dem Kläger die notwendige Eignung zur Ausübung seiner Tätigkeit fehlen würde.

    Durch § 1 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 KSchG werde dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnet, das Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn der Arbeitnehmer die erforderliche Eignung oder Fähigkeit nicht (mehr) besitzen würde, die geschuldete Arbeitsleistung vertragsgerecht zu erbringen.

    Auch strafbares außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers könne Zweifel an der Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit eines Beschäftigten begründen. Dieses könnte dazu führen, dass es ihm – abhängig von seiner Funktion – an der Eignung für die künftige Erledigung seiner Aufgaben mangele. Ob daraus ein in der Person liegender Kündigungsgrund folge, würde von der Art des Delikts, den konkreten Arbeitspflichten des Arbeitnehmers und seiner Stellung im Betrieb abhängen.

    Vorliegend sei der Kläger im Bereich der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II und damit in hoheitlicher Funktion mit Publikumsverkehr tätig. Der private – illegale – Vertrieb von Rauschmitteln sei mit dieser Aufgabe nicht vereinbar.

    Die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben in der öffentlichen Verwaltung erfordere eine jederzeit integre und gewissenhafte Ausübung der Tätigkeit. Außerdienstliches strafbares Verhalten vermöge die Besorgnis zu begründen, der Arbeitnehmer könne auch im dienstlichen Zusammenhang mit den gesetzlichen Vorgaben in Konflikt geraten. Dadurch werde das erforderliche Vertrauen der Bürger in die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung erschüttert.

    Die vorliegend vorzunehmende Interessenabwägung würde zu einem Überwiegen der Belange der Beklagten führen. Zwar sei zu Gunsten des Klägers dessen fast siebenjährige Dauer der Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen. Gleichwohl ginge das Beendigungsinteresse der Beklagten vor.

    Quelle: Bundesarbeitsgericht

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  2. Arbeitsrecht: Die Passivlegitimation des Arbeitgebers im Rahmen der Entschädigungsklage nach dem AGG

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    Bundesarbeitsgericht, 23.01.2014, Az.: 8 AZR 118/13

    Das Gericht hat eine Klage grundsätzlich auf Ihre Zulässigkeit und ihre Begründetheit zu prüfen. Teil der Prüfung der Begründetheit ist unter anderem die Frage, ob der Kläger aktiv und der Beklagte passiv legitimiert ist.

    Aktiv legitimiert ist der Kläger, wenn ihm das im Rahmen der Klage geltend gemachte Recht auch tatsächlich zusteht. Passiv legitimiert ist der Beklagte, wenn er aus dem sich gegen ihn gerichteten Anspruch auch tatsächlich verpflichtet wird.

    Anders formuliert ist der Kläger dann nicht aktiv legitimiert, wenn die Forderung nicht ihm, sondern einem Dritten zusteht. Der Beklagte wiederum ist nicht passiv legitimiert, wenn sich die Forderung nicht gegen den Beklagten, sondern gegen einen Dritten richtet.

    Dies klingt zunächst einmal sehr leicht nachvollziehbar und sollte in den meisten Fällen unproblematisch sein. Dennoch kann es hin und wieder zu Problemen kommen.

    In dem oben genannten Fall des Bundesarbeitsgerichts hatte dieses darüber zu entscheiden, ob ein aus § 15 Abs. 2 AGG gerichteter Entschädigungsanspruch auch tatsächlich gegenüber dem Beklagten bestand.

    Sachverhalt des gerichtlichen Verfahrens

    Kläger hatte sich als Personalvermittler beworben

    Der Kläger hatte sich im September 2011 auf eine im Internet ausgeschriebene Stelle als Personalvermittler beworben. Die Stelle sollte laut der Anzeige bei „unserer Niederlassung Braunschweig“ bestehen.

    Gerichtet werden sollte die Bewerbung an die UPN GmbH in Ahrensburg. Am Ende der Stellenausschreibung wurde wegen etwaiger „Kontaktinformationen für Bewerber“ auch auf eine UP GmbH in Ahrensburg verwiesen.

    Kläger bewarb sich bei einen ebenfalls genannten, anderen GmbH

    Der Kläger bewarb sich unter der angegebenen E-Mail-Adresse, das Bewerbungsschreiben richtete er an die UP GmbH. Er erhielt daraufhin eine Absage per E-Mail, deren Absenderin die UPN GmbH war.

    Da sich der Kläger durch die Absage benachteiligt fühlte, verlangte er von der UPN GmbH eine Entschädigung wegen Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.

    Nach der Absage klagte der Kläger wegen Benachteiligung auf Entschädigung

    Die UPN GmbH lehnte daraufhin die Zahlung einer Entschädigung ab, begründete die Bewerbungsablehnung aber inhaltlich näher.

    Schließlich verklagte der Kläger die UPN GmbH auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung. Im Prozess berief sich die UPN GmbH darauf, dass nicht sie, sondern die UP GmbH die Stelle für deren Standort Braunschweig ausgeschrieben hätte.

    Die zunächst angerufenen arbeitsgerichtlichen Instanzen folgten der Ansicht der Beklagten und wiesen die Klage ab.

    Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

    BAG sah nur einen Anspruch auf Entschädigung gegen den tatsächlich avisierten Arbeitgeber

    Auch das BAG folgte der Ansicht der Beklagten. Nach Ansicht des BAG sei die UPN GmbH hier lediglich Personalvermittlerin gewesen. Arbeitgeberin des Klägers wäre bei seiner Einstellung die UP GmbH geworden.

    Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG könne nur gegen den „Arbeitgeber“ gerichtet werden.

    Quelle: Bundesarbeitsgericht

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  3. Arbeitsrecht: Trotz § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG kann eine gerichtlich protokollierte Erledigungsklausel auch die Abgeltung des gesetzlichen Erholungsurlaubs umfassen.

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    Bundesarbeitsgericht, 14.05.2013, Az.: 9 AZR 844/11

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    Der Urlaubsanspruch für Arbeiter, Angestellte und Auszubildende ist im Mindesturlaubsgesetz für Arbeitnehmer (Bundesurlaubsgesetz; BurlG) geregelt.

    Gemäß § 3 Abs. 1 BurlG hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr einen Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub in Höhe von mindestens 24 Werktagen im Rahmen einer sechs Tage Woche, ansonsten 20 Werktage.

    Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er gem. § 7 Abs. 4 BurlG abzugelten.

    Auf diesen Abgeltungsanspruch kann der Arbeitnehmer grundsätzlich auch verzichten.

    Einzelvertragliche Abreden zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die das Entstehen von Urlaubsabgeltungsansprüchen ausschließen, werden durch § 13 Abs. 1 Satz 3 BUrlG allerdings ausgeschlossen.

    In dem oben genannten Urteil des Bundesarbeitsgericht hatte dieses darüber zu entscheiden, ob ein gerichtlicher Vergleich in einem Kündigungsschutzprozess, nach welchem wechselseitig alle finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erledigt sein sollten, ebenfalls die Abgeltung von nicht genommenen Urlaubes des Arbeitnehmers umfasste.

    Sachverhalt: Die Beklagte hatte am 26.11.2008 ihr Arbeitsverhältnis mit dem bei ihr als Lader beschäftigten und seit Januar 2006 arbeitsunfähigen Kläger ordentlich zum 30.06.2009 gekündigt.

    Im Kündigungsrechtsstreit hatten die Parteien am 29.06.2010 in einem Vergleich u. a. festgelegt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten zum 30.06.2009 aufgelöst worden sei, von der Beklagten an den Kläger eine Abfindung in Höhe von 11.500,00 Euro gezahlt werde und mit Erfüllung des Vergleichs wechselseitig alle finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, gleich ob bekannt oder unbekannt und gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt seien.

    Aus den Jahren 2006 bis 2008 hatte der Kläger gegen die Beklagte allerdings noch Urlaubsansprüche offen. Mit Schreiben vom 29.07.2010 verlangte der Kläger daher von der Beklagten, den Urlaub aus den Jahren 2006 bis 2008 mit 10.656,72 Euro abzugelten. Diesem Ansinnen kam die Beklagte mit Hinweis auf die gerichtliche Erledigungsklausel nicht nach.

    Das zunächst angerufene Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das mit der Berufung angerufene Landesarbeitsgericht änderte das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise ab und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von Urlaubsabgeltung in Höhe von 6.543,60 Euro.

    Bundesarbeitsgericht: Die dagegen eingelegte Revision der Beklagten zum Bundesarbeitsgericht hatte Erfolg und führte zur Wiederherstellung des Urteils des Arbeitsgerichts.

    Nach Ansicht des BAG sei die Klage unbegründet. Die Erledigungsklausel im gerichtlichen Vergleich vom 29.06.2010 habe den mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30.06.2009 entstandenen Anspruch des Klägers auf Abgeltung des gesetzlichen Erholungsurlaubs ebenfalls erfasst.

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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  4. Arbeitsrecht: Kündigung wegen Alkoholsucht ist nach den Grundsätzen für die krankheitsbedingte Kündigung zu beurteilen

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    Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, 06.09.2012, Az.: 11 Sa 167/12

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    Im Arbeitsrecht gibt es drei Arten von Kündigungsgründen: Betriebsbedingte Kündigung (z. B. wegen Umsatzrückgang, schlechter Auftragslage oder Betriebsrationalisierung) die verhaltensbedingte Kündigung (Trunkenheit des Arbeitnehmers, Tätlichkeiten im Betrieb, etc.) oder die personenbedingte Kündigung (Häufige Krankheiten des Arbeitnehmers, Schlechtleistung, etc.).

    1. Kündigung aus betrieblichen Gründen

    Grund für die betriebsbedingte Kündigung ist in den meisten Fällen ein Umsatzrückgang oder eine sonstige verschlechterte wirtschaftliche Situation des Arbeitgebers.

    Der Arbeitnehmer ist aber auch in solchen Fällen nicht schutzlos, da der Arbeitgeber dann, wenn die Voraussetzungen vorliegen, eine Sozialauswahl hinsichtlich der Kündigung treffen muss. In diesen Fällen hat der Arbeitgeber abzuwägen, wer unter den zu kündigenden Arbeitnehmern am wenigsten auf den Arbeitsplatz angewiesen ist.

    2. Verhaltensbedingte Kündigung

    Die verhaltensbedingte Kündigung betrifft Pflichtverletzungen die der Arbeitnehmer während der Arbeit begeht.

    Bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen kann oftmals sofort eine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber ausgesprochen werden.

    In den meisten Fällen ist jedoch zunächst eine Abmahnung durch den Arbeitgeber erforderlich. Diese Abmahnung muss rechtzeitig, d.h. zeitnah erfolgen und darin muss die Pflichtverletzung konkret bezeichnet werden. Darüber hinaus muss in der Abmahnung angegeben werden, dass im Wiederholungsfall die Kündigung droht.

    Viele Kündigungen scheitern im Rahmen der Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht an der fehlenden oder falschen Abmahnung.

    3.  Personenbedingte Kündigung

    Die personenbedingte Kündigung betrifft objektive Gründe die in der Person des Arbeitnehmers liegen. Häufigster Fall der personenbedingten Kündigung ist die Kündigung wegen Krankheit des Arbeitnehmers.

    Insbesondere die Kündigung wegen häufiger Krankheiten des Arbeitnehmers unterliegt allerdings strengen Voraussetzungen. So muss der Arbeitgeber zunächst versuchen, durch andere Maßnahmen wie das Einstellen einer Aushilfskraft oder die vorübergehende Umorganisation des Betriebes die Zeit eines krankheitsbedingten Arbeitsausfalls zu überbrücken. Dies allerdings nur insoweit, als es dem Arbeitgeber zumutbar ist.

    In dem oben genannten Fall des Landesarbeitsgerichtes Rheinland-Pfalz stritten die Parteien über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung wegen einer Alkoholkrankheit des Arbeitnehmers und daraus resultierenden Fehlzeiten dessen.

    Sachverhalt: Der 1970 geborene, ledige Kläger war bei der Beklagten (Großbäckerei) seit dem 01.08.1991 zu einer Bruttomonatsvergütung von durchschnittlich 2.600,– EUR beschäftigt.

    Es bestand kein schriftlicher Arbeitsvertrag. Bei der Beklagten waren mehr als 10 Arbeitnehmer tätig. Ein Betriebsrat existierte nicht.

    Im Jahre 2010 fehlte der Kläger krankheitsbedingt an 105 Arbeitstagen. Um den Jahreswechsel 2010/11 offenbarte der Kläger gegenüber dem Backstubenleiter ein Alkoholproblem. Ab dem 05.01.2012 befand sich der Kläger dann für eine Woche zur stationären Behandlung in einer Fachklinik. Im Anschluss daran war er arbeitsunfähig zu Hause, bevor er ab dem 01.02.2011 eine Rehabilitationsmaßnahme begann. Diese brach er nach 5 Tagen ab. Hieraus resultierten 26 Arbeitstage Arbeitsunfähigkeit im Jahr 2011.

    Darauffolgend nahm der Kläger zwei Wochen Alturlaub und kehrte dann an den Arbeitsplatz in der Brotabteilung zurück.

    Am 11.03.2011 führte der unmittelbare Vorgesetzte mit dem Kläger ein Rückkehrgespräch.
    Mit Schreiben vom 15.03.2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.10.2011.
    Hiergegen erhob der Kläger am 04.04.2011 Klage vor dem Arbeitsgericht.

    Mitte Juli 2011 arbeitete der Kläger nach Anfrage durch den Backstubenleiter während drei Wochen 6 statt 5 Tage in der Woche.

    Vor dem zunächst angerufenen Arbeitsgericht hat der Kläger vorgetragen, dass er im Jahr 2010 wegen einer Lungenerkrankung gefehlt habe. Die Rehabilitationsmaßnahme im Februar 2011 habe er aus finanziellen Gründen abgebrochen, da er auf den Arbeitslohn der Beklagten angewiesen gewesen sei. Er sei noch nie aufgrund alkoholbedingter Probleme im Betrieb aufgefallen und arbeite nach wie vor unbeaufsichtigt.

    Die Beklagte hingegen hat vorgetragen, dass der Kläger im Rückkehrgespräch keine Erklärung für die Unterbrechung des Heilungsprozesses gegeben habe. Er sei weder therapiebereit noch –fähig gewesen, so dass mit zukünftigen Ausfällen wegen der Suchterkrankung gerechnet werden müsse. Es dürfe als gerichtsbekannt unterstellt werden, dass Alkoholiker unter einem erheblichen Kontrollverlust leiden und ein unbeaufsichtigtes Arbeiten im Produktionsbetrieb unmöglich sei. Hinzu käme, dass die erheblichen Fehlzeiten die Planungssicherheit im Betrieb beinträchtigen würden.

    Das zunächst angerufene Arbeitsgericht gab der Klage des Klägers statt. Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung ein.

    Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Das LAG Rheinland Pfalz folgte der Ansicht des Arbeitsgerichts und wies die Berufung ab.

    Nach Ansicht des LAG RP sei eine Kündigung wegen Alkoholsucht nach den für die krankheitsbedingte Kündigung geltenden Grundsätzen zu beurteilen.

    Die krankheitsbedingte Kündigung sei im Rahmen einer dreistufigen Überprüfung nur dann sozial gerechtfertigt, wenn aufgrund objektiver Umstände (insbesondere bisheriger Fehlzeiten) bei einer lang anhaltenden Erkrankung mit einer weiteren Arbeitsunfähigkeit auf nicht absehbare Zeit bzw. bei häufigeren Kurzerkrankungen auch weiterhin mit erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten gerechnet werden müsse; die entstandenen und prognostizierten Fehlzeiten zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen des Arbeitgebers führten und sich im Rahmen der umfassenden Interessenabwägung im Einzelfall eine unzumutbare betriebliche oder wirtschaftliche Belastung des Arbeitgebers ergäbe.

    Es sei insofern hier bereits fraglich, ob der kurze Zeitraum von Januar 2010 bis März 2011 ausreichend sei, um hierauf seitens des Arbeitgebers eine negative Gesundheitsprognose stützen zu können.

    In der Regel würden die zurückliegenden zwei bis drei Jahre als Prognosebasis herangezogen. Zwingend sei das allerdings nicht. Eine hinreichende Indizwirkung könne sich auch aus kürzeren Zeiträumen ergeben.

    Doch selbst wenn zugunsten der Beklagten eine negative Gesundheitsprognose aufgrund
    des Abbruchs der Rehabilitationsmaßnahme unterstellt würde, so hätte die Beklagte versäumt, ausreichend zu den erheblichen betrieblichen und wirtschaftlichen Beeinträchtigungen durch die bisherigen krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers vorzutragen.

    Kündigungsrelevante wirtschaftliche Belastungen in Form der zu zahlenden Entgeltfortzahlungskosten seien von der Beklagten gar nicht angeführt worden.

    Soweit sie sich auf betriebliche Beeinträchtigungen berufen hätte, verbliebe ihr Vortrag hierzu abstrakt und damit nicht ausreichend. Es würde kein einziger suchtbedingter Ausfall bzw. keine suchtbedingte Reaktion des Klägers dargestellt, aufgrund derer sie sich verpflichtet sehen musste, die Arbeit des Klägers ständig zu überwachen.

    Der Kläger sei noch nie aufgrund alkoholbedingter Probleme im Betrieb aufgefallen. Selbst wenn ein singulärer alkoholbedingter Vorfall angeführt worden wäre, hätte das noch nicht die Annahme des Arbeitgebers gerechtfertigt, dieser Vorfall führe – sozusagen zwangsläufig – zu erheblichen betrieblichen Störungen.

    Die angeblich erforderliche ständige Überwachung des Klägers sei nicht konkret dargestellt worden. Es sei mangels Vortrags der Beklagten nicht ersichtlich, inwieweit der Kläger seit dem Bekenntnis zu seinem Alkoholproblem stärker überwacht werde als seine Arbeitskollegen.

    Jedenfalls könne hiermit kein schwerwiegender Eingriff in die Organisation der Beklagten verbunden sein, denn sie habe es für sich noch als zumutbar erachtet, ihn im Juli 2011 für die Dauer von drei Wochen an 6 statt 5 Wochentagen einzusetzen.

    Die Beklagte habe nicht vorgetragen, dass der Einsatz des Klägers nur noch eingeschränkt möglich sei. Gefährdungen für ihn selbst oder andere durch seine Tätigkeit als Bäcker seien nicht dargelegt worden.

    Ebenso fehle ein konkreter Vortrag zu den Zeiten, in denen der Kläger krankheitsbedingt im Betrieb gefehlt habe. Die Beklagte habe nicht dargelegt, weshalb es ihr nicht auch zukünftig zumutbar sei, mit den Fehlzeiten des Klägers umzugehen. Soweit sie auf Beeinträchtigungen in der Planungssicherheit des Betriebs verwiesen habe, stelle sie nicht dar, welche konkreten Schwierigkeiten in der Vergangenheit aufgetreten seien und wie sie hiermit umgegangen sei.

    Entgegen der Auffassung der Beklagten reiche es nicht aus, auf den gerichtsbekannten erheblichen Kontrollverlust von Alkoholikern zu verweisen. Auf abstrakte Kriterien allein könne es nicht ankommen, da anderenfalls die zweite Prüfungsstufe der krankheitsbedingten Kündigung bei der Alkoholkrankheit obsolet würde. Dies stände der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die oben zitiert worden ist, entgegen.

    Quelle: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz

    Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Beitrages ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der behandelten Materie machen es jedoch erforderlich, Haftung und Gewähr auszuschließen.

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